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2022, Verlag Karl Alber eBooks
Schrecken und Religion Leib und Körper im Banne der Angst »Diejenigen aber, die ungläubig sind und Unsere Zeichen für Lüge erklären, das sind die Insassen des Höllenbrandes.« 1 Koran 5:86 Die Konzeption von Glauben und Gehorchen, verbindet sich mit jenem Konzept von Religion und Religiösem. Was zunächst nur als ein sinnlicher Terminus erscheint-der Glaube-, der sich in allen monotheistischen, aber auch polytheistischen Glaubensrichtungen als Fundament bezeichnen ließe, wurde zu einem Manifest, das in Form von Praktiken (Ritualen) reflektiert wird. Der praktizierte Glaube hat diverse Züge, aber sobald man diesen mit Instanzen wie Sünde zusammenbringt, verbindet sich die Konzeption des Glaubens mit Gehorchen und Strafe. Im ersten Kapitel des Buches Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses beschreibt Michel Foucault detailliert den grausamen und unerträglichen Verlauf einer öffentlichen Strafjustiz. 2 Damiens verübte ein erfolgloses Attentat auf den König. Der Name dieses Königs ist weniger von Bedeutung, aber dieses Theater des Schreckens enthält ein bestimmtes Detail, das, neben anderen Stellen, von gro ßer Wichtigkeit für diesen Text ist. Der Verurteilte, der »Sünder«, schrie unter übermäßigen Schmerzen und wiederholte: »Mein Gott, hab Erbarmen mit mir! Jesus hilf mir!« 3 Jedes Mal aber, wenn der Gerichtsschreiber sich Damiens näherte, um ihn zu fragen, ob er etwas zu sagen habe, verneinte er.
Reflexion on the Cantata, Wahrlich, wahrlich, ich sage euch (BWV 86), 23 May 2014, The Parish Church, Trogen AR, Switzerland, in the context of the cycle of Bach cantatas organised by J.B. Bach-Stiftung, St. Gallen. – The reflexion is about the development of Human language and religious belief.
Salzburger Theologische Zeitschrift, 2018
Populismus und Religion sind vor allem auch über das Gefühl der Angst miteinander verbunden. Je mehr unsere gegenwärtigen Gesellschaften sich als Angstgesellschaften erweisen, desto stärker neigen sie auch zu populistischen Entwicklungen im Bereich der Politik. Im Folgenden werde ich zuerst Grundzüge des Populismus skizzieren und hervorheben, dass es sich dabei um eine Form von Politik handelt, die den vorhandenen gesellschaftlichen Pluralismus negiert und dagegen ein "Wir gegen die anderen" zu behaupten versucht. Mit der populisti-schen Neigung zur Feindpolitik schließt diese an politische Grundmuster an, die im Bereich der Politik immer wieder in den Vordergrund drängen können. Der zweite Schritt wird dieses Muster näher in den Blick nehmen. In einem dritten Schritt kommt direkt das Verhältnis von Politik und Angst iri den Blick, wobei es vor allem auch um neuere Einsichten der Terror-Management-Theorie geht, die den Einfluss der menschlichen Sterblichkeit auf Angstpotentiale untersucht. Der abschließende vierte Abschnitt fragt nach möglichen Wegen aus der Angst und setzt sich dabei auch ausdrücklich mit Beiträgen der Religionen auseinander.
