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2014, In: Zeitgeschichte
Studien zur Mitte des Jahrhunderts Das vorliegende Heft vereint drei Studien, welche inhaltlich um die Mitte des 20. Jahrhunderts gruppieren und in ihrer Unterschiedlichkeit zumindest einen gemeinsamen Bezugspunkt haben: den Nationalsozialismus bzw. dessen Erbe. Francesco Di Palma ermöglicht in seiner Untersuchung über "Jews and the SPD" einen biographischen Einblick in das Erbe des Nationalsozialismus. Anhand der theoretischen Arbeiten von Paul Hertz, Rudolf Hilferding und Friedrich Stampfer illustriert er, wie die deutsche Sozialdemokratie im Exil der 1930er Jahre die Machtübertragung an den Nationalsozialismus ideologisch verarbeitete. Adamantios Skordos zeigt anhand des aktuellen "Historikerstreits" in Griechenland auf, wie Ereignisse und Fakten des dortigen Bürgerkriegs, der eine Folge der faschistischen und nationalsozialistischen Okkupationen in den 1940er Jahren war, die Formierung der modernen griechischen Zivilgesellschaft beeinflusste. Michael Gehler diskutiert die Position des britischen Wirtschaftshistorikers Alan S. Milward zu den Römischen Verträgen, welche nicht zuletzt eine Reaktion auf NS Diktatur und den von ihr provozierten Zweiten Weltkrieg waren. Er ruft deren historischen Kontext in Erinnerung und bettet sie in den longue durée der EU Integrationsgeschichte ein. Postentgelt bar bezahlt -envoi à taxe réduite Bureau de poste (Autriche) -Taxe perÇue Unzustellbare Hefte bitte zurück an: Studienverlag, Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck DVR 0652679 Titelnummer STV5355 Editorial Als Hanns Eisler 1950 gemeinsam mit Johannes R. Becher seine Kantate "Mitte des Jahrhunderts" vorstellte, nahm er die numerische Zäsur zum Anlass, um ganz im Sinne der im Jahr zuvor von den beiden komponierten DDR Nationalhymne erneut eine (anklagende) Bilanz zu ziehen und auf die sozialistische Morgenröte zu verweisen, welche sich nach der Niederlage des Nationalsozialismus in Europa ab Mitte des 20. Jahrhunderts formiere. Die drei Studien dieses Heftes reflektieren direkt und indirekt ebenso auf die Niederlage des Nationalsozialismus und den Aufstieg des Kommunismus in Form der -frei nach Erich Honecker so titulierten -realsozialistischen Staaten.
Bürgerkriege erzählen. Zum Verlauf unziviler Konflikte, Edited by Sabina Ferhadbegović, Brigitte Weiffen, pages 9-33; Konstanz University Press, 2011.
Meilensteine der Soziologie, 2019
Auch wenn im Blick auf die Geschichte der Soziologie und andere wissenschaftliche Disziplinen gerne die Namen von großen Denkern genannt, also Einzelne in das Zentrum der Darstellung gerückt werden, funktioniert gerade die Soziologie nicht als Solistenprogramm. Doch welche Formen der Zusammenarbeit haben sich wann und wie entwickelt? Und welche waren erfolgreich?
Meilensteine der Soziologie, 2019
Schon in der Antike formulierten Denker Ansichten über Gruppen von Menschen, die darauf abzielten, beobachtbare Differenzen im Handeln und Verhalten auf verborgene, aber kausal wirksame Faktoren zurückzuführen. Temperament und Charakter waren Bezeichnungen dafür, und innerhalb jedes Merkmals gab es eine beschränkte Zahl an Ausprägungen. Viele dieser alten Namen und Einteilungen verwenden wir immer noch in der Umgangssprache, z.B.: introvertiert und extravertiert. In den Sozialwissenschaften fanden in der Mitte des 20. Jahrhunderts zwei Bücher, in denen derartige Charaktertypen eine zentrale Rolle spielten, großes Echo. Beschrieben wurden in diesen Büchern der autoritäre Charakter und der Übergang von innen- zu außen-gelenkten Persönlichkeiten. Die Regeln der Konstruktion dieser Typen wurden nicht offengelegt, sodass man den Eindruck gewinnen konnte, die Formulierung einer solchen Typologie sei mehr dem Genius der Autoren zu verdanken und nicht Resultat systematischer Klassifikation. Davon unterschied sich der Ansatz von Paul F. Lazarsfeld, der Anleitungen zur Ausarbeitung von Typologien formulierte. Typologien sollten ihm zufolge in der systematischen Kombination von zwei oder mehr Dimensionen bestehen, die somit einen Eigenschaftsraum konstruieren. Jedem Feld einer solchen mehrdimensionalen Kreuztabelle entspräche dann ein Typ. Desgleichen könne man die Zahl der Typen reduzieren, indem man Felder miteinander kombiniert. Die Rede von den Temperamenten und Charakteren, aber auch die systematische Konstruktion von Typen verlor in den letzten 50 Jahren an Bedeutung, wohl auch weil heutige Computer unvergleichlich höhere Rechenkapazitäten besitzen, was eine systematische Reduktion der analytischen Instrumente überflüssig erscheinen lässt.
