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Postkoloniale Kulturpolitik

Theaterwissenschaft postkolonial/dekolonial

Das lange Ende des kolonialen Grauens In der Einleitung des Bandes Interweaving Performance Cultures: Beyond Postcolonialism (2014) geht Erika Fischer-Lichte hart mit interkulturellen Theaterprojekten ins Gericht. Die internationalen Kooperationen, die sich beginnend mit den 1970er Jahren zunehmender Berühmtheit erfreuten und mit Namen wie Peter Brook und Ariane Mnouchkine verbunden werden, fördern in ihren künstlerischen Formen tendenziell abgeschlossene Performancekulturen, denen-so Fischer-Lichte-binäre Positionen »des Eigenen« und »des Fremden« zugrunde liegen (ebd. 4-5). Bereits 1990 attestiert der indische Theaterwissenschaftler Rustom Bharucha in seiner Essaysammlung Theatre and the World derlei Projekten darüber hinaus ein mafiöses Gebaren seitens der europäischen und nordamerikanischen Partner*innen: So many workshops and demonstrations amount to absolutely nothing, or serve as outlets for particular egos. Most of ›international‹ workshops in India have been organized by bureaucrats and cultural businessmen, who want to be connected to the power structures in the Euro-American cultural scene. Performers are merely awns in this game controlled by the intercultural mafia (Bharucha 1993:40). Während mit Blick auf die internationale Kulturförderung der von Bharucha beschriebene Gestus erst in letzter Zeit kritisch reflektiert wird, beobachtet Fischer-Lichte bei künstlerischen Arbeiten bereits am Ende der Nullerjahre eine neue Tendenz. So wird in Tadashi Suzukis »The Bacchae« 2009 weniger die Binarität von Kulturen, sondern eher deren »Verflechtungen« repräsentiert. Diesen performativen Momenten legt sie eine Theorie der »Interweaving Performance Cultures« zugrunde, welche, so scheint es ihr, nicht nur koloniale Strukturen überwindet, sondern jenseits des Postkolonialen zu verorten ist: