2013
Von der Bedeutung Lambert Krahes für Düsseldorf Bereits 1792 wird die Stadt Düsseldorf in den »Nachrichten von sehenswürdigen Gemälde-und Kupferstichsammlungen [...] in Teutschland« als attraktiver Ort für zeitgenössische Künstler und Sammler beschrieben. Vom »Zusammenfluß und Aufenthalt der häufig da eintreffenden Künstler« ist die Rede, die Folge sei eine Etablierung verschiedener Privat-Cabinette.1 Eine eigenständige, von Auftraggebern unabhängige Kunstszene und ein Kunstmarkt scheinen sich vorzubereiten. Zu einem entscheidenden Teil ist diese Entwicklung der Lebensleistung eines Künstlers zuzurechnen, der aus Perspektivlosigkeit die verwaiste Residenzstadt 1736 verlassen hatte und erst nach dem Siebenjährigen Krieg mit über 50 üahren wieder in Düsseldorf wirken konnte. Das jedenfalls deutet sich in den Worten an, die der Autor Friedrich Karl Gottlob Hirsching einige Seiten zuvor für den kürzlich verstorbenen »Director der [DüsseLdorfer] Mah-Leracademie und GemäLdegallerie, Hr. Hofkammerrath Krahe« (1712-1790) findet: Zeitlebens hätte ihn ein immer großer »Enthusiasmus für die Kunst« geLeitet. Lambert Krahe verdanke »die Kunst-Academie [...] ihren ganzen WohLstand, manches junge MaLer-Genie sein GLück«, die »Welt« aber verdanke ihm, »daß er so manches vortreffliche Stück dieser unschäzbaren GaL-Lerie durch den Stich vervielfäLtigen ließ [,..].«2 Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Bedeutung Krahes für Düsseldorf nicht vergessen: VoLLer Sympathie mit dem Gründungsvater seiner Institution und im Bewusstsein seiner hochwertigen Kunstsammlungen misst der Kunsthistoriker und Professor an der Kunstakademie Richard Klapheck die Bedeutung Krahes sogar an dem Wirken Kurfürst Johann WilheLms. Er Lobt ihn aLs »gLänzenden Organisator von zähem Unternehmungsgeist« und nennt ihn den »zweiten Gründer Düsseldorfs als Kunststadt«. »Die Neuordnung der kurfürstlichen Kunstsammlungen, die heute die Städte München, Augsburg und Schloss Schleißheim schmücken, und die auf seine Anregung entstandenen reich iLLustrierten PrachtkataLoge [...] trugen den Namen der Stadtin aLLe Länder.«3 Lambert Krahe im Blick seiner Zeitgenossen Lambert Krahe war ein Tausendsassa. SchiLlernd ist das BiLd seiner impulsiven KünstLerpersön-Lichkeit, weitreichend das Netz seiner persönlichen Beziehungen. Er wirkt als berufener, wie konsequenter Lehrer der Kunst, aLs kundiger Restaurator und versierter Galeriedirektor. Bei Hofe und in eLitären kathoLischen Kreisen schätzt man den umgängLichen und erfahrenen Mann. Der Ruf eines leidenschaftlichen SammLers, eines vieLgefragten Kunst-Sachverständigen und Händlers eilt ihm voraus. Mit einer »Bilder-PubLikation« der DüsseLdorfer GaLerie verLeiht er schLießlich seinem Sendungsbewusstsein als Pädagoge des Augensinns innovativen Ausdruck, nicht ohne dabei nach aktueLLen merkantilistischen Ideen unternehmerisches GLück zu suchen, ... dieses Kaleidoskop an TaLenten und Unternehmungen spiegelt sich in verschiedenen Berichten seiner Zeitgenossen: Denn das Lange, sich nahezu über das ganze 18. Jahrhundert erstreckende Heidrun Rosenberg Leben Lambert Krahes fällt in eine Zeit, in der sich das wachsende Bedürfnis nach Öffentlichkeit von Kunst ein eigenes