Meilensteine der Soziologie, 2019
Für die eilige Leserin Soziale Schichtung, so der heute geläufige Begriff für die Anordnung der Großgruppen einer Gesellschaft, findet man in nahezu allen Gesellschaften aller Zeiten. Die Prinzipien jedoch, aufgrund derer Menschen der einen oder anderen Großgruppe zugeordnet wurden, variierten im Verlauf der Jahrhunderte sehr stark. Die allerlängste Zeit wurde die soziale Ordnung als naturgegeben betrachtet, weshalb an eine Änderung des sozialen Aufbaus zu denken unmöglich war. In der frühen Neuzeit änderten sich die Verhältnisse, und Philosophen und andere, die über ihre soziale Umgebung nachdachten, entwickelten neue Vorstellungen darüber, warum es eine vertikale soziale Schichtung gibt und wie und weshalb sich soziale Ordnungen ändern können. Karl Marx (1818-83) und Friedrich Engels (1820-95) entwarfen eine besonders folgenreiche Theorie sozialer Schichtung, in der die Vorstellung eines steten Konflikts zwischen ausbeutenden und ausgebeuteten Klassen, der Klassenkampf, eine zentrale Rolle spielt. Vorgeschichte Schon die antiken Philosophen, die sich mit der Gestaltung des Gemeinwesens ihrer Zeit auseinandersetzten, sahen sich von recht stabilen Großgruppen von Mitbewohnern umgeben; Frauen und Unfreie würdigten sie keiner weiteren Beachtung, aber innerhalb der kleinen Gruppe der männlichen Freien sahen sie durchaus soziale Unterschiede, die man in heutiger Terminologie als Schichtungsphänomene bezeichnen kann. Beispielsweise sprach Aristoteles (384-322 v. Chr.) in seiner Politik (IV, 11) von drei durch ihr Einkommen unterscheidbaren Klassen, den sehr Reichen, den sehr Armen und der dazwischen angesiedelten Mittelklasse, in deren Händen das Wohl des Gemeinwesens am besten aufgehoben sei, da sie nicht nach dem Besitz anderer trachten, aber auch nicht wegen ihres Wohlstandes zum Gegenstand des Neides werden. Die antike Vorstellung sozialer Differenzierung orientiert sich an Unterschieden des Vermögens und der Talente, interessiert sich aber nicht dafür, wie diese zustande kommen und welche Folgen ungleiche Verteilungen des einen oder der anderen haben.
