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Kulturinformatik Schriften 1997 bis 2007 1

Technik als eine »Art des Erkennens« Es ist natürlich nur ein Zufall, dass es die Bilder von der Welt sind, die damals für den Autor am Anfang standen (»Das Thema ist die ganze Welt«) und die jetzt-prominent repräsentiert durch den Satellitenbildund Kartendienst von Google-die Computer-Alltagskultur so nachhaltig prägen. Es sind jedenfalls-und damit wird ein Kern berührt, der über alle Zufälligkeit hinausgeht-die medialen Eigenschaften, die Möglichkeit, Dokumente anzulegen, zu publizieren, zu durchsuchen, die neuen Repräsentationsformen von Wissen, die selbst wieder zu neuem Wissen und neuen Inhalten geführt haben, die zu einem andauernden Diskurs um Computer und Kultur geführt haben. Diese Zirkularität der Betrachtungsweise, der Blick darauf, dass Technik nicht nur gesetzten Zwecken dient, sondern selbst an Zwecksetzungen ihrer Anwendung beteiligt ist, ist das Leitmotiv der Kulturinformatik, wie sie in Lüneburg betrieben wird, der Fluchtpunkt aller hier versammelten Texte und auch die Forschungsperspektive, die der Autor der Fakultät Umwelt und Technik unterbreitet. Das konkrete Tun, die Synthese, muss dabei an die Seite der Analyse treten. Nicht nur interpretierend, wie es als Beitrag aus den Literaturund Medienwissenschaften kommt, aber auch nicht nur operational und instrumentell gedacht, wie es die Medieninformatik tut, kann die mediale Lücke zwischen den Gegenständen und ihrer Repräsentation und Erzeugung bearbeitet werden. Computer haben als Apparate der Medientechnik einen immer wieder neu aufzudeckenden Anteil an der Entwicklung von Wissenschaft und Kunst selbst, prägen Kultur und Gesellschaft im Sinne einer techné, die, folgt man Heidegger, »das Sichauskennen im Herstellen« 20 bedeutet und damit auch ein »Sichauskennen ist [als] eine Art des Erkennens, Erkannthabens und Wissens. … Knapp und zugespitzt gesprochen« sei Technik »kein Begriff des Machens, sondern ein Begriff des Wissens« 21. Technik, also auch Computertechnik und mit ihr die Informatik, stellt vor, was wissbar sein kann und wird gleichzeitig ko-evolutiv mit der Gesellschaft und ihrer Kultur, die sie hervorbringt, selbst immer wieder Gegenstand von Entwicklung, gilt geradezu als Idealtypus der Dynamik selbst. Ein einfaches Ursache-Wirkungs-Prinzip greift zu kurz,