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Archive in/aus Literatur
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2020
Biografiearbeit stellt einen inzwischen in der Bildungsarbeit weit verbreiteten Praxisansatz dar, der bspw. in der Schule, der Erwachsenenbildung, der Kinder-und Jugendhilfe, der Altenarbeit oder der Pflege Anwendung findet (ausführlich Miethe 2011: 101-142). Im Unterschied zur Biografieforschung geht es bei der Biografiearbeit nicht darum, allgemeine sozialwissenschaftliche Kenntnisse zu erzeugen, sondern um die Arbeit an der Biografie der Personen selbst. Dabei ist eine begriffliche Abgrenzung dessen, was Biografiearbeit ist, nicht einfach, und Begriffe wie "biographische Selbstreflexion" (Gudjons/Pieper/Wagener 1994), "biographische Arbeit" (Lindmeier 2004) oder "biographisches Lernen" (Rogal 1999) finden ebenso Anwendung. Im weiteren Verlauf hat sich jedoch zunehmend der Begriff der Biografiearbeit durchgesetzt, sodass auch Gudjons, Pieper und Wagener in der überarbeiteten Neuauflage ihres Buches (2008) den ursprünglich gewählten Begriff der biografischen Selbstreflexion durch den der Biografiearbeit ersetzten. Obwohl sich der Begriff der Biografiearbeit weitgehend durchgesetzt hat, ist keinesfalls immer eindeutig, was genau damit gemeint ist. Vielmehr wird der Begriff oft genug inflationär genutzt. Abgrenzungen sind vor allem in drei Richtungen erforderlich: zum einen in Richtung eines Ansatzes, der als biografisch orientierte Didaktik bezeichnet werden kann (Miethe 2011: 28). Dabei wird Biografie lediglich dazu benutzt, Lernsituationen anregender zu gestalten. Ein so verstandenes biografisches Lernen "ermöglicht eine außerordentlich individuelle Form der Auseinandersetzung des Subjekts mit fachlichen Inhalten" (Rogal 1999: 8), die Arbeit an der Biografie selbst ist jedoch nicht das explizite Ziel. Zum anderen ist eine Abgrenzung in Richtung der Therapie erforderlich. Diese Abgrenzung bleibt jedoch sehr unscharf, was vor allem in der Vielzahl der therapeutischen Ansätze begründet ist (vgl. Miethe 2011: 29f.). Und letztlich muss Biografiearbeit von einem alltagsweltlichen Verständnis abgegrenzt werden, da letztlich jedes menschliche Leben jederzeit auch biografische Arbeit ist. Ein solch breites Verständnis ist jedoch kaum hilfreich, um einen funktionalen Begriff von Biografiearbeit zu entwickeln, sondern beschreibt eher eine Art (selbstverständlicher) alltäglicher Biografiearbeit, die 24 Stunden am Tag und die gesamte Lebensspanne umfasst.
2018
Der Text skizziert die Entwicklung der Forschung zum Thema Arbeit und Biographie der letzten dreisig Jahre uberwiegend fur den deutschsprachigen Raum. Der Fokus liegt dabei auf der Erwerbsarbeit. Es zeigt sich, dass Erwerbsarbeit zunehmend als – mehr oder weniger unsicheres und diskontinuierliches – Beschaftigungsverhaltnis in den Blick der Biographieforschung gerat. Auch die biographische Relevanz der Wechselwirkungen zwischen privaten Lebensverhaltnissen und der Erwerbsbeteiligung von Mannern und Frauen wird vermehrt thematisiert. Darin kommt die Veranderung von Arbeits- und Lebensverhaltnissen seit dem ‚Ende‘ des Fordismus zum Ausdruck. Aus dem institutionalisierten Lebenslauf als Ablaufprogramm wird eine kontingente Struktur, die man mit Luhmann als „Karriere“ bezeichnen kann. Arbeit/Beschaftigung und ihre Interdependenz mit privaten Lebensverhaltnissen vervielfaltigen die Anlasse fur die Arbeit an der Biographie, die zu einem ‚standigen Begleiter‘ im Lebenslauf wird.
