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2004
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44 pages
1 file
The report gives an introduction to neural networks. Starting with the basic terminology, different types of neural networks are described. Several applications of neural networks are shown, e.g. pattern recognition, content-adressable memory, and optimization problems. The major part of the report is focused on learning. Methods for learning from examples as well as methods for learning from observations are described. This report has been used as part of a script for a graduate student course in AI. It aims at teaching the basics of neural networks with the intention to make accessible the mathematical techniques used in this context. The paper is written in German.
Es gibt keinen Algorithmus für die Metapher, und sie kann auch nicht mit Hilfe eines Computers produziert werden, gleichgültig, welche Mengen organisierter Information oder präziser Instruktion ich eingebe. (Umberto Eco, 1985) 1 Der Begriff Künstliche Intelligenz wird oft in den populären Medien, sowie in Kunst-und Philosophiekreisen als eine Art alchemistischer Talisman zitiert, dessen Funktion selten erklärt wird. Das derzeit vorherrschende Paradigma (u.a. wichtig für die Automatisierung von Arbeit) basiert nicht auf GOFAI (Good Old-Fashioned Artificial Intelligence) -gute altmodische künstliche Intelligenz, die nie erfolgreich in automatisierter symbolischer Deduktion war -sondern auf neuronalen Netzwerken 1958 entwickelt von Frank Rosenblatt, um statistische Induktion zu automatisieren. Nichtsdestotrotz führen neuronale Netzwerke selbst eine spezifische Dimension des "Unberechenbaren" ein. Statistische Induktion ist unfähig dem Universum der Kategorien seiner Trainingsdaten zu entkommen, und wird deutlich am Beispiel der Erkennung von sprachlichen Metaphern oder von Humor. Ein neuronales Netzwerk hat immer Probleme "Erfindungen von etwas Neuem" zu identifizieren. Frank Rosenblatt und die Erfindung des Perzeptrons Obwohl die Evolution von Künstlicher Intelligenz aus mehreren Entwicklungslinien hervorgeht, bezieht sich dieser Text nur auf die entscheidende Konfrontation zwischen zwei Klassenkameraden der Bronx High School of Science, namentlich Marvin Minsky, Gründer des MIT Artificial Intelligence Lab, und Frank Rosenblatt, dem Erfinder des ersten neuronalen Netzwerkes, des Perzeptrons. Der Konflikt zwischen Minsky und Rosenblatt wird oft reduziert auf den Disput zwischen einem hierarchisch regelbasierten Paradigma von Künstlicher Intelligenz (symbolischer KI) und der verteilten, parallelen Datenverarbeitung von neuronalen Netzwerken (Konnektionismus). Anstatt der Umsetzung eines von vornherein vollkommen intelligenten Algorithmus, lernt in dem letzteren Modell eine Maschine von ihrer Umgebung und wird Schritt für Schritt teilweise "intelligent". Im logischer Hinsicht liegt hier der Unterschied zwischen symbolischer Deduktion und statistischer Induktion 2 vor. 1951 entwickelte Minsky das erste neuronale Netzwerk SNARC (ein Problemlöser) aber vernachlässigte dann das Projekt in der Überzeugung, dass neuronale Netzwerke zu viel Rechenkapazität 3 benötigen würden. 