Laienfrömmigkeit im späten Mittelalter
2017
Kaum ein Leben, an dem Wut, Hass oder Gewalt spurlos vorübergehen. Diese Ab gründe betreffen in ihrer Vielgestalt jeden Menschen: Jeder war schon Opfer, jede war schon Täterin. Das Verhängnis betrifft die Menschen auch nicht nur direkt. Sie fühlen mit ihren Nächsten mit und konsumieren den grausen Schauer aus den Nachrichten und dem Krimi. Diese Ausgabe von «zVisite» setzt sich mit der rabiaten Feindseligkeit der Menschheit auseinander und fragt direkt: Religion, wie hast du's mit der Gewalt? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, hat sich die Redaktion mit acht Frauen und Männern unterschiedlichen Glaubens getroffen, die alle auf ihre Weise von Brutalität betroffen sind. Die Runde sprach über subtile und exzessive Gewalt, den Kampf der Geschlechter, die Raserei aus Not und die Vergebung aus purer Lebensfreude anstelle fürchter licher Rache. Zur Sprache kamen auch religiöse Methoden, die helfen können, Wut zu bewältigen. Hitzig diskutierten die Gäste schliesslich auch über die Rolle der Religionen im Zusammenhang mit Gewalt. Der Religionswissenschaftler Stephan Peter Bumbacher zieht im Leitartikel das Fazit: Gewalt ist so alt wie der Mensch, und die Religionen haben sie stets an gewendet, versuchen aber auch, sie zu überwinden. Wie sie das tun, zeigt unter anderem Pierre Stutz. In unserem «Das Wort hat» fragt er nach dem tieferen Sinn von Wut und Zorn. Es mag uns schmerzen, aber allzu leicht wird der Mensch den Gräuel nicht los. Das gilt auch für die Reli gion. Wenn sie keine Ausflüchte suchen wollte, müsste sie auf die Gretchenfrage antworten: Ich bin Opfer, ich bin Täter, aber auch Retterin. Das zumindest legt die Lektüre dieses «zVisite» nahe.
2003
Volkhard Krech, geb. 1962, hat unter anderem über religiöse Konversionen, Religion und Gewalt, die religiöse Lage in der modernen Gesellschaft sowie über systematische Fragen der Religionssoziologie und die Wissenschaftsgeschichte der Religionsforschung gearbeitet. Gegenwärtig ist er Referent für Soziologie an der Forschungsstätte der Ev. Studiengemeinschaft in Heidelberg und Privatdozent an der soziologischen Fakultät der Universität Bielefeld.
Freiheit und Verantwortung, 2016
Überall auf der Welt glauben Menschen auf ganz unterschiedliche Weise. Neben den "fünf Weltreligionen" gibt es noch unzählige weitere Religionsgemeinschaften und Glaubensformen. Auch innerhalb der großen Religionsgruppen (Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum) gibt es zahlreiche Variationen und Untergruppen. Es glauben Menschen also überall auf der Welt, aber überall auch ein wenig anders. Allen gemeinsam ist der Versuch, auf wichtige Fragen des Lebens eine Antwort zu finden: Woher komme ich? Warum lebe ich? Welchen Sinn hat mein Leben? Wie lebe ich mein Leben richtig? Was passiert nach dem Tod? Glaube ist wohl so alt wie die Menschheit selbst. Bereits in der Steinzeit, also vor vielen hunderttausend Jahren, glaubten die Menschen an gute und böse Geister. Jeder Mensch kann glauben, woran er möchte. Wenn die Ausübung der Religion gemeinsam mit vielen anderen Menschen organisiert wird, spricht man von einer Religions-oder Glaubensgemeinschaft. Überblick über die Verbreitung der Religionen weltweit. Bild © Neitram / Wikipedia / CC0 Religion und Glaube, ist das dasselbe? Was bedeutet "Glaube"? Das Wort Glaube kommt aus dem Indogermanischen und bedeutet "begehren" oder "lieb haben". "Glauben" kann damit auch bedeuten, auf etwas