2021
Was verstehen verschiedene Fachdidaktiken unter einem biografischen Lernen? In der Religionsdidaktik leisten sie vor allem einen wesentlichen Beitrag zur Entfaltung eines eigenen Lebenskonzepts. Die Lernenden setzen sich mit Herausforderungen, Wertoptionen, Hoffnungen und Idealen fremder Biografien auseinander, die auch fur sie selber bedeutsam sein konnen. Spannend ist dann der Blick in andere Fachdidaktiken hinein: Welche Bedeutung haben Biografien in der Deutsch-, Geschichts-, Kunst- und Mathematikdidaktik? Wo ergeben sich Gemeinsamkeiten, wo zeigen sich je eigene Ansatze? Und was kann die Religionsdidaktik von anderen Fachern lernen?
2000
Unter welchen Bedingungen kann von den Wünschen einer Person gesagt werden, dass sie autonom, d.h. in einem emphatischen Sinne ihre eigenen sind? Harry Frankfurt hat diese Frage in seinem einflussreichen Aufsatz "Freedom of the Will and the Concept of a Person" bekanntermaßen wie folgt beantwortet: Der Wunsch einer Person ist genau dann ihr eigener, wenn sie auf zweiter Stufe wünscht, diesen Wunsch zu besitzen. 1 Hat zum Beispiel ein Raucher den Wunsch, sich eine Zigarette anzuzünden, und wünscht er auf zweiter Stufe, diesen Wunsch zu haben, dann ist dieser Wunsch autonom. Wünscht der Raucher hingegen auf zweiter Stufe, den Wunsch nach der Zigarette nicht zu haben, ist ihm der Wunsch äußerlich und kann nicht mit Recht als sein eigener bezeichnet werden.
Feministische Studien, 2000
Arbeitsmigration erscheint wie kaum ein anderer Bereich sozialen Handelns von Individuen intentional gesteuert und auf lange Zeiträume hin geplant. Zugleich ist Migration ein Phänomen, dessen Gründungskontext und historische Erscheinungsformen fast immer auf ein aufgezwungenes Schicksal hinweisen, das gleichsam als ein Ergebnis des Einbruchs von Naturgeschichte in soziale Prozesse begriffen werden kann. 2 Selbst wenn Arbeitswanderung im Einzelfall als Konsequenz höchst individueller Entscheidung erscheinen mag, stellt sie sich doch typischerweise im Leben von Migranten und Migrantinnen als Phase des Einbruchs sozialer Unordnung und als mehr oder weniger extremer Erleidensprozeß dar. Migration ist im höchsten Maße paradox: Weitreichendes intentionales Handeln, das Projekt der Migration, dessen Kraft gar über mehrere Generationen hinweg trägt, wird unterbrochen oder überlagert durch unerwartete Erfahrungen, falsche Annahmen über das Zielland, Feindlichkeit der Menschen, das Durcheinanderwerfen aller Pläne, durch chaotische Reaktionen nicht nur von Individuen, sondern von sozialen Gruppen. Das soziale Konstrukt der Migrationsbiographie entsteht nun gerade in der Verknüpfung beider Handlungstypen. Die dabei analytisch freizulegende »Konstruktionslogik« ist-wie ich zeigen möchte-nicht nur konkret historisch und sozial zu verorten, sondern zugleich eine spezifische Form des »doing gender«. 3 Ich möchte dies an drei Fällen exemplifizieren, in denen ich verschiedene Akzentsetzungen in aktuellen Ansätzen der Biographieforschung und zugleich die Bedeutung von »Gender« in Migrationsprozessen thematisieren kann. Dabei möchte ich schließlich die besondere Rolle von »Caring Work« als typischerweise von Frauen experimentierte Entstehung und Überwindung von biographischen »Verlaufskurven« thematisieren und erste Elemente eines an den Fallstudien gewonnenen theoretischen Modells skizzieren.
