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Arne Höcker Der Gefängnisgeistliche I. In einer Passage aus Robert Musils Großessay Der Mann ohne Eigenschaften trifft der verurteilte Sexualverbrecher Christian Moosbrugger auf einen Gefängnisgeistlichen: [D]er [Anstaltsgeistliche] war ein guter Greis, dessen freundliche Seelsorge die veraltete Schwäche hatte, daß sie vor Sexualverbrechen versagte. Er verabscheute sie mit dem Unverständnis eines Körpers, der nicht einmal ihren Rand gestreift hat, und erschrak sogar darüber, daß Moosbrugger mit seinem ehrlichen Aussehen die Schwäche des persönlichen Mitleids in ihm erregte; er wies ihn an den Anstaltsarzt, während er selbst, wie in allen solchen Fällen, nur eine große Bitte zum Schöpfer sandte, die auf keine Einzelheiten einging und so allgemein von Verwirrungen des Irdischen sprach, daß im Augenblick des Gebets Moosbrugger ebenso inbegriffen war wie die Freidenker und Atheisten. 1
1995
Psychotherapie in Institutionen muss mit vielen Abweichungen vom optimalen psychoanalytischen Setting leben. Uebermässige Macht der Therapeuten schadet dem kreativen Assoziations-und Introspektionsprozess des Patienten. Drei Ziele an den Schutzbefohlenen sind in jeder medizinischen und psychosozialen Einrichtung mehr oder weniger vertreten. Diese können, wenn sie zu einseitig oder übertrieben durchgesetzt werden, störende Eigendynamiken entfalten. Die Ziele sind: 1. den Klienten in seinem Status quo zu verstehen, 2. den Klienten zu verändern und 3. die Organisation zu verbessern. Zur Parodie verkommen, wird das Verstehen des Status quo eine unkontrollierte Regressionsförderung. Ein zwanghaftes Aendernwollen bekommt einen aggressiven, sadistischen Zug und die Verbesserung der Organisation kann zu einem Verwaltungswasserkopf degenerieren. Rauchfleisch (1981) empfiehlt bei der Behandlung dissozialer Patienten ein bifokales Vorgehen. Dazu gehört neben der psychoanalytischen Abstinenzregel der Einsatz von Parametern, deren Einfluss aber auch mitgedeutet werden muss.
6 7 1787 berichtet der englische Philosoph Jeremy Bentham von einem geradezu genialen architektonischen Entwurf, den sein Bruder, ein Offizier und Ingenieur, soeben im Auftrag des Fürsten Potemkin ausgeführt habe. " Gleich, wie unterschiedlich oder gar gegensätz-lich der Zweck: ob er die Bestrafung der unverbesserlichen, Bewa-chung der Wahnsinnigen, Reform der Bösartigen, Einsperrung der Verdächtigen, Beschäftigung der Faulen, Pflege der Hilflosen, Hei-lung der Kranken, unterrichtung der Willigen (…) betrifft – es ist offensichtlich, dass der Zweck X der Institution in all diesen Fällen umso perfekter erreicht werde, je konstanter die Personen, die es zu überwachen gilt, sich unter dem Auge derjenigen Person befinden, die sie zu überwachen hat. " Benthams Plan sieht einen in Strahlbauweise konstruierten kreis-förmigen Raum vor, in dem die Insassen durch seitliche Zellwände voneinander getrennt werden, in dem jede einzelne Zelle aber von einem zentralen Beobachtungsturm aus einsehbar ist. Aus der Sicht des Wärters im Mittelpunkt sind alle Gefangenen im Gegenlicht deutlich erkennbar; er selbst ist im Dunkeln verborgen. Da die per-manente Überwachung jedes einzelnen viel zu personalintensiv sei, führt Bentham aus, sei " die nächstbeste Lösung, dass (jeder Insasse) zu jeder Zeit (…) im Glauben sein solle, dass er überwacht werde. " Benthams " Panopticon " , in dem vermeintlich jederzeit (so die griechische Wortherkunft) alles sichtbar ist, wird dem französi-schen Philosophen Michel Foucault gute zweihundert Jahre spä-ter zum zentralen Modell von Macht und sozialer Kontrolle in der Gesellschaft der Moderne. Die Hauptwirkung des Panopticon sei die Schaffung eines " bewussten und permanenten Sichtbarkeits-zustands beim Gefangenen " , so schreibt er, " der das automatische Funktionieren der Macht sicherstellt. (…) Diese Anlage ist deswegen so bedeutend, weil sie (erstmals in der Geschichte, Anm. d. Verf.) die Macht automatisiert und entindividualisiert. Das Prinzip der Macht liegt weniger in einer Person als in einer konzertierten An-ordnung von Körpern, Oberflächen, Lichtern und Blicken, in einer Apparatur, deren innere Mechanismen das Verhältnis herstellen, in welchem die Individuen gefangen sind. " Interessant ist hierbei, dass sowohl Bentham als auch Foucault in erster Linie von Gefängnissen sprechen, damit aber jede Art von Institution meinen, die der nor-mierung,
Endbericht der Begleitforschung des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie (IRKS) für das österreichische Justizministerium zum Thema Deradikalisierung im Gefängnis, für die über 100 Personen, darunter ein großer Teil der wegen § 278b (terroristische Vereinigung) in Österreich in Haft befindlichen Personen, mit qualitativen Interviews befragt wurden. Die Studie wurde Ende 2016 abgeschlossen und im Jänner 2017 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die politische Haltung vieler Intellektueller im 20. Jahrhundert zeigt: Brillanz schützt vor Torheit nicht. Gegen die autoritäre Versuchung war ihr ganzer Geist machtlos. Der Philosoph Mark Lilla geht der Verwandtschaft von Kopfarbeit und Tyrannis auf den Grund.
