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Euripidaristophanisten. Ästhetische Avantgarde im attischen Drama

2017, Antike und Abendland

Abstract

Euripidaristophanisten. Ästhetische Avantgarde im attischen Drama* «Sie liegen den meisten von euch seit früher Jugend in den Ohren, sie haben auf euch eingewirkt oder richtiger mit lauter Unwahrheiten Stimmung gegen mich gemacht: Da sei ein gewisser Sokrates, ein weiser Mann, der über die Himmelserscheinungen nachdenke und alles Unterirdische erforsche und die schwächere Rede zur stärkeren mache. Die Leute, die diese Behauptungen verbreiten, sind meine wirklich gefährlichen Ankläger; denn wer das hört, nimmt an, daß jemand, der diese Dinge erforscht, an die Existenz von Göttern nicht glauben kann … Und das Verrückteste an alledem ist, daß man nicht einmal ihre Namen in Erfahrung bringen und nennen kann-es sei denn, jemand ist zufällig Komödienschreiber. … Also: Was sagten meine Verleumder, als sie mich verleumdeten? Denn wie bei richtigen Anklägern sollte man sozusagen ihre Anklageschrift verlesen: ‹Sokrates handelt rechtswidrig und treibt Unfug, indem er erforscht, was unter der Erde und am Himmel ist, die schwächere Rede zur stärkeren macht und auch andere hierin unterweist.› So etwa hat's geheißen; das konntet ihr selbst in der Komödie des Aristophanes sehen: Wie dort ein gewisser Sokrates hin und her geschwenkt wurde, der da sagte, er spaziere durch die Luft, und der noch manchen anderen Unsinn von sich gab, lauter Dinge, von denen ich rein nichts, weder viel noch wenig, verstehe.» 1 * Dieser Beitrag basiert in seinen Grundzügen auf zwei an der FU Berlin und der Univ. Bamberg gehaltenen Vorträgen. Meinen Kolleginnen Gyburg Uhlmann und Sabine Vogt sowie den Diskutanten an beiden Universitäten danke ich für ihre Anregungen, ebenso wie Mario Baumann, Katrin Dolle und Saskia Schomber. 1 Plat. apol. 18b-19c (übers. Fuhrmann 1986). 2 Vgl. hierzu Hyp. Nub. VI und VII.