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Im Zwielicht. Schatten-Dialoge bei Andersen, Fechner und Nietzsche

2021, Engadiner Gedankengänge

https://doi.org/10.5771/9783835346420-103

Abstract

An das Ideal. Wen liebt ich so wie dich, geliebter Schatten! Ich zog dich an mich, in mich-und seitdem Ward ich beinah zum Schatten, du zum Leibe. Nur daß mein Auge unbelehrbar ist, Gewöhnt, die Dinge außer sich zu sehen: Ihm bleibst du stets das ew'ge »Außer-mir«. Ach, dieses Auge bringt mich außer mich! (N 1882, 1[103]) 105 Schatten-Dialoge bei Andersen, Fechner und Nietzsche Peter Schlemihl, 7 der seinen Schatten verkaufte, 8 wären genauso zu prüfen wie die auf unbekanntere Texte, vor allem auf Hans Christian Andersens Märchen über den Schatten, Skyggen, 9 das Chamissos Schlemihl auf originelle Weise adaptierte, 10 aber auch auf heute vergessene mögliche Vorbilder wie ein kleiner Text Gustav Theodor Fechners, der einen ›Dialog mit einem Schat-ten‹ (s. u.) enthält, den Nietzsche seiner Bibliothek einverleibte. Womöglich hat man diesen Motivstrang deshalb vernachlässigt, weil Nietzsche in seiner späteren Vorrede zu MA II im Jahr 1886 WS als Frucht einer fortgesetzten »antiromantischen Selbstbehandlung« bezeichnet hatte, die er nun, nach »sechs Jahren der Genesung«, mit den anderen Schriften vereine (MA II, Vorrede, 2). Man kann daraus allerdings folgern, daß er zum Zeitpunkt des Erscheinens von WS seine »zeitweilige Erkrankung an der gefährlichsten Form der Romantik« (ebd.) noch nicht überwunden hatte. Doch je stärker er mit seinen später verfaßten Vorreden seine früheren Schriften umdeutet, desto