zu vertrauen und es für wahr zu halten. Das muss nicht Gott oder eine übergeordnete Macht sein, das können auch Werte, Prinzipien, Menschen und Meinungen sein, an die man glaubt und an denen man festhält. Jeder Mensch kann an etwas glauben, auch ohne einer Religionsgemeinschaft anzugehören. Mehr dazu erfährst du beim Thema "Religionsfreiheit" im Kapitel 4. Was bedeutet Religion? Das Wort Religion stammt unter anderem vom lateinischen Wort "religio" ("Rückbindung") ab, und wird auch mit "Gottesfurcht" oder "Ehrfurcht vor Gott" übersetzt. Darin kommt die Beziehung des Menschen zu etwas Übergeordnetem, etwas Übernatürlichem, zum Ausdruck. Es geht um die Verehrung von etwas Heiligem: Das kann ein Gott sein, den man sich als eine Person vorstellt, oder höhere geistige Wesen, aber auch etwas Göttliches wie eine Macht oder Kraft. In der Religion folgen die Menschen einem festgelegten Glauben, oftmals mit Gebeten, dem Studium "heiliger Texte", Ritualen und Festen. Sie orientieren sich an bestimmten Schriften (z.B. der Bibel) und Lehren, sie teilen ethische Werte, sowie Vorschriften und Symbole. Die Menschen einer Religion gehören dadurch zusammen, sie bilden eine Religionsgemeinschaft. Blumenwiese © Rüdiger Rebmann / Clipdealer Die Weltreligionen Die Menschen und Kulturen dieser Welt sind vielfältig und unterschiedlich. Ebenso verhält es sich mit den Religionen und Glaubensrichtungen der Menschen. Je weniger wir über andere Religionen wissen, desto fremder sind sie uns. Das kann zu Ängsten und Vorurteilen führen. Es kann aber auch neugierig machen! Wie beten MuslimInnen, woran glauben BuddhistInnen eigentlich und was heißt "Shalom"? Hier stellen wir fünf Großreligionen vor: den Buddhismus, das Christentum, den Hinduismus, den Islam und das Judentum. Diese Religionen sind große und alte Religionen und werden häufig als die "fünf Weltreligionen" bezeichnet. Fünf, acht, neun … Wie viele Weltreligionen gibt es? Was eine Weltreligion ausmacht, dafür gibt es keine einheitliche Definition. Verschiedene Kriterien sollen helfen, eine Einteilung zu finden: etwa wie alt eine Religion ist, wie viele Anhänger sie hat, wie groß ihr Verbreitungsgebiet ist ... Allerdings herrscht auch bei diesen Kriterien keine Einigkeit. Deshalb sind verschiedene Auflistungen von "Weltreligionen" möglich. Recht häufig werden etwa neben Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum auch folgende Religionen als Weltreligionen bezeichnen: • Baha´i-Religion • Die Religionen Chinas (z.B. Daoismus, Konfuzianismus) • Sikhismus Der Begriff "Weltreligion" kann nicht eindeutig festgelegt werden. Zudem "verdeckt" er die oft tiefgreifenden Unterschiede zwischen den Religionen. Deshalb wird er heutzutage von Religionswissen-schafterInnen eher vermieden. Unterschiede und gemeinsame Werte Ein Stammvater der Menschen, der von Gott aus Lehm geschaffen wurde. Das Leben im unbeschreiblich schönen Paradies. Der Baum der Erkenntnis. Die "Vertreibung aus dem Paradies" … Diese Geschichte liegt (in ihren Grundzügen) als Ursprungserzählung 3 Religionen zugrunde: dem Christentum, dem Judentum und dem Islam. Alle drei Religionen gehen auf den Propheten Abraham zurück. Man nennt diese Religionen "Abrahamitische Religionen" oder "Abrahamische Religionen". Über 50% der Menschen gehören derzeit einer dieser Religionen an. Bei allen Unterschieden finden sich bei vielen Religionen auch Gemeinsamkeiten. Einerseits liegt das daran, dass sie-wie etwa die abrahamitischen Religionen-einen