Forum für osteuropäische Ideen -und Zeitgeschichte, 1999
Meine Aufgabe ist es, die feindlichen Kräfte zu beseitigen. Wenn ich sie alle beseitigt habe, kommt es von selber so, wie es muß. A. Platano ν, Cevengur Anfang 1940 wurde Stalin zu seinem 60. Geburtstag Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR und ,JHeld der Arbeit". Am 2. Februar 1940 bedankte sich der Jubilar in der Pravda für die vielen Glückwünsche, die er erhalten hatte, u.a. von Tschiang Kai Tschek, von Jozef Tiso und von Adolf Hitler. Stalin hatte das Land in den letzten fünf Jahren nach innen terroristisch pazifiziert, nach außen militärisch isoliert. Sein Land, "ein Sechstel der Erde", schien mächtig und sicher wie nie zuvor. Staatliche Ämter hatte er 1940 keine inne; erst im kommenden Jahr wurde er (wie einst Lenin) Vorsitzender des Rats der Volkskommissare. Stalins Aufbau des Sozialismus "in einem Land", hatte sich wohl gegen all die gelehrten Diskurs-Marxisten aus dem ersten Kabinett Lenin von 1917 als einziges einigermaßen praktikables Konzept erwiesen. Die Revolution, wie Stalin sie verstand, als gewissermaßen "permanente Revolution" im Inneren, war jetzt, erst jetzt beendet. Er hatte zuletzt auch den "Parteitag der Sieger"-wie er euphemistisch hieß-besiegt, er hatte die Gründergeneration liquidiert, er allein war jetzt der "Chozjain", der Herr im Hause, wie er von seinen Gefolgsleuten im Führungszirkel genannt wurde. Das allerdings mußte ihm schon als eine Forum für osteuropäische Ideen-und Zeitgeschichte, 3. Jahrgang, 1999, Heft 2 Brought to you by | INSEAD Authenticated Download Date | 12/23/18 1:52 PM ' Stalin war im ersten Rat der Volkskommissare zuständig für Nationalitätenfragen, also-Ironie der Geschichte-fur jene Konstellationen, an denen dann dereinst die Sowjetunion überhaupt auseinanderbrechen sollte.
Meilensteine der Soziologie, 2019
Für die eilige Leserin Im Verlauf der Geschichte der Soziologie traten verschiedene Varianten von Erklärungen sozialen Handelns auf. Manche von ihnen beanspruchten, dahinterliegende, nicht unmittelbar zugängliche Faktoren identifizieren zu können, die ein besseres Verständnis von Verhalten oder Institutionen ermöglichen. Zu diesen gehören so genannte funktionale Erklärungen. Funktionale Erklärungen waren in den Sozialwissenschaften an der Wende zum 20. Jahrhundert weit verbreitet. Sie passten sich gut den Gesellschaftsbildern an, die im aufgeklärten europäischen Kulturraum des 19. Jahrhunderts verbreitet waren. Hier dominierte eine Vorstellung von Gesellschaft, die den menschlichen Organismus zum Modell nahm und daher fragte, welche gesellschaftlichen Teile welchen Organen des Körpers entsprechen. Ein wenig anders war die Schwerpunktsetzung beim Studium außereuropäischer Kulturen. Die verschiedenen Facetten der damals noch ohne Zögern "Primitiven" genannten versuchte man sich verständlich zu machen, indem man unbefangen Kategorien aus der westlichen Weltdeutung benutzte, um sich das Tun der "Wilden" verständlich zu machen. Was in Europa Tausch von Waren gegen Geld war, fand man anderswo als Transaktion von Kultgegenständen und suchte nach deren wirtschaftlicher Bedeutung. Robert K. Merton (1910-2003) unternahm es in den 1940er Jahren, den Stand der Diskussion über die funktionale Analyse zusammenzufassen und Ideen zu ihrer Fortführung zu formulieren. Zwei miteinander verbundene Begriffe spielten dabei eine große Rolle: Latente Funktion und Dysfunktion. Während manifeste Funktionen Folgen absichtsgeleiteten Handelns hervorbringen, steht "latent" für alle → nicht-beabsichtigten Nebenfolgen unseres Handelns, von denen man dennoch sagen kann, dass sie nützlich für etwas sind. Mit dem Begriff Dysfunktion wird darauf aufmerksam gemacht, dass es negative Folgen geben kann, die nicht-beabsichtigt waren, aber auch nicht vorhergesehen werden konnten. Vorgeschichte Das Bemühen aller Sozialwissenschaften zielt auf die Beantwortung einer der beiden folgenden Fragen: Was ist der Fall? und: Was