Elisabeth Putz. Die Hochzeit. Szenen eines Ereignisses vom Lande. Sendetermin: RBB Kulturradio, 12.2.2012 Rezension von Michael Lissek http://www.allesbestens.org/allgemein/groses-ohrenkino/ Es gilt eine Newcomerin zu begrüßen, die so brandneu nun auch wieder nicht ist, aber daß sie schon begrüßt worden sei, ist mir nicht bekannt, also. Elisabeth Putz hat schon einige Hörspiele und Features produziert, hat auch gemeinsam mit dem Eggebrecht-Preisträger, dem österreichischen und notorischen Großprovokateur Petschinka Stücke gemacht, und man darf sagen, die erst 29jährige Putz hat sich innerhalb von wenigen Jahren zu einem "Star" am Hörspielund Featurehimmel gemausert, der an wirklich Begabten nicht wirklich reich ist. Man spielt ihre Stücke vorzugsweise im ORF, aber mittlerweile hat sich die Qualität ihrer Arbeit auch bis ins topographisch nahegelegene, qualitativ allerdings häufig abgeschlagene Deutschland herumgesprochen. Wenn Ihnen der Name Elisabeth Putz wenig sagt, sei darauf hingewiesen, daß Frau Putz hin und wieder unter anderem Namen auftritt, unter den nomes de guerre Elodie Pascal ("für die Tragödien", wie sie mir schreibt) und Christine Demaître ("zuständig für die Komödien"). Nun hat das RBB-Kulturradio Putz' neuestes Stück, das Feature "Die Hochzeit. Szenen eines Ereignisses vom Lande", das 2011 einer der beiden Featurebeiträge des ORF für den Prix Europa war, ins Programm genommen, und das ist löblich. Wenn man mit den Redakteuren de ARD-Featureredaktionen spricht, erfährt man (wenn man fragt), daß es eher selten sei, daß junge AutorInnen ihre eigenen RegisseurInnen sind. Gegen diese Personalunion spreche (so hört man) oftmals mangelndes Rhythmusgefühl, fehlende Erfahrung in der Schauspielerführung, fehlende Musikkenntnisse, freudige Fehl-Verwendung akustischer Klischees usw. Die Folge dieser raren Doppel-Begabung (setzen wir einmal die Einfach-Begabung zur Autorenschaft, also Rercherchevermögen, Themenfindung, Schreibfreude usw. voraus): Viele, vielleicht die meisten Features (zumal junger AutorInnen) sind in Ton gesetzte Texte, sind nicht vom Akustischen her gedacht und klingen, trotz oder wegen der akustischen Aufhübschung durch Regisseure, trotz Britzeln, Bratzeln und Wumms im Hintergrund, trotz schöner Stimmen, die Texte rezitieren: nach dem Rascheln von Papier. Keine vorgängige Klang-Idee zu haben, heißt im Feature, hölzern zu schreiben. Ein Genre, das wesentlich auf Töne setzt, braucht beim Setzen der Töne (und schon bei den Aufnahmen) ein akustisches Konzept, ein Gefühl für Rhythmus und Atem des (aufzunehmenden; aufgenommenen) Materials. Und vielleicht: Musikkenntnisse. Oder zumindest: ein Gespür für und von Musikalität. Betrachtet man die erfolgreichsten Featuremacher Deutschlands -Jens Jarisch; Lorenz Rollhäuser; Helmut Kopetzky; Walter Filz; Antje Vowinckel, Jean-Claude Kuner -stellt man fest: Daß sie alle Regisseure ihrer eigenen Stücke sind und sie alle die genannten Qualitäten besitzen. Zu diesen Autor-RegisseurInnen gehört nun auch Elisabeth Putz. (Und was die nur in Deutschland praktizierte Aufteilung einer Featureproduktion in AutorIn, RedakteurIn und RegisseurIn und die daraus resultierende Qualität bedeutet: Darüber darf man gerne nachdenken 1 .) Elisabeth Putz also ist Regisseurin, Elisabeth Putz ist Autorin, Elisabeth Putz denkt akustisch zu jeder Sekunde ihrer Tätigkeit: Beim Aufnehmen, Schneiden, Schreiben, Mischen, Komponieren. Und das hört man ihrem Stück "Die Hochzeit" an. Ebenfalls in jeder Sekunde. Was "Szenen eines Ereignisses vom Lande" auszeichnet, ist eine diebische Freude an der Oberfläche (wie der Untertitel schon suggeriert), an dem Spiel mit den Signifikanten, den lautlichen, klanglichen Phänomenen der Welt sowie den Nebengeräuschen des Sprechens: Verzögerungen, Atmer, dialektale Färbungen, usw. In der "Hochzeit" wird gelacht, geatmet, gezögert, geschrien, gewitzelt: Und dadurch das "Problem des fehlenden Bildes" wettgemacht durch ein unerschöpfliches Angebot an akustischen Szenarien, die die Zuhörer auffüllen darf. Putz geht es eindeutig nicht um "Information" -es geht ihr ums Erzählen. Um akustische Bilder von Körpern im Raum. Um ein verführerisches Angebot an den Hörer. Kurz: Ums Ganze des Radiofeatures.