gemeinsamen Ursprung haben und sich erst später auseinanderentwickelt haben. Darüber hinaus hat man herausgefunden, dass es weltweit wichtige Übereinstimmungen bei den (ethischen) Werten gibt. Diese gemeinsamen ethischen Werte betreffen nicht nur Religionen, sondern auch säkulare, also nicht-religiöse Weltanschauungen. Ein berühmtes Beispiel für so eine gemeinsame Wertvorstellung, die quer durch die Religionen und Weltanschauungen zu finden ist, ist etwa der Grundsatz: "Was du nicht willst, dass man dir tu' , das füg auch keinem anderen zu". Auch die Ehrfurcht vor dem Leben, Gerechtigkeit, Fairness, Wahrhaftigkeit und gegenseitiger Respekt sind Werte, die viele gläubige wie nichtgläubige Menschen in aller Welt teilen. Vielfältig Alle Religionen sind unglaublich vielfältig. Sie haben eine Jahrtausende alte Geschichte und viele verschiedene Traditionen, Strömungen, Rituale, Feste und Bräuche. Gläubige Menschen vertiefen sich oft ein ganzes Leben lang in eine Religion und auch WissenschafterInnen beschäftigen sich damit. Die Religionen hier vollständig zu beschreiben, kann gar nicht gelingen. Wenn du selbst religiös bist, dann wird dir bestimmt noch Einiges einfallen, was für deinen Glauben wichtig ist und hier nicht beschrieben wird. Aber wir haben einige wichtige Dinge herausgepickt, die dich interessieren könnten. Länder mit dem höchsten Anteil von Menschen jüdischen Glaubens (in Prozent an der Bevölkerung; Mindestanzahl der Mitglieder der Religionsgruppe: 80.000
MEDAON, 2021
In 1947, the President of the Berlin Jewish Community Siegmund Weltlinger constituted the Working Group Churches and Religious Communities in Greater Berlin (AKR). To strengthen the Jewish position within that body, he initiated the subgroup 'Non-Christian Religions', uniting Jews, Muslims and Buddhists. The contribution looks back on their earlier cooperation, and inquires what of it could be revived and what was silenced, tracing the cooperation that enfolded in the postwar period.
Schüz, Peter: Mysterium tremendum. Zum Verhältnis von Angst und Religion nach Rudolf Otto (BHTh 178), Tübingen 2016. , 2016
The essence of religion has always been connected with moments resembling fear and anxiety. These feelings of holy dread and pious fear of God form an essential part of the history of religions' elemental motives. Drawing on Rudolf Otto's famous concept of the »mysterium tremendum«, Peter Schüz seeks to open up theological access to these original forms of religious experience. This in turn aligns with a theory of piety which infers the grounds of religious experience from a reflexion on the forms of religious expression and representation. Schon immer gehören zum Wesen der Religion auch Momente, die an Angst erinnern. Peter Schüz verfolgt in seiner theologischen Studie zum Verhältnis von Angst und Religion eine Spurensuche zu jenen Momenten religiösen Erlebens, die in der Religionsgeschichte seit Jahrtausenden als Gottesfurcht und heilige Scheu überliefert werden. Im Rekurs auf das Werk des Theologen und Religionsphilosophen Rudolf Otto lassen sich jene Grundmotive religiösen Fühlens als Begegnungen mit dem »mysterium tremendum«, mit dem ehrfurchterregenden Geheimnis des Göttlichen beschreiben, die sich von gewöhnlicher Angst auf eigentümliche Weise unterscheiden. Dahinter steht die Skizze einer theologischen Frömmigkeitstheorie, die von den Ausdrucks- und Darstellungsformen der Religion auf die Urgründe religiösen Erlebens zu schließen versucht.
