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1940 Typologie

2019, Meilensteine der Soziologie

Schon in der Antike formulierten Denker Ansichten über Gruppen von Menschen, die darauf abzielten, beobachtbare Differenzen im Handeln und Verhalten auf verborgene, aber kausal wirksame Faktoren zurückzuführen. Temperament und Charakter waren Bezeichnungen dafür, und innerhalb jedes Merkmals gab es eine beschränkte Zahl an Ausprägungen. Viele dieser alten Namen und Einteilungen verwenden wir immer noch in der Umgangssprache, z.B.: introvertiert und extravertiert. In den Sozialwissenschaften fanden in der Mitte des 20. Jahrhunderts zwei Bücher, in denen derartige Charaktertypen eine zentrale Rolle spielten, großes Echo. Beschrieben wurden in diesen Büchern der autoritäre Charakter und der Übergang von innen- zu außen-gelenkten Persönlichkeiten. Die Regeln der Konstruktion dieser Typen wurden nicht offengelegt, sodass man den Eindruck gewinnen konnte, die Formulierung einer solchen Typologie sei mehr dem Genius der Autoren zu verdanken und nicht Resultat systematischer Klassifikation. Davon unterschied sich der Ansatz von Paul F. Lazarsfeld, der Anleitungen zur Ausarbeitung von Typologien formulierte. Typologien sollten ihm zufolge in der systematischen Kombination von zwei oder mehr Dimensionen bestehen, die somit einen Eigenschaftsraum konstruieren. Jedem Feld einer solchen mehrdimensionalen Kreuztabelle entspräche dann ein Typ. Desgleichen könne man die Zahl der Typen reduzieren, indem man Felder miteinander kombiniert. Die Rede von den Temperamenten und Charakteren, aber auch die systematische Konstruktion von Typen verlor in den letzten 50 Jahren an Bedeutung, wohl auch weil heutige Computer unvergleichlich höhere Rechenkapazitäten besitzen, was eine systematische Reduktion der analytischen Instrumente überflüssig erscheinen lässt.