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Episomen, Viren und anormale Gen-Elemente

1977, Zell-Differenzierung

Abstract

Bisher bezogen sich alle Überlegungen über den Ablauf der Differenzierung auf die Situation in 'normalen' Zellen. Zellen die unter pathologischen Umständen differenzierten, haben natürlich häufig völlig veränderte Wachstums-und Entwicklungsmuster. Schwierig ist dabei, zwischen 'normal' und pathologisch zu unterscheiden. Bakterienstämme, die den Prophagen Lambda beherbergen oder intrazelluläre Viren tragende Pflanzen sind Lebensformen, bei denen der pathologische Zustand als normal anzusehen ist. Darüberhinaus verhalten sich einige genetische Systeme anders als herkömmliche Vererbungsmuster es vorschreiben; in verschiedener Hinsicht erinnern sie dabei an bakterielle Episomen. In diesem Kapitel soll eine Auswahl von Beispielen vorgestellt werden die entweder Episomen oder Viren betreffen, welche ein sehr stabiles Verhältnis mit ihrer Wirtszelle eingehen oder aber Genelemente mit einer deutlichen Verwandtschaft zu Episomen sind. 6.1. Bakterielle Episomen und Plasmide Bakterien beherbergen eine Reihe von relativ konstanten Erbfaktoren die sich auch vom Genom oder Chromosom der Zelle stofflich abtrennen lassen. Dazu gehören der Sex-Faktor (F), Colicin-produzierende Faktoren (Co!), einige Coliphagen wie PI, und R-Faktoren die bestimmte. Eigenschaften der Antibiotika-Resistenz vermitteln. Alle diese extrachromosomalen Faktoren werden als Plasmide bezeichnet (Abb. 82). Diejenigen von denen man weiss, daß sie sowohl in das Wirtszellgenom integriert als auch als autonomer Faktor vorkommen können, werden als Episomen charakterisiert (Abb. 83). Da sich einige Parallelen zwischen bakteriellen Plasmiden und bestimmten Gen-Faktoren in höheren Zellen aufzeigen lassen, soll zunächst kurz die Biologie dieser Vererbungs-Einheiten dargestellt werden (siehe auch Clowes, 1972). Alle Bakterien-Plasmide bestehen aus doppelsträngiger DNS die sich Phasenungleich mit der Wirtszelle repliziert. Ihre relative Menge in der Zelle variiert: der Anteil des R-Faktors in Proteus beispielsweise bewegt sich zwischen 12 und 33% der gesamten Zell-DNS Menge (Novick, 1969). Besonders wichtig für das Thema der Diflerenzierung ist der große Einfluß dieser Plasmide auf die Charakteristika der Wirtszelle. So tragen z.B. einige PlasIJ1ide äußerst wichtige Bakterien-Gene, von denen man• vermutet, daß sie 'geflüchtete' Teile des Bakterien-Genoms sind. Andere, wie die Col-Faktoren, induzieren die Synthese des Colicins, Proteinen also die durch Anlagerung an die Oberflächenmembranen andere Bakterien zur Lyse zu bringen. Dem Sex-Faktor F kommt eine besondere Rolle bei der Konjugation von diesen Faktor enthaltenden Bakterienstämmen zu, während die R-Faktoren Resistenz gegenüber Penicillin und andern Antibiotica, Phagen und UV-Licht verleihen.