steckt dahinter? (vgl. dazu Luhmann 1993) Begnügt man sich bei ersterer mit der möglichst getreuen Schilderung von Ereignissen, strebt man bei der zweiten danach, etwas nicht gleich Sichtbares als Ursache für das Auftreten des Sichtbaren zu benennen. Manches Mal wird das, was dahintersteckt, allein durch seine Benennung sichtbar; man hätte es selbst sehen können. Oftmals verbleibt das, was man meint, als Ursache/Grund/Wurzel identifiziert zu haben, allerdings ein Gedanke, eine Idee, ein Begriff oder eine Theorie. Solche Entitäten, also "Dinge" im weitesten Wortsinn, kann man nicht sehen oder angreifen, weshalb der Versuch der argumentativen Überzeugung hier andere Wege einschlagen muss. Wegen der geringeren Anschaulichkeit kann es im Streitfall schwierig sein, eine neutrale Ebene ausfindig zu machen, die beide Seiten des Streits akzeptieren. Statt eines "Schau doch hin!" muss sich der Dahinterblickende damit begnügen, seinem skeptischen Gegenüber ein "Das muss dich doch überzeugen…" entgegen zu halten. Im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte haben sich die Argumentationen darüber, was das Dahintersteckende ist und wie es gefasst werden könnte, stark gewandelt: der "Wille Gottes" und die "Kraft des Blutes" haben deutlich an Überzeugungskraft verloren. Eine Variante, die mehr Raum eroberte, sind so genannte funktionale Erklärungen. "Was man sieht, ist nur die Oberfläche, eigentlich handelt es sich doch darum, dass …" beginnen solche Belehrungen, die umso erfolgreicher wirken, je mehr sie den anderen zu überraschen vermögen. In der biblischen Geschichte von Abraham, den Gott aufforderte, seinen Sohn zu opfern, lesen wir, dass es dem Allmächtigen nicht um die Tötung des Unschuldigen ging, sondern nur um die Prüfung der Intensität von
Die Dissertation erschließt ein umfangreiches Korpus von 188 Kriegsprosatexten zwischen 1933 und 1940, die bislang wenig Beachtung in der Forschung fanden, was angesichts ihrer weiten Verbreitung erstaunlich ist. Ein Ergebnis dieser Studie ist die Tatsache, dass das Ausmaß der Kriegsliteratur bislang nicht voll erfasst worden ist. Im Zentrum stehen Romane damaliger Bestsellerautoren wie Paul Coelestin Ettighoffer, Otto Paust und Werner Beumelburg. Diese formten nach 1933 den Typus des populären ‚Kriegsbuches‘ und machten den Ersten Weltkrieg zum literarischen Paradesujet sondergleichen, zum Teil unter Rückgriff auf einen bildungsbürgerlichen Literaturkanon und unter Einbezug moderner Verfahren.
Jakob Tanner, "Die Ereignisse marschieren schnell". Die Schweiz im Sommer 1940, in: Andreas Suter, Manfred Hettling (Hg.), Struktur und Ereignis, Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19, Göttingen 2001, S. 257-282., 2001
Übersetzung: "Gli eventi marciano rapidamente". La Svizzera nell`estate 1940, 900. NOVENCENTO, Nr. 5, Modena 2001, S. 71-90.
Auf dem Weg nach Europa, 2010
Bei dem ersten Treffen einer Gruppe deutscher Historiker nach Kriegsende im Herbst 1946 in Göttingen gab der Kölner Mediävist Peter Rassow die Parole aus »Fort aus der deutschen und hinein in die europäische Geschichte«, und er fand damit große Zustimmung bei seinen Kollegen. Wenn die Parole Rassows tatsächlich in großem Maße umgesetzt worden wäre, dann wäre das Thema meines Vortrags verfehlt, denn dann hätten sich die Historikerinnen und Historiker der 1940er Jahrgänge, die zum Zeitpunkt des angesprochenen Treffens im Herbst 1946 entweder noch gar nicht geboren waren oder jedenfalls noch in den Kinderschuhen steckten und mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Gedanken an eine künftige Laufbahn als Geschichtsprofessor hegten, nicht erst auf den Weg nach Europa begeben müssen. Bekanntlich aber blieb, um mit Winfried Schulze zu sprechen, trotz verschiedener Initiativen wie der Gründung des Instituts für Europäische Geschichte 1950 »jene Hinwendung zu Europa letztlich ein intellektuelles Strohfeuer« 2 , und selbst heute sind wir historiographisch noch nicht wirklich in Europa