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Frau und Utopie. Zur antiken Tradition moderner Frauenutopien

1991, arcadia - International Journal for Literary Studies

Abstract

MARIO KLARER Frau und Utopie Zur antiken Tradition moderner Frauenutopien Anfang der siebziger Jahre schrieb der Utopieforscher Robert C. Elliott 1 , "although the search for Utopia, for the good life, continues, literary Utopia is all but dead". Elliott hat aus der Perspektive dieser Zeit sicher nicht unrecht, besonders wenn man seine Aussage auf die von Männern verfaßten Utopien bezieht. Auch heute noch träfe sie größtenteils zuwürde man die produktivste Linie des Genres Utopie mit Werken wie Monique Wittigs Les Guerilleres (1969), Ursula Le Guins The Dispossessed (1974), Joanna RUSS' The Female Man (1975), Marge Piercys Woman on the Edge of Time (1976), Sally Miller Gearharts The Wanderground (1979) oder Margaret Atwoods The Handmaid's Tale (1985) außer Acht lassen. Die späten sechziger Jahre mit ihren Emanzipations-und Revolutionsbestrebungen bewirkten nämlich eine umfassende Erneuerung utopischer Hoffnung. Gerade die Frauenbewegung hat als zentraler Teil dieser Aufbruchsstimmung einen sehr großen Einfluß auf die literarische Utopie ausgeübt und der totgeglaubten Gattung zu einer Renaissance verholfen. In den letzten zwei Jahrzehnten haben literarische Frauenutopien und feministische Science-Fiction diesem Genre den Zugang zum literarischen Establishment eröffnet. Die literarische Frauenutopie wurzelt in einer langen Tradition von wenig bekannten bzw. von der Literaturgeschichte weitgehend verschwiegenen Werken, die im ausgehenden viktorianischen Zeitalter und am Anfang des 20. Jahrhunderts eine erste Blüte erfahren haben. Die feministische Literaturwissenschaft hat sich dieses vernachlässigten Genres angenommen und dem ^männlichen* Utopiekanon eine weibliche Utopietradition gegenübergestellt 2. Die vorliegende Untersuchung knüpft an diese