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2021, Zwischen Rechten und Pflichten – Kants ›Metaphysik der Sitten‹
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In diesem Beitrag] widmet sich Kenneth Westphal dem methodologischen Status von Kants Moraltheorie als einer Version des von ihm so benannten "naturrechtlichen Konstruktivismus". Die historisch-systematische Neubewertung von Kants Universalismus verspricht ein genaueres Verständnis von, und damit eine besser fundierte Beurteilungsgrundlage für, seine Moraltheorie, und leistet durch das Ausräumen einschlägiger Missverständnisse zudem einen wichtigen Beitrag zur methodologischen Verteidigung von universalistischen Werte-und Wertungsansprüchen der Aufklärung, die gerade wieder einmal ins Fadenkreuz der Kritik geraten sind. Der berechtigte kritische Umgang mit Traditionen, Institutionen, Theorien und Ungerechtigkeiten der europäischen Kultur-bzw. Zivilisation-wie auch jeglicher anderer Kultur-zu dem Kant nicht unwesentlich beigetragen hat und der selbstverständlich auch auf Kant Anwendung findet unterscheidet sich dabei indessen wesentlich von Versuchen, unter dem Deckmantel der Kritik dogmatische, anti-universalistisch diskriminierende oder gar inquisitorische und für die (u. a. wissenschaftliche) Freiheit gefährliche Positionen zu diktieren. In kritischer Auseinandersetzung mit Kants praktischer Anthropologie wird gezeigt, wie aus der Struktur vernunftgeleiteten Handelns resultierende moralisch relevante Fakten in die Grundlegung seiner Moralphilosophie miteinfließen und seine Rechtfertigungsstrategie als inhärent sozial und intersubjektiv ausweisen. Ein naturrechtlich-konstruktivistischer Ansatz, wie er hier exemplarisch herausgearbeitet wird, rückt Kant methodologisch in die Nähe eines normativ qualifizierten Pluralismus Rawlsischer Prägung (hierzu Freien von Villiez 2005, 2019) und stärkt damit die Verteidigung von Theoriekonzeptionen, die sich in ihrer Verpflichtung auf die universalistischen Prinzipien der Aufklärung Kritik an ihrem vermeintlichen Kulturhegemonismus und Rigorismus ausgesetzt sehen. Ganz im Sinne des vorliegenden Bandes ist der Beitrag darüber hinaus ein Plädoyer für einen theorieübergreifenden Ansatz, der sich gegen eine bloße Parteigeistigkeit im Gewande methodologischer Reinheit und das damit oftmals einhergehende Opfer notwendiger Komplexität auf dem Altar der Vereinfachung richtet.
Theologische Zeitschrift, 2012
Der Begriff «Aufklärung» wird schon seit einiger Zeit in erweiterter Bedeu-tung verwendet: Ausser als Bezeichnung der geistesgeschichtlichen Bewegung des 18. Jahrhunderts findet er auch weitere technische Verwendungen: Er be-zeichnet einen Abschnitt der Griechischen Philosophie, der sich von der anti-magischen und antìtraditionalistìschen Kritik des Anaxagoras bis hin zur So-phistik und Sokrates erstreckt. Man spricht ausserdem von einem aufgeklàrten Pathos bei den «dialektischen» Denkern des XI., im Nominalismus des XIV. Jahrhunderts und im Humanismus. Nicht wenige gegenwàrtige philosophische Bewegungen beanspruchen die Bezeichnung fùr sich. Mit anderen Worten: Der Begriff «Aufklàrung» bezeichnet heute eine Haltung des abendlàndischen Geistes, deren wesendiches Merkmal eine «kritische» Einstellung bezeichnet. Die Tatsache, dass seit Kant letzteres Adjektiv programmatiseli dem Attribut «dogmatisch» gegenùbergestellt wird, làsst sofort eine Spannung erkennen, wenn auch nicht direkt zum christlichen Glauben, so doch zur Theologie: nàm-lich in dem Sinne, dass sogar einige ihrer Vertreter sichtbar in Verlegenheit ge-raten, wenn sic vor einer vom Begriff «Dogma» bestimmten Semantik stehen. Es empfiehlt sich deshalb von Anfang an zuzugeben, dass ein theologischer Diskurs iiberdie Aufklàrung zugleich ein Diskurs «?