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2020, Soziologiemagazin
2019 veröffentlichte Suhrkamp das kleine Bändchen „Aspekte des neuen Rechtsradikalismus“. Druckvorlage der Ausgabe war die Tonaufnahme eines Vortrages, den Adorno am 6. April 1967 auf Einladung des Verbands Sozialistischer Studenten Österreichs in Wien hielt. Der Vortrag zählt damit zu einer der politischen Interventionen des Soziologen und Philosophen in die gesellschaftliche Debatte im deutschsprachigen Raum. Anlass dazu war das damalige Erstarken der NPD. Noch acht Jahre zuvor klammerte Adorno die „Frage neonazistischer Organisationen“ (Adorno 2003: 555) in seinem Vortrag „Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit“ explizit aus. Warum erscheint ein fast 50 Jahre alter Vortrag zu einer Partei, die heute keine Rolle mehr spielt, obwohl der Redner selbst gleich zu Beginn betont, keine Theorie des Rechtsradikalismus, sondern nur ein paar lose Bemerkungen zu den aktuellen Entwicklungen vorstellen zu wollen (vgl. S. 9)? Und wieso geht dieser Band bereits im gleichen Jahr in die fünfte Auflage?
soziopolis.de, 2019
Rezension zu »Aspekte des neuen Rechtsradikalismus« von Theodor W. Adorno
http://archiv.ub.uni-marburg.de/ep/0002/article/view/2998/2898
Journal of Childhood and Adolescence Research, 2006
Die Veröffentlichung „Soziologie und Nationalsozialismus (...)“, herausgegeben von Michaela Christ und Maja Suderland, will eine Leerstelle im soziologischen Diskurs auf doppelte Weise füllen: Zum einen will der Sammelband alle bisherigen Versuche den Nationalsozialismus aus soziologischer Sicht erfassend verorten, zum anderen die Rolle der Soziologie in der NS-Zeit hinterfragen. Michaela Christ und Maja Suderland geben in ihrem Eröffnungsbeitrag einen groben Überblick aller bisherigen soziologischen Diskurse zur NS-Zeit und versuchen Antworten zu finden, warum die soziologische Reflexion so zurückhaltend war. In der Nachkriegszeit waren Soziolog_innen entweder zu sehr mit der NS-Zeit verstrickt oder vertrieben worden, die jüngere Generation versuchte den unabhängigen Ruf zu schützen und die Soziologie als Opfer des NS-Regimes zu interpretieren. Vor allem die Frankfurter Schule um Horkheimer/Adorno war es, die forderten, dass erst ein Verständnis der NS-Gesellschaft auch die kapitalistische Gesellschaft verstehbar machen würde. Was hier durchblickt und was Christ und Suderland einfordern, ist, dass Soziologie und Geschichte wieder mehr zusammendenken, die Vergangenheit zu analysieren, um die Gegenwart kritisch reflektieren zu können und somit frei nach Zygmunt Bauman „den Blick durch das Fenster des Holocausts“ zu wagen. (...) Zur Rezension: http://soziologieblog.hypotheses.org/7678 Zum Sammelband: http://www.suhrkamp.de/buecher/soziologie_und_nationalsozialismus-_29729.html
IDZ Fact Sheet, 2018
Seit einigen Jahren kursiert das Narrativ des ‚großen Austauschs' in rechtsradikalen Zirkeln, wonach eine europäische ‚Stammbevölkerung' durch kulturell ‚fremde' Bevölkerungsgruppen ersetzt werde. Dieser ‚Austausch' verlaufe nach einem Plan des sogenannten Establishments, das sich durch Multikulturalismus, Feminismus und offene Grenzen an der Macht halte und somit zum Verfall der ‚Stammvölker' und ihrer ‚Widerstandskraft' beitrage. Das Konzept des ‚großen Austauschs' kann als ein Meta-Narrativ der extremen Rechten verstanden werden, das verschiedene Agitationsthemen unter einen gemeinsamen Schirm bringt - etwa Migration, ‚Islamisierung', Kriminalität, Elitenkritik oder Souveränität.
