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Die griechische Politische Kultur

Abstract

Sehr verblüfft und mit etwas Schrecken konstatiert die europäische öffentliche Meinung in den letzten Jahren gleich nach den NATO-Interventionen im ehemaligen Jugoslawien und besonders nach den USA-Invasionen in Afghanistan und im Irak große Anti-NATOund Anti-EU-Demonstrationen in Griechenland, deren Demonstranten einen tiefen Hass gegen die USA bekunden und sich offen mit Milosevic oder Bin Laden solidarisieren. Nicht zuletzt nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center und das praktische Entzaubern der vermeintlichen Unverwundbarkeit der Weltmacht vernahm man von den meisten Griechen eine Schadenfreude über dieses Leid der Amerikaner. Viele stellten nämlich die Behauptung auf, auch die USA sollten irgendwann an ihrem Leib erfahren, "was Krieg und Schmerz heißt". Der Antiamerikainsmus kulminierte im März 2003, als die USA ihren Angriff gegen Irak starteten. Außer den üblichen Demonstrationen, Krawallen vor der amerikanischen Botschaft und den Ausschreitungen mit der Polizei sprach sich herum, dass eine konsequente Antikriegshaltung einen Boykott gegen alle amerikanischen und britischen Produkte erfordert! Der Verein der griechischen Regisseure rief sogar alle Griechen auf, die amerikanischen Filme zu boykottieren, solange der Krieg anhält! Doch wenn man die für europäische Verhältnisse logische Vermutung aufstellen würde, man habe es hier entweder mit muslimischen Exklaven oder mit Erzkommunisten oder noch logischer mit fanatischen Globalisierungsgegnern zu tun, würde man sich irren. Denn diese unentwegten Proteste wurden von ganz normalen Bürgern veranstaltet, die zwar manchmal eine gewisse Sympathie zu linken Ideen haben, jedoch sowohl in ihrem Wahlverhalten, als auch in ihrer allgemeinen Wertvorstellung der üblichen europäischen Denkweise nahe stehen.