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Vom Dialog zur Triade

Abstract

Ein psychoanalytisch inspirierter Blick auf Dreiecksverhältnisse in Organisationen 1 Mein Titel knüpft an die Überschrift der Reihe an, in der der Vortrag gehalten wird: "Wirtschaftsberatung im Dialog". Traditionell denkt man beim Dialog an das Zwiegesprächdas Zwiegespräch im sokratischen Dialog oder wie bei Martin Buber die Zwiesprache zwischen Ich und Du. Zentrale Begriffe in Philosophie, Psychologie und den Sozial-und Kulturwissenschaften wurden lange Zeit dyadisch konzipiert: Erinnert sei an Konzepte wie sind nicht mehr aufrechtzuerhalten; sie beschreiben immer weniger die Normalität. Wir haben es heute mit einer Pluralität von Arbeits-, Familien-und Lebensformen zu tun und vor allem auch mit einer "Verschmelzung ehemals streng getrennter Sphären" (ebd.). Mit der Erosion traditioneller Normen-, Regel-und Rollensysteme werden immer mehr Aspekte menschlichen Lebens der interpersonellen Aushandlung, der unmittelbaren Kommunikation und Koordination zwischen Personen und Gruppen aufgebürdet: Menschen müssen lernen, mehrdimensional zu verstehen und zu handeln, sie sind aufgefordert, sowohl in sich als auch zwischen sich dem Sog der Spaltung und Vereinfachung zu widerstehen. Stellt man sich den Herausforderungen eines triadischen Verstehen nicht, das mit Pluralisierungen und Ambivalenzen reflexiv umzugehen in der Lage ist, gerät man, so Beck, in die Fänge des Fundamentalismus, der "die alte Logik des ‚Entweder-Oder' wider besseren Wissens ... in ihr Recht zu setzen" versucht (Beck u.a. 2004, S. 19). Eine Tendenz, die wir leider in vielen Ländern wieder vermehrt beobachten können-wie allein schon ein Blick über die nicht allzu ferne ungarische Grenze zeigt. Bevor ich das Thema der Triade weiter ausführe, werde ich einen Vorschlag der Veranstalter aufgreifen und zunächst etwas zum Verhältnis von Psychoanalyse und Organisation sagen. Psychoanalyse und Organisation Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass Prozesse, die von der Psychoanalyse erforscht und benannt werden, auf vielfältige Weise in Organisationen zu beobachten sind: Wir stoßen auf Wünsche und Ängste; Phantasien, Gefühle und Affekte wie Liebe, Hass, Neid, Zuneigung, Eifersucht; Abwehrmechanismen wie Projektion, Spaltung und Verleugnungweiterhin Ambivalenzen, Beziehungsverstrickungen, ödipal getönte Konflikte zwischen Vorgesetzten und Untergebenen und nicht zuletzt auf infantile Abhängigkeitsbeziehungen und Versorgungswünsche von Mitarbeitern. Diese zu einem guten Teil vorbewussten und unbewussten Prozesse spielen in Organisationen auf unterschiedlichen Ebenen eine Rolle und können auf verschiedene Weisen erforscht werden: der Ebene der Individuen, der Rolle, der Gruppe, der Organisation und schließlich der Organisationskultur mit ihren vielfältigen Subkulturen.