1957 beschrieb Rosenblatt das erste erfolgreiche neuronale Netzwerk in einem Bericht an das Cornell Aeronautical Laboratory mit dem Titel "Das Perzeptron: Ein Wahrnehmendes und Erkennendes Automaton". Ähnlich wie Minsky hatte Rosenblatt sein neuronales Netzwerk skizziert, die der Idee der künstlichen Neuronen von Warren McCulloch und Walter Pitts, welche von den Neuronen im Auge inspiriert war 4 , eine aufbauende und verteilte Struktur verlieh. Die erste neuronale Maschine, das Mark 1 Perzeptron, wurde in der Tat eigentlich als Sehmaschine 5 hergestellt. Eine Hauptanforderung eines solchen Systems ist die Fähigkeit, komplexe Informationsmuster erkennen zu können, die sich phänomenologisch ähnlich sind […] ein Prozess der den psychologischen Phänomenen der "Assoziation" und "Reizgeneralisierung" entspricht. Das System muss das "gleiche" Objekt in unterschiedlichen Ausrichtungen, Größen, Farben oder Veränderungen, und vor einer Vielfalt unterschiedlicher Hintergründe erkennen können. [Es] sollte fähig sein, ein elektronisches oder elektromechanisches System zu konstruieren, dass Ähnlichkeiten oder Übereinstimmungen zwischen Mustern von optischen, elektrischen, oder tonalen Informationen in einer Weise, ähnlich denen von Wahrnehmungsprinzipien biologischer Gehirne zu erkennen lernt. The vorgeschlagene System ist einem Informationsfluss folgend, in dem eine komplexe Eingabe verschlüsselt wird um einer bestimmten Ausgabe zu entsprechen. Die Struktur, die sich daraus ergibt, ist nicht unbedingt ein Netzwerk (oder ein Rhizom), sondern ein verzweigtes Netzwerk, das als hierarchischer Konus wächst, und in dem Information weitergeleitet und in höhere Formen von Abstraktion destilliert werden. 13 Die allgemeine Rückkopplung wirkt sich auf die Funktion jedes einzelnen Knotens oder Neurons aus, d. h. auf die Art und Weise, wie ein Knoten berechnet (sein "Gewicht"). Die Rückkopplung, die die Berechnung jedes einzelnen Knotens steuert (was man unterschiedlich als Gewichtsanpassung, Fehlerrückführung usw. bezeichnet), kann eine Gleichung, ein Algorithmus oder sogar ein menschlicher Operator sein. In einer spezifischen Instanz von neuronalen Netzwerken kann die Steuerrückkopplung durch Änderung einer Knotenschwelle ein ODER-Gatter z. B. in ein UND-Gatter umwandeln -das bedeutet, dass die Steuerrückkopplung die Art und Weise verändert, wie ein Knoten funktioniert. 14 Die Logikgatter von neuronalen Netzwerken berechnen Informationen, um die Art und Weise zu beeinflussen, wie sie zukünftige Informationen berechnen. Auf diese Weise beeinflussen Informationen die Logik. Der Geschäftsschwerpunkt der wichtigsten IT-Unternehmen liegt heute darin, die effektivste Formel der neuronalen Kontrollrückkopplung zu finden. Genauer gesagt, lernt das neuronale Netz, ein Bild zu erkennen, indem es Abhängigkeiten oder Verhältnisse zwischen Pixeln aufzeichnet und statistisch eine interne Darstellung zusammenstellt. In einem Foto eines Apfels, zum Beispiel, kann ein rotes Pixel zu 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit von anderen roten Pixeln umgeben sein, und so weiter. Auf diese Weise lassen sich auch ungewöhnliche Verhältnisse in komplexeren grafischen Merkmalen (Kanten, Linien, Kurven, etc.) kombinieren. Da ein Apfel aus verschiedenen Blickwinkeln erkannt werden muss, wird ein Bild nie gespeichert, sondern nur seine statistischen Abhängigkeiten. Das statistische Diagramm der Abhängigkeiten wird als mehrdimensionale interne Repräsentation aufgezeichnet, die dann mit einer menschenlesbaren Ausgabe (dem Wort "Apfel") assoziiert wird. Dieses Trainingsmodell wird als überwachtes Lernen bezeichnet, da der Mensch entscheidet, ob jeder Ausgang korrekt ist. Nicht überwachtes Lernen ist, wenn das neuronale Netz die häufigsten Muster von Abhängigkeiten in einem Trainingsdatensatz entdecken muss, ohne einer vorherigen Klassifizierung zu folgen (bei einem Datensatz von Katzenbildern extrahiert es die Eigenschaften einer generischen Katze). Abhängigkeiten und Muster lassen sich über die unterschiedlichsten Datentypen nachvollziehen: Visuelle Datensätze sind am intuitivsten zu verstehen, aber dieselben Verfahren werden z. B. auf soziale, medizinische und ökonomische Daten angewendet. Die gegenwärtigen 13 Siehe: Ethem Alpaydın, Introduction to Machine Learning, 2 nd ed. MIT Press, 2014, S. 260. 