//ihr sein muss. Man ùber-treibt nicht mit der Behauptung, dieser Diskurs konstituiere das beherrschende Thema der abendlàndischen Theologie der letzten zwei Jahrhunderte. Genau diese Auseinandersetzung hat nicht nur die Kategorìen, sondern auch die Denk-form der verschiedensten Ansàtze mitgestaltet, in der protestantischen wie in der katholischen Theologie. Die Tatsache, dass àhnliche Entwicklungen — auf-grund unterschiedlicher geschichdicher Voraussetzungen — im òstlichen Chris-tentum nicht stattgefunden haben, bildet meiner Meinung nach den Grund fùr Unterschiede, die in der Òkumene ihre we&rtheologische Natur kundtun: Es kommen in erster Linie nicht einzelne Glaubensinhalte zur Diskussion, son-dern «apriorische Formen» des theoretischen Denkens. Die Debatte der letzten Jahrhunderte ist alles andere als friedlich verlau-fen, trotz der sich stàndig wiederholenden Bemùhungen, sic so zu gestalten. Man war im Gegenteil Zeuge eines Zusammenstosses, bei dem es um Leben und Tod zu gehen schien. In einer ersten Phase musste sich die Aufklàrung ThZ 3.4/68 (2012) S. 255-276
Diagonal. Zeitschrift der Universität Siegen, 2002
In diesem Beitrag will ich die Grundzüge der Moralphilosophie Immanuel Kants (1724 -1804) vorstellen. Deren Kernthesen mögen zunächst fremd oder gar unverständlich anmuten. Ich will aber versuchen, sie verständlich zu machen. Außerdem möchte ich zeigen, dass Kants Moralphilosophie nicht einfach eine inzwischen reichlich angestaubte Theorie ist, an der nur noch die Liebhaber der Philosophiegeschichte Freude finden können. Kants Moralphilosophie dürfte vielmehr einen der wichtigsten Theorieansätze der Ethik überhaupt darstellen. Sie vermag uns auch heute noch zumindest Einsichten zu vermitteln, uns zu belehren und herauszufordern und ist allein schon deshalb unvermindert aktuell. Kant hat seine Konzeption der Moralphilosophie vor allem in den folgenden drei Werken entwickelt und ausgearbeitet: in der 1785 veröffentlichten Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in der 1788 erschienenen Kritik der praktischen Vernunft und schließlich in der 1797 publizierten Die Metaphysik der Sitten. 1. Hinführung: Zwei Kernthesen Kants und ihre Erläuterung Beginnen wir mit zwei Kernthesen der Moralphilosophie Kants. Sie lassen sich folgendermaßen formulieren: (1.) Moral und Klugheit sind etwas gänzlich Verschiedenes. (2.) Moral und moralische Forderungen gibt es nur, wenn reine Vernunft praktisch sein kann, weshalb wir Menschen überhaupt nur moralfähig sind, wenn wir das Vermögen reiner praktischer Vernunft besitzen. Es besteht kein Grund, beunruhigt zu sein, wenn man nicht sogleich versteht, was mit "reiner praktischer Vernunft" gemeint ist. Denn so reden wir heute nicht mehr. Was Kant "praktische Vernunft" genannt hat, würden wir heute als Handlungsfähigkeit bezeichnen, als die Fähigkeit, sich für Ziele entscheiden zu können, die man durch sein Tun oder Lassen verfolgen und erreichen will. Beispiele sind etwa die Entscheidung, den Umweg zum Kiosk zu nehmen, um sich eine Zeitung zu besorgen, die man lesen will, der Vorsatz, mehr auf seine Gesundheit zu achten und deshalb weniger Süßes zu essen und täglich zu joggen, oder der grimmige Entschluss, nicht zu klatschen, um zu zeigen, dass man die Darbietung wirklich schlecht fand. Bei solchen Entscheidungen zum Handeln sind gewissermaßen zwei Komponenten miteinander verbunden, nämlich zum einen Überlegungen -das Aufsuchen und Abwägen von Gründen, vielleicht das Bedenken von Handlungsfolgen und Handlungsalternativen -und zum anderen Willensäußerungen -Bevorzugen, Sich Entschließen, das Setzen oder Aufgeben von Zielen. Wegen dieses Mit-und Ineinanders kognitiver (erkenntnisbezogener) und volitiver (willensbezogener) Bestandteile spricht Kant von "praktischer Vernunft". Aber aus welchen Gründen können wir Handlungsentscheidungen treffen? Hier gibt es Kant zufolge nur zwei Möglichkeiten. Möglichkeit 