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2013
Spruch während des Abwischens eines jeden einzelnen von ihnen, nachdem gehandelt wurde in der Ausführung dieses Bild, wenn die Stunde vier am Tag angefangen hat. Hüte dich sehr vor dem Mittagsstand (der Sonne) am Himmel, wenn du diese Buchrolle benutzt -Variante: nachdem er benutzt hat ohne (es) irgendein Auge sehen zu lassen. Es ist das Erweitern des Ganges eines Achgeistes im Himmel, in der Erde, in der Nekropole, denn bezüglich eines Achgeistes ist es nützlicher als < alles >, was für ihn täglich gemacht wird, wenn Bedarf in Bezug auf ihn heute besteht. Ein wahres Mittel, millionenfach er probt.
Ernst Strouhal, Manfred Zollinger, Brigitte Felderer (Hrsg.), Spiele der Stadt. Glück, Gewinn und Zeitvertreib, Wien/New York 2012, S. 44-51, 2012
I Clarens, Promenade am Ufer des Genfer Sees, ein Samstagnachmittag im Mai 2012. Ein vielleicht 8-jähriges Mädchen zeichnet mit Kreide eine Reihe von Kästchen auf den Asphalt. Es ist sehr unsicher und erhält offenbar Anweisungen von seiner Mutter, die mehrere Versionen dieser Kästchenreihe auf einen Notizblock gezeichnet hat. Schließlich besteht die Reihe aus sechs durchnummerierten Kästchen, jedes groß genug, dass zwei Kinderfüße hineinpassen. Die Nummer 5 schließt sich aber seltsamerweise seitlich rechts an die Nummer 4 an, ohne symmetrisches Gegenüber auf der linken Seite. Dann hüpft das Mädchen auf einem Bein von Kästchen zu Kästchen. Irgendwie ist aber beiden klar, dass das Ganze nicht so recht stimmt und reichlich langweilig ist. Ich kann das nicht mehr länger mit ansehen und biete meine Hilfe an. Wir komplettieren die Kästchenreihe, schließen sie mit einem geteilten Halbkreis ab, und ich drücke dem Mädchen einen Kieselstein in die Hand mit der Erklärung, dass sie nun einen kleinen Stein von Feld zu Feld werfen und das Feld mit dem Stein überspringen müsse, dass sie dabei nur auf einem Bein hüpfen und nicht auf die Linien treten dürfe usw. So hatte ich das Spiel jedenfalls in meiner Kindheit kennen und spielen gelernt. Nun geht auch der Mutter, die, wie ich erfahre, aus Portugal stammt, ein Licht auf, und sie sagt, sie hätte sich einfach nicht mehr richtig erinnern können. Es dürfte klar geworden sein, dass ich hier von einem sehr beliebten Kinderspiel spreche, das in Österreich meist als Tempelhupfen bezeichnet wird und von Hildegarde Zoder in seinen verschiedenen Ausprägungen beschrieben wurde. 1 Andere deutsche Namen sind unter anderem Paradieshüpfen, Himmel und Hölle, Hickelkästchen. In England wird es als "Hopscotch" bezeichnet, in frankophonen Ländern als "Marelle", in den Niederlanden "Hinkelbaan". In Italien heißt es "Gioco della Campana", "Gioco del Mondo" oder "Gioco del Paradiso", in Dänemark und Norwegen "Hoppe til Paradis". Tempelhupfen ist eines der auffälligsten Straßenspiele, weil es zumindest bis zum nächsten Regen noch sichtbar bleibt, auch wenn die spielenden Kinder bereits gegangen sind: Auch heute noch begegnet man immer wieder dieser typischen mit Kreide auf das Pflaster gezeichneten Figur. Temporär wird so ein Stück Bürgersteig oder Straße in eine Spielzone verwandelt. Wie jedoch das Beispiel und die Erfahrung zeigen, gerät dieses seit Jahrhunderten beliebte und weit verbreitete Spiel inzwischen mehr und mehr in Vergessenheit. Auch die junge Mutter scheint das Spiel nicht sehr oft gespielt zu haben und konnte sich an die Topografie und die Regeln nicht mehr korrekt erinnern. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass das kleine Mädchen später wohl kaum in der Lage sein wird, dieses Spiel seinerseits seinen Kindern beizubringen. II Dass Spiele in Vergessenheit geraten, ist kein ungewöhnlicher Vorgang. Traditionelle Spiele sind einem ständigen Prozess der Veränderung und Verdrängung unterworfen. Verschiedenste Faktoren, die das Soziotop bilden, in dem sie existieren, beeinflussen ihre Überlieferung. Sie können der Vermittlung von Spielen, die im Allgemeinen mündlich tradiert werden, förderlich oder hinderlich sein. Veränderungen der gebauten Lebenswelt, sich wandelnde Wertvorstellungen, wirtschaftliche und soziale Verhältnisse, die demografische Entwicklung, Migration, klimatische Veränderungen, technologische Erfindungen beeinflussen die Praxis des Spielens: Spiele werden obsolet, wenn die Lebenswelt, von der sie berichten, nicht mehr der Realität entspricht (wie viele Spiele mit "ländlichem" ema) und die Geschichten, die sie erzählen, nicht mehr verstanden werden; wenn das Spielmaterial nur noch schwer zu bekommen ist (wie etwa Knochen); wenn der Raum nicht mehr zur Verfügung steht (zum Beispiel um Drachen steigen zu lassen); wenn die Beschaffenheit des Terrains das Spiel nicht mehr zulässt (für Murmelspiel oder Sautreiben); wenn klimatische Veränderungen dem Spiel die Grundlage entziehen (wie nicht mehr zufrierende Gewässer); wenn sich zu selten genügend Teilnehmer zusammenfinden (wegen anderweitiger Verpflichtungen oder weil es einfach zu wenige Kinder gibt); wenn Kinder verschiedener Altersstufen nicht mehr gemeinsam spielen (damit Spielregeln weitervermittelt werden); wenn sie von den Behörden oder den Eltern (aus Angst vor Verletzungen oder aufgrund von Hygienevorstellungen etwa) verboten oder von Erzieherinnen und Erziehern (aus pädagogischen Gründen) abgelehnt werden. Andererseits sind Spieler sehr erfindungsreich und passen Spiele neuen Gegebenheiten an oder erfinden völlig neue Spiele. Kulturelle Transformationen und permanente Modifikationen durch Innovationsdruck sind der Normalfall in der Geschichte der Spiele. Die kulturelle Praxis des Spielens ist nomadisch, dennoch kommen Fragen zur Präsenz der Spiele in der Stadt auf, wenn ein über Jahrhunderte gepflegtes und beliebtes, weit verbreitetes Spiel wie das Tempelhupfen offenkundig vom Aussterben bedroht ist. Das Problem des Einflusses der von Erwachsenen geschaffenen Lebenswelt auf die Entwicklung von Kindern und ihre Spiele wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten in den Wissenschaften verstärkt wahrgenommen. Verschiedentlich wurde dabei auch den Veränderungen in der Spielkultur nachgegangen oder über Sinn und Unsinn bzw. die Gestaltung von Spielplätzen nachgedacht. 2 Weltweit ist die zunehmende Einschränkung der Spielmöglichkeiten durch Verdrängung aus dem öffentlichen Raum zu konstatieren, gleichzeitig werden die Kinder auf vorgefertigte monofunktionale Bereiche (möblierte Spielplätze, Street-Soccer-Käfige, Skate-Parks) verpflichtet, das freie Spiel wird durch kommerziell organisiertes (kostenpflichtige Indoor-Spielplätze) ersetzt. 3 Die neoliberalen Tendenzen seit den 1980er Jahren verstärken diese Entwicklung, indem sie auch den Städtebau zunehmend ökonomischen Kriterien der Rentabilität unterwerfen. 4 Wenn die "Nutzer" des öffentlichen Raums in erster Linie als Konsumenten betrachtet werden, ist das freie Spiel von Kindern der kommerziellen Funktionalisierung des öffentlichen Raums hinderlich. Spielende Kinder werden durch die Schaffung von Spielstraßen und Spielplätzen in Enklaven verwiesen, die auch die Funktion haben, das Typisches französisches Spielfeld, nach: C. de Nadaillac, J. Rousseau: Les jeux de collège, Librairie de J. Delalain et fils, Paris 1875 Wie bei so vielen Spielen, die die traditionelle Spielkultur prägen, ist die Herkunft des Paradieshüpfens unbekannt. In Europa jedenfalls taucht das Paradieshüpfen im späten 16. Jahrhundert anscheinend aus heiterem Himmel auf. Als Hinweis auf die Entstehungszeit mag die Tatsache gelten, dass es weder auf Brueghels berühmtem Kinderspielbild von 1560 im Wiener Kunsthistorischen Museum noch auf Maerten van Cleves nur wenig jüngerem Gemälde im Museum von St-Germain-en-Laye abgebildet ist. 14 Johann Fischart jedoch erwähnt ein Spiel namens "Inn die Höll" in der ersten Ausgabe von 1575 seiner Fassung der langen Spieleliste in Rabelais' "Gargantua"; in der zweiten Auflage von 1582 heißt es "In Himmel, in d' Höll". 15 Anscheinend führt er dasselbe Spiel noch zweimal unter den Namen "Mörselstein tragen" und "Venus Tempel" an. Rabelais selbst kannte ein Spiel namens "Marelle", allerdings ist wahrscheinlicher, dass er auf das ebenso bezeichnete Mühlespiel hinweisen wollte. 16 In England lässt omas Shadwell 1668 in der Komödie "Sullen Lovers" seinen Sir Positive die Spiele "Cat, Stool ball, Scotch-hopp and Trap-ball" aufzählen. 17 Besonders wichtig ist aber Francis Willughbys Eintrag "Scotch Hopper" in seinem zwischen 1662 und 1672 verfassten Spielemanuskript, weil uns hier zum ersten Mal eine Beschreibung der Spielregeln mitsamt einer Skizze des Spielfelds überliefert ist. 18 Demnach bestand das Spielfeld aus sieben Kästchen (A-F und M). Der Spieler steht in Feld A und wirft "ein Stück Ziegel oder ein kleines Stück Blei" in das zweite Feld B. Alsdann hüpft er alle Felder entlang bis Feld M und wieder zurück. Auf dem Rückweg muss er in den Zwischenraum zwischen der Scheibe und der Linie zwischen Feld C und B hüpfen, um sodann die Scheibe beim nächsten Sprung mit dem Fuß auf Feld A zu schieben. (Deshalb wird das Spiel auch im Deutschen bisweilen "Fuß-Scheibenspiel" und in Österreich "Batzerlschieben" genannt.) Wer einen Fehler macht, also ein Feld auslässt, auf eine Linie hüpft, mit dem zweiten Fuß den Boden berührt oder die Scheibe ins falsche Feld oder auf eine Linie wirft oder sie nicht in Feld A schiebt, setzt aus. Dann ist der Mitspieler an der Reihe, bis dieser einen Fehler macht. Offenbar verband Willughby den Namen "Scotch Hopper" mit Schottland, denn er notierte sich die Frage, ob das Spiel in Schottland weit verbreitet sei, ließ sie aber unbeantwortet. Gewöhnlich wird "scotch" im Sinne von "sketch", also Skizze, Zeichnung, verstanden und bezieht sich auf das Spielfeld. 19 Ikonografische Quellen liefern weitere Hinweise über das Spiel. In "Sechs und zwänzig nichtige Kinderspiel" von Conrad Meyer mit den Versen Jacob Cats' (Zürich 1657) taucht es nicht auf; dafür aber zehn Jahre später in Jacques Stellas "Jeux et plaisirs de l'enfance": 20 Hier spielen sechs puttenhafte Kleinkinder. Eines hüpft gerade einen durch parallele Linien definierten Parcours, in den es vorher eine Kugel geworfen hatte. Im 17. Jahrhundert wird es in den Niederlanden zu einem beliebten Motiv. Auf Kacheln wird das "Hinkelen" seit der Mitte des Jahrhunderts dargestellt, auf der Basis von Motiven aus der niederländischen Genremalerei. 21 Im 17. und 18. Jahrhundert besteht die "Hinkelbaan" aus einer Reihe von Feldern, die an einem Ende halbkreisförmig abschließen kann. Erst auf Kacheln des 19. Jahrhunderts taucht ein durch diagonale Linien viergeteiltes Ruhefeld auf. Das Steinchen fehlt in den Darstellungen selten, was dessen von Willughby erläuterte Bedeutung im Spiel unterstreicht. Jan Luyken stellte eine "Hinkelbaan" 1712 in einem Stich vor: Sie besteht aus sieben auch seitlich...
Zerstörung von Geschriebenem (Materiale Textkulturen 22), 2019
Das römische Augsburg. Militärplatz, Provinzhauptstadt, Handelsmetropole, 2022
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Der Verlag Philipp von Zabern ist ein Imprint der wbg.
Bielefeld University Press / transcript Verlag eBooks, 2023
Saskia Bender (Prof.'in Dr.'in), geb. 1974, ist Erziehungswissenschaftlerin mir den Schwerpunkten soziale Teilhabe, schulische Inklusion und Beratung an der Universität Bielefeld. Daneben arbeitet sie zu Fragen schulischer und außerschulischer kuiture11er und ästhetischer Bildung. Oliver Flügel-Martinsen (Prof. Dr.), geb. 1977, lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Bielefeld. Seine Forschungsinteressen sind: Philosophie und Theorie der Moderne, Philosophie und Theorie der Sozialwissenschaften, Theorien des Politischen, Demokratietheorie, französische Philosophie und Sozialtheorie des 20. Jahrhunderts und derGegenwan sowie (postmarxistische) GeseUschaftskritik. Michaela Vogt (Prof.'in Dr.'in), geb. 1983, ist Erziehungswissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Theorie und Geschichte der inklusiven Pädagogik an der Universität Bielefeld. Über Inklusion forscht sie unter bildungshistorischer wie international vergleichender Perspektive und verbindet dies mit kompararistischen, qualitativen und kontextanalytischen Forschungszugängen.
Zerstörung von Geschriebenem, 2019
Zum Prozess der "Zerstörung von Geschriebenem" kann die Archäologie des Mittelalters nur in seltenen Einzelfällen sachdienliche Hinweise liefern. Zunächst deshalb, weil Schrift generell nur selten in den Boden gelangt ist oder dort erhalten blieb und überlieferte Schriftzeugnisse des Mittelalters daher vorrangig von den Disziplinen der mittelalterlichen Geschichte und Kunstgeschichte erfasst und bearbeitet werden. Da die Archäologie Prozesse der Vergangenheit auf Basis ihrer materiellen Überreste untersucht, entzieht sich gerade die Zerstörung (von Schriftträgern) meist der direkten Erforschung. Der "stumme" Charakter archäologischer Quellen, die in der Analyse erst zum Sprechen gebracht werden müssen, macht im Falle der vollständigen Vernichtung von Schrift den Nachweis meist sogar unmöglich, sofern er nicht durch Analogien oder durch die direkte Identifikation mit überlieferten Ereignissenalso im Umweg über die "Schriftquellenhistorik"1-erbracht werden kann. Im Falle der Siegel wird die Vergleichsbasis dadurch eingeschränkt, dass die traditionelle Sphragistik v. a. mit Archivalien arbeitet und daher auch in ihren hauptsächlichen Fragestellungen kaum Bezug auf archäologisch überlieferte Siegelstempel nimmt.2 Übergreifende wissenschaftliche Beobachtungen zur Materialität der Typare fehlen damit weitestgehend. Gegenüber der regelhaft nachweisbaren Palimpsestierung mittelalterlicher Handschriften oder den zahlreichen historisch überlieferten Ereignissen von Bücherverbrennungen und-zerstörungen allgemein3 muss sich die folgende Darstellung auf einige verstreute Befundkontexte und eine bislang nicht adäquat publizierte, aber immerhin stetig wachsende Zahl materieller Relikte stützen. Zugleich wird sich jedoch zeigen, dass ein in den Schriftquellen nur selten auftretendes Phänomen sich 1 Der Begriff "Schriftquellenhistorik" meint hier die akademische Geschichtswissenschaft in Gegenüberstellung zu anderen Teildisziplinen der Erforschung menschlicher Vergangenheit, die ihrerseits häufig als "historische Hilfswissenschaften" bezeichnet werden. Auch die Archäologie kann und sollte als historische Wissenschaft verstanden werden. S. hierzu Frommer 2007, 16 ff. 2 Andersen 2008, 71 f. Bei den etwa 400 Typaren in dänischen Museumssammlungen handelt es sich zum Großteil um Bodenfunde, was laut Andersen auch auf die staatliche Gesetzgebung und die enge Zusammenarbeit mit privaten Sondengängern zurückzuführen ist. 3 Siehe hierzu näher im vorliegenden Band die Beiträge von Gereon Becht-Jördens, Georges Declerq und Marco Mostert.