2020
Script for a lecture series on the History of Antisemitism dealing with the interrelation between Theology, Piety, and anti-Jewish Violence
2019
Menschen aus anderen Kulturen setzt Aufmerksamkeit und die Kenntnis der Bräuche und Sitten der andern voraus. ReligionstheoIogische Konzepte können es erschweren oder erleichtern, bei den anderen zu kosten. Kritische Besprechung eines Videoclips. Viele Religionen kennen eine bestimmte Form von Sinnlichkeit. Das zeigt sich in verschiedenen Bereichen: in Speisevorschriften, der Art und Weise, wie Nahrung zubereitet werden darf, und wor-auf in der Feier von Ritualen geachtet werden muss. Da werden wir neben Gesang, Texten und visuellen Eindrücken auch durch Kerzenduft, Weihrauch oder Räucherstäbchen berührt. Ebenso sind die Enthaltsamkeit und der Verzicht auf Sinnliches durch Fas-tenregeln vielen Religionen gemein. Wonach aber riecht und schmeckt es, wenn die Religionen und ihre Anhängerinnen und Anhänger zusammenkommen? Was ist der Geschmack des inter-religiösen Dialogs? Götter speisen Vor knapp zwei Jfören ging ein Videoclip durch die sozialen Medi-en. Er zeigt einen Tisch, an dem gemeinsam gegessen wird. Es sind Götter verschiedenster Religionen und Weltanschauungen, die sich um den Tisch versammeln. Sie unterhalten sich ausgelassen und verbringen beim Essen eine schöne Zeit zusammen. Zeus erkun-digt sich bei Jesus, wo denn sein Vater sein, worauf dieser antwor-tet: Überall. Zeus schaut irritiert um sich, da ergänzt Jesus, er mache nur Spass: «Dad ist beschäftigt.» Aphrodite erhält ständig Nach-richten in der Dating-App, und Ganesha ärgert sich über die Elefantenwitze von Buddha. Moses sagt zu seinem Tischnachbarn Ron:
Brühwürfel. Stipendiatisches Magazin des Evangelischen Studienwerkes e.V. Villigst, Schwerte , 2020
Dass uns bestimmte Substanzen berauschen und unser Bewusstsein verändern können, gehört seit Jahrtausenden zum kulturellen Wissen der Menschheit. Auch die Bibel berichtet vielfach vom Weingenuss. Gibt es eine Schnittmenge zwischen Religion und Rausch? In diesem Beitrag wird der Versuch unternommen, die verschiedenen biblischen Positionen zum Weingenuss als Rauschmittel in den Blick zu nehmen, um vor diesem Hintergrund auch Perspektiven für einen gegenwärtigen christlich verantworteten Umgang mit dem Zusammenhang zwischen "Rausch und Religion" zu entwickeln.
Hüterin der Wahrheit?, 2025
ABSTRACT Zu Eine Religion der Gottlosen Manfred E.A. Schmutzer Der Begriff ‚Wissenschaftsskepsis‘ ist kein tragfähiges, sozialwissenschaftliches Konzept. Daher stellt sich zu allererst die Frage, wer hat diesen Begriff geprägt und welche Beweggründe haben dazu beigetragen diesen wertenden Begriff nicht nur zu verwenden, sondern zusätzlich auch noch aktivistisch Schritte zu setzen, die darauf hinzielen diese Skepsis im ‚Geiste der Aufklärung‘ zu bekämpfen. Die Vorgehensweise erinnert flagrant an jene, die im Lauf der Geschichte mehrmals in unterschiedlichen Variationen eingesetzt wurden, um abtrünnige ‚Sekten‘ zurück auf den einzig richtigen Weg zu führen. Aus dieser Sicht ergibt sich notwendig als erste Frage welche hintergründigen Interessen diese Vorgehensweise der wissenschaftlichen ‚Verwalter‘ (BMBWF, Österr. Akademie der Wissenschaften, div. Fonds, etc.) bewirkt haben. Es ist zwar kaum überraschend zu vermuten, dass