1: Die Gründe gehen auf unsere Sinnlichkeit zurück. Es geht uns dann, wie wir noch näher sehen werden, letztlich um unser eigenes Wohlergehen oder Glück. Möglichkeit 2: Die Gründe sind gänzlich unabhängig von unserer Sinnlichkeit und entspringen dann nicht unserem Eigeninteresse. Sie müssten dann, auch dies wird noch näher zu erläutern sein, in unserer "praktischen Vernunft" selbst liegen. Solche Unabhängigkeit von Sinnlichkeit bezeichnet Kant als "rein". Das Vermögen "reiner praktischer Vernunft" meint deshalb die Fähigkeit zu einem Handeln, dem es nicht um das Wohlergehen oder das Glück des Handelnden geht. Anders gesagt meint das Vermögen "reiner praktischen Vernunft" das Vermögen, aus Gründen zu handeln, die nicht Klugheitsgründe sind. Der Unterschied zwischen diesen beiden Arten von Gründen sei zunächst an einem Beispiel veranschaulicht. Ein Beispiel Stellen Sie sich vor, Sie gehen eilig durch einen Park und stoßen auf einen Verletzten, der dringend Ihre Hilfe braucht. Helfen Sie? Und wenn Sie helfen, warum helfen Sie? Vielleicht wollen Sie ja Ihre Freundin oder Ihren Freund beeindrucken, indem Sie zeigen, wie sensibel Sie sind oder dass Sie zupacken können. Vielleicht haben Sie Angst, wegen unterlassener Hilfeleistung belangt zu werden. Vielleicht wissen Sie, dass Ihnen das Ganze nachgehen wird und Sie von Gewissensbissen geplagt werden werden, falls Sie nicht helfen -also helfen Sie. Vielleicht fürchten Sie, dass Gott Sie strafen wird, wenn Sie nicht geholfen haben, oder Sie hoffen, für Ihren Einsatz einmal ewigen Lohn im Himmel zu erhalten. Dies wären alles Gründe, in denen es mehr oder weniger direkt um Ihr Wohlergehen geht. Ihre Hilfeleistung wäre in Ihrer Klugheit begründet. Aber was ist, wenn alle diese Gründe wegfallen? Niemand ist zugegen, den Sie beeindrucken können. Sie sind sich sicher, dass Sie nicht wegen unterlassener Hilfeleistung belangt werden werden, weil es keinerlei Zeugen gibt. Sie wissen, dass Sie den Verletzten sofort wieder vergessen werden. Das wird Ihnen nicht nachgehen. Und an Gott oder an ein Leben nach dem Tod glauben Sie schon lange nicht mehr. Werden Sie unter diesen Voraussetzungen also nicht helfen? Vielleicht sind Sie jetzt angesichts dieser Frage entrüstet und denken: Natürlich muss ich in einer solchen Situation helfen, und ich hoffe doch sehr, dass ich es auch tun würde. Denn um mein Wohlergehen geht es in einem solchen Fall gar nicht. Vielmehr geht es um das Wohlergehen des Verletzten. Ihm kommt es zu, dass ihm geholfen wird. Kant hätte Ihnen zugestimmt, und er wäre der Meinung gewesen, dass Ihre Reaktion aufschlussreich ist. Eine solche Reaktion zeigt nämlich, dass Sie mit Ansprüchen oder Verbindlichkeiten rechnen, die etwas anderes sind als Klugheitsforderungen. Sie rechnen mit moralischen Ansprüchen und sehen diese als etwas an, das sich von den Ansprüchen der Klugheit unterscheidet. Und Sie gehen davon aus, dass 3 Sie auch dann handeln können, wenn es nicht um ihr Wohlergehen geht. Kant würde sagen, dass Sie damit rechnen, dass Sie das Vermögen "reiner praktischer Vernunft" besitzen. Um nun aber Kants Konzeption der Moralphilosophie genauer verstehen zu können, müssen wir uns näher mit Kants Analyse von Ansprüchen der Klugheit und Ansprüchen der Moral beschäftigen. Dabei wird sich auch Folgendes zeigen: Kant geht nicht nur davon aus, dass wir das Vermögen "reiner praktischer Vernunft" besitzen müssen, um moralischen Ansprüchen gerecht werden zu können. Kant geht auch davon aus, dass alle moralischen Ansprüche in "reiner praktischer Vernunft" wurzeln oder begründet liegen. Doch gehen wir Schritt für Schritt vor. 2. Bedingtes und unbedingtes Sollen Wir sehen uns immer wieder vielfältigen Sollensansprüchen gegenüber, also Forderungen, dass wir in bestimmter Weise handeln sollen. Wir sollen auf ein gepflegtes Äußeres