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Aufklärung, Vernunft und Universalismus

2021, Zwischen Rechten und Pflichten – Kants ›Metaphysik der Sitten‹

In diesem Beitrag] widmet sich Kenneth Westphal dem methodologischen Status von Kants Moraltheorie als einer Version des von ihm so benannten "naturrechtlichen Konstruktivismus". Die historisch-systematische Neubewertung von Kants Universalismus verspricht ein genaueres Verständnis von, und damit eine besser fundierte Beurteilungsgrundlage für, seine Moraltheorie, und leistet durch das Ausräumen einschlägiger Missverständnisse zudem einen wichtigen Beitrag zur methodologischen Verteidigung von universalistischen Werte-und Wertungsansprüchen der Aufklärung, die gerade wieder einmal ins Fadenkreuz der Kritik geraten sind. Der berechtigte kritische Umgang mit Traditionen, Institutionen, Theorien und Ungerechtigkeiten der europäischen Kultur-bzw. Zivilisation-wie auch jeglicher anderer Kultur-zu dem Kant nicht unwesentlich beigetragen hat und der selbstverständlich auch auf Kant Anwendung findet unterscheidet sich dabei indessen wesentlich von Versuchen, unter dem Deckmantel der Kritik dogmatische, anti-universalistisch diskriminierende oder gar inquisitorische und für die (u. a. wissenschaftliche) Freiheit gefährliche Positionen zu diktieren. In kritischer Auseinandersetzung mit Kants praktischer Anthropologie wird gezeigt, wie aus der Struktur vernunftgeleiteten Handelns resultierende moralisch relevante Fakten in die Grundlegung seiner Moralphilosophie miteinfließen und seine Rechtfertigungsstrategie als inhärent sozial und intersubjektiv ausweisen. Ein naturrechtlich-konstruktivistischer Ansatz, wie er hier exemplarisch herausgearbeitet wird, rückt Kant methodologisch in die Nähe eines normativ qualifizierten Pluralismus Rawlsischer Prägung (hierzu Freien von Villiez 2005, 2019) und stärkt damit die Verteidigung von Theoriekonzeptionen, die sich in ihrer Verpflichtung auf die universalistischen Prinzipien der Aufklärung Kritik an ihrem vermeintlichen Kulturhegemonismus und Rigorismus ausgesetzt sehen. Ganz im Sinne des vorliegenden Bandes ist der Beitrag darüber hinaus ein Plädoyer für einen theorieübergreifenden Ansatz, der sich gegen eine bloße Parteigeistigkeit im Gewande methodologischer Reinheit und das damit oftmals einhergehende Opfer notwendiger Komplexität auf dem Altar der Vereinfachung richtet.