literarisches Forum erobert. Vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts etabliert sich in einer zunehmenden Anzahl an Publikationen ein öffentlicher Diskurs über Kunst im deutschsprachigen Raum. Wie Oliver Kase treffend bemerkt, gehört die Düsseldorfer Galerie als ein zentraler europäischer Ort der Kunsterfahrung und ästhetischen Geschmacksbildung zu den Lieblingsthemen.4 Ohne selbst als Autor je hervorgetreten zu sein, wusste sich Krahe der neuen medialen Bühne durchaus zu bedienen. Es lohnt, sich seiner Person zunächst durch das Mosaik eines ausgewählten »Pressespiegels des 18. Jh.« zu nähern. Dazugestellt seien einige Porträts, mit denen Zeitgenossen Krahe ihre Anerkennung zollten und die seinige erwarteten. Die folgende »CoLlage«, zeigt Krahe bedingtermaßen als bereits gemachten Mann in öffentLicher AnsteLLung. Im diachronen Kontrastdazu widmetsich ein zweiter analytischer Teil der Frage, auf weLchen Gründen dieses PersönLichkeitsbiLd erwachsen ist. Der Regisseur eines »Galerie-Schauspiels« Als Ouvertüre bietet sich das GemäLde »Die MaLerei« von Johann Jakob Dorner d.Ä. an (Abb. I).5 1765 provisorisch zum Inspektor der Galerie Schleißheim ernannt, begab sich der Münchner HofmaLer mit einem Stipendium auf eine Studienreise in die Niederlande. Sein Landesherr, Max III. Joseph, schätzte die niederländische MaLerei, und Dorner war verpflichtet, jedes Quar-taL ein kleines BiLd »in dieser Art« zu Liefern. In Düsseldorf machte er Station. Die nach dem Siebenjährigen Krieg gerade wieder neu eingerichtete Galerie6 beeindruckte ihn sehr und ihr Direktor, der Hofkammerrat Krahe, erwies sich seinem neuen AmtskoLLegen gegenüber generös: »Ich erhaltete auch von dem alhiesigen Hofmahler und galLerie Inspector die Erlaubnis, nicht allein solche jederzeit zu besehen, sondern aus dem selben mir zu Copieren erwähLen darf.«7 Der Bildinschrift8 ist zu entnehmen, dass das vorliegende Gemälde am Ende des schließLich auf eineinhaLb Jahre ausgedehnten AufenthaLtes 1767 in Düsseldorf entstanden ist. Dem ersten Eindruck nach handeLt es sich um eines jener vom bayerischen Kurfürsten erwünschten kleinformatigen Kabinettstücke niederLändischer Art, und aLs soLches geLangte es auch alsbald in den Bestand der SchLeißheimer Galerie.5 Der mit Krahe vertraute Autor Johann Christian von Mannlich identifiziert das vermeintLiche Kabinettstück 1810 jedoch als eine Hommage an seinen Amtsvorgänger und dessen Frau: »Unter dem BiLdnis der Madame Krahe hat der Künstler die MahLerey vorgestellt. Neben ihr steht das BrustbiLd ihres Gemahls.«10 Tatsächlich Lässt sich über die Gesichtszüge auf den erhaLtenen Porträts aus dem Familienbesitz Krahes diese Lesart nachvollziehen (Abb. 2 und 3).11 Im weiß schimmernden Kleid und bLoßen Fußes-wie die Kurfürstin Anna Maria Luisa im Porträt Adriaen van der Werffs,12 die für den Import italienischer KuLtur an den Niederrhein verantwortlich war-sitzt hier die elegante GestaLt der Katharina Krahe als Pittura mit Maske, Palette, Malerstock und Pinsel vor einem StaffeLeibild. Auf diesem ist die vielbrüstige Natura zu erkennen, die sich aLs eine kunsttheoretische Referenz auf die niederländische MaLerei lesen lässt:13 »in Ansehung der vöLligen Erreichung der Natur« wurde