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Abstract

Die Entdeckung des rechtsfreien Raums Die Bundesrepublik Deutschland genießt im Ausland den zweifel­ haften Ruf, dass hier wirklich jeder lebensvorgang bis ins kleinste Detail geregelt sei. Umso mehr lässt aufhorchen, wenn hier und da doch noch mal ein »rechtsfreier Raum« aufgespürt wird. Entdeckun­ gen dieser Art werden typischerweise an orten mit besonders hoher Kriminalitätsrate oder in Bezirken mit multikultureller Wohnbevöl­ kerung (Stichwort: »Parallelgesellschaft«) gemacht. 1 Als Beleg dient den Entdeckern dabei regelmäßig die Beobachtung, dass in diesen Gegenden das geltende (Straf­) Recht ignoriert, respektive dass statt der deutschen Rechtsordnung beispielsweise die Scharia beachtet würde. Dass auch die Kirchen jedenfalls zeitweilig den Charakter eines »rechtsfreien Raums« annehmen können 2 , sofern sie abgelehn­ ten Asylbewerber(inne)n »Kirchenasyl« gewähren, bedarf vor diesem Hintergrund der näheren Ausführung. Es erscheint nämlich ziem­ lich fernliegend, dass ausgerechnet in Kirchen die Scharia vollzogen würde. Also muss es sich bei der Gewährung von Kirchenasyl um eine Straftat handeln. Die Strafbarkeit des Kirchenasyls wird allerdings – wie seine Rechtmäßigkeit generell – in Rechtsprechung und Rechts­ wissenschaft nach wie vor uneinheitlich beurteilt. offenbar ist die Rechtslage komplizierter als es der pauschale Verweis auf den rechts­ freien Raum nahe legt. Rechtliche Einordnung des Kirchenasyls Vorschriften, die sich ausdrücklich mit dem Kirchenasyl beschäf­ tigen, finden sich weder im staatlichen noch im Kirchenrecht. Dies lässt sich dadurch erklären, dass der Begriff des »Kirchenasyls« eine Wortschöpfung darstellt, die jünger ist als die hierdurch bezeichnete