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Europäische Großraumwissenschaft unter deutscher Hegemonie

2022, Internationale Wissenschaftskommunikation und Nationalsozialismus

Abstract

Im November 1940-Frankreich war besiegt, die ›Luftschlacht um England‹ in vollem Gange und der Entschluss, die Sowjetunion anzugreifen längst gefasstlegte der Physiker Karl Kerkhof in den Monatsheften für Auswärtige Politik einen bemerkenswerten Artikel vor. Der rührige Leiter der Reichszentrale für wissenschaftliche Berichterstattung und Herausgeber der Zeitschrift Forschungen und Fortschritte betrachtete es seit 1919 als seine Aufgabe, alle maßgeblichen Instanzen gegen die Wissenschaftspolitik der Versailler Siegermächte in Stellung zu bringen und »die der deutschen Wissenschaft gebührende Stellung und Anerkennung in der Welt wiederzugewinnen«. 1 Auch diesmal ging Kerkhof mit den »Schöpfern von Versailles« hart ins Gericht und geißelte den »Kulturimperialismus der interalliierten Organisationen«, der immer schon darauf hinausgelaufen sei, die deutsche Wissenschaft »planmäßig zu verdrängen«. Angesichts des für Deutschland erfolgreichen Kriegsverlaufs im Westen habe sich die Situation nun jedoch grundlegend geändert. 2 Denn »nach dem Völkerrecht«, so Kerkhof, seien »die Staatsverträge zwischen den kriegführenden Mächten« mit dem Tag des Kriegsbeginns erloschen. Daraus leitete er ab, dass nach der Beendigung des Krieges zu prüfen sei, welche zwischenstaatlichen Vereinbarungen zwischen den kriegführenden Mächten noch aufrechtzuerhalten oder einer