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erschienen in: Michael Zichy / Heinrich Schmidinger (Hg.), Tod des Subjekts? Poststrukturalismus und christliches Denken (Salzburger Theologische Studien 24; Innsbruck-Wien: Tyrolia, 2005), 243-262.
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Vor dem Hintergrund der so oft missverstandenen Rede vom "Tod des Subjekts" zeichnet der Beitrag das "andere" Subjektverständnis nach, das auf unterschiedliche Weise mit und in den Ansätzen von Jacques Derrida und Alain Badiou grundgelegt wird. Das "Neue" besteht dabei vor allem in der Erkenntnis der "Nachträglichkeit" der Subjektwerdung. Das in diesem Sinn nicht mehr "souveräne" Subjekt erhält seine Eigenständigkeit somit erst in der Formulierung und politischen Gestaltung eines nachträglichen Zeugnis-gebens von einem Ereignis bzw. einem Anspruch, der zum Handeln herausfodert.
Die Wahrheit ist wenig abenteuerlich. Ihr Versprechen, Trugbilder zu entlarven und falsche Entscheidungen zu vermeiden, bietet sie zwar als soliden Partner an – ihrer Zuverlässigkeit haftet jedoch ein Hauch von Langeweile an. Daher mögen ihre Qualitäten hoch im Kurs stehen, wenn es ums Heiraten geht – für das Leben diesseits der Ehe scheint sie jedoch schlecht gerüstet zu sein. Als Gegenmodell zur Illusion, zum Unentschiedenen und zur Abschweifung ist sie vor allem eines – die Wahrheit ist nicht verführerisch. Dieses Dilemma verdichtet sich im Begriff der Orthodoxie. Was sich als richtige bzw. wahre Lehre behauptet, proklamiert die Wahrheit in Gestalt vollendeter Tatsachen und macht sie zum Operator des Stillstands. Vor diesem Hintergrund hat die Heterodoxie ihren Auftritt. Als Kraft der Abweichung kann sie all das für sich reklamieren, was die Wahrheit in ihrer eindimensionalen Zurichtung verdrängt. Statt dem Selben verspricht sie das Andere, statt der Wiederholung des Alten den Durchbruch des Neuen, statt der Eintönigkeit des Evidenten die Aufregung des Zweifelhaften und Ungewissen. In diesem Sinne profitiert die Heterodoxie von einem Zeitgeist, der den Begriff der Wahrheit doppelt verdächtig macht: Entweder rückt er die Wahrheit als kalte und unerbittliche Herrin in den Bannkreis des Fundamentalismus oder sie verblasst zu jener Gesetzesförmigkeit, welche die Wahrheit allein als strukturierende Unterlage des Vorhanden kennt.1 Da der Begriff der Heterodoxie auf einem Verhältnis beruht – auf der Abweichung von dem, was sich als Orthodoxie die Gestalt des Wahren gibt – werden wir im Folgenden vor allem dieses Verhältnis zur Wahrheit befragen. Dabei gilt es, zwei unterschiedliche Formen der Abweichungen zu unterscheiden. In der ersten Form funktioniert die Heterodoxie als eine eindimensionale Abweichung, die einer als wahr gegebenen Lehre eine andere Lehre der Wahrheit gegenüberstellt – sie funktioniert als Behauptung anderer Wahrheiten, welche das gegebene Wahre der Falschheit überführen. Die zweite Form basiert auf einem reflexiven Modus, der die Gestalt der Wahrheit selbst befragt und daher nicht einfach andere Wahrheiten ins Spiel bringt, sondern den Ort und die Funktion der Wahrheit selbst infrage stellt. Hier lautet die entscheidende Frage nicht, ob wir von einer falschen Wahrheit getäuscht werden und diese Täuschung im Licht der richtigen überwinden können, sondern, ob wir uns möglicherweise über die Wahrheit selbst täuschen, ob sie möglicherweise etwas anderes ist, als wir bisher dachten. Dieser Frage werden wir im Folgenden in der Auseinandersetzung mit drei unterschiedlichen Theoretikern Kontur verleihen, deren Denken auf je eigene Weise die Grenze der Orthodoxie umspielt: Gilbert K. Chesterton wendet die Orthodoxie dialektisch zum eigentlichen Abenteuer des Denkens, Jean Baudrillard untersucht die Abwesenheit der Wahrheit im Spiel der Zeichen und Alain Badiou verteidigt die Existenz der Wahrheit gegen die modernen Manöver der Interpretation.