1997
1. Das Gefangnis als totale Institution Im Gefangnis sind fast alle Lebensauserungen geregelt, der Grad an Autonomie ist gering, so das das Gefangnis als totale Institution be zeichnet werden kann, ahnlich wie Kasernen, geschlossene Abteilun gen in der Psychiatrie, etc. »Eine totale Institution last sich als Wohn- und Arbeitsstatte einer Vielzahl ahnlich gestellter Individuen definieren, die fur lange Zeit von der ubrigen Gesellschaft abgeschnitten sind und miteinander ein abgeschlossenes, formal reglementiertes Leben fuhren« (Goffman, 1973, S. 11). Zentrales Kriterium einer totalen Institution ist die un freiwillige Mitgliedschaft der Insassen. Sie stellt eine Welt fur sich dar, charakterisiert durch die Beschrankung des sozialen Verkehrs mit der Ausenwelt. Symbolisiert wird die machtige Grenzziehung zur ubrigen Gesellschaft durch hohe Mauern, verschlossene Ttiren und Stachel draht, etc. Die sonst ublichen Schranken zwischen den einzelnen Le bensbereichen wie Arbeit, Freizeit,...
2017
Mit dem gewalttätigen islamistischen Extremismus ist das Gefängnis verstärkt in den Blickpunkt gekommen. Die Aufgaben "Herstellung von Sicherheit" und "Wiedereingliederung" sollen geleistet werden. Hierzu sind die die Radikalisierung fördernden und mindernden Faktoren zu bestimmen. Neben strukturellen Merkmalen wie der Ausbildung des Personals und der Überbelegung kommt der Vollzugsgestaltung eine zentrale Rolle im Prozess zu (Form der Unterbringung; Erfahrungen der Inhaftierten; Rolle der Gefängnisseelsorge). Die fachkenntliche Schulung des Vollzugspersonals spielt eine erhebliche Rolle, um einen Umgang mit Insassen mit Respekt und ohne Diskriminierungen zu gewährleisten.
COVID-19 Eine sozialwissenschaftliche Perspektive, 2020
Marco Nardone hinterfragt, was COVID-19 in und um das Gefängnis bewegt hat. Dabei diskutiert er die Strafpolitik, die von den Gefängnisverwaltungen ergriffenen Massnahmen sowie die Reaktionen der Gefangenen.
2015
Büchners Drama Woyzeck sagt uns nicht, wie das Schicksal seiner Hauptfigur verlaufen sollte und ob sie also wirklich, wie ihre historischen Vorbilder, 1 zuerst ins Gefängnis gekommen und dann möglicherweise auf dem Schafott gestorben wäre. Der Titel meines Beitrages bezieht sich also nicht auf die Figur Woyzeck und auf ihre mögliche Einkerkerung, sondern vielmehr auf das Stück selbst, das zwischen 2007 und 2012 vom Teatro Nucleo in Zusammenarbeit mit der Strafanstalt von Ferrara achtmal innerhalb der Haftanstalt und zweimal, am 6. Juni 2011 und am 11. Oktober 2012, auch im Teatro Comunale von Ferrara öffentlich aufgeführt wurde. Dem Projekt "Cantiere Woyzeck. Sperimentazione sul Woyzeck di Georg Büchner 2 (Baustelle Woyzeck. Experiment zum Woyzeck von Georg Büchner), das zu diesen Inszenierungen geführt hat, ist am 4. Oktober 2012 vom italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano der "Repräsentationspreis des Staatspräsidenten" verliehen worden. 3 Um die Besonderheit und die Bedeutung dieses Projekts zu verstehen, ist es notwendig, von der Biographie seines Organisators Horacio Czertok bzw. von der Theaterpädagogik und der Arbeit des Teatro Nucleo auszugehen.
Das Wort heimlich leitet sich im Deutschen vom Heim ab. Das Heim, das für vertrautes, geschlossenes, beschütztes, in sich gesichertes, behütendes steht. Das Heim als Burg mit festen Abgrenzungen nach außen, nicht einsehbar für Fremde, einer schützenden Hülle aus Wänden, die wehrhaft Bedrohungen von außen entgegenwirken können. Dem Menschen davor, kann das aber als eine Bedrohung gelten, denn was sich hinter verschlossenen Türen tut, geschieht im heimlichen, kann nur erahnt werden, was zu vielen möglichen phantasievollen Vorstellungen führt, die real, aber genauso irreal daherkommen können. So hat sich daraus der negativ behaftete Begriff des "Heimlichen" entwickelt. Dem Zugriff der Beobachtung von anderen entzogen, wird aus dem geborgenen das "Verborgene", etwas Bedrohliches, das Unbekannte, nicht bestimmbare, geheimnisvolle Heimliche, aus dem das Wort "Unheimlich" seine Bedeutung gewinnt. Tritt das Heimliche hervor wird es zum Unheimlichen, Fremden, nicht beherrschbaren, das sich mit Realität und Phantasie vermischt. Das bekannte Unbekannte kann dadurch die Dimension des Metaphysischen erlangen.
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Psychiatrische Praxis, 2009
Die Hölle und die unsterbliche Seele! Was sagt uns die Bibel dazu?, 2017
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie, 2020
Mitteilungen der Konferenz der Katholischen Seelsorge bei den Justizvollzugsanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (2010-1), 18-28.
Der Standard, 2019
„Wolfgang Cramers Grundlegung einer Theorie des Geistes“, 2018
Forum Der Psychoanalyse, 2020
Grenzüberschreibungen – Identität, Migration und Interkulturalität in den Literaturen Mitteleuropas, 2018
Zeitschrift Fur Evangelische Ethik, 1999
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie