1995, Perspektiven der Philosophie
Verlust und Gewinn sind Begriffe des Geschäftslebens und dort ist es in der Regel nicht möglich, einen Verlust als Gewinn auszuweisen. Sehr wohl kann der Verlust des einen der Gewinn des anderen sein. Doch so sind Verlust und Gewinn im Titel nicht gemeint. Dieser soll vielmehr die Frage provozieren, ob und wie es denn möglich sei, dass der Verlust dem, der ihn erleidet, einen Gewinn bringe. 1 Beim Wort "Wirklichkeitsverlust"mag man als Laie etwa an psychische Erkrankungen denken, die es den Kranken verunmöglichen, mit der übrigen Welt selbständig zu verkehren. Sie können dabei ihren Wirklichkeitsverlust entweder bemerken und daran leiden, oder dieser kann soweit gehen, dass sie auch diesen nicht mehr bemerken und insofern allenfalls in einer eigenen Welt leben, die ihnen angenehm ist. Dennoch ist er für uns Aussenstehende ein Leidender und es scheint mir eine zynische Betrachtungsart zu sein, den Leidenden gerade aufgrund seines Leidens zum Glücklichen zu erklären. 2 Viele von uns sind wohl der Meinung, dass eine einzige Freude in einem echten gefühlten Leben menschlich mehr wert ist als viele Freuden einer virtual reality. Auch so soll also der Titel nicht verstanden werden. An Don Quijote lässt sich vielleicht eine ganz andere Weise des Gewinns aus einem Wirklichkeitsverlust sehen. Zwar ist Don Quijote in den Augen seiner Umwelt auch ein Narr. Er führt sich sowohl absichtlich (I, 25ff.) wie auch unabsichtlich [80] närrisch auf, er lässt sich durch die plumpsten Tricks seines Begleiters Sancho Pansa (II 10 u.a.), aber auch von beliebigen anderen Personen hinters Licht führen. Er hält nicht nur die bekannten Windmühlen für Riesen (I, 8), einen Weinschlauch für den Feind der Prinzessin Mikomikona (I, 35), sondern auch ein Barbierbecken für Mambrins Helm (I, 21), er verwechselt Schenken mit Burgen, Dirnen mit Ritterfräulein (I, 2f., I, 16f. u.a.) und vieles andere mehr. Für seine Leichtgläubigkeit und für seinen Unverstand erhält er unentwegt 1