achten. Wir sollen uns um eine gute Berufsausbildung bemühen. Wir sollen ein Leben lang weiterlernen. Wir sollen für das Alter Vorsorge treffen. Wir sollen andere nicht verletzen -um nur einige wenige Beispiele anzuführen. Wie kommt es zu solchen Sollensforderungen oder Sollensansprüchen? Woher beziehen sie ihre Verbindlichkeit, wenn sie denn Verbindlichkeit besitzen? Kant dürfte eine der bedeutendsten Theorien der Erklärung von Sollensansprüchen und ihrer Verbindlichkeit entwickelt haben. Diese soll im Folgenden hier vorgestellt werden. Imperative als Sollensansprüche, nicht Befehle Kant selbst spricht aber nicht von "Sollensansprüchen", sondern von "Imperativen". Dies kann zu Missverständnissen Anlass geben. Denn wir verstehen heute unter Imperativen Befehle oder imperativische Sprechhandlungen. Und es gibt auch eine Befehlstheorie des Sollens. Diese versucht das Zustandekommen von Sollensansprüchen dadurch Moralphilosophie so bedeutsam, weil sie zeigt, dass Kant nicht davon ausging, dass die Formeln des Kategorischen Imperativs direkt auf konkrete Handlungen anzuwenden sind. Vielmehr ging er davon aus, dass der Kategorische Imperativ eine Fülle von Teilprinzipien und normativ relevanten Gesichtspunkten begründet, an denen sich unser Handeln zu orientieren hat und orientieren kann. 19 Weit davon entfernt, die Folgen von Handlungen per se für irrelevant zu halten, ist es für Kant ein wichtiges Kriterium für die moralische Beurteilung von Handlungen, ob und gegebenenfalls wie sich die Handlungen auf die Rechte der von den Handlungen Betroffenen auswirken. Zur Zitierweise Die Werke Kants werden nach der von Wilhelm Weischedel herausgegebenen Ausgabe zitiert. Nach einem Kürzel für das zitierte Werk wird zunächst in arabischer Ziffer der Band angegeben, in dem sich das Werk in der 12-bändigen Ausgabe von Weischedel befindet. Es folgt, durch ein Komma abgetrennt, die Angabe der Seitenzahl. Danach wird angegeben, wo die entsprechende Stelle in der Akademieausgabe zu finden ist. Mit römischer Zahl wird zunächst der Band der "Akademieausgabe" und dann, nach einem Komma, die Seitenzahl angegeben. Es werden folgende Kürzel verwendet: GMS = Grundlegung zur Metaphysik der Sitten KpV = Kritik der praktischen Vernunft MST = Die Metaphysik der Sitten, [Metaphysische Anfangsgründe der] Tugendlehre Paul Guyer, Kant on Freedom, Law and Happiness, Cambridge 2000.
Internationale Tagung der Nietzsche-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Kant-Forschungsstelle Mainz und der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen vom 15.-17. Mai 2003 in Weimar, 2004
Zieminski und Werner Stegmaier (Hg.), Politik und Ethik in philosophischer und systemtheoretischer Sicht. Vorträge zur 4. Internationalen Philosophischen Sommerschule des Nord-und osteuropäischen Forums für Philosophie vom 19. bis 24. August 2002 in Szczecin (Stettin), Polen [in polnischer und deutscher Sprache], Szczecin 2003, ##. 5 Schon Nietzsche kritisiert das alteuropäische Festhalten an 'Bewegung', stellt von Einheit (Vernunft) auf Differenz (Willen zur Macht) um, von der Einheit der Selbstreferenz (Ich, Subjekt) auf die Differenz von Selbstreferenz und Fremdreferenz (das Ich als 'Werk-und Spielzeug' der 'großen Vernunft des Leibes'), läßt die paradoxale Selbstkritik der Selbstreferenz zu und behandelt die Moral als Beschränkung des Beobachtens. 