14 Dies ist ein spezieller Fall für Illustrationszwecke. Auch die Aktivierungsfunktionen arbeiten unterschiedlich. 6 Techniken der Künstlichen Intelligenz sind eindeutig eher eine hochentwickelte Form der Mustererkennung als Intelligenz an solche, wenn Intelligenz als Entdeckung und Erfindung neuer Regeln verstanden wird. Was neuronale Netzwerke berechnen, um es logisch auszudrücken, ist eine Form der statistischen Induktion. Natürlich kann eine solche außergewöhnliche Form der automatisierten Inferenz ein wertvoller Verbündeter für die menschliche Kreativität und Wissenschaft sein (und sie ist die beste Annäherung an Peirces so genannte schwache Abduktion), aber sie stellt nicht per se die Automatisierung der Intelligenz qua Erfindung dar, weil sie eben innerhalb von "zu menschlichen" Kategorien verbleibt. 15 Menschliche, allzu menschliche Berechnung Peirce sagte, "der Mensch sei ein äußeres Zeichen". 16 Wenn diese Anschauung die Philosophen dazu anregte, zu betonen, dass der menschliche Geist ein artefaktisches Projekt ist, das sich bis in die Technologie hinein erstreckt, so wurde die tatsächliche Verschmelzung des menschlichen Verstandes mit den externen Maschinen der Erkennung [cognition] nur selten empirisch illustriert. Dies hat vereinfachende Positionen hervorgebracht, in denen Ideen wie Künstliche Allgemeine Intelligenz und Superintelligenz als alchemistische Talismane des Posthumanismus evoziert werden, ohne die inneren Funktionsweisen und Postulate der Berechnung hinreichend zu erklären. Ein faszinierender Aspekt der neuronalen Berechnung ist eigentlich die Art und Weise, wie sie die Kategorien menschlichen Wissens verstärkt, anstatt sie in autonomen Formen zu ersetzen. Im Gegensatz zu der naiven Vorstellung einer Autonomie von künstlicher Intelligenz sind in der Architektur neuronaler Netzwerke viele Elemente noch immer stark vom menschlichen Eingriff betroffen und abhängig. Will man verstehen, wie stark neuronale Berechnung in das 'Unmenschliche' hineinreicht, sollte man erkennen, wie viel es noch 'zu menschlich' ist. Das Design des Trainingsdatensatzes ist die kritischste und verwundbarste Komponente der Architektur neuronaler Netzwerke. Das neuronale Netzwerk ist darauf trainiert, Muster in Daten, die Vergangenes dokumentieren, zu erkennen, um diese Fähigkeit auf zukünftige Daten anzuwenden. Wenn aber, wie bereits mehrfach zu beobachten, Trainingsdaten eine rassistische, geschlechtsspezifische und klassenbezogene Verzerrung aufweisen, werden neuronale Netzwerke eine solche Verzerrung reflektieren, verstärken und verzerren. Gesichtserkennungssysteme, die auf 15 Über die Versuche schwache Abduktion zu automatisieren, siehe "Automatic Abductive Scientists" in: Lorenzo Magnani. Datenbanken mit Gesichtern von hellhäutigen Menschen trainiert wurden, versagten kläglich darin, dunkelhäutige Gesichter als Menschen zu erkennen. Ein Problem, das als Überanpassung [overfitting] bezeichnet wird: Bei genügender Rechenleistung zeigt ein neuronales Netz die Tendenz, zu viel zu lernen, sich also auf ein super-spezifisches Muster zu fixieren: Es ist daher notwendig, einige seiner Ergebnisse zu ignorieren, um seinen Erkennungsimpuls entspannter zu gestalten. Ähnlich der Überanpassung können auch Fälle von...
Gabler Verlag eBooks, 2001
ist Inhaber des lehrstuhls Marketing" an der Universität Hannover (www.m2.uni-hannover.de). Dipl.-Ing. Frank Buckler ist wissenschaftlicher Projektmitarbeiter am lehrstuhl Marketing" der Universität Hannover (www.neusrel.de).
