1997, Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde
Ziel der folgenden Untersuchung ist, eine Grundlage für die Beschäftigung mit der Farbge bung frühzeitlicher Hieroglyphen zu erstellen'. Schriftzeichen werden durch einen Kontrast zwischen Schriftträger und Schreibmaterial deutlich gemacht. In der 0.1. Dynastie wurde dieser Kontrast durch Reliefierung, Einritzung oder Beschriftung mit Tusche erzielt. Bei der Technik der Einritzung konnte eine einfarbige Paste, die in die Vertiefungen des Schriftträgