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2019, Meilensteine der Soziologie
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Schon in der Antike formulierten Denker Ansichten über Gruppen von Menschen, die darauf abzielten, beobachtbare Differenzen im Handeln und Verhalten auf verborgene, aber kausal wirksame Faktoren zurückzuführen. Temperament und Charakter waren Bezeichnungen dafür, und innerhalb jedes Merkmals gab es eine beschränkte Zahl an Ausprägungen. Viele dieser alten Namen und Einteilungen verwenden wir immer noch in der Umgangssprache, z.B.: introvertiert und extravertiert. In den Sozialwissenschaften fanden in der Mitte des 20. Jahrhunderts zwei Bücher, in denen derartige Charaktertypen eine zentrale Rolle spielten, großes Echo. Beschrieben wurden in diesen Büchern der autoritäre Charakter und der Übergang von innen- zu außen-gelenkten Persönlichkeiten. Die Regeln der Konstruktion dieser Typen wurden nicht offengelegt, sodass man den Eindruck gewinnen konnte, die Formulierung einer solchen Typologie sei mehr dem Genius der Autoren zu verdanken und nicht Resultat systematischer Klassifikation. Davon unterschied sich der Ansatz von Paul F. Lazarsfeld, der Anleitungen zur Ausarbeitung von Typologien formulierte. Typologien sollten ihm zufolge in der systematischen Kombination von zwei oder mehr Dimensionen bestehen, die somit einen Eigenschaftsraum konstruieren. Jedem Feld einer solchen mehrdimensionalen Kreuztabelle entspräche dann ein Typ. Desgleichen könne man die Zahl der Typen reduzieren, indem man Felder miteinander kombiniert. Die Rede von den Temperamenten und Charakteren, aber auch die systematische Konstruktion von Typen verlor in den letzten 50 Jahren an Bedeutung, wohl auch weil heutige Computer unvergleichlich höhere Rechenkapazitäten besitzen, was eine systematische Reduktion der analytischen Instrumente überflüssig erscheinen lässt.
Meilensteine der Soziologie, 2019
Für die eilige Leserin Im Verlauf der Geschichte der Soziologie traten verschiedene Varianten von Erklärungen sozialen Handelns auf. Manche von ihnen beanspruchten, dahinterliegende, nicht unmittelbar zugängliche Faktoren identifizieren zu können, die ein besseres Verständnis von Verhalten oder Institutionen ermöglichen. Zu diesen gehören so genannte funktionale Erklärungen. Funktionale Erklärungen waren in den Sozialwissenschaften an der Wende zum 20. Jahrhundert weit verbreitet. Sie passten sich gut den Gesellschaftsbildern an, die im aufgeklärten europäischen Kulturraum des 19. Jahrhunderts verbreitet waren. Hier dominierte eine Vorstellung von Gesellschaft, die den menschlichen Organismus zum Modell nahm und daher fragte, welche gesellschaftlichen Teile welchen Organen des Körpers entsprechen. Ein wenig anders war die Schwerpunktsetzung beim Studium außereuropäischer Kulturen. Die verschiedenen Facetten der damals noch ohne Zögern "Primitiven" genannten versuchte man sich verständlich zu machen, indem man unbefangen Kategorien aus der westlichen Weltdeutung benutzte, um sich das Tun der "Wilden" verständlich zu machen. Was in Europa Tausch von Waren gegen Geld war, fand man anderswo als Transaktion von Kultgegenständen und suchte nach deren wirtschaftlicher Bedeutung. Robert K. Merton (1910-2003) unternahm es in den 1940er Jahren, den Stand der Diskussion über die funktionale Analyse zusammenzufassen und Ideen zu ihrer Fortführung zu formulieren. Zwei miteinander verbundene Begriffe spielten dabei eine große Rolle: Latente Funktion und Dysfunktion. Während manifeste Funktionen Folgen absichtsgeleiteten Handelns hervorbringen, steht "latent" für alle → nicht-beabsichtigten Nebenfolgen unseres Handelns, von denen man dennoch sagen kann, dass sie nützlich für etwas sind. Mit dem Begriff Dysfunktion wird darauf aufmerksam gemacht, dass es negative Folgen geben kann, die nicht-beabsichtigt waren, aber auch nicht vorhergesehen werden konnten. Vorgeschichte Das Bemühen aller Sozialwissenschaften zielt auf die Beantwortung einer der beiden folgenden Fragen: Was ist der Fall? und: Was steckt dahinter? (vgl. dazu Luhmann 1993) Begnügt man sich bei ersterer mit der möglichst getreuen Schilderung von Ereignissen, strebt man bei der zweiten danach, etwas nicht gleich Sichtbares als Ursache für das Auftreten des Sichtbaren zu benennen. Manches Mal wird das, was dahintersteckt, allein durch seine Benennung sichtbar; man hätte es selbst sehen können. Oftmals verbleibt das, was man meint, als Ursache/Grund/Wurzel identifiziert zu haben, allerdings ein Gedanke, eine Idee, ein Begriff oder eine Theorie. Solche Entitäten, also "Dinge" im weitesten Wortsinn, kann man nicht sehen oder angreifen, weshalb der Versuch der argumentativen Überzeugung hier andere Wege einschlagen muss. Wegen der geringeren Anschaulichkeit kann es im Streitfall schwierig sein, eine neutrale Ebene ausfindig zu machen, die beide Seiten des Streits akzeptieren. Statt eines "Schau doch hin!" muss sich der Dahinterblickende damit begnügen, seinem skeptischen Gegenüber ein "Das muss dich doch überzeugen…" entgegen zu halten. Im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte haben sich die Argumentationen darüber, was das Dahintersteckende ist und wie es gefasst werden könnte, stark gewandelt: der "Wille Gottes" und die "Kraft des Blutes" haben deutlich an Überzeugungskraft verloren. Eine Variante, die mehr Raum eroberte, sind so genannte funktionale Erklärungen. "Was man sieht, ist nur die Oberfläche, eigentlich handelt es sich doch darum, dass …" beginnen solche Belehrungen, die umso erfolgreicher wirken, je mehr sie den anderen zu überraschen vermögen. In der biblischen Geschichte von Abraham, den Gott aufforderte, seinen Sohn zu opfern, lesen wir, dass es dem Allmächtigen nicht um die Tötung des Unschuldigen ging, sondern nur um die Prüfung der Intensität von
Architekturen, 2020
In der Architektur der Stadt zeichnen sich Gebäude unterschiedlicher Funktion durch eine spezifische Gestaltung ab, deren Lesbarkeit Orientierung und Struktur im städtischen Gefüge gibt. Es ist die typologische Beständigkeit, die einem städtischen Gefüge seine Lesbarkeit und Ordnung verleiht. Dabei formuliert die Typologie die Gesetzmäßigkeiten, welche den Spezifika eines jeden konkreten Entwurfes zugrunde liegen. Viele dieser Typologien stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit biografischen Lebensphasen, welchen sie funktional zugeordnet sind und die sie beherbergen: Bildungs-und Forschungsinstitutionen geben der Lehre und Ausbildung Raum, Staatsund Justizgebäude richten sich an einen mündigen Teil der Gesellschaft, Museen, Theater und Konzerthäuser bilden die bauliche Kulturlandschaft, Gesundheitsbauten und Sozialzentren richten sich an bedürftige Mitglieder einer Gesellschaft, Wohnhäuser und Wohnungsbauten beherbergen das Familienleben, Sakralbauten geben Raum für religiöse Rituale. Mit der Beschreibung des Phänomens der «Rites de passage» 1 hat Arnold van Gennep seinen Blick insbesondere auf das Dazwischen einzelner Lebensphasen, auf die Schwellen-und Übergangsmomente biografischer Abschnitte gerichtet, die in besonderer Weise artikuliert oder ritualisiert werden. Während sich van Gennep insbesondere auf christlich geprägte Rituale bezieht, werden in der säkularisierten Gegenwartsgesellschaft auch weltliche Ereignisse von biografischer Relevanz vermehrt ritualisiert. So werden gegenwärtig Einschulung, Ausbildungsabschluss, Berufseinstieg, Trauung, Geburt oder Berufsaustritt ein weltlicher ritueller Rahmen gegeben. Ebenso wie alle anderen Lebensphasen ist die letzte-die des Sterbens-von Ritualen geprägt, welche in Entsprechung der weiteren Lebensbereiche gegenwärtig nicht mehr eindeutig konfessionell geprägt sind, sondern sich eines multireligiösen, interkulturellen und insbesondere eines individuellen Spektrums von Riten bedienen. Mit der Thematisierung des Sterbens in Palliativmedizin und Hospizarbeit hat eine gewisse Institutionalisierung der letzten Lebensphase eingesetzt. Diesen neuen Formen einer Gestaltung der letzten Lebensphase, der Sterbebegleitung und der Sepulkral-und Trauerkultur, gilt es in eigenständigen architektonischen Typologien Raum und damit eine Lesbarkeit im Gefüge der Stadt zu geben. Mit der Institutionalisierung des Sterbens in hospizlichen und palliativmedizinischen Einrichtungen verändert sich das Sterbezimmer von einem Privatraum innerhalb des individuellen Wohnumfeldes hin zu einem in den Kontext von Gemeinschaft und Gesellschaft ein
Meilensteine der Soziologie, 2019
Auch wenn im Blick auf die Geschichte der Soziologie und andere wissenschaftliche Disziplinen gerne die Namen von großen Denkern genannt, also Einzelne in das Zentrum der Darstellung gerückt werden, funktioniert gerade die Soziologie nicht als Solistenprogramm. Doch welche Formen der Zusammenarbeit haben sich wann und wie entwickelt? Und welche waren erfolgreich?
2004
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Katyn 1940, 2015
The book not only presents the current state of research on the reconstruction of the murder of more than 22,000 Polish prisoners of war by the Soviet secret service NKVD, but also explores the question of why the Soviet fake news campaign on Katyn was so successful with the Western Allies. For the first time, it also presents the role of German opponents of Hitler in the background of the first Nuremberg trial: They convinced the US delegation that after all Katyn was a Soviet and not a German crime. Extended versions of the book are available in English, Spanish and Polish.
2016
Dieser Beitrag befasst sich am Beispiel des deutschen am-Progressivs und der niederländischen aan het-Konstruktion mit kognitiven Aspekten der sprachlichen Kodierung von Progressivität. Zunächst wird gezeigt, dass Progressivkonstruktionen eine wesentliche Rolle in der experimentellen Untermauerung der kognitiv-linguistischen Grundhypothese spielen, dass Bedeutung als Konzeptualisierung gesehen werden kann. Im Mittelpunkt des Aufsatzes steht anschließend eine experimentelle Studie zum am-Progressiv, die ein von Flecken & Gerwien (2013) zur Untersuchung der niederländischen aan het-Konstruktion angewandtes Paradigma in vereinfachter Form übernimmt und die Aufschluss darüber gibt, inwiefern der progressive Gehalt der Konstruktion die Konzeptualisierung des semantischen Gehalts des jeweiligen Verbs moduliert. In der darauffolgenden Diskussion der Ergebnisse werden auch Überlegungen darüber angestellt, inwiefern sich diese Ergebnisse mit jenen zum niederländischen Pendant vergleichen lassen.
Papiere zur Linguistik, 1997
This paper presents the main ideas of what call "Natural Typology". Natural Typology is an attempt at an empirically based typology which meets the demands of the term "natural": This "holistic" approach takes into account that each language goes through natural selfregulatory processes optimizing the interaction between its (phonological, morphological, syntactical) subsystems and the interaction with its "natural" environment, e.g. the articulatory and the cognitive system. Naturalness Theory, however, has been trying up to now to determine "natural" or "optimal" properties on separate levels and thus often encountered "suboptimal" properties of languages which are difficult to explain Statistically significant results of a previous cross-linguistic study are presented. This set of mutually dependent correlations offers some new perspectives on the interaction between prosody, phonology, morphology, and syntax.