'Selbstorganisation lässt sich im Internet anhand einiger, teilweise im Verborgenen oder unter eingeschränkter Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit operierender Vereinigungen wie z.B. Hackern, Programmierern oder Online-Computerspielern nachzeichnen. Dieser Beitrag führt in Kulturen der virtuellen Zusammenarbeit von privilegierten, mit hohen sozialen und technischen Kompetenzen ausgestatteten InternetnutzerInnen ein und versucht dabei auszuloten, welchen Einfluss technische Beschaffenheiten von Computersystemen, soziale Kosten der Teilnahme und Kompetenzen der Nutzerinnen auf die Möglichkeiten der Selbstorganisation haben. Den Einstieg bereitet ein Lehr-Experiment zu 'Dantes Inferno' an einer virtuellen Universität.' (Autorenreferat)
Der Anaesthesist, 2003
Bei einem künstlichen neuronalen Netzwerk (KNN) handelt es sich um ein einfaches Modell des zentralen Nervensystems. Neurone sind dort hoch gradig untereinander verbunden. Sie lernen, auf Informationen zu reagieren und sich entsprechend anzupassen. Das menschliche Gehirn ist die komplizierteste Struktur, die uns bekannt ist. Umso beachtenswerter ist, dass im Gehirn nur ein Grundtypus von Zelle existiert,der Information übertragen und diese in gewisser Weise auch speichern kann.Beim Menschen entsteht durch dieses Netzwerk aus etwa 10 11 Neuronen ein intelligentes Wesen mit den Fähigkeiten zu lernen, wiederzuerkennen und vorauszusehen.Mit neuronalen Netzwerken versucht man die Vorgänge im Gehirn durch Computeranwendungen zu simulieren. Im Gehirn sind die Nervenzellen in komplexer Weise miteinander verknüpft. Jede Zelle kann über Dendriten Signale von anderen Zellen empfangen und diese über Axone weiterleiten. Im Zellkörper der Nervenzelle summieren sich die Potenziale der einzelnen Dendriten auf. Wird ein bestimmter Schwellenwert überschritten, dann feuert das Neuron und sendet so ein Impulssignal über das Axon zu seinen Nachbarn; andernfalls bleibt es ruhig. Rein technisch gesehen funktioniert also eine Nervenzelle
Die Repräsentation der Habsburg-Lothringischen Dynastie in Musik, visuellen Medien und Architektur/ Representing the Habsburg-Lorraine Dynasty in Music, Visual Media and Architecture. 1618–1918
Repräsentation und die Dynamiken höfischer Netzwerke Der Begriff ‚Netzwerk' ist überaus polyvalent. 1 Hinsichtlich des Generalthemas herrschaftlicher Repräsentation lässt er sich jedoch eingrenzen. Hier kann er als charakteristische Interaktions-und Organisationsform alteuropäischer Monarchien erkannt werden, die die Formation der ‚Hof' benannten Struktur erst hervorbrachte. Der Umstand, dass die Partizipation an höfischen Netzwerken die Erfüllung von Repräsentationsnormen bedingte, zeigt in historischer Perspektive exemplarisch die Kongruenz ästhetischer und politischer Kommunikation, mehr noch: deren reziproke Bedingtheit. Repräsentation, immateriell wie materiell, ist dabei keineswegs nur als Gegenstand bzw. Mittel des Austauschs zu verstehen, sondern als aktiver Teil des Systems, als Teil mit ‚Eigenleben'-ein Eigenleben, das schon Norbert Elias an souveränen ‚Machtsymbolen' erkannt hat. 2 Fragen, die sich angesichts der Beziehung von Personen, Artefakten, Formen und Zeichen an Höfen stellen, betreffen deswegen zuerst die Wirkweise von Repräsentation in Netzwerken, eine Nachzeichnung ihrer Aktivität. Wer repräsentiert wurde, und wie diese Repräsentation in Netzwerken wirksam wurde, sind darüber hinaus entscheidende Kriterien der Analyse. An diesem Punkt setzt Milan Pelc mit seinem Beitrag zu Der Sammler und sein Kaiser. Leopold I. in der Sammlung Valvasor-Die Ikonographie des Kaisers aus der Perspektive eines adeligen Zeitgenossen an. Johann Weichard Valvasor (1641-1693), krainischer Feldherr und Polyhistor, zählte zeit seines Lebens zu den bedeutenden Sammlern druckgraphischer Werke in den Erblanden. Seine Sammlung umfasste 2630 Publikationen und 7921 graphische Blätter, die Valvasor zu mehreren Bänden zusammenbinden ließ; um 1690 verkaufte er diese an den Zagreber Bischof Aleksandar Mikulić. Bis heute bildet die Sammlung Valvasor einen zentralen Bestand der Bibliotheca Metropolitana in Zagreb. Valvasor konzentrierte seine Sammlungstätigkeit vor allem auf Darstellungen des Zeitgeschehens, wobei sein besonderes Interesse Bildnissen von Kaiser Leopold I. galt. Damit spiegelt seine Sammlung nicht nur die Imagegestaltung und-pflege des Kaisers im Laufe der ersten drei Jahrzehnte seiner Regentschaft und zeigt die große Bandbreite repräsentativer (Selbst)-Darstellung des Monarchen (vor allem in Kon