eklatante wirtschaftliche Interessen Auslöser dieser Praxis waren, doch diese Arbeitshypothese verlangt auch nach faktischer Bestätigung, besonders wenn in mehreren öffentlichen Äußerungen wiederholt auf die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für das Wirtschaftswachstum hingewiesen wird ohne die Sinnhaftigkeit dieser Behauptungen zu überprüfen. . Dieser hegemonische Hintergrund verweist allerdings auf einen wesentlich komplexeren Kontext: Wissenschaft und Forschung haben inzwischen die Funktion und die Rollen einer Konfession übernommen. Nicht nur ist es eine der wesentlichsten Aufgaben von Wissenschaft und Forschung geworden, qua ‚Expertise‘ als Arbiter Glaubensfragen zu entscheiden, ‚Weltbilder‘ zu validieren bzw. Vorgehensweisen in Politik, der praktischen Anwendung etwa im Gesundheitsbereich oder in den diversen Ausprägungen von Technik zu legitimieren, sondern sie beanspruchen inzwischen die alleinige Welterklärungsinstanz zu sein. Dieser Anspruch wird erhoben, obwohl es reichlich Beispiele gäbe, wo diese Allgemeinverbindlichkeit nachweislich keine Gültigkeit hat. Ich nenne nur als ein Beispiel dafür, dass die, von einer breiten Bevölkerung zunehmend in Anspruch genommene, traditionelle, chinesische Medizin von den offiziellen Vertretern in der Lehre wie auch in der Praxis nicht zur Kenntnis genommen, oder sogar von der ‚Kanzel‘ herab verurteilt wird. Es zeigt sich aber zusätzlich, u.zw. weltumspannend und besonders in den USA, dass eine sehr ausgeprägte Tendenz existiert, autoritäre Regierungssysteme zu errichten. Diese Tendenz hat vermutlich mit den eingangs angesprochenen, dominant werdenden Interessensgruppierungen zu tun. Derartige Regierungsformen benötigen Legitimierung, die sie meistens durch ‚außerweltliche‘ Verkünder (Propheten) einer einzigen Wahrheit erhalten. Es scheint heute der Fall zu sein, dass die bereits angesprochene Tendenz zur Konfessionalisierung von Wissenschaft und Forschung genau in diese Entwicklungsrichtung weist. Als James II. aus dem Exil nach England zurückkehrte, gestattete er den Mitgliedern der ‚Royal Academy‘ weiterhin Forschung zu betreiben, solange sie sich nicht in die damals bedeutenden Auseinandersetzungen zwischen Politik und Religion einmischen würden. Die Vertreter der Akademie leisteten dieses Versprechen und erwarben auf diese Weise den Status einer ‚neutralen‘ und folglich glaubwürdigen Instanz. Dieser Status ist den Wissenschaften bis heute vordergründig erhalten geblieben. Was allerdings damals nicht bedacht wurde, war, dass die Vertreter solcher und ähnlicher Organisationen (es sind ja inzwischen zahllose ähnliche Organisationen in aller Welt entstanden) inzwischen selbst zu Verkündern eines neuen Glaubens wurden u.zw. egal, ob hier in diesem kleinen Land in der Mitte Europas, oder östlich davon oder westlich. Die Seligsprechungen mancher Vertreter dieser neuen Religion finden jährlich in Stockholm und nicht wie anno dazumals in Rom statt. Es scheint folglich naheliegend dorthin zurückzukehren, wo etwa R. Boyle, der Erfinder der Vakuumpumpe, als einsamer Forscher stand. Er vertrat mit seinen Experimenten eine, als solche gar nicht wahr genommene Wissenschafts-Politik anstatt sich von der Politik des Königs vereinnahmen zu lassen.1 Genau das müssten auch heute die Wissenschaften erneut anstreben.
