Rostock, l6'06 2016 Fabio Stok (Rom) Servius. die Aeneis und die epi §che Gattung 1Ùbersetzung: .lulia Winnacker' Hamburg: Torben Belm' Rostock) Warum hat Sen'ius seinen Kommentar zu Vergil verfasst'J Die offensiohtlichste Antrvort' die rvir auf diese Frage gebcn kÒnnen, ist fòlgende: u"'-tlit Sthul"n mit eiuem Hilfsrnittel 1tir die I-ekttire und den Untefficht "rr^r,utt.t . DJr didaLtische Zrveck lvirci zienrlich offènsichtlich in der Haufigk"i, r'on grammatikalische,, Bctnerkuusen' dic dattir bestimmt sind' einem l.ehrer oder einem lernenden ZuhÒrer clen Sprachgebrauch Vergils zu er1àutefll. Servius rvar im tbrigen ein Grammatiklehrer. »ie dies auch àttt'a Jinige 'lahrzehnte vorher Aelius Donatus ge\lesen rvarauch er ein Kotnmentator von Vergil. Der Vorglinger, Aelius òonutu,. veranlasst uus dazu' I'ttrsere Ausgangsfiage zu pràzlsleren: Warum hat Sen'ius einen Kommentar zu Vergil verfasst' obivohl ein Kolrmentar eristierte' der rvenige .lahrzehnte r,orhcr gescluieben worden rvar' nàmlich jener des Aclius DonatLrsl l11l,i:: diese'Fragc gibt es cirre ziemlich oltcnsichtliche Antrvo(: Der Kommentar dcs Servtus lst \\'enlger auslìihrlich und cletailliert als der von Aelius Donatus und entspricht damit anderen 'kforderungen' Dass der Kunntentar dcs eclius Doratus umt-augreicher rvar' kÒunen rvir ablciten' indem rr'ir den Kornmentar des Servius nlit jencm cles sogenattnten Servius Danielis vcrgleichen' also iti,lrrtìigung.n zunt Servius-Kommentar' die von eincru MÒnoh irn siebten Jalrhundert auf Grundlage eines Kotlmentars angeÈrtigt r'rurden. der austihrlichcr a1s der des Sen'ius r'r'ar' Dieser Komtneirtar rvar hÒchsfir'ahrschcinlich dcr des Aclius Donatus ò", V".gt"i.h von Sen'ius uncl Aelius Dolìatus ermòglicht uns auch' die Art und Weise von Scn'ius' Reduzierungsvorgang fèstzustcllen Dieser iinderte die Gestaltung des donatianischeu Kontmetrtars ab" der ein KomÀentar hber verschierlene Aspekte (tarionmt\ uar' das heillt' dass in ihr]l lrtiherc Auslegrtngen $iedergebLìl §tLrdell' Setvius hat zahlrsichc Zitate lateinischer Autoren getilgt uncl clie Auslegung im Allgenlcinen lereinfacht' -Oieso Vorgehensrveiie der -Vereintachung ultrde bìsu'cilen mit einem Niveauverlust der schulischen Lehre in der Spàtantike in Verbiriduns gcbracht' aber ri'ahrscheinlicher ist es' sie aul die unterschiedlichc Zielsetzung cler beiden Kcxlìmentare zurtickzufìhen Der Konrmcntar des Donat uar. *ie aus clem F-inle-itungsbrief an Mr-rnatius henorgcht' dazu bestimrnt' Schullehrer auszubilden. die clann Vergil ihren .-S"hul"'-l' \'ermittelten' l)er Kommentar des Servius hingegen sclieint ein clirektes Hilfsmiitel ffir den Untcrricht zu sein" aufdas der Lehrer zurtickgreifen konnte' rnn den Studenten Vergil vclrzulesen. Es rvàre jedoch tàlsch, clen Sen'ius-Kommentar cinlaclt als eine reduzierte Version des Donat-Kommentars zu erachten. Seivius l.,at sicherlich einc eigene Sichtrvcise eingelìihrt' und das zeigt sich bereits claratr. class Sen'ius in einem GroBteil dcr fàlle' in dcnen er Donat zitiert' dies tut' um ìhn zu kritisicren. Oe, Ve.gieioh mit Servins Daniclis stellt darirber hirraus Abn'eir:hrmgen und Unterschiede heraus. die teiù'eise aul clie spezifischen lnteressen cles Servius zrtrtickgefìhrt *'erden kÒnnen (2. B. dass er metrischen Problemen besondere Au1ìrorksamkeit schenkt)' die teils'eise aber auch vou.t veràndeden htstorischen Konlext abhiingen' iu dem servius rvirkte llin bedcutungsvoller Untcrschied cliesbezùglich nurde von Murgia beirerkt: Sen'ius Danielis bezieht sich auf pagane i)ptì, ,n,1 benutzt d-aftir Verben im Pràsins' Sen'ius' manchmal ztL deuselbcn Bemerkungen" reranden das 1'enlpus in Vergangenheitsf-omren Beispiels*cise erklàrt Sen'ius Danielis bei der Komlllentierung aer uezugnal,'me Vergils aul clie heiligen Ge §'isser der.Juturna [1]' dass Vergil sich aul clielorrs ltttuu'nae bez-ieh". u'it1 fÌigt hinzu' dass in der Nàhe dieser Opfer durohgefhhl rrtirden (sacrfcare i\olet) Servius bezcugt'ìass die Quclle bei cleu RÒmem in der Vergangenheit fur OptèihanilLmgen gebraucht rvorden sei. de hoc fonte ttcltra ad-ferti constteterdt 4 \ Dass Servius das Vergangenheitstempus gebraucht, ist nicht ùberraschend, wenn man bedenkt, dass dieser seinen Kommentar wahrscheinlich im ersten Jahrzehnt des flinften Jahrhunderts geschrieben hat, nach dem Verbot der paganen Opferhandlungen, das von Theodosius in den Jahren 391-392 erlassen worden war. Donatus hatte seinen Kommentar ein halbes Jatrhundert zuvor geschrieben, als die paganen Riten noch regelmàBig ausgefi.ihrt wurden, und war wahrscheinlich noch in den Jahren der Wiederherstellungsversuche des Heidentums durch Julian aktiv. Der Unterschied ist auch flir pagane Praktiken, die nicht strenggenommen Opferhandlungen waren, feststellbar. Im Ja}re 395 beklagt Papst Gelasius I. in einem Briefan den princeps senatus Andromachus, dass viele Christen an den Lupercalia tellgenommen hàtten, ein Fest, das die geistlichen Autoritàten bekàmpften, nicht zuletzt, weil die Teilnehmer dabei nackt umherliefen. In der Aeneis ist das Fest auf dem Schild dargestellt, den Vulcan ftir Aeneas schmiedet. [2] Servius Danielis bezieht sich auf das Fest als ein gegenwiirtiges: Die Beachtung des Brauches bringe mit sich, schreibt er, dass noch heute die Teilnehmer nackt umherlaufen (ut hodieque nudi cuirant). Servius bezieht die Bemerkung auf die Vergangenheit: ut nudi Lupercalia celebrarent. Die Historiker wissen nicht, wann der Brauch offiziell abgeschafft wurde, aber wahrscheinlich geschah