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Der invektive und der investigative Blick

2022, transcript Verlag eBooks

Abstract

In Anlehnung an Kaja Silverman wird hier zwischen dem Gaze (Blickregime) und dem Look (Blick) unterschieden, welche sich aktuell diskursiv-ästhetisch als investigativer und invektiver Blick formieren. Der investigative Blick ist ein erneuertes epistemologisches Paradigma, das vorgibt, Anschluss an die Macht der Institutionen zu finden und invektive Erfahrungen wissenschaftlich zu ›heilen‹. Mithilfe modernster Technologien gewährt er einen partiellen Einblick in die Wirklichkeit, die dadurch zugleich scheinbar unter Kontrolle gebracht wird. Der investigative Blick erzeugt dabei eine Ideologie der Gleichheit. Angeblich kann jede:r sich durch Staatsinstitutionen ermächtigen, um die ›Wahrheit‹ herauszufinden und Gerechtigkeit zu erlangen. Im gleichen Zuge nivelliert er (auch durch die Genrelogik) Diskriminierungserfahrungen: Die invektiven Blicke der Individuen werden so technokratisch neutralisiert. Diese Prozesse sind mit Profilbildung verbunden-mit einer neuen Form der Subjektivierung an der Schnittstelle von Kriminologie, Psychologie, filmischer Fiktion und Sozialen Medien. 1 Ich bedanke mich bei Tanja Prokić für die vielen hilfreichen Ergänzungen und Anmerkungen.