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2011
In Universitätssammlungen finden sich die größten Kuriositäten aus vergangenen Zeiten. Selten wird ihr Wert bei der konservatorischen Pflege richtig eingeschätzt. Der Beitrag geht auf die besonderen konservatorischen Anforderungen dieser Sammlungseinheiten ein und benennt die Wege, die eine nachhaltige Sammlungspflege heute einschlagen sollte. Abb. 1: Sammlung Friedrich Schmuck, CICS FH Köln. Kiste mit Farbmaterialien eines unbekannten Künstlers Eigenarten einer Universitätssammlung Jede Universitätssammlung hat ihre Geschichte. Durch Erbschaft und Schenkungen kamen nicht selten unterschiedlichste Objekte, Materialien und Kuriositäten zusammen, so dass die Bedeutung einer Sammlung sich nicht nach ihrem pekuniären Wert bemisst, sondern in der Regel durch ihren wissenschaftsgeschichtlichen Kontext und durch die Vorlieben des sammelnden Stifters. Häufig sind die Hinterlassenschaften auch mit Auflagen verbunden, die beispielsweise den Erwerb einer kompletten individuellen Sammlung nötig...
Die Kunst des Aufbewahrens , 2015
Die Liebe der Sammlerinnen und Sammler zu den Objekten ihrer Begierde ist eine ganz besondere, denn etwas zu sammeln bedeutet, es seiner Verwendung und eigentlichen Bestimmung zu entziehen. Ein Weinsammler würde eher Bier trinken als seine seltenste Flasche. Diese zwiespältige Liebe hat auch etwas mit dem Tod zu tun, wie Jacques Derrida in seinem Werk Dem Archiv verschrieben (Mal d'archive) beschrieben hat. Ein Archiv zieht 1 die Grenze zwischen dem Nützlichen und dem Unnützen, trifft damit eine Unterscheidung, die auch die Kunst schätzt, die ja selbst auch nicht nützlich sein darf. Die Vergangenheit der Vergangenheit Archive sammeln nur das, was abgetan ist. Sie bewahren, wie ihnen vorgeschrieben. Die Archivarinnen und Archivare sammeln und dokumentieren systematisch alles, was zu einem bestimmten administrativen oder juristischen Geschäftsgang gehört, aber für die laufenden Geschäfte nicht mehr erforderlich ist -so jedenfalls lautet ihre nüchterne Charakterisierung. Das Archiv ist ein Ort der Stabilität und der Normalität, denn es speichert, ordnet und schafft Bedeutung. Archive werden zu autoritativen Quellen, weil die "Archivierung […] das Ereignis im gleichen Maße hervor[bringt], wie sie es aufzeichnet." 2 Derrida bezieht sich in diesem Satz auf das Patriarchalische des Archivs, auf das Gesetz des Vaters. Das Archiv schafft Fakten, Maß und Mitte, Orientierung und Seriosität, es erzeugt die Vergangenheit, die unserer Geschichtsschreibung zugänglich ist, weil es definiert, was abgelegt und abgeschlossen ist. Die Archivalien sollen also still sein und tot, dem Totenreich des Thanatos angehören, wie Derrida es in Freudschen Termini ausdrückt. 3 Archivalien müssen geschont, am besten nur mit weißen Handschuhen berührt und bei vier Grad Celsius dunkel und trocken aufbewahrt werden. Dass man etwas Archiviertes wieder in Derrida 1997.
Rechtsgeschichte - Legal History, 2007
The article explores the theoretical implications involved in positing cinema as a nocturnal chronotopos. Cinematic images emerge out of the darkness of a movie theatre only once again to veer towards darkness, once the play of light and shadow on the screen has again ceased. The charm of cinematic representations resides in the fact that they make up an effervescent imaginary space. At the same time, cinema offers an enmeshment of the past and the future by virtue of the effects of presence it spectrally affords. Cinematic images arise from a past world and project a future spectatorship. It is precisely by producing a presence that represents this alignment of past and future, that cinema proves to be a nocturnal space-time between forgetting and remembering, once one has awoken from its manifestations.