6 Detlef Horster, Niklas Luhmann, München 1997 (Beck'sche Reihe 'Denker'), 50-52, weist auf Luhmanns Nähe zu Nietzsche als auch auf sein Projekt einer Aufklärung der Aufklärung hin: "Bereits Nietzsche ermahnte-wie Heidegger-das Individuum, sich auf sich selbst zu verlassen und sich seinen Lebenszweck, sein Ziel selbst zu wählen, allerdings mit der skeptischen Pointe, daran zugrunde zu gehen. Auch Luhmann hält moralische Orientierung durch Theorie für sinnlos. Seine Theorie ist nicht bedingungslos an Idealen der Aufklärung orientiert, sondern er reflektiert diese Ideale erneut und führt an den Stellen eine zweite Aufklärung durch, wo er zeigen kann, daß die Aufklärungsideale illusionär geworden sind und darum wissenschaftliche Erkenntnis nicht leiten können. Luhmann opponiert dagegen, daß die Aufklärungsideale zu oft als selbstverständlich und unbefragte Zwecke angesehen werden und der Wissenschaft Entscheidungsregeln abverlangt werden. Solche Entscheidungsregeln trügen oft genug ihre Undurchdachtheit auf der Stirn und scheinen 'mehr der Bekundung guter Absichten als der Instruktion zu dienen' [N.L., Zweckbegriff und Systemrationalität, Frankfurt am Main 1973, 88]. Luhmann will den Mythos der Aufklärungsideale zerstören oder baut-wie Peter Sloterdijk es einmal anschaulich ausdrückte (vgl. ARD-Dokumentation 1992)-ein zweites Stockwerk der Aufklärung, das-um eine Formulierung Derridas zu verwenden (vgl. [Florian] Rötzer [Französische Philosophen im Gespräch, München]1986, 70)-zu einer 'neuen Aufklärung' führe. Man wird den Eindruck nicht los, daß Luhmann von Nietzsches Gedanken geleitet ist, wonach 'die Lüge des Ideals [...] bisher der Fluch über die Realität' war [Nietzsche, EH, Vorwort 2]." 7 Vgl. Za IV, Unter Töchtern der Wüste, KSA 4.380: " ... dort war ich am fernsten vom wolkigen feuchten schwermüthigen Alt-Europa!" 8 Vgl. dazu Nicholas Rescher, Paradoxes. Their Roots, Range, and Resolution, Chicago and La Salle/Illinois 2001. 9 Explizite und prägnante Beispiele im Bereich praktischer Begriffe gibt Platons (in der Regel unterschätzter) Dialog Lysis. Wird dort nicht auf das Paradoxiemanagement geachtet, wirkt der Dialog gänzlich unergiebig und "frustrierend" (wie etwa für Thomas A. Szlezák, Platon und die Schriftlichkeit der Philosophie. Interpretationen zu den frühen und mittleren Dialogen,
Herausgeber sind per definitionem Zwerge, wenn auch fleißige, die auf den Schultern von Riesen stehen. Wir haben also eine Dankesschuld zu begleichen: zuvörderst natürlich gegenüber unseren Beiträgern, ohne welche dieser Band eine schöne, aber immaterielle Idee geblieben wäre. Viktoria Kaczmarek hat diesseits und jenseits regulärer Arbeitszeiten aus dem pluribus der Manuskripte ein druckbares unum formatiert. Mit Beate Bergner und Susanne Schneider hatten wir bei Kassel University Press unkomplizierte, stets ansprechbare und vor allem geduldige Publikationspartner. Die Georg-Forster-Gesellschaft, schließlich, hat großzügigerweise einen erheblichen Anteil der Druckkosten übernommen. Danke! Die Herausgeber VII X Vorwort und darüber hinaus mit dem Studium ihrer Verflechtungen, sei das Thema die preußische Englandpolitik, das napoleonische Rheinland, die Bezüge zwischen der französischen, amerikanischen und schottischen Aufklärung oder die Bedeutung der spanischen Verfassung von 1812 für den deutschen Frühliberalismus. Es passt in dieses Bild, dass Horst Dippel seinen Schülern nie thematische Scheuklappen verpasste und die Zügel durchaus locker ließ, dann allerdings unerbittlich die von ihnen selbständig eingeschlagenen Wege auf krumme Biegungen oder intellektuellen Treibsand untersuchte und sie unweigerlich mit den Stolpersteinen, die sie selbst nicht sahen, konfrontierte. Ohne dass er von oben herab dozierte, konnte man selbst nur durch Anschauung von ihm lernen, wenn man sich nicht, wie ein Junggitarrist von Hendrix' Soli, von seiner technischen Brillanz, enormen Produktivität, großen Detailkenntnis und analytischen Schärfe einschüchtern ließ. Wir sehen jedenfalls anregenden Gesprächen über die Schwachstellen unserer in diesem Band aufgestellten Thesen freudig entgegen, in der Gewissheit, dass der Abschied vom Hochschuldienst für Horst Dippel lediglich den Beginn eines weiteren Kapitels seiner scharfsinnigen Explorationen atlantischer Welten darstellt.