The paper discusses the evolution of orders of legal knowledge as represented by legal commentaries on Roman and Medieval Canon law in the period between 15th and 17th century. The paper argues that in these period a plurality of different ideas of legal order emerged, while at the same time distance to medieval traditions of legal order became more and more.
Deutsche Zeitschrift für Philosophie 60 (2012): 821–825.
Für Zitate bitte nur die veröffentlichte Version verwenden! Jochen Briesen: Skeptische Paradoxa. Die philosophische Skepsis, kognitive Projekte und der epistemische Konsequentialismus. Mentis: Paderborn, 2012. Jochen Briesens Skeptische Paradoxa ist eine materialreiche und umfassende Beschäftigung mit dem Problem des Skeptizismus. Das Buch verspricht einen Katalog aller skeptischer Probleme und eine einheitliche Lösung aller dieser Probleme. Der selbstgewählte Anspruch ist groß, aber -soviel sei gleich zu Beginn verraten -keineswegs vermessen. Bei der Lektüre zeigt sich, dass die einzelnen Schritte sehr gut ineinander greifen und der Lösungsvorschlag sich zwanglos aus den Argumentationsgang ergibt. Da das Buch auf eine Fülle von Details eingeht, werde ich in dieser Rezension nicht auf Briesens Kritik anderer Positionen eingehen und mich auf seine konstruktiven Vorschläge beschränken. Das Buch besteht aus drei Teilen: Im ersten Teil (Kap. 2-3) werden terminologische und methodologische Voraussetzungen bereit gestellt. Im zweiten Teil (Kap. 4-7) wird ein Katalog skeptischer Argumente aufgestellt und es werden diverse anti-skeptische Strategien zurückgewiesen. Im dritten Teil (Kap. 8-11) verteidigt Briesen seine eigene anti-skeptische Strategie, der zufolge eine Überzeugung auch dann gerechtfertigt sein kann, wenn nichts für ihre Wahrheit spricht, nämlich dann, wenn es sich um eine Voraussetzung unserer Suche nach Wahrheit handelt. Im ersten Teil, der terminologische (Kap. 2) und methodologische (Kap. 3) Klärungen enthält, führt Briesen insbesondere sein Verständnis skeptischer Argumente und ihrer Relevanz für die Erkenntnistheorie ein. Angesichts diverser Einwände gegen die Beschäftigung mit skeptischen Zweifeln (sprachlicher Unsinn, absurde Position, Fehlen von Vertreterinnen) fasst Briesen skeptische Argumente weniger als Argumente für eine Position auf, sondern als Paradoxien, die interne Spannungen in unserem vortheoretischen Verständnis von Wissen/Rechtfertigung aufzeigen. Die von Briesen so genannte skeptische Methode besteht dementsprechend darin, in der Auseinandersetzung mit skeptischen Argumenten unser vortheoretisches Verständnis von Wissen/Rechtfertigung zu präzisieren.
Der Text rezensiert den von der AG Rechtskritik 2017 herausgegebenen Sammelband " Rechts-und Staatskritik nach Marx und Paschukanis ". Die Beiträge des Bandes widmen sich der Theoretisierung von Recht und Staat bei Karl Marx sowie der im Anschluss an diese entstandene Rechtstheorie des sowjetischen Juristen Eugen Paschukanis. Marx und Paschukanis ist gemein, dass sie versuchen das Recht und den Staat als soziale Formen kapitalistischer Gesellschaften anstatt als überhistorische Entitäten aufzufassen. Während sich bei Marx jedoch nur Ansätze einer solchen Rechts-und Staatstheorie finden lassen, hat sich Paschukanis an der expliziten Ausarbeitung einer solchen versucht, die jedoch oft auf Kritik stößt. Sowohl die gängigen Kritiken als auch das Potenzial von Paschukanis' Theorie wird im rezensierten Band thematisiert.
Erschienen in: Theologische Literaturzeitung, Mai 2018, 533-534.
Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte, 2022
Widerspruch Nr. 64, München. 2017.
