2011, in: M. Düwell,C. Hübenthal, M. H. Werner (Hgg.), Handbuch der Ethik, Metzler: Stuttgart 2011 (3., erw. Aufl.), 358-366.
Freiheit ist ein Grundbegriff der praktischen Philosophie und der Politik, aber auch für die Theoriebildung der Pädagogik, der Psychologie und der Soziologie von herausragender Bedeutung. Als anthropologische Grundbestimmung, mit der sowohl die dem Menschen eigentümliche Möglichkeit als auch Unausweichlichkeit der Gestaltung seines Lebens, seines Weltverhältnisses und seiner Geschichte bezeichnet wird, ist Freiheit Gabe und Aufgabe zugleich und bildet in dieser doppelten Bestimmung den Kern des menschlichen Selbstverständnisses als sittlicher Subjektivität, insofern sie Ermöglichungsgrund von Moralität, Zurechnung (Imputation) und Verantwortung über-haupt ist. Freiheit, zu der „verdammt“ (J. P. Sartre) zu sein, neben der Auszeichnung durch Vernunft die Würde des Menschen ausmacht, insofern sittliche Subjektivität Grund der Würdezuschreibung ist, gilt daher als ein unbedingter Wert, als ein finales Gut, das um seiner selbst willen emphatisch erstrebt wird („Freiheit ist unser und der Gottheit Höchstes“, Schelling 1992, 79) und im politischen Kontext der Moderne zum Hoffnungs- und Kampfbegriff gleichermaßen avanciert. Trotz der grundsätzlichen Akzeptanz des Freiheitsgedankens sowie vielfach vorgetragener intuitiver Plausibilitäts-argumente (z. B. #) ist die prinzipielle Möglichkeit von Freiheit begründungsbedürftig und v.a. in Auseinandersetzung mit verschiedenen Varianten des Determinismus (vgl. die Klassifikationsvorschläge bei Pothast 1987, 39 ff.; Stegmüller 1974, v.a. Kap. III u. VII; Taylor 1967, Wildfeuer 1998) zu sichern, denen zufolge das menschliche Handeln und Wollen durch die Gesamtheit ihrer relevanten Antezedenzbedingungen derart bestimmt („determiniert“) ist, daß sie unvermeidbar und alternativlos, mithin notwendig eintreten, so dass Freiheit grundsätzlich ausgeschlossen ist bzw. sich als standortbedingte, durch beschränkte Einsichtsfähigkeit in die Hyperkomplexität des kausalen Ursachengefüges verursachte Illusion erweisen muss.