angekommen, ringen wir darum, was europäische Geschichte denn eigentlich sei. Ich betrachte daher meine Themenwahl als legitim und möchte in den folgenden 45 Minuten untersuchen, welchen Beitrag die Historikerinnen und Historiker der 1940er Jahrgänge, die mehr oder weniger gleich alt sind mit der europäischen Nachkriegsbewegung, zur Entwicklung einer europäischen Geschichte geleistet haben. Dabei wird meine besondere Aufmerksamkeit einem hier im Raum anwesenden Historiker gelten. Denn mein Vortrag soll zugleich eine kleine Laudatio aus Anlass des 65. Geburtstages von Heinz Duchhardt sein-ich hoffe, dass Sie mir das nicht nur nachsehen, sondern dass dieses Vorgehen auch in Ihrem Sinne ist!-Und natürlich auch in Ihrem, lieber Herr Duch-1 Der Text gibt den öffentlichen Vortrag / die Laudatio auf Heinz Duchhardt am 14. November 2008 wieder. Dementsprechend wurde auf einen ausführlichen Anmerkungsapparat verzichtet. Belegt sind lediglich die wörtlichen Zitate. Der Vortrag basiert zu einem erheblichen Teil auf den Internet-Recherchen der wissenschaftlichen Hilfskräfte Miriam Funk und Miriam Freiin von Stenglin, denen auch an dieser Stelle herzlich gedankt sei. 2 Winfried SCHULZE, Europa in der Frühen Neuzeit-begriffsgeschichtliche Befunde, in: Heinz DUCHHARDT / Andreas KUNZ (Hg.), Europäische Geschichte als historiographisches Problem,
Katyn 1940, 2015
The book not only presents the current state of research on the reconstruction of the murder of more than 22,000 Polish prisoners of war by the Soviet secret service NKVD, but also explores the question of why the Soviet fake news campaign on Katyn was so successful with the Western Allies. For the first time, it also presents the role of German opponents of Hitler in the background of the first Nuremberg trial: They convinced the US delegation that after all Katyn was a Soviet and not a German crime. Extended versions of the book are available in English, Spanish and Polish.
Taking the Bündner Wirren – a bloody second theatre of the larger Thirty Years War – as an example, this article examines the central role narratives play in the intensification of social conflict. It shows how the mass of pamphlets, ballads and poems published between 1618 and 1623 and dealing with the ongoing political and religious tensions in alpine Grisons not only describe what happens, but rather intervene in the conflict. Leading to further escalation, this “literary war” of the early 1620s thus decisively contributed to the aggravation of the conflict and its religious charging.
Die Aufgabe einer Kritik der Gewalt läßt sich als die Darstellung ihres Verhältnisses zu Recht und Gerechtigkeit umschreiben. Denn zur Gewalt im prägnanten Sinne des Wortes wird eine wie immer wirksame Ursache erst dann, wenn sie in sittliche Verhältnisse eingreift. Die Sphäre dieser Verhältnisse wird durch die Begriffe Recht und Gerechtigkeit bezeichnet. Was zunächst den ersten von ihnen angeht, so ist klar, daß das elementarste Grundverhältnis einer jeden Rechtsordnung dasjenige von Zweck und Mittel ist. Ferner, daß Gewalt zunächst nur im Bereich der Mittel, nicht der Zwecke aufgesucht werden kann. Mit diesen Feststellungen ist für die Kritik der Gewalt mehr, und freilich auch anderes, als es vielleicht den Anschein hat gegeben. Ist nämlich Gewalt Mittel, so könnte ein Maßstab für ihre Kritik ohne weiteres gegeben erscheinen. Er drängt sich in der Frage auf, ob Gewalt jeweils in bestimmten Fällen Mittel zu gerechten oder ungerechten Zwecken sei. Ihre Kritik wäre demnach in einem System gerechter Zwecke implizit gegeben. Dem ist aber nicht so. Denn was ein solches System, angenommen es sei gegen alle Zweifel sichergestellt, enthielte, ist nicht ein Kriterium der Gewalt selbst als eines Prinzips, sondern eines für die Fälle ihrer Anwendung. Offen bliebe immer noch die Frage, ob Gewalt überhaupt, als Prinzip, selbst als Mittel zu gerechten Zwecken sittlich sei. Diese Frage bedarf zu ihrer Entscheidung denn doch eines näheren Kriteriums, einer Unterscheidung in der Sphäre der Mittel selbst, ohne Ansehung der Zwecke, denen sie dienen. 180 Die Ausschaltung dieser genaueren kritischen Fragestellung charakterisiert eine große Richtung in der Rechtsphilosophie vielleicht als ihr hervorstechendstes Merkmal: das Naturrecht. Es sieht in der Anwendung gewaltsamer Mittel zu gerechten Zwekken so wenig ein Problem, wie der Mensch eines im »Recht«, seinen Körper auf das erstrebte Ziel hinzubewegen, findet. Nach seiner Anschauung (die dem Terrorismus in der französischen Revolution zur ideologischen Grundlage diente) ist Gewalt ein Naturprodukt, gleichsam ein Rohstoff, dessen Verwendung keiner Problematik unterliegt, es sei denn, daß man die Gewalt zu ungerechten Zwecken mißbrauche. Wenn nach der Staatstheorie des Naturrechts die Personen aller ihrer Gewalt zugunsten des Staates sich begeben, so geschieht das unter der Voraussetzung (die beispielsweise Spinoza im theologisch-politischen Traktat ausdrücklich feststellt), daß der einzelne an und für sich und vor Abschluß eines solchen vernunftgemäßen Vertrages jede beliebige Gewalt, die er de facto innehabe, auch de jure ausübe. Vielleicht sind diese Anschauungen noch spät durch Darwins Biologie belebt worden, die in durchaus dogmatischer Weise neben der natürlichen Zuchtwahl nur die Gewalt als ursprüngliches und allen vitalen Zwecken der Natur allein angemessenes Mittel ansieht. Die darwinistische Popularphilosophie hat oft gezeigt, wie klein von diesem naturgeschichtlichen Dogma der Schritt zu dem noch gröberen rechtsphilosophischen ist, daß jene Gewalt, welche fast allein natürlichen Zwecken angemessen, darum auch schon rechtmäßig sei. Dieser naturrechtlichen These von der Gewalt als natürlicher Gegebenheit tritt die positiv-rechtliche von der Gewalt als historischer Gewordenheit diametral entgegen. Kann das Naturrecht jedes bestehende Recht nur beurteilen in der Kritik seiner Zwecke, so das positive jedes werdende nur in der Kritik seiner Mittel. Ist Gerechtigkeit das Kriterium der Zwecke, so Rechtmäßigkeit das der Mittel. Unbeschadet dieses
Edition Politik
Zu viel Bevölkerung oder zu wenig? Wer soll Kinder bekommen und wer vom Gebären abgehalten werden? Kinderkriegen ist eingebunden in mächtige Regierungsstrategien, die auf Körper und Bevölkerungen abzielen. Das malthusianische Denken geht noch weiter, indem es fast alle Krisen unserer Zeit zu Bevölkerungsproblemen umdeutet. Der Status quo von sozialer Ungleichheit, Rassismus und globaler Zerstörung bleibt dabei allerdings unberührt. Susanne Schultz seziert das demografische Denken und versammelt Analysen deutscher Kinderwunsch-, Familien- und Migrationspolitik. Dabei hinterfragt sie auch eine »demografisierte« Klimadebatte und kritisiert repressive globale Verhütungsprogramme.
In den bedeutenden Zeitungen und politischen Zeitschriften der USA wird nicht mehr nur offen der Kapitalismus affirmiert, sondern auch der Imperialismus. Konservative denken, die USA könnten ihrer geschichtlichen Rolle als Hüterin der Weltordnung gerade dann gerecht werden, wenn sie sich zu ihrer imperialen Struktur bekennen. Die europäische Abneigung gegenüber Machtpolitik sei nur Folge von Machtlosigkeit, wobei Europa von der imperialen Politik der USA profitiere (Kagan 2003, 45 u. 117), der »großmütigsten imperialen Macht aller Zeiten« (DʼSouza, zit. n. Mann 2003, 24). Selbst ein liberaler Autor wie Michael Ignatieff fordert einen »weichen Imperialismus«, der über gezielte Luftschläge hinausgehen müsse, um die Ordnung in den entsprechenden Regionen herzustellen. »Was 1945 für Deutschland und Japan galt und heute nicht weniger wahr ist, bildet das zentrale Paradox des Imperialismus. Er ist zur Vorbedingung für Demokratie geworden.