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Österreichs Umgang mit autokratischen Staaten

2016

Abstract

Die wissenschaftliche Literatur über internationale Kooperation konzentrierte sich im Wesentlichen auf Demokratien. Eine große Rolle spielte die These des "demokratischen Friedens", wonach Kooperation und Interdependenz von Demokratien wegen ihrer inneren Verfasstheit viel stärker entwickelt wären als bei Autokratien, was zu friedlicherem Verhalten von demokratischen Staaten zueinander führen würde. Das Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) 1998 greift die wissenschaftliche These des "demokratischen Friedens" auf, wonach Demokratien nicht in weitreichende gewaltsame Auseinandersetzungen mit anderen Demokratien involviert sind: "Die effektivste Gewaltprävention ist die Entwicklung Europas zu einer Zone demokratischer Rechtsstaaten. Demokratien führen in aller Regel keine Kriege gegen andere Demokratien." 1 Neuere Arbeiten untersuchten das Kooperationsverhalten von Autokratien. 2 Sie kommen zu dem Schluss, dass außenpolitische Kooperation bei bestimmten Autokratietypen nicht nur außenpolitisches Verhalten verändern, sondern auch innenpolitische Öffnungen erreichen kann. Die großen Ausnahmen sind Ein-Personen-Diktaturen. Dieser Artikel geht der Frage nach, welche Beziehungen ein neutraler Kleinstaat, wie Österreich, zu autokratischen Staaten entwickelt. Prinzipiell geht für Österreich Integration vor Isolation. Denn bei Konfrontationen sind Kleinstaaten meist die Verlierer. Dahinter steht auch die durch historische Erfahrung genährte Hoffnung, dass durch Kooperation langfristig die Autokratie gemildert wird. Österreicher haben eine obrigkeitsstaatliche Vergangenheit. Sie wird in Umfragen immer wieder sichtbar. Knapp ein Drittel (29 Prozent) der Österreicher befürwortet einen "starken Führer, der sich nicht um Wahlen und Parlament kümmern muss". 3 Diese Haltung ist aber nicht, wie vielfach in der Medienöffentlichkeit dargestellt wird, 4 mit nationalsozialistischem Gedankengut gleichzusetzen. Diese Frage bezieht sich auf den aktuellen politischen Kontext und ist wohl eher beeinflusst von der Kritik der Medien, die den gewählten Politikern und Parteivorsitzenden in regelmäßigen Abständen "Führungsschwäche" vorwerfen. Immerhin stimmen 85 Prozent der Österreicher der Aussage zu, dass es sich bei der Demokratie um die "beste Regierungsform" handelt. Auch die Verunsicherung durch die Wirtschaftskrise im Allgemeinen und die mangelnde staatliche Kontrolle der Aktivitäten der Bank