Sportfunktionäre und jüdische Differenz, 2018
weise auf die Existenz und Ausgestaltung von Netzwerken auf, deren Analyse Rückschlüsse auf umfassendere Beziehungsgeflechte zulässt. Neben beruflichen Kontakten, etwa der Arbeit in der gleichen Firma, der Zugehörigkeit zur selben Partei und ihrer Vorfeldorganisationen, waren dies nicht zuletzt Netzwerke aus dem Bereich des Sports: Wichtige formal definierte und informelle Netzwerkknoten bildeten die Vereine und Verbände, aber auch konkrete Orte, wie z. B. das Kaffeehaus, die Zeitungsredaktion oder die Zuschauerränge und Ehrentribünen der Sportplätze. Ausgehend vom Wien der Jahrhundertwende wurde das kulturelle Feld der Zwischenkriegszeit als Zusammenspiel von Netzwerken unterschiedlicher Kreise beschrieben, die sich z. B. durch bestimmte soziale Orte, Kontakte oder Cashflows definierten. 5 Im Unterschied zum Fin de Siècle waren diese Kreise kultureller Innovation jedoch weniger auf semiprivate Orte wie etwa den Salon, sondern auf breitere Öffentlichkeiten hin ausgerichtet. Sie umfassten auch Bereiche der Popular-und politischen (Gegen-)Kultur. 6 Im Hinblick auf die Fragestellungen unseres Buchs lässt sich dabei festhalten, dass neben explizit jüdischen-z. B. religiösen oder zionistischen-Netzwerken auch alternative "Jewish social spaces" bestanden, 7 deren Existenz sich ebenfalls der Auseinandersetzung der Beteiligten mit Fragen jüdischer Differenz verdankten: Zu den Projekten der gleichberechtigen gesellschaftlichen Teilhabe im urbanen Raum Wiens bzw. dem neuen österreichischen Nationalstaat, an denen sich zahlreiche Jüdinnen und Juden beteiligten, zählte nach 1918 nicht zuletzt der Sport. Auch Menschen, die sich vom jüdischen Erbe ihrer Familien lösten, konnten auf diese Weise Beziehungen mit "jüdisch" geprägten kulturellen Netzwerken aufrechterhalten, die ihnen bei ihren Karrieren und anderen Aspekten des Lebens halfen. 8 "Mit der Zunahme des Antisemitismus in der Zwischenkriegszeit wurden die Grenzen des ‚Jüdischen' elastischer. Nachdem die offene (Selbst-)Zuschreibung als Jude und Jüdin für viele weniger erstrebenswert wurde, gewannen soziokulturelle Netzwerke im Verlagswesen, dem Journalismus, der Politik und der Wohlfahrt an Bedeutung, und wurden zu (auf diese Weise sichtbareren) Kennzeichen jüdischer Identität". 9
2011
Programm, das einer der weltweit prominentesten Schüler Bourdieus, Loïc Wacquant, mit dem Projekt der Carnal Sociology weiterführt. Wacquants Entwurf radikalisiert das Habituskonzept. Der Ethnograph soll sich das Alltagswissen, das ein sinnliches und inkorporiertes ist und uns zu kompetenten Akteuren macht, durch praktisches Lernen im Feld und von den Akteuren aneignen, um experimentell nachzuvollziehen, wie ein besonderer Habitus-Typ gemacht wird: "to put oneself in the point of production of practice" (Wacquant 2005:466). Habitus ist damit nicht nur eine Theorie zur Analyse menschliches Handelns zwischen Struktur und Aktion, sondern "an operant philosophy of action and a methodolgical guide" (ibid:470). Ziel ist es, eine spezifische "Nachfrage des Leibes" und somit der Person zu erschließen. Dabei werden Komplexe von Bewegungen, Handlungen, Routinen und Gesten nicht in erster Linie symbolisch als Ausdruck von oder für etwas betrachten, sondern pragmatisch als etwas, dass für die Akteure im Moment der Ausführung Sinn macht: "Der Leib stellt sich nicht vor, was er spielt: er ruft sich nicht die Vergangenheit ins Gedächtnis, sondern agiert die Vergangenheit aus, die damit als solche aufgehoben wird, erlebt sie wieder. Was der Leib gelernt hat, das besitzt man nicht wie ein wiederbetrachtbares Wissen, sondern das ist man" (Bourdieu 1993:133). Wacquant hatte nicht die explizite Absicht, das Programm für eine "leibliche Soziologie" zu