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Albrecht Plewnia/Andreas Witt: Einleitung

2014, Dynamik - Wandel - Variation

Die Annahme, dass es so etwas wie einen Verfall der Sprache gebe, ist vermutlich so alt wie das Nachdenken über Sprache selbst. Dass Sprache sich wandelt, ist eine anthropologische Grundtatsache; dass dieser Wandel tendenziell als Verfall gelesen wird, ist ein gut eingeführter Topos. Als prominentes Beispiel aus der Antike sei Marcus Tullius Cicero zitiert, der in seiner Schrift "Brutus" die sprachliche Kompetenz seiner Zeitgenossen mit derjenigen früherer Generationen vergleicht und zu dem Urteil kommt: aetatis illius ista fuit laus tamquam innocentiae sic Latine loquendi [...], sed omnes tum fere, qui nec extra urbem hanc vixerant neque eos aliqua barbaries domestica infuscaverat, recte loquebantur. sed hanc certe rem deteriorem vetustas fecit et Romae et in Graecia. (Cic., Brut. 258) 1