Öffentliche Vernunft?, 2019
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Kant und die Zukunft der europäischen Aufklärung, 2009
Jesus antwortete: Habe ich übel geredet, so beweise, daß es böse ist; habe ich aber recht geredet, was schlägst du mich? Johannes, 18, 23 Betrachtet man die verschiedenen Konzeptionen der Vernunft, die von den Denkern der europäischen Aufklärung vertreten wurden, so muss man feststellen, dass sie kein einheitliches Bild ergeben. Es lassen sich freilich in historischer Hinsicht einige tragende Grundideen der Aufklärung identifizieren 1 ; dabei muss man aber anerkennen, dass diese Ideen auf unterschiedliche Weise interpretiert und entwickelt wurden. Keine davon kann für sich beanspruchen, die Aufklärung zu verkörpern. Nimmt man sich dennoch vor, Aufklärung als offene Frage zu behandeln, die eine Zukunft besitzt und fast schon verlangt, so steht man vor der Aufgabe, eine bestimmte Gestalt des Aufklärungsprojekts ins Auge zu fassen, die als besonders geeignet erscheint, als paradigmatischer Hintergrund für die heutige Problematik zu dienen. Kants Auffassung der Aufklärung ist in dieser Hinsicht ein vielversprechendes Modell, und zwar nicht nur deswegen, weil sie eine systematisch komplexe und reife Form des Aufklärungskonzepts darstellt, sondern auch deshalb, weil in ihr die die Aufklärung kennzeichnenden Motive aufs engste mit dem gesamten philosophischen Projekt verbunden sind, das Kant entwirft. Kants Philosophie ist nicht bloß durch die Parolen und tragenden Ideen der Aufklärung bestimmt, sozusagen vom Geist der Aufklärung inspiriert und bewegt, sondern er entwickelt ein Modell der menschlichen Vernunft, das von vornherein diese Ideen in sich einschließt und gleichzeitig auf eigentümliche Weise umdeutet. Aufklärung ist bei Kant kein bloß politischer oder geschichtsphilosophischer Begriff, son-_____________ 1 Vgl. Hinske 1990.
Enlightenment and Interculturality. The most influential legacy of the Enlightenment is the view of the human being as rational autonomous subject. This has been especially important in the development of human rights and the concept of individual freedom. Considering Horkheimer's and Adorno's critique of the authority implicit in the autonomy of the subject, I highlight plurality as also rooted in Enlightenment. If the 'cultural industry' is a consequence of Enlightenment, it can be shown that there are also concepts within Enlightenment, such as tolerance, which sustain interculturality. Emphasizing individual experience rather than the universal claim of reason, interculturality is highlighted as a phenomenon yet to be analyzed, which recognizes the plurality of cultures.
Diskurse über das Übersinnliche Schatten, Schimären, Unsichtbares, in dunklen Ecken Verborgenes oder am Rande des Gesichtsfeldes, nichts Greifbares, doch zuweilen laut polternd, zerstörerisch eiskalte Gegenwart -ein kalter Hauch der Toten. Was wir nicht sehen, zählt für uns nicht? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Die Geisterwelt ist nicht verschlossen, und es gibt mehr zwischen Himmel und Erde? Die thematische Verknüpfung von Okkultismus und Kunst und besonders die Verschränkung von Okkultismus und Literatur wurden erst in rezenter Zeit vereinzelt wahrgenommen. Themenkomplexe wie Esoterik und Okkultismus rücken mit ihrer populären Inflationierung endlich auch in den Blickpunkt kulturwissenschaftlicher Forschung.
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Stimmungen und Vielstimmigkeit der Aufklärung, 2017
2020
Was sich nicht sagen lässt: Das Nicht-Begriffliche in Wissenschaft, Kunst und Religion, 2010
Susanne Biber, Veit Neumann (Hg.). Christlicher Humanismus: Festschrift für Sigmund Bonk. Regensburg: Verlag Friedrich Pustet, 2019
Directory of Open access Books (OAPEN Foundation), 2019
Hegel-Jahrbuch, 2006
Hegel Yeongu (=Korean Hegel Studies), vol 55, pp.35-63, 2024