By Dietmar Wetzel and Stephan Moebius, 2005
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Das Subjekt im und als Gedicht
Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Vexlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung in elektronischen Systemen.
Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, 2019
Alain Badiou, Was verstehe ich unter Marxismus? Aus dem Französischen von Richard Steurer-Boulard, Wien: Passagen Verlag 2018, 60 S., ISBN 978-3-7092-0299-9, € 9,10. Anlässlich des 200. Geburtstags von Karl Marx ist im Frühjahrsprogramm des Passagen Verlags der kleine Band Was verstehe ich unter Marxismus? von Alain Badiou erschienen. Es handelt sich dabei um einen Vortrag, den Badiou im April 2016 im Seminar "Lectures de Marx" an der École normale supérieure gehalten hat und in dem er sein komplexes Verhältnis zum Marxismus konzise und systematisch zusammenfasst. Für viele wird damit zweifellos ein lang gehegter Wunsch erfüllt. Der Text ist nicht nur eine Untersuchung der vielen Bedeutungen, die mit dem Marxismus verbunden wurden oder werden, sondern – wie von Badiou zu erwarten – auch eine kompromisslose und stringente politische Intervention in die gegenwärtigen Bemühungen zur Erneuerung des Marxismus. Mit der deutschen Übersetzung und Herausgabe dieses Textes leistet der Passagen Verlag einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte über die Stellung des Kapitalismus in der globalisierten Welt, das historische Scheitern des kommunistischen Projekts und dessen mögliches Wiederaufleben.
Das Subjekt in Literatur und Kunst., 2011
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http abrufbar. Gedruckt mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung in Wien, des Forschungsrates der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und der Dr. Manfred Gehring Privatstiftung in Klagenfurt.
Kairoer Germanistische Studien, 1999
Zur Konstruktion und Dekonstruktion des Subjekts in zwei Erziihlungen von Elias Canetti und Siegfried LenzI Betrachtet man die Funktion des Spiegels in literarischen Texten durch die Zeiten hindurch, so stellt man fest, daB er oft die Aufgabe der Rekonstruktion des sich in ibm betrachtenden Subjekts iibernimmt. Selten kann er diese Aufgabe erfullen, selten reflektiert er das, was von ibm erwartet wird: ein Abbild von Realitiit und iiuBerer Erscheinung, das dem eigenen Bild von sich selbst und der Welt entspriiche. In der Romantik noch ein beliebtes Symbol fur die Sicht auf die Unergriindbarkeit der Welt, auf ihre Verborgenheit gar, auf ihr nur im Ahnen zu begreifendos Wesen-deshalb das Bild des ,,mattgeschliffenen Spiegels dunklen Widerscheins" bei E.T.A. •Hoffmann-erhiilt das Bespiegeln des eigenen Wesens in der modemen Literatur eine zusiitzliche Funktion: es dekonstruiert und rekonstruiert das Subjekt in einem. 2 Der Spiegel ist natiirlich nicht inuner jenes matte Glas Hoffmanns, das die Welt mehr verschleiert denn erhellt, der Spiegel kann auch der oder das Andere sein, in dem sich das Subjekt verliert oder wiederfindet-oder beides zugleich. Das Spiegeledebnis des Kindes, das Jacques Lacan so deutlich beschrieben hat, ist ja nichts anderes als das Erfahren des Eigenen als eines Anderen, und in der gleichen Phase erkennt das Kind seine Selbstartigkeit als Abgrenzung von den anderen-zugleich sind die Anderen fur diese Erfahrung die Voraussetzung. Fiir das Kind in dieser Phase wird der Andere also erstmals aus dem Eigenen ausgegrenzt, in einer Erfahrung, die das vorher in das Eigene Eingeschlossene fremd macht. Auch das Spiegeledebnis reflektiert diese Erfahrung des Anderen, das man selbst ist, und das keineswegs den 1 Dieser Text ist die leicht veranderte und ergiinzte Fassung eines Vortrags, den ich am 13.9. 2000 in Wien anIaJllich des 10. Internationalen Gerrnanistenkongresses gehalten babe. 'In der jiingeren Literatur ware als einer der deutlichsten Darsteller der Se1bstbespiegelung Bodo Kirchhoff mit seinen friihen Ertiihlungen und Theaterstiicken zu nennen.