1990
Biographie (griech.: Lebensbeschreibung) ist ein literarischer, philosophischer und wissenschaftlicher Begriff mit langer Tradition, die an die historische Entwicklung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft gebunden ist. Ais literarische Gestaltungsform ist Biographie bereits im griechisch-römischen Altertum bekannt. Ihre spezifisch moderne Bedeutung erhält sie freilich mit der Herausbildung des bürgerlichen Individuums, in Europa seit der italienischen Renaissance des 14. und 15. Jahrhunderts, in Deutschland seit dem späten 18. Jahrhundert. In diesem Kontext ist Biographie zunächst Gegenstand allgemeinen philosophisch-geisteswissenschaftlichen Interesses im Zuge der Aufklänuig. Mit der Ausdifferenzierung der Einzelwissenschaften im 19. Jahrhundert wird Biographie zu einer Kategorie verschiedener Disziplinen, besonders der Psychologie, Pädagogik, Soziologie, Geschichte undals literarische Gattung-Gegenstand literatunvissenschaftlicher Forschung. Die-* Der voriiegende Essay erscheint als Beitrag in der von Hans Jörg Sandkiüiler herausgegebenen nEUROP&SCHEN ENZYKLO
Zeit im Lebensverlauf
Das Konzept der Biografizität schließt im soziologischen Diskurs an konstruktivistische Überlegungen an. Einen ersten Hinweis finden wir in einem Überblicksartikel von Martin Kohli, in dem er Biografizität als "Code von personaler Entwicklung und Emergenz" definiert (1988: 37). Diese sehr vorläufige Charakterisierung muss präzisiert und auf den konstruktivistischen Diskurs bezogen werden. In der Biografieforschung selbst sind nämlich konstruktivistische Ansätze seit den 1980er Jahren en vogue. In einem interessanten Aufsatz hat Uwe Schimank (1988) im Anschluss an Luhmanns Autopoiesis-Konzept die provokante These vertreten, dass "das Verhältnis zwischen den gesellschaftlichen Kommunikationen, denen eine Person ausgesetzt ist, und ihrem biographischen Bewußtsein [...] strikt konstruktivistisch" verstanden werden müsse (ebd.: 58). "Die Konstruktion der je eigenen Biographie durch eine Person vollzieht sich", so Schimank, "im radikalen Sinn des Wortes autonom. Alle Einflüsse aus der gesellschaftlichen Umwelt, ob gezielt oder absichtslos, werden gemäß den internen Strukturen des personalen Systems verarbeitet, gleichsam von withinputs abgefangen und eskortiert und können allein so überhaupt biographische Bedeutung erlangen." (Ebd.) Dieser Gedanke kann plausibel auf eine Reihe empirisch beobachtbarer Phänomene zurückgreifen-so bspw. auf die triviale Tatsache, dass bestimmte soziale Einflüsse in einer Biografie geradezu gegenteilige Wirkungen zeitigen können wie dieselben Inputs in einer anderen Biografie. Deshalb ist es sinnvoll, "Sozialität" konsequent aus der biografischen Perspektive wahrzunehmen-nicht um den "objektiven" Charakter struktureller Außeneinflüsse zu dementieren, sondern um die Semantik zu verstehen, mit der "psychische Systeme" Soziales zu codieren pflegen. Dass also "gesellschaftliche Kommunikationen", wie Schimank sich ausdrückt, eher als selbstreferenzielle intakes begriffen werden müssen und gerade nicht als inputs, die erwartbare outputs hervorbringen, erscheint überzeugend. Wie nun freilich der einzigartige "Code" der biografischen Erfahrungsverarbeitung seinerseits zustande kommt, wie er in temporaler Perspektive eben als durch soziale Einflüsse "konstituiert" gedacht werden muss, wie also Struktur und Emergenz, soziale Kon
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Soziologische Revue, 1989
Forum der Psychoanalyse, 2009
Biographieforschung im Diskurs, 2005
Die Funktion der Biografiearbeit in der Altenseelsorge, 2011
Biographie und Diskurs, 2017
GfL German as a Foreign Language, 2/2021: 41-70, 2021
Handbuch Biographieforschung, 2018
Neue Politische Literatur. Berichte über das internationale Schrifttum , 2012
Friebertshäuser, Barbara (Hrsg.); Langer, Antje (Hrsg.); Prengel, Annedore (Hrsg.): Handbuch qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft, 2010
Die fallorientierte Praxis in der Schulsozialarbeit, 2018
»Entartete Baukunst«? Zum Umgang mit dem Neuen Bauen 1933-1945, 2013
Handbuch Biographieforschung, 2017