In: Zeitgeschichte, 2014
Studien zur Mitte des Jahrhunderts Das vorliegende Heft vereint drei Studien, welche inhaltlich um die Mitte des 20. Jahrhunderts gruppieren und in ihrer Unterschiedlichkeit zumindest einen gemeinsamen Bezugspunkt haben: den Nationalsozialismus bzw. dessen Erbe. Francesco Di Palma ermöglicht in seiner Untersuchung über "Jews and the SPD" einen biographischen Einblick in das Erbe des Nationalsozialismus. Anhand der theoretischen Arbeiten von Paul Hertz, Rudolf Hilferding und Friedrich Stampfer illustriert er, wie die deutsche Sozialdemokratie im Exil der 1930er Jahre die Machtübertragung an den Nationalsozialismus ideologisch verarbeitete. Adamantios Skordos zeigt anhand des aktuellen "Historikerstreits" in Griechenland auf, wie Ereignisse und Fakten des dortigen Bürgerkriegs, der eine Folge der faschistischen und nationalsozialistischen Okkupationen in den 1940er Jahren war, die Formierung der modernen griechischen Zivilgesellschaft beeinflusste. Michael Gehler diskutiert die Position des britischen Wirtschaftshistorikers Alan S. Milward zu den Römischen Verträgen, welche nicht zuletzt eine Reaktion auf NS Diktatur und den von ihr provozierten Zweiten Weltkrieg waren. Er ruft deren historischen Kontext in Erinnerung und bettet sie in den longue durée der EU Integrationsgeschichte ein. Postentgelt bar bezahlt -envoi à taxe réduite Bureau de poste (Autriche) -Taxe perÇue Unzustellbare Hefte bitte zurück an: Studienverlag, Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck DVR 0652679 Titelnummer STV5355 Editorial Als Hanns Eisler 1950 gemeinsam mit Johannes R. Becher seine Kantate "Mitte des Jahrhunderts" vorstellte, nahm er die numerische Zäsur zum Anlass, um ganz im Sinne der im Jahr zuvor von den beiden komponierten DDR Nationalhymne erneut eine (anklagende) Bilanz zu ziehen und auf die sozialistische Morgenröte zu verweisen, welche sich nach der Niederlage des Nationalsozialismus in Europa ab Mitte des 20. Jahrhunderts formiere. Die drei Studien dieses Heftes reflektieren direkt und indirekt ebenso auf die Niederlage des Nationalsozialismus und den Aufstieg des Kommunismus in Form der -frei nach Erich Honecker so titulierten -realsozialistischen Staaten.
‚Heiliger Krieg.’ Auf der Suche nach einer Typologie, in: HZ 285 (2007), S. 265-302, 2007
This paper is an attempt to contextualize the Islamic Djihad in a comparative perspective. In what religious constellation is it possible to sacralize actions of war? What difference does monotheism make? I compare Roman, Israelitic, Germanic acts of sacrificing the ennemy, and then I compare the notion of crusade with the prescriptions of Djihad.
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Auf dem Weg nach Europa, 2010
Jakob Tanner, "Die Ereignisse marschieren schnell". Die Schweiz im Sommer 1940, in: Andreas Suter, Manfred Hettling (Hg.), Struktur und Ereignis, Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 19, Göttingen 2001, S. 257-282., 2001
Rechtsgeschichte - Legal History, 2009
Meilensteine der Soziologie, 2019
Forum für osteuropäische Ideen -und Zeitgeschichte, 1999
Language Typology and Universals, 1997
Zeitschrift für Theologie und Kirche 117, 21-45, 2020
Handbuch der deutschen Parteien
, in: Enzyklopädie des Stiftungswesens in mittelalterlichen Gesellschaften, Bd. 1: Grundlagen. Hrsg. v. Michael Borgolte. Berlin 2014, S. 167-182.
G. Booij et al. (eds.), Morphologie/Morphologie. Ein internationales Handbuch, 2004
Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie [Journal of the German-Speaking Society of Music Theory], 2007
Jakob Tanner, Das Kaleidoskop der 1920er Jahre, in: Cathérine Hug (Hg.), Schall und Rauch. Die wilden 20er (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung), Zürich: Kunsthaus Zürich/ snoeck Verlag 2020, S. 192-209.
Meilensteine der Soziologie, 2019
Fr. REINERT, A. BRUNS (ed.), Genie und Festung. Luxemburger Festungspläne in der Staatsbibliothek zu Berlin (Publications du Musée national d'histoire et d'art, 19), Musée national d'histoire et d'art, Luxemburg, 2013, p. 101-103., 2013