« (2003, 28) Im Unterschied zum alten Imperialismus, der immer nur eine Hauptstadt kannte und mit den anderen Imperien im Konflikt stand, sei der humanitäre vergleichbar mit einer Hausgemeinschaft: Washington gebe den Ton an und London, Paris und Berlin folgten zögerlich (22). »Das Imperium des 21. Jh. ist […] ein Empire lite -eine globale Hegemonie, deren Merkmale freie Märkte, Menschenrechte und Demokratie sind, durchgesetzt mit Hilfe der abschreckendsten Militärmacht, die es je gegeben hat. Es ist der Imperialismus eines Volkes, dem immer vor Augen steht, dass es die Unabhängigkeit erwarb, indem es gegen ein Empire revoltierte, eines Volkes, das sich als Freund der Freiheit in aller Welt versteht.« (2003b, 17) Trotz der ›realistischen‹ Tradition der amerikanischen Politikwissenschaften sind Begriffe wie Imperialismus oder Imperium als Selbstdefinition der USA neu, und die Analogie zum Britischen Empire beschwört nicht mehr bei allen »unangenehme historische Bilder von Rotröcken und Steuern herauf« (Mann 2003, 22). Max Boot vom Wall-Street-Journal glaubt, »Afghanistan und andere Länder in Schwierigkeiten« riefen »nach der Art aufgeklärter Fremdverwaltung, die einst von selbstsicheren Engländern in Reiterhosen und Tropenhelmen ausgeübt wurde« (zit. n. Johnson 2003, 97). Bekanntlich hielt das Britische Empire aber nicht lang; daher geht man »besser schnell ein paar Jahrhunderte zurück, zum erhabensten Empire überhaupt, und schon reimt sich: pax romana, pax americana« (Mann 2003, 22). Der dies schreibt, ist kein Befürworter imperialer Politik. Für ihn entpuppt sich das »American Empire« als »militärischer Riese, ökonomischer Trittbrettfahrer, politisch Schizophrener und ideologisches Phantom« (27). Es handelt sich um ein »ungeordnetes Empire, mit einer ›ohnmächtigen Supermacht‹«, »deren unerschütterlich
World and New World, 2024
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die Weltordnung erschüttert und den internationalen Frieden und die Sicherheit ernsthaft gestört. Die geopolitischen Auswirkungen, die Ursachen des Krieges und die Gründe, die zur Rechtfertigung der bewaffneten Aggression angeführt wurden, sind breit diskutiert worden. Unter den vielen Facetten des Krieges verdient ein Thema besondere Aufmerksamkeit, da es zweifellos eine seiner schwerwiegendsten Folgen darstellt: der Tod von Hunderten von Kindern und die Entführung von Tausenden von ihnen unter eklatanter Verletzung des humanitären Rechts. Unser Ziel ist es, die Umstände und Folgen dieser Aktionen, die ein Kriegsverbrechen darstellen können, zu analysieren und ihre mittel-und langfristigen Auswirkungen zu bewerten. _____________________________ Kinder als Opfer des Krieges Motyzhyn ist ein Dorf in der Region Bucha, fünfundvierzig Kilometer westlich von Kiew, der Hauptstadt der Ukraine. Es wurde in den Tagen nach dem Einmarsch am 24. Februar 2022 etwa eineinhalb Monate lang von russischen Truppen besetzt. Mehrere Häuser in der Stadt wurden zerstört und die Schule teilweise demoliert. Als sich die russischen Truppen zurückziehen mussten, fand man die Leichen von fünf Zivilisten, die hingerichtet worden waren, mit auf dem Rücken gefesselten Händen. Unter ihnen waren die Bürgermeisterin des Dorfes, ihr Mann und ihr Sohn, die sich geweigert hatten, mit den Invasoren zu kollaborieren. Heute wird die Schule in Motyzhyn wieder aufgebaut, aber die Kinder und jungen Schüler, die ihre Lehrer und Nachbarn sterben sahen, können die Bilder des Krieges nicht vergessen. Eine Gruppe Jugendlicher zittert, als sie ihr Zeugnis abgibt. Sie bringen ihre Angst zum Ausdruck, kein sicheres, friedliches Leben führen zu können, keine Zukunft in ihrem Land zu haben. Ihr Leben ist für immer gezeichnet. Sie sind nicht die Einzigen. Die Geschichten von Kindern, die Zeugen von Gräueltaten geworden sind, gehen in die Hunderte. Es gibt Tausende von Kindern, die von ihren Eltern getrennt wurden, entweder weil diese gestorben sind oder weil die Kinder selbst von der Kriegsfront vertrieben wurden oder weil sie entführt und in besetzte Gebiete oder außerhalb der Ukraine, nach Russland oder Weißrussland, gebracht wurden.
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