NIKE-Bulletin, 2005
DenkmalDebatten-Was ist ein Denkmal? Und wie geht man mit ihm um? Grundlagentexte auf www.denkmaldebatten.denkmalschutz.de
Regenwasser Management, Verlag Ernst&Sohn, Berlin, 2024
Über die Entwicklung Amsterdams im 17. Jh. als Paradigma blau-grüner Stadtplanung und über ein geglücktes Beispiel im heutigen Wien. Wie die Geschichte Europas zeigt, waren rasante Veränderun- gen der Rahmenbedingungen sowohl des gesellschaftlichen als auch des persönlichen Lebens keine Seltenheit – und eine Reaktion darauf waren zuweilen zukunftsgerichtete Planungen, die mit großräumigen Eingriffen durchgesetzt wurden und die sich dann Jahrhunderte bewährten. Dabei ist der oft weit voraus- schauende Blick gerade auch im Bereich Architektur, Infrastruk- tur und Stadtentwicklung erstaunlich. Ein beeindruckendes Bei- spiel hierfür ist die Stadtentwicklung von Amsterdam.
Erinnerungskulturen im Grenzraum Spominske kulture na obmejnem območju, 2020
"Das Jahr 2020 ist zweifelsohne ein Jahr vieler bedeutender zeitgeschichtlicher Jahrestage und Jubiläen..." – einführender Artikel in den Sammelband "Erinnerungskulturen im Grenzraum – Spominske kulture na obmejnem območju", herausgegeben von D. Wutti, N. Danglmaier & E. Hartmann im Oktober 2020 im Klagenfurter Hermagoras/Mohorjeva Verlag.
Rechtsmedizin, 2012
Überlegungen zur Entwicklung des Fachs Rechtsmedizin an der Universität Freiburg Es ist mittlerweile eine schöne Tradition, dass den Ausrichtern der Jahrestagung die Möglichkeit eingeräumt wird, im Kongressheft der Zeitschrift Rechtsmedizin über Geschichte, Gegenwart und Zukunftsperspektiven des Fachs aus der Sicht des jeweiligen Standorts zu berichten. Am 22.09.2010 hat die Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) beschlossen, dass die 91. Jahrestagung in Freiburg stattfinden wird. Die Einbindung eines Symposiums der International Academy of Legal Medicine (IALM) soll die Veranstaltung für Gäste aus aller Welt attraktiv machen und zugleich die gewachsene Bedeutung der klinischen Rechtsmedizin unterstreichen. Im Jahr 2012 jährt sich die Gründung der Universität Freiburg zum 555. Mal, und seit 50 Jahren verfügt die Freiburger Rechtsmedizin über ein eigenes Institutsgebäude-zwei Anlässe, die einen Rückblick auf die geschichtliche Entwicklung und einen Ausblick in die Zukunft angezeigt erscheinen lassen.
2011
Short description of my way of imparting history to public visitors of archaeological museums and further considerations about "living history"
t3n | Digital Pioneers, 2018
Wir haben Historiker, Zukunftsforscher und Weltraum-Experten gefragt, was wir eigentlich über die Zukunft wissen können. Und was nicht.
www.historia-interculturalis.de, 2004
Release the future from the past? Release the past from the future? Unsuccessfull contribution to an essay contest in 1999. The main ideas have been integrated in my book Geschichte und Weltbild and other papers. They are still relevant today and in some respects even more than confirmed by the current influence of a scientific determinism in the humanities. Der nachfolgende Text entstand 1999 als Beitrag zum gleichnamigen Essay-Wettbewerb der Zeitschrift Lettre international und der Initiative Weimar 1999, der nicht reüssierte. Ich nahm später die meisten Gedanken daraus in mein Buch Geschichte und Weltbild und anderen Veröffentlichungen auf. In dem Text geht es um die Frage, ob Geschichte einen "Sinn" hat, das heißt einem bestimmten Sinn folgt, und welchen Sinn die Beschäftigung mit Geschichte hat. Es geht also um die Frage nach Fatalität und Zufall in der Geschichte, um die Analyse unseres heutigen Geschichts- und Weltbildes im Rückblick auf seine Entstehung und Entwicklung.
