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O. Frey/F. Koch (2011) Einführung: Die Zukunft der europäischen Stadt

Abstract

In seiner Abhandlung über die Stadt in der europäischen Geschichte beschreibt Leonardo Benevolo die Städte "als eine -vielleicht die hauptsächliche -Ursache dafür, dass Europa sich als eine historische Einheit zu erkennen gibt" (Benevolo 1999: 13). Dabei stellt, so Benevolo weiter, das für europäische Städte charakteristische Nebeneinander von öffentlicher und privater Hand, die sich das Recht an Grund und Boden in den Städten teilen, ein Grundthema der europäischen Geschichte dar: die Schaffung eines ausgewogenen Verhältnisses von Individualrecht und öffentlicher Kontrolle, das nur dort funktionieren kann, wo die Interessen beider Seiten angemessen vertreten sind (Benevolo 1999: 223). Dies bedeutet, dass das europäische Modell von Stadt nur eine von vielen möglichen städtischen Steuerungsformen sein kann und eben kein ubiquitärer, universell anwendbarer Markenartikel. Der Versuch der Kolonialmächte, das europäische Modell von Stadt zu exportieren und damit die Überlegenheit Europas zu demonstrieren, führte zu kaum wiedergutzumachenden Schäden außerhalb Europas und zeigt aus historischer Sicht die Problematik des Begriffs der europäischen Stadt. Gleichzeitig wird auch deutlich, dass "europäische Stadt" nicht nur eine geographische Bezeichnung für Städte, die sich auf dem europäischen Kontinent befinden, ist; je nach Definitionsansatz werden unter dem Begriff bestimmte Bau-und Nutzungsstrukturen, soziale Formationen oder politische Organisationen verstanden.