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Die Schweizergeschichte – ein Endlager gewesener Begebenheiten?

dass Geschichte entweder in unseren Vorstellungen oder tatsächlich ein Endlager sein könnte, ist naheliegend. Endlager im Sinne eines sicheren Depots von Erlebtem und Erfahrenen, wie gelbe Fässer, wie Archivschachteln gut beschriftet in den Stollen der hinter uns liegenden Zeit. Tot, weil vorbei, und doch lebendig, strahlend in die Gegenwart. Der lebendige Anteil mit seiner Strahlung würde freilich voraussetzen, dass Geschichte eine eigene feste Grösse wäre, die sich selber meldet und Gegenwart beeinflusst. Die nicht unberechtigte Gegenmeinung dazu ist, dass Geschichte tot ist, gar nicht strahlen kann und ihr ganzes dennoch bestehendes Leben einzig von unserer gegenwärtigen Wahrnehmung und Bereitschaft zu Beachtung und Rezeption abhängt. Geschichte ist keine feste Grösse, weil sie -wie individuelle und kollektive Erinnerung -zeitlich und inhaltlich variiert. Wir können diese Frage am Beispiel von »Kaiseraugst« durchgehen, Kaiseraugst nicht mit einer Postleitzahl, sondern mit Anführungszeichen. Gewiss ein Ortsname, aber auch ein Name für einen Ort im Land der Geschichte, ein Ort, wo sich Widerstand gegen ein Kernkraftwerk mehr oder weniger erfolgreich manifestiert hat und vor allem für die damaligen Aktivisten ein Erinnerungsort ist, für heutige Wesen der Anti-AKW-Szene ebenfalls ein Vertrauen vermittelnder Bezugsort, für Historiker, Politologen und ein paar wenige Medienschaffende (die sich noch ein Gedächtnis leisten können) ein Ort, von dem man weiss, dass es ihn einmal gegeben hat, wie Fessenheim und Wyhl, das man vielleicht schon nicht mehr kennt. Und dann gibt es ganz viele Menschen, die von dem allem überhaupt nichts wissen und trotzdem Vor genau 35 Jahren: der berühmte Anti-AKW-Autor Robert Jungk, Verfasser des Buches »Heller als tausend Sonnen«, an einer Protestkundgebung in Gösgen (Basler Zeitung vom 12. November 2013).