Berliner Journal für Soziologie, 2002
Zur Transformation des Islam in kolonialen, postkolonialen und europäischen Öffentlichkeiten Die jüngere Forschung zum sozialen Handeln von Muslimen in westeuropäischen Einwanderungsländern hebt häufig die reflexive Individualisierung von Lebensformen und religiösen Gesinnungen vor allem junger Muslime hervor. Der folgende Beitrag hinterfragt die diesem Ansatz zugrunde liegende Annahme eines Wertekanons ziviler europäischer Gesellschaften und Öffentlichkeiten, in die sich in Europa sozialisierte junge Muslime vermeintlich einfügen und muslimische Identitäten "europäisch" rekonstruieren. Dieser Transformationsprozess wird in diesen Theorien sowohl im Hinblick auf die familiale Lebenswelt wie im Hinblick auf die öffentliche Sphäre, in denen Muslime agieren, unterschätzt. Im Rückgriff auf Ansätze der historisch-vergleichenden Soziologie und der Religionsanthropologie erarbeitet der Aufsatz zunächst einen Begriff von "Tradition", der die Konstituierung, Verwaltung und Transformation von religiösen Diskursen, Praxen und Subjekten diachronisch und transgenerationell erklärt und der Gleichzeitigkeit von sozialer Einbettung und diskursiver Autonomie von Tradition Rechnung trägt. Wir zeigen, dass die sozialen Praktiken von Muslimen in Europa eine Transformation erfahren, die ihre besondere Grundlage im muslimischen Reformdiskurs im kolonialen und postkolonialen Kontext mehrerer Zentren der islamischen Welt hat. Der Fall junger Kopftuch tragender Musliminnen in Deutschland und Frankreich, die der zweiten und dritten Migrantengeneration angehören, zeigt schließlich weder eine selbst-reflexive Identitätssuche noch das "coming out" der Heldinnen einer nicht-westlichen Modernität, sondern ein praxisorientiertes und wissensgestütztes Räsonieren der jungen Frauen über die Wiedereinbettung des Traditionsdiskurses in die sozialen Felder (Familie, Studium, Arbeit und islamische Vereine), in denen sie operieren. Ihr Streben, das von der Traditionsdynamik der Kohärenzsuche geleitet wird, konfiguriert eine "Alltagspolitik ", in der die Frauen ihre islamisch inspirierten Lebensprojekte gleichzeitig von moralisch erstarrten familiären "Lebenswelten" und von normativ erstarrten politischen Öffentlichkeiten abkoppeln und kultivieren.
Von "theologisch-polemisch-poetischen Sachen", 2015
Das 16. und 17. Jahrhundert kann als einer der Höhepunkte der gelehrten und nicht-gelehrten Polemiken in der Geistesgeschichte gelten. 1 Das hat nicht nur mit der Einführung und Etablierung der Reformation zu tun, die zu einer Aufspaltung der einen katholischen Kirche in viele Konfessionen führte, sondern auch mit der Erfindung des Buchdrucks, der ganz neue Möglichkeiten der Auseinandersetzung bot. Plötzlich gab es verschiedene Medien, mit denen man kurzfristig und gezielt auf Ereignisse, Gerüchte, Vorwürfe und Polemiken reagieren konnte. Das häufigste Medium blieb sicherlich das gesprochene, geschriebene oder gedruckte Wort, mit dem man offen, subtil, verklausuliert oder versteckt seine Ansicht, teils in polemischer Gestalt, zum Ausdruck brachte. Daneben gab es jedoch auch das Bildmedium, das ebenfalls zum Träger von Botschaften wurde. Häufig findet sich beides miteinander kombiniert, wie die zahlreichen Flugschriften und Einblattdrucke aus der Frühzeit der Reformation belegen. 2 Sie sind eine unmittelbare Folge der Kirchenspaltung, mit der der Kampf um den wahren Glauben begann. Dieser Kampf war auch am Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts, als sich die drei großen Konfessionen-die katholische, lutherische und reformierte Kirche-schon längst unter veränderten Bedingungen konsolidiert hatten, noch nicht beendet. Davon zeugen vier Gemälde, die ich einleitend im Blick auf ihren polemischen Gehalt vorstellen möchte. Dabei nähern wir uns Schritt für Schritt jener Bewegung, die hier im Mittelpunkt des Interesses stehen soll: dem Sozinianismus. 3
Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik
Führungsstile: Prominenten und Persönlichkeiten über die Schulter geschaut
Kirche und Religion 3.1 Dalai Lama-geistliches Oberhaupt der Tibeter »Die Welt gehört der Menschheit-nicht Königen. Mit dem Dalai Lama habe ich über die Vorzüge der Demokratie gesprochenetwas, das schon Kurt Lewin vor 80 Jahren in seiner Forschung zur Effektivität demokratischer, autokratischer und Laissez-Faire-Führung bestätigt hat. Außerdem sprachen wir über die wichtige Rolle von Optimismus und Humor in der Führung.