Verkündigung und Forschung, 2011
nach Ägypten um Hilfe und sich verlassen auf Rosse und hoffen auf Wagen, weil ihrer viele sind, und auf Gespanne, weil sie sehr stark sind! Aber sie halten sich nicht zu dem Heiligen Israels und fragen nichts nach dem Herrn." (Jes 31,1) Heutzutage wird mir keine "Hilfe aus Ägypten" angeboten: keine Rosse, auf die ich mich verlassen könnte, keine Wagen, auf die ich hoffen könnte. Wahrlich, jetzt bleibt uns nur noch das Evangelium. Dieser Text ist ein Teil eines Forschungsvorhabens "Hermeneutik der christlichen, insbesondere der tschechischen protestantischen Traditon in der Kulturgeschichte Europas" des Ministeriums für Schulwesen, Jugend und Körpererziehung der Tschechischen Republik MŠ MT č. MSM0021620802.
Talk given at the conference “Endlich genug von Hitler? Aktuelle Debatten zur Vergangenheitsaufarbeitung”, Tutzing 03/16, organised by the Akademie für Politische Bildung, Tutzing, and the Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
Schwäbische Heimat, 2021
Die Frage nach den digitalen Archiven hat die HyperKults seit der Nummer Eins in 1991 beschäftigt. Es hingen Erwartungen an als beliebig groß gedachten Speichern, sie sollten mühelos und in ganz neuer Weise den Zugang zu und den Diskurs über das Material ermöglichen, das uns am meisten interessierte. Ähnlich wie der Hypertext-Diskurs hingen an den Sammlungen im Computer Ideen der Ermächtigung, der Befreiung, des lustvollen Selbermachens. Wir wollten etwa mit Filmen direkt umgehen können, nicht nur mit Beschreibungen oder Filmstills, Bilder sollten zu unserer Verfügung stehen, unmittelbar gleichsam, und die Bibliothek von überhaupt allen Texten stellten wir uns als eine Paradies für Leserinnen und Leser vor, aber auch für Autorinnen und Autoren.
Der Dom - Mitteilungsblatt des Wiener Domerhaltungsvereins, 2021
Die neuzeitlichen Gräber von St. Stephan This paper is about a research project dealing with early modern age graves, which were excavated in St. Stephan in 1996, 2000/2001.
Editorial 4/2015 Die Zukunft von gestern Seit rund drei Jahrzehnten verändert die Digitaltechnologie in ihrer ökonomisch induzierten Anwendung das, was man zwangsläufig unpräzise als „gesellschaftliche Kommunikation“ bezeichnen kann, dramatisch. – Allerdings hat das aus dem Englischen kommende Wort „disruptiv“, also zerstörerischer Wandel, damit im Zusammenhang erst in letzter Zeit Einzug in die deutsche Sprache gehalten. Aus der Not des Augenblicks heraus stellen sich viele in der Informations- und Kommunikationsbranche Beschäftigte die Frage, in welche Richtung die Entwicklung geht: Integriertes crossmediales Produzieren, „digital first“, Ende des Gedruckten – mit ihm zusammen vielleicht das Aussterben aller „Legacy-Medien“ mitsamt dem Journalismus, da „User“ den „Content“ aus ihrem jeweiligen Erlebnisbereich selbst „generieren“ und IT-Konzerne aus den jeweiligen „Clouds“ zielgruppengerechte „Feeds“ „kuratieren“. Die Vorhersagen differieren in Abhängigkeit vom Fokus der jeweiligen Darstellungen, den für die Zukunftsabschätzung eingesetzten Methoden und wohl auch, wie unterstellt werden darf, vom kultursoziologischen Milieu, aus dem heraus die Prognose gewagt wird. So fragte ein Team der Universität Toronto 2011 (Van Alstyne 2011) „What will our media and entertainment be like by 2020?