In der Rezeptionsgeschichte der Dialektik der Aufklärung spielt das Kapitel Elemente des Antisemitismus eine untergeordnete Rolle. Helmut Königs Monographie könnte das ändern. An seinem Kommentar kommt man nicht mehr vorbei, nicht wenn man sich mit der Antisemitismustheorie der Kritischen Theorie, aber auch nicht, wenn man sich mit der Dialektik der Aufklärung befasst. Königs Verdienst ist es, die zentrale Stellung der Elemente zu betonen, die ein „Schlüsseltext der Kritischen Theorie" sind.
Motiviert wird Christoph Menkes Kritik der Rechte vom Marxschen Diktum, dass die bürgerliche Erklärung gleicher Rechte ein Rätsel darstelle. So sei jene Erklärung nämlich einerseits ein revolutionärer, politischer Akt, der andererseits jedoch eine Entpolitisierung zur Folge habe. Mit ihm wird die bürgerliche Gesellschaft als Raum privater Willkür und Interessenbefriedigung emanzipiert und der Politik als " Naturbasis " vorausgesetzt, die politisch nur noch zu verwalten, nicht aber zu gestalten sei. Dies nennt Menke die " Naturalisierung des Sozialen ", die er als den kennzeichnenden Mechanismus des bürgerlichen Rechts ausmacht, den es zu verstehen gelte, um das Rätsel der bürgerlichen Revolution zu lösen. Dafür bedarf es in seinen Augen einer Formanalyse der bürgerlichen Rechte, die er in Kritik der Rechte unternimmt. Sie konfrontiert die bürgerlichen Rechte mit " ihrer Genesis, ihrem Grund ". Diese Genealogie ist für Menke der einzige Weg einer " wahren Kritik " dieses Rechts, die schließlich zu dessen Überwin-dung und hin zu einem " neuen Recht " führen soll. Menke verfolgt drei Ziele. Er möchte erstens Form und Funktionsweise des modernen Rechts aufzeigen, zweitens eine spezifische Art der Kritik von Recht etablieren und aus der Formanalyse drittens Hinweise darauf destillie-ren, wie eine " wahre Gestalt " des modernen Rechts aussehen könnte. Er gebraucht dabei sowohl historische als auch begriffliche Einsichten: So zeigt er zum einen auf, wie sich das bürgerliche Recht als eine Gestalt des modernen Rechts aus den traditionellen Rechtsgestalten des athenischen und römischen Rechts entwickelt (Teil I) und welche gesellschaftlichen Formatio-nen damit einhergehen (Teil III). Zum anderen stehen auf begrifflicher Ebene das rechtskonstitutive Verhältnis von Form und Materie (Teil II) sowie die Form juridischen Urteilens im Mittelpunkt (Teil IV). Im ersten Teil, Geschichte: Die Legalisierung des Natürlichen, zeichnet Menke die Entwicklung vom traditionellen Recht der Gerechtigkeit zum modernen Recht der Legalität nach. Negativ wird diese als " Entsittlichung des Rechts " , positiv als " Rekonfiguration des Grundverhältnisses von Rechtlichem und Vor-oder Außerrechtlichem, von Norm und Natur " erzählt. Zugrunde liegt hier die methodische Grundannahme, dass das moderne Recht in der Form subjektiver Rechte nur durch seine Geschichtlichkeit zu verstehen ist.
Eine sozialphilosophische Kritik des Rechts befragt nicht dessen Abweichen von moralischen oder naturrechtlichen Gesetzen, sondern problematisiert seine Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben. Daniel Loick zeigt in seinem grundlegenden und weit ausgreifenden Buch, dass und wie die Dominanz des Rechts in bürgerlichen Gesellschaften ethisch deformierte, verzerrte oder defizitäre Formen der Subjektivität und Intersubjektivität erzeugt. Dieser Juridismus lässt sich aber nicht durch eine Überwindung oder Abschaffung des Rechts, sondern nur durch dessen radikale Transformation kurieren – hin zu einem wahrhaft menschlichen, das heißt sozialen Recht.