entwickeln, vielmehr war seine Ethnographie eines afro-amerikanischen Chicagoer Gyms Ausgangspunkt für weitere Überlegungen. In der deutschen, englischen und spanischen Ausgabe von "Corps et âme. Carnets ethnogragphiques d´un apprenti boxeur" beschreibt Wacquant seine Methode denn auch als wissenschaftliches und ethnographisches Experiment, dass "den praktischen Nachweis für die Fruchtbarkeit eines Ansatzes erbringen [will], der auf theoretischer, methodologischer und rhetorischer Ebene die Tatsache gebührend berücksichtigt, dass der soziale Akteur in erster Linie ein Wesen aus Fleisch, Blut und Nerven ist und über Sinn (in der doppelten Bedeutung von sinnlich und sinngebend) verfügt, ein "leidendes Wesen" (…), das an dem Universum teilhat, von dem es hervorgebracht wird und an dessen Schaffung es seinerseits mit Leib und Seele beteiligt ist (...). Den erfolgversprechendsten Weg zu diesem Ziel [die leibliche Dimension der Existenz wiederherstellen und greifbar machen] bietet eine Beobachtungs-und Analysetechnik, die mit einer Initiation in den und eventuell sogar einer moralischen und sinnlichen Konversion zum untersuchten Kosmos einhergeht und, unter der ausdrücklichen Voraussetzung einer theoretischen Fundierung, dem Soziologen die Aneignung der kognitiven, ethischen, ästhetischen und konativen Schemata ermöglicht, die den Alltag derer bestimmt, die diesen Kosmos bevölkern" (Wacquant 2003:269f.). Netzwerke-Räume-Körper. Bolivianischer Migrantinnenfußball in Sevilla 12 Damit sind die sozialtheoretischen Grundlagen angedeutet und die methodische Herangehensweise der Carnal Sociology skizziert. Wacquant zitiert aus den Schriften des jungen Marx und stellt seine Thesen in die abendländische Genealogie des Habitus-Begriffs (siehe auch Wacquant 2005). Innerhalb des Bourdieusschen Programms stützt er sich im Besonderen auf phänomenologische Einflüsse Maurice Merleau-Pontys. Aus sozialphänomenologischer Sicht ist es ein Widerspruch in sich, von "Körper" und "Geist" zu sprechen; der Begriff des Leibes veranschaulicht die phänomenologische Denkfigur der Vermittlung. Maurice Merleau-Pontys Philosophie der Wahrnehmung und des Bewusstseins wandte sich in den 1940er Jahren gegen den mechanistischen Behavourismus und die intellektualistische Subjektphilosophie gleichermaßen. Der Antinomie von Natur an sich und reinem Fürsichsein des Menschen wollte er wie Edmund Husserl und Alfred Schütz vor ihm ein vermittelndes "Zur-Welt-Sein" entgegenhalten. In Anlehnung an Henry Bergson verortete er diese primordiale Ausgerichtetheit des Menschen auf die Lebenswelt im Leib: Leibhaben bedeutet Gegenwart haben. Die Einheit von Leib und Seele ist demnach keine angeordnete, künstlich-wissenschaftliche Verbindung von Subjekt und Objekt, "sie vollzieht sich vielmehr von Augenblick zu Augenblick in der Bewegung der Existenz selbst" (Merleau-Ponty 1966:114). Als Mittel zur Kommunikation mit der Welt ist der Leib Mittel und Instrument. Auch jedes beliebige Artefakt (Werkzeug, Maschine etc.), dessen sich der menschliche Körper bedient, wird einverleibt und zu einer vertrauten Extension des Körpers, zu einer "Erweiterung der Leibessynthese" (Ibid:182). Anhand des Beispiels vom Blindenstock erklärt Merleau-Ponty die Ausdehnung des Leibes und des Handlungsraums des Blinden: "Der Stock ist kein Gegenstand mehr, den er wahrnähme, sondern ein Instrument, mit dem er wahrnimmt" (Ibid:182; Hervorh. im Orig.). Die Ständigkeit des eigenen Leibes macht diesen zum ersten Kommunikationsmittel mit der Welt, bedingt allerdings auch, dass er normalerweise nur am Rande der subjektiven Wahrnehmung erscheint. Die menschliche Wahrnehmung definiert Merleau-Ponty als eine motorisch-leibliche Aneignung und Routineleistung (Ibid.182) 2. Neben der Sozialphänomenologie nimmt Wacquant neuere Erkenntnisse der Sozial-und Kognitionswissenschaften auf. Das sind sozialpsychologische Studien über die Praxis-und
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Exzellenzcluster ‚Gesellschaftliche Abhängigkeiten und soziale Netzwerke’: Gläubiger, Schuldner, Arme, 2010
Verhandlungen zur Geschichte und Theorie der Biologie 12, 2006
Informatik aktuell, 1999