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Zeit und Orientierung bei Kant und Hölderlin

2012, In: M.-A.Dittrich, M.Eybl, R.Kapp (Eds), Zyklus und Prozess. Joseph Haydn und die Zeit.

Abstract

Mit dem Begriff "Orientierung" lassen sich sowohl bei Kant wie auch bei Hölderlin mühelos die eigentümlichsten und spannendsten Fragen aufrollen. Was Kant betrifft, ist diese Feststellung beinahe trivial. Dem Deutschen Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm gilt er als prägender Autor für die allgemeine, auch heute übliche Bedeutung des Wortes in unserer Sprache. Es gibt dort zwar keinen Eintrag "Orientierung", aber doch einen zu "orientieren", und der besteht zu drei Vierteln aus folgendem Kant-Zitat (das übrigens durch Auslassungen ziemlich kreativ gestaltet ist): sich orientiren heiszt, in der eigentlichen bedeutung des worts: aus einer gegebenen weltgegend die übrigen, namentlich den aufgang zu finden [...] diesen geographischen begriff des verfahrens sich zu orientiren, kann ich nun erweitern und darunter verstehen: sich in einem gegebenen raum überhaupt [...] orientiren. im finstern orientire ich mich in einem mir bekannten zimmer, wenn ich nur einen einzigen gegenstand, dessen stelle ich im gedächtnisz habe, anfassen kann [...] endlich kann ich diesen begriff noch erweitern, da er denn im vermögen bestände, sich nicht blos im raume [...] sondern überhaupt im denken, d. i. logisch zu orientiren u. s. w. 1