Blätter für deutsche und internationale Politik, 2019
Die AfD und die langen Linien des bundesdeutschen Rechtsradikalismus
Juridikum. Zeitschrift für Kritik, Recht, Gesellschaft, 2018
Daniel Loick unternimmt mit seiner Habilitationsschrift "Juridismus. Konturen einer kritischen Theorie des Rechts" den systematisch sowie philosophiegeschichtlich fundierten Versuch, das moderne Recht auf spezifische Formen von Subjektivität zu befragen. Damit einhergehend wird erörtert, welche Weisen des Zusammenlebens das moderne Recht hervorbringt und privilegiert. Das Resultat seiner Kritik, ähnlich derjenigen Hegels, nimmt sich düster und wenig ermutigend aus: "Das Recht [...] fabriziert Subjekte, die ideologisch verblendet, emotional verarmt, kommunikativ ausgedörrt und politisch passiviert sind." Gleichwohl verspricht Loick, ein anderes Recht anbieten zu können, ein dem Inhalt und der Form nach transformiertes Recht, ein postjuridisches Recht, das all "die positiven ohne die negativen Eigenschaften von Rechtlichkeit besitzt".
Arbeit. Bewegung. Geschichte. Zeitschrift für historische Studien 2019/II, 2019
Marx hat, wie vielfach bemerkt und bedauert, Staat und Recht keiner eigeständigen Analyse und Kritik unterzogen. Es gibt zwar durch das gesamte Werk hindurch zahlreiche verstreute Bemerkungen und in seinen frühen Schriften auch eine eigenständige Beschäftigung, etwa in den „Debatten zum Holzdiebstahlgesetz“, „Zur Judenfrage“ oder „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“. Zu der systematischen Ausarbeitung, die Marx im Zuge seiner Konzeption der Kritik der politischen Ökonomie für den Staat vorgesehen hatte und in der auch das Recht seinen systematischen Ort gehabt hätte, ist er aber zeitlebens nicht mehr gekommen. Dadurch war eine an Marx orientierte Rechtskritik doppelt gefordert. Sie musste zum einen Marx‘ verstreute Aussagen zusammentragen, zum anderen eine eigenständige Theorie und Kritik entwerfen. Für diese eigenständige Kritik des Rechts war wiederum der Rückgriff auf die Kritik der politischen Ökonomie erforderlich, vor allem auf „Das Kapital“ – nicht nur, weil Staat und Recht mit der politischen Ökonomie verschränkt sind, sondern auch, weil beide ebenfalls als soziale und spezifisch kapitalistische Formen zu entwickeln sind. Einen der wenigen aktuellen Klärungsversuche unternimmt die AG Rechtskritik in ihrem Sammelband Rechts- und Staatskritik nach Marx und Paschukanis.
Rote Ruhr Uni, 2020
Mit ‚Irrwege‘ ist der mittlerweile achte Band der sogenannten ‚Kreischreihe‘ im Querverlag erschienen. Wie die meisten Sammelbände hat auch dieser einen eher einführenden Charakter. Da der Herausgeber seine Publikation aber explizit als Fortsetzung einer durch ‚Beißreflexe‘ begonnen Debatte versteht (Amelung 2020a: 6), setzt er den Band dem Anspruch aus, einen durch ihn adressierten Gegenstand weiterzuentwickeln. Beiträge, denen es gelingt, die entsprechende Arbeit vorangegangener Publikationen fortzuführen und solche, die die bereits kanonisierten Thesen reformulieren, halten sich dabei die Waage. So entsteht der Eindruck, als bestünde Irrwege aus zwei Teilen: Zum einen aus einer Zusammenstellung von Texten, die miteinander kommunizieren und dabei die immanenten Widersprüche zwischen einem radikalen Individualismus und einem affirmativen Gemeinschaftsbezug in Identitätspolitik entfalten. Zum anderen aus einer Reihe von informierten, aber isolierten Referaten.