“ In rund fünf Jahren werden wir wissen, welches dieser vier Szenarien, die in einer Mischung aus Delphibefragung und Focus-Gruppen zustande gekommen sind, realistisch war; oder möglicherweise keines davon (Boshafte Anmerkung: Vielfeldermatrices werden aufgrund ihrer dichotomen Anlage, die sich in einem Koordinatensystem mit zwei Gegensatzpaaren auch optisch schön darstellen lassen, immer wieder gern verwendet. Dass sich die Wirklichkeit immer auf zwei polare Positionen reduzieren lässt, wird dabei stillschweigend vorausgesetzt). In dieser Untersuchung wird von jeweils zwei gesellschaftlich möglichen Alternativen ausgegangen: langsame und staatlich regulierte versus disruptive Entwicklung bzw. korporativ/kapitalistische versus sozial/kommunitarische. Insofern könnte die Medienorganisation 2020 entweder von staatskapitalistisch agierenden Konzernen, von einem Kaleidoskop relativ kurzlebiger Startup-unternehmen geprägt sein, von einem Ökologieverständnis, das „slow media“ umfasst oder von einem internationalen Wettkampf der „Lords of the Cloud“. Wie gesagt, in wenigen Jahren können wir – unter der Voraussetzung, dass wir uns noch an die Aussagen erinnern – über die Trefferquote dieser und anderer aktueller Studien über die Medienzukunft ein Bild machen. Man kann allerdings auch heute schon einen Blick zurück werfen und sich fragen, wie frühere Prognosen der Kommunikationswissenschaft, gemessen an der heutigen Realität, abgeschnitten haben. Was wurde vor zwanzig und mehr Jahren richtig vorhergesagt und worin lag man komplett falsch? Was ist in der aktuellen Medienpraxis wichtig, wurde aber in vergangenen Zukunftsbeschreibungen gar nicht erwähnt? – Das ist das Anliegen dieses Heftes von medien & zeit. Die Veränderung des „Medien-Ökosystems“ wie das Gerhard Rettenegger hier in seinem Beitrag m.E. zutreffend nennt, trifft die Kommunikationswissenschaft in mehrfacher Weise: Ihr Materialobjekt hat sich geradezu beängstigend ausgedehnt (Technik hat uns beispielsweise lange eher nicht interessiert, interpersonelle Kommunikation ebenso), ungelöste Verfahrensfragen fordern ihren Tribut in der Herangehensweise (etwa: lassen sich Funktionen gesellschaftlicher Kommunikation normativ oder nur analytisch bestimmen) und – ohne den Fragenkatalog hier auch nur ansatzweise ausgeschöpft zu haben – welche heuristische Position kann sich Kommunikationswissenschaft als Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme selbst zumessen? Josef Trappel geht in seinem Beitrag auf die hier angesprochenen erkenntnistheoretischen Probleme ein. Ist Zukunft vorhersehbar, und würden Prognosen, sofern sie gesellschaftlich wirksam werden, die Entwicklung nicht eher beeinflussen und ihre eigenen Aussagen damit obsolet machen? Oder sollte man angesichts eines naheliegenden Spekulationsverdachtes kommunikationswissenschaftliche Prognosen besser gar nicht abgeben? Trotz aller Skepsis redet Trappel dem nicht das Wort. Roman Hummel, Susanne Kirchhoff, Dimitri Prandner und Rudi Renger versuchen „Prognosen von gestern“ in Bezug auf Journalismus auf ihre Relevanz hin abzuklopfen. Das Ergebnis ist „durchwachsen“: Dort, wo die Entwicklung einem stetigen Verlauf gefolgt ist, wurden durchaus bis heute zutreffende Aussagen gemacht. Wo aber vor allem utopische oder dystopische Einstellungen „die Feder geführt“ haben, wirken die damaligen Erkenntnisse heute so unzeitgemäß wie die seinerzeitige Kleidermode. Um Utopien und Dystopien als beeinflussende Wissenschaftstrends geht es vor allem bei Dimitri Prandner und Rudi Renger. Sie sprechen von einer „Veradornisierung“ der Medienanalyse in den siebziger und achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts. So konnte, dies der Befund, die zivilgesellschaftliche Aneignung neuer Medientechnologien nicht richtig in den Blick genommen werden. Die zivilgesellschaftliche Nutzung neuer Medientechnik-Ressourcen ist denn auch das Thema von Gerhard Rettenegger. Ihm geht es dabei vor allem auch um die Bereitschaft der Journalistinnen und Journalisten, grundlegende Transformationsprozesse als solche anzuerkennen und für ihre eigene Arbeitspraxis positiv nutzbar zu machen. Damit ist das Ziel, weshalb wir dieses Heft von medien & zeit geschrieben haben, mit umrissen: Wir wollten ein wenig zur Selbstreflexion hinsichtlich der Aussagen zur Veränderung des Medien-Ökosystems beitragen. Dem Team von m&z sei herzlich dafür gedankt, dass sie diese Idee akzeptiert und uns bei der Verwirklichung unterstützt haben. Frau Viktoria Hubner, Studienassistentin in der Abteilung Journalistik am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg, danke ich ganz besonders für ihre Arbeit beim Einrichten der Manuskripte. Roman Hummel im Namen aller an der Publikation Beteiligten Bibliographie Van Alstyne, G. (2011). 2020 Media Futures. Toronto. OCAD University
Forum Kritische Archäologie, 2019
The fear of alternative facts makes itself felt in the sciences as well as in archaeology. It requires an examination of the status quo and future strategies to deal with both the fear and the alternative facts. We suggest that the retreat to a supposedly safe, empiricist position and the belief in the objectivity of scientific methods and the factuality of archaeological material is the wrong approach. Our reasoning is that scientific facts as well as theses of the humanities and social sciences are being denounced as “fake news”. A separation into “factual” science and “post-factual” or pseudo-scientific discourses does not appear to be crucial for the success of constructions of the past. Rather, there is always a mixed situation of different interests and associations. With recourse to Claude Lévi-Strauss’s concept of the “savage mind”, we discuss the “warrior grave” Bj 581 from Birka as well as the Cheddar Man to illustrate how complex the construction of past is. We can only assess the tasks and challenges of archaeology in the “post-truth era”, when we understand how “the past” emerges in the tensions between “savage knowledge” and “rational knowledge”, between facts and alternative facts, as well as between digital and analogue discussions. And only then can we realize that we have always lived in such an era. Die Angst vor der Postfaktizität macht sich in den Wissenschaften, so auch in der Archäologie bemerkbar und erfordert eine Auseinandersetzung mit dem Status-Quo und zukünftige Strategien, um zum einen mit der Angst und zum anderen mit ‚Postfaktizität‘ umzugehen. Der Rückzug auf vermeintlich sichere, empiristische Positionen, wie sie bisweilen im Glauben an objektive, naturwissenschaftliche Methoden oder die Faktizität archäologischer Materialität praktiziert wird, greift häufig zu kurz. Denn nicht nur naturwissenschaftliche ‚Fakten‘, sondern auch Thesen der Geistes- und Sozialwissenschaften werden durch die Diffamierung als ‚fake news‘ angeprangert. Eine Trennung in ‚faktische‘ Wissenschaft und ‚postfaktische‘ un-/nicht-/pseudowissenschaftliche Diskurse erscheint wenig ausschlaggebend für den Erfolg vergangenheitsbezogener Konstruktionen. Vielmehr existiert schon immer eine Gemengelage aus unterschiedlichsten Interessen und Assoziationen. Durch einen Rekurs auf das Konzept des ‚wilden‘ Wissens in Anlehnung an Claude Lévi-Strauss, diskutieren wir u. a. anhand des ‚Kriegergrabs‘ Bj 581 aus Birka und des Cheddar Man, wie vielschichtig der Konstruktionsprozess der Vergangenheit ist. Erst wenn wir verstehen, wie die Vergangenheiten entlang der Achsen wildes Wissen/rationales Wissen, Faktizität/Postfaktizität und digitaler/analoger Diskussion entstehen, lassen sich die Aufgaben und Herausforderungen einer Archäologie im ‚postfaktischen Zeitalter‘ einschätzen und zugleich erkennen, dass wir schon immer in einem solchen lebten.
Voltaire. Magazin für instabile Verhältnisse. Issue 1 (2012), 2012
Wird es bald noch schlimmer, hässlicher und trostloser? Werden immer nur die Alpträume Wirklichkeit? Können wir uns etwas besseres als das Vorhandene überhaupt noch vorstellen? Um es kurz zu machen, die Antworten lauten: schon möglich; nein; ja. Freilich kann das ein jeder behaupten, daher muss ich das etwas gründlicher ausführen. Dabei werde ich mich auf intellektuell gefährliches Terrain begeben, nämlich in den Bereich der Zukunft und der sie betreffenden Wünsche. Allzu leicht fällt man hier in die Gruben des spekulativen Unsinns, denn anders als bei Wanderungen im Raum, bei denen unser Gesicht praktischerweise in die Richtung der Bewegung blickt und so eine gewissen Orientierung, mithin ein Vermeiden gefährlicher Untiefen erlaubt, ist unser Gesicht bei Wanderungen in der Zeit stets auf das gerichtet, von wo wir herkamen -weshalb jeder nächste Schritt ins Unbekannte gewagt werden muss. Die Vergangenheit liegt einigermaßen klar und übersichtlich vor uns, doch wir eilen rückwärts und so gut wie blind in die Zukunft. Was wir dort antreffen werden, können wir jetzt noch gar nicht wissen. Als besonders hellsichtige Wahrsager gelten daher üblicherweise gerade die, deren Prognosen so unscharf und widersprüchlich formuliert sind, dass man sie auf nahezu jede Zukunft anwenden kann (was sie streng genommen völlig nutzlos macht, abgesehen vom Placebo-Effekt und dem Verkaufswert an Leichtgläubige). Der berühmteste solche Seher ist Nostradamus, und der kann uns bei der Beantwortung der Fragen nicht helfen. Zugegeben: Manchmal schreibt einer was, das dann später tatsächlich passiert. Jules Vernes Reisen um die Erde und zum Mond, Herbert George Wells' futuristische Technikstädte und der Luftkrieg, Karel Čapeks Roboter und die Atombombe: sie alle wurden erst phantasiert und später Wirklichkeit. Es ist aber kein Verlass darauf, dass die Science Fiction (dieser oder anderer Autoren) realisiert wird -weder sind wir bisher zum Mittelpunkt der Erde noch ins Jahr 802701 gereist, und schon gar nicht überschwemmen faschistische Nordmolche die Welt. Bis jetzt jedenfalls. Prophezeiungen vermögen bestenfalls Auskunft über den Geisteszustand ihrer Anhänger zu geben und auch Science Fiction behandelt nicht die Zukunft, sondern erlaubt bestenfalls einen besonders scharfen Blick auf die Gegenwart. Welches Hilfsmittel erlaubt es mir dann, die anfangs gestellten Fragen zu beantworten?
2017
Mechthild Exo (Dr. rer. pol.), geb. 1966, ist Friedens-und Konfliktforscherin sowie antimilitaristische Aktivistin. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Dekolonialisierung von Forschungsmethodologien und Präsentationsformen, feministischdekoloniale Kritik zentraler Theorien und Konzepte der Weltpolitik, basisdemokratische Selbstorganisation sowie neue Modelle für Friedensordnungen. Sie arbeitet als Dozentin für Transkulturalität an der Hochschule Emden. Mechthild Exo Das übergangene Wissen Eine dekoloniale Kritik des liberalen Peacebuilding durch basispolitische Organisationen in Afghanistan D 188 Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivs 4.0 Lizenz (BY-NC-ND). Diese Lizenz erlaubt die private Nutzung, gestattet aber keine Bearbeitung und keine kommerzielle Nutzung.
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