In: C. Metzner-Nebelsick u.a. (Hrsg.), Rituale in der Vorgeschichte, Antike und Gegenwart. Interdisziplinäre Tagung Berlin 2002 (Rahden/Westf. 2003) 85-97.
Dieser Beitrag erschien erstmals in: Scheidewege 34 (2004/2005), S. 95-109.) "On the other hand, here I was, having a rational conversation with my dead wife." Glen David Gold, Carter Beats the Devil Lange war es in Deutschland selbstverständlich, dass Menschen nach ihrem Tod auf Friedhöfen bestattet wurden. Man musste nicht groß überlegen, was man mit seinen Toten anfängt. Sie wurden entweder in Särge gelegt und beerdigt oder verbrannt und ihre Asche in Urnen gefüllt. Beides aber, Särge und Urnen, waren bestimmt, in den offiziellen Begräbnis-und Trauerstätten, den Friedhöfen, zu verbleiben. So wollte es Sitte und Gesetz. Inzwischen ist die alte Ordnung ins Wanken geraten. Man diskutiert über eine Auflockerung der Vorschriften. Erste Gesetzesänderungen sind bereits in Kraft getreten. So gilt seit dem 1. September 2003 in Nordrhein-Westfalen das neue "Gesetz über das Friedhofs-und Bestattungswesen", das unter anderem, mit Blick auf islamische Bestattungsgebräuche, den Sargzwang aufhebt. Ferner erlaubt es, dass die Asche Verstorbener auch außerhalb der Friedhöfe an bestimmten Ortensolchen, an denen die Totenruhe gewährleistet istverstreut oder bestattet wird. Das können zum Beispiel so genannte "Friedwälder" sein, das heißt Waldstücke, in denen man einen Baum pachten kann, an dessen Fuß dann die (biologisch abbaubare) Urne mit der Asche des Toten beigesetzt wird. Die Verbrennung selbst kann jetzt auch in privaten Krematorien erfolgen. Des Weiteren wird ein Bestattungsrecht für Tot-und Fehlgeburten festgeschrieben. Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin preist dieses neue Bestattungsgesetz als "richtungsweisend". Es folge "der gesellschaftlichen Entwicklung hin zu mehr Offenheit und zu selbstverantwortlichen Entscheidungen der Menschen. Dabei achtet es die Werte, deren Gewand sich im Zuge der Entwicklung ändern mag, deren Inhalte für uns aber unverzichtbar bleiben." 1 Unklar bleibt allerdings,welche Werte hier gemeint sind. Außerdem teilen offensichtlich nicht alle die Auffassung der Gesundheitsministerin. Einige Kritiker, insbesondere aus kirchlichen und christlich-konservativen Kreisen, zeigen sich im Gegenteil davon überzeugt, dass hier sehr wohl grundlegende Werte in Frage gestellt werden. Man sieht die deutsche Bestattungskultur ernstlich bedroht, fürchtet um die Ruhe und Würde der Toten. Wenn es am Ende noch dazu käme, wie bereits in den Niederlanden praktiziert, dass jeder die Asche seiner Toten mit nach Hause nehmen und im Regal verwahren könne, dann müsse man auch damit rechnen, dass "Omas Asche" irgendwann in der Kanalisation verschwinde, und das sei nun wirklich ein "Horror-Szenario". 2 Der Streit tobt heftig. Es werden Grabenkämpfe ausgetragen. Dabei ist es doch, wenn man darüber nachdenkt, ausgesprochen merkwürdig, wie sehr uns der Umgang mit den Toten beschäftigt, ja, dass er uns überhaupt beschäftigt. Kann es uns denn nicht gleichgültig sein, was nach unserem Tod mit uns geschieht? Spielt es überhaupt eine Rolle, was wir mit den Körpern tun, die zurückbleiben, wenn Menschen gestorben sind? Das, was nach dem Tod von uns übrig bleibt, ist, so könnte man meinen, doch nicht mehr als ein bloßes Ding, tote Biomasse, die mit dem Menschen, dessen Leib sie einst war, nur noch eine rein äußerliche Ähnlichkeit besitzt, aber wesensmäßig etwas ganz anderes ist, das mit dem Menschen, der einst existiert hat, selbst gar nichts mehr zu tun hat. Schon Aristoteles meinte darum, dass es ein Widerspruch in sich sei, von einem "toten Menschen" zu sprechen. 3 Eine Leiche habe zwar dieselbe Gestalt wie der Leib eines lebendigen Menschen, aber ein Mensch sei die Leiche dennoch so wenig wie deren Hand wirklich eine Hand sei oder deren Auge wirklich noch ein Auge. 4 Und zwar aus dem gleichen Grund, aus dem eine in Stein gehauene Hand keine Hand sei, außer dem Namen nach, und das auf Leinwand festgehaltene Bild eines Arztes kein Arzt. Denn diese Abbilder können nicht die Funktionen erfüllen, die das Wesen der Dinge ausmachen, die in erster Linie und im eigentlichen Sinne so benannt werden. Mit dem Verschwinden der Wesensform, die Aristoteles auch Seele nennt, hören die Dinge auf zu sein, was sie waren. Ein Lebewesen ist aber wesensmäßig definiert durch das Leben, das ihm innewohnt. Darum ist ein toter Mensch kein Mensch, sondern nur noch formlose Materie.
Religiöse Fragen und »Many-to-Many-Kommunikation«, 2021
What does the many-to-many communication situation mean for religious contexts and the church? What opportunities and challenges lie in the productivity of theology in digitalised spaces and a culture of digitality?
In vielen Kulturen und Epochen, zumal in der Antike, lässt sich Religion als etwas selbstverständlich Gegebenes verstehen: gesellschaftlich geteilte Vorstellungen von Göttern und deren Macht als auch der Blick auf die Menschen sowie deren entsprechende Handlungen, die Rituale (s. Seite ##Beitrag Auffarth##ff.). Diese Vorstellungen und Handlungen sind über Generationen eingeübt und scheinen selbst dort, wo sie sich schnell ändern, uralt, traditionell zu sein. Neues wird fast immer als (angebliche) "Tradition" erfunden. Religion ist in dieser Perspektive ein Regelwerk, das zwar nicht immer korrekt zur Anwendung kommt, aber doch das Verhalten von ganzen Gesellschaften und die sie Beherrschenden oder auch das von Einzelnen in Gruppen bestimmt, deren Lebensführung sich ganz nach religiösen Vorstellungen ausrichtet. Wir sprechen dann von "römischer Religion" oder "Isis-Kult" oder "Christentum", wobei klar ist, dass alle an konkreten Orten als Mehrheits-oder Minderheitsreligion auftreten können.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der Times Antiqua gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier der Papierfabrik Gebr. Buhl in Ettlingen gedruckt und von Heinr. Koch in Tübingen gebunden.
in: A. Zdiarsky (ed.), Orakelsprüche, Magie und Horoskope: Wie Ägypten in die Zukunft sah (Nilus 22; Wien, 2015), 19-27.
Communicatio Socialis, 2018
Die Gegenwart ist von Konflikten zwischen Glaubenskulturen geprägt. Diese sind mit unterschiedlichen Theorien des Erkennens und Verstehens verbunden, die eine Positionierung gegenüber den normativen Grundlagen der Moderne und den Pluralisierungsprozessen der Spätmoderne beinhalten. In der Theologie spiegelt sich dies in der Schwierigkeit, Dialog und produktive Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen hermeneutischen Ansätzen zu ermöglichen. Der Artikel stellt ein Projekt vor, das im Rückgriff auf die Lehre von den Loci theologici in einem experimentellen Setting Ansätze für eine Konflikttheorie theologischer Wahrheitsfindung zu entwickeln sucht. Dazu wurde in einer heterogenen Gruppe von Theo-log_innen an einer offenen, topologisch konzipierten Rahmentheorie theologischer Erkenntnislehre gearbeitet.
Lars Charbonnier/Konrad Merzyn/Peter Meyer (Hrsg.), Homiletik. Aktuelle Konzepte und ihre Umsetzung, 2012
Acta Ethnographica Hungarica, 2007
New Invented Apocriphes and the Folklore. The Roast Cock Crows. "It happened on the day of the Holy Supper, that Lord Christ was served a roast cock, and when Judas left to sell the Lord, he ordered the cock to rise and follow Judas, and the cock did accordingly, then reported to Lord Christ how Judas betrayed him, and because of this it is said to be allowed to follow him to Paradise."
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