Religionen und Umweltschutz Eine kritische Analyse von Eigenbekundungen der Religionen, Theorien und empirischen Studien Ein frame-analytischer Ansatz, 1999
The main thesis of this paper is that the impact of both scientific and religious contributions in the societal debate on environmental protection depends on the extent to which they succeed in linking their statements to the different interpretive frameworks that exist in societies (frame alignment). Otherwise, their respective proposals, even if they appear coherent in themselves, remain meaningless and thus ineffective for actual decisions to act. For this project, three initial conditions and their relationships to each other will be examined in more detail: 1) The complex interdependencies of environmental issues. 2) The interrelationships between environmental awareness and environmental behavior. 3) The importance of science in social communication. In this paper, the fundamental conditionality of scientific knowledge is assumed. In contrast, religious communities are granted to assume an absolute, unconditional being from their point of view. This results in different possibilities and limits of argumentation for religious or scientific contributions. The gap between the different explanatory frames can be overcome by the so-called "frame alignment process".
Historische Zeitschrift
Religion und Nation: Beide Themen haben in den letzten Jahrzehnten eine reichhaltige Historiographie hervorgebracht. Beim Themenkreis Nation, Nationalismus und nationale Identität ist dies besonders augenfällig. Hier ist die Situation aufgrund der Fülle der einschlägigen Forschungsbeiträge verschiedenster Art nahezu unüberschaubar geworden. 1 Auch die Phänomene Religion und Konfession haben in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich an Prominenz gewonnen, wovon eine große Anzahl neuer Einzelstudien zeugt. 2 Und schließlich findet seit * Für Hinweise und Anregungen danke ich Dieter Langewiesche, Holger Nehring, Franziska Metzger und Tobias Straumann. Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung und das Arts and Humanities Research Board (AHRC) haben die Forschungen für diesen Beitrag finanziell unterstützt. Ein ganz besonderer Dank gebührt Dieter Langewiesche für seine Gastfreundschaft und Unterstützung während meines Aufenthalts als Humboldt Fellow an der Universität Tübingen 2004/05.
Religiöse Erfahrung II: Interkulturelle Perspektiven, ed. by Gerd Haeffner 2007, 122-140., 2007
Auf den folgenden Seiten wird gezeigt, wie sehr das Motiv des Erlebens auch in der frühen Rezeption des Zen-Buddhisten Dōgen Kigen wirkt. Unter diesem Motiv werden hier verschiedensprachige Wörrter wie Erfahren, Erleben, experience oder jap. taiken, jikken u.a. zusammengefasst, die in drei Schriften zu Dōgen aus den Jahren 1903, 1912 und 1922 eine zentrale Funktion übernehmen. Steht im Mittelpunkt des Artikels die historische Darstellung eines in der japanischen Geistesgeschichte wirksamen Motivs, treten in dieser Darstellung zugleich Schwierigkeiten einer systematischen Klärung hervor. Im letzten Abschnitt werden einige dieser Schwierigkeiten aufgegriffen und an Dōgen selbst verdeutlicht.
PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft
The disappearance of the Sowjet- Union resulted in the loss of the image of an enemy, precondition for the construction and definition of the otherness of the “We”. The lack of a collective threat was rapidly and systematically replaced by a new image of the enemy: Islam. The old – racist - orientalist characterization of the “genetic” inferiority of Semitic people was re-invented as the “cultural specificity” of “Islam”, which became the new aggressive, irrational threat of Western culture and its “rational modernity”. The invention of the “clash of civilizations” not only became constitutive for the construction of Western identity in the post cold-war world, it is used as well for legitimizing the demolition of the norms of international and humanitarian law. The “war on terrorism”, justified as the struggle against the fanatic and irrational evil, consequently destroys the humanitarian principles on which civilization has been based since the Age of Enlightenment, provoking what...
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