Zeich(n)en.Setzen. Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen, 2020
Published in Monika Leisch-Kiesl (ed.): Zeich(n)en.Setzen. Bedeutungsgenerierung im Mäandern zwischen Bildern und Begriffen, Bielefeld (transcript), 2020.
Vortrag gehalten in Münster am 17. Juli 2014 Man hat sich daran gewöhnt, dass kritische Theorie irgendwie gleichbedeutend geworden zu sein scheint mit einer „Kritik der Postmoderne“. Unter „Postmoderne“ subsumieren solche Kritiken sehr unterschiedliche und sich wechselseitig kritisierende Theorien, die allesamt durch eine bestimmte Interpretation der kritischen Theorie Adornos zu widerlegen seien. Adorno selbst formulierte hohe Ansprüche an eine solche Widerlegung: Immanent, d.h. aus den Widersprüchen dieser anderen Theorie selbst, müsste eine solche Widerlegung erfolgen. Kritiken, die unter „der Postmoderne“ eine Vielzahl unterschiedlicher Theorien als identische behandeln und in einem Zug abhandeln, dürften diesem Anspruch nicht genügen. Wer nun eingedenk immanenter Kritik Jacques Derridas Texte liest, stellt fest, dass sie sich mit Problemen herumschlagen, die auch Adornos Werk prägen: Wie ist das Medium des Philosophierens, die Sprache zu begreifen und welche Konsequenzen hat es für das Philosophieren, dass es immer schon sprachlich ist? Und wie ist über etwas zu reflektieren, was man notwendigerweise in dieser Reflexion selbst tut, nämlich das Sprechen, Schreiben oder Lesen? Zentrale These des Vortrags wird es sein, dass Derrida und Adorno für eine sprachphilosophische Reflexion plädieren, die als eine Kritik jenes ‚linguistic turns’ kritischer Theorie nach Habermas oder des Ausfalls der sprachphilosophischen Reflexion gewisser ‚orthodoxer’ Adorno-Lesarten zu begreifen ist. Eine Lektüre, die sich in die Spannungsfelder zwischen der Dekonstruktion Derridas und der immanenten Kritik Adornos begibt, könnte vielleicht kritischer Theorie das zurückgeben, was ihre Erbverwalter, jene Postmodernekritiker irgendwie zu fürchten scheinen: dass sie Andere irritiert, wirklich trifft, dass sie verändernd wirkt.
Hegel gegen Hegel. Zweiter Teil. Hegel-Jahrbuch, De Gruyter: Berlin, pp. 305-310., 2015
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Füssel, Marian (ed.): Michel de Certeau, Konstanz: Uvk Verlagsgesellschaft 2007, 317-342
erschienen in: Hans-Dieter Gondek / Tobias Nikolaus Klass / László Tengelyi (Hg.), Phänomenologie der Sinnereignisse (München: Fink, 2011), 391-405
Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 10, Sp. 413–425, 1998
Edition Moderne Postmoderne, 2007
DIE ÜBERWINDUNG DES SUBJEKTS - NISHIDA KITARÔS (1870-1945) WEG ZUR IDEOLOGIE, 2010
Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 2010
Alice Mara Serra, 2017
Ulrich Bröckling/Christian Dries/Matthias Leanza/Tobias Schlechtriemen (Hg.): Das Andere der Ordnung. Theorien des Exzeptionellen, S. 189-208, 2015
Fetz, Reto Luzius ; Hagenbüchle, Roland ; Schulz, Peter (Hrsg.): Geschichte und Vorgeschichte der modernen Subjektivität. - Berlin : de Gruyter, 1998. - S. 901-941. -
erschienen in: Paul Petzel / Norbert Reck (Hg.), Erinnern. Erkundungen zu einer theologischen Basiskategorie (Darmstadt: WBG, 2003), 179-202.
Horst Dieter Blume, Cay Lienau (eds.): Das Alte im Neuen Griechenland. Münster: Lienau 2013, pp. 51-70, 2013
Die unendliche Aufgabe, 2006
Hegel-Jahrbuch, 2015