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„Herrentiere“ und „Untermenschen“

2011, Historische Anthropologie

Abstract

„indergeschichteistvielzuwenigvontierendierede.“DieseFeststellungtraf eliascanetti inden frühen1940er Jahren.sie istnochheutegültig,hatdiege‐ schichtswissenschaft im deutschsprachigen raum – anders als in den usA oder großbritannien–docherst jüngstbegonnen,sichmitderrollevontieren inder geschichteauseinanderzusetzen.Dies ist insofernerstaunlich,alsdieAbgrenzung zumtiereinkonstitutivesmomentmenschlicherselbstdefinitiondarstelltundsich diegeschichtedertier‐mensch‐Beziehungindiesemsinneals„historischegrund‐ lagenforschung“verstehenlässt. Aushistorischerperspektiveistdabeidiephilosophisch‐anthropologischeFrage nachdemmenscheninseinerÄhnlichkeitundDifferenzzumtierwenigergrund‐ sätzlichvoninteresse.Vielmehrbefasstsichdiegeschichtswissenschaftvorallem mitdenbeschreibbarenFolgenundeffektenderfortwährendentrennungzwischen tierundmensch,diegiorgioAgambenals„einegrundlegendemetaphysisch‐po‐ litischeoperation“bezeichnethat.DiesetrennungbildetzugleichdenAusgangs‐ punktweiterer(problematischer)unterscheidungen,etwazwischenFrauundmann oderdensogenanntenWildenundZivilisierten,dieüberihreangeblichunterschied‐ lichenähezumtierdifferenziertwurdenundwerden. WährendnochdiephilosophiederAufklärungvoneinerwesensmäßigenDiffe‐ renzvonmenschundtierausgegangenwar,setztensichum1800zunehmendalter‐ nativesichtweisendurch,dieeherdiegemeinsamkeitenvonmenschundtierhe‐ rausstellten,undzwarinsbesonderedieempfindungs‐undleidensfähigkeitbeider, diezumAusgangspunktdertierschutzbewegungwerdensollte.mitderBetonung der empfindsamkeit dertiere ließ sich Kritik an einem rein anthropozentrischen tierschutzüben–eineposition,diederbritischeJuristundphilosophJeremyBent‐ hambereitsamendedes18. JahrhundertsinseinerIntroduction to the Principles of Morals and Legislationwirkmächtigaufdenpunktgebrachthatte.Beidentieren,