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Wirtschaftliche Ungleichheit

Abstract

Zweite Vorlesung: Begriff und Dimensionen sozialer Ungleichheit 1. Gleichheit der Individuen als Ideal. 2. Natürliche versus soziale Unterschie-de. 3. Die ungleiche Verteilung entäußerbarer Ressourcen. 4. Weitere Dimensionen sozialer Ungleichheit. 5. Nation oder Weltgesellschaft als Objekt der Analyse? In der letzten Woche haben wir uns-zur Einführung in das Thema der Vor-lesung-mit der Einkommensgleichheit als Zielgröße der gesellschaftlichen Ent-wicklung und Kriterium für die Beurteilung der Güte eines Gesellschaftszustands beschäftigt. Was unter Gleichheit in dieser Funktion genauer zu verstehen sei, kam noch nicht so richtig zur Sprache. Angesprochen habe ich die enge Verflechtung der Soziologie mit dem Thema sozialer Gleichheit (oder Ungleichheit). Auch ha-be ich dargelegt, dass Gleichheit keineswegs die einzige Zielgröße der Entwicklung ist. Bedeutende Denker wie z.B. Hegel haben als Ziel der Geschichte nicht die Verwirklichung der Gleichheit, sondern die Verwirklichung der Freiheit angesehen. Wir verfolgen diese geschichtsphilosophischen Kontroversen nicht weiter und wir vertiefen auch nicht die Diskussion um Bewertungsstandards gesellschaftlicher Zu-stände. In der Vorlesung heute geht es vor allem darum, ein möglichst genaues Konzept sozialer Ungleichheit zu erarbeiten. Insbesondere möchte ich zeigen, dass Gleichheit-und damit auch Ungleichheit-ein mehrdimensionales Konzept ist. Eine höchstmögliche Schärfung dieses Begriffs ist ihr Ziel. Wir beginnen mit der Frage: Was verstehen wir unter Ungleichheit und was insbesondere unter sozialer Ungleichheit? 1. Ganz allgemein gesehen besteht Ungleichheit immer in einer Abweichung von der Gleichheit. Das ist die denkbar abstrakteste Definition des Begriffs. Die Referenzgröße der Definition ist damit die Gleichheit. Ungleichheit beinhaltet im-mer eine Negation der Gleichheit in wenigstens einer spezifischen Hinsicht. Eine Definition der Ungleichheit setzt insofern ein Vorverständnis von Gleichheit voraus. Soweit Ungleichheit immer in einer Abweichung von der Gleichheit besteht, liegt es nahe, Gleichheit sowohl normativ als auch historisch als ursprünglicher zu