Soziopolis
Es ist inzwischen nur zu gut bekannt, dass die Demokratie nicht unvermeidlich ist, dass sie von innen heraus zerstört werden kann", schrieb die US-amerikanische politische Theoretikerin Judith Nisse Shklar (1928-1992) vor rund 70 Jahren in After Utopia, ihrem erstem Buch. 1 Der Liberalismus sei sich seiner selbst zutiefst unsicher, ergänzte sie. Bedauerlicherweise ist diese Aussage heute so aktuell wie damals. Doch was ist gemeint, wenn wir von Liberalismus sprechen? Es handelt sich, wie Shklar in einem späteren Aufsatz betonte, um eine Tradition, die mehrere Denktraditionen umfasst. 2 Ein solches Spektrum verschiedener Einflüsse und Richtungen mahnt zur intellektuellen Vorsicht. Diese scheint ganz besonders geboten zu sein in einer Zeit, in der die Frage, wofür das Adjektiv "liberal" genau steht oder stehen sollte, kontrovers diskutiert wird. Für alle, die sich in den Debatten zurechtfinden wollen, bieten Shklars Schriften wertvolle Orientierungspunkte. International bekannt geworden ist sie vor allem durch ihre Argumente für den "Liberalismus der Furcht". 3 Damit ist eine insbesondere von Montaigne und Montesquieu inspirierte Spielart des Liberalismus bezeichnet, die der Vermeidung von Grausamkeit und Furcht oberste Priorität einräumt, statt die Verwirklichung eines summum bonum oder die Perfektionierung der Menschheit als eines, um John Stuart Mill zu zitieren, "sich entwickelnden Wesens" 4 zum Zweck politischer Praxis zu erheben. Shklars
2025
Wir haben gesehen, dass es den Romanen gelingt, verschiedene Leerstellen im literarischen System zu besetzen. An die Stelle der nicht mehr glaubwürdigen Utopie tritt im Werk von Kim Stanley Robinson die als Zukunftsvision verkleidete, aber nahe an der Jetztzeit lebende Option im SF-Roman sich im Grunde auch heute durch korporatives, antikapitalistisches Handeln die Zukunft in einem humanitären Sinne zu gestalten. Am anderen Extrem liegt mit Werken wie Le Camp des Saints von Raspail die Endzeitvision eines Macht- und Herrschaftsverlusts der Europäer als Sieg der Armen gegen die überlegene westliche Kultur, ein Gedanke, den wohl viele auch nicht rechtsradikale Leser unterschwellig teilen mögen. Dies suggeriert indirekt die Notwendigkeit, schon in der Jetztzeit des Lesers ein allein humanitär und nicht machtpolitisch geprägtes Agieren gegen die Bedrohung durch die unterprivilegierte Mehrheit der Entwicklungsländer und deren Migrationsdruck an den Tag zu legen. Sonst kommt es zur Machtübernahme des Lumpenproletariats aus den armen Ländern und zu einem Verfall der europäischen Kultur. An deren Stelle tritt die alles zermalmende Masse und die kommende Herrschaft des Pöbels, einer anderen Rasse, die in ihrem Äußeren und Handeln als abstoßend geschildert wird. Eigene Überfremdungsängste westlicher Leser werden damit in einer Dystopie in die Geschichte der Zukunft als unmittelbare Drohung für die Jetztzeit verpackt. Zwischen diesen Extremen stehen die geschickt historische Imagination nutzenden kontrafaktischen Romane, wie diejenigen von Charles Robert Wilson, oder die gut recherchierten Konfrontationen westlicher und östlicher Mentalitäten in Robinsons Years of Salt and rice von 2002. Die SF-Settings ermöglichen damit als katalysatorische Grundsituation bei einigen Autoren eine nicht nur als Unterhaltung oder politische Beeinflussung zu sehende Lektüre, die auch auf dem Buchmarkt durchaus auf Erfolg stößt. Das SF-Genre selber gewann dabei an inhaltlicher Qualität, selbst, wenn die manipulative Argumentation in Werken wie dem eindeutige rechtsextrem argumentierenden Camp des Saints von Raspail nicht jedem zusagen wird, aber zumindest eine relativ deutliche Konstanz in derartigen Denkstrukturen aufzeigt, die heute wieder im politischen Mainstream diskutiert werden, während sie vorher auf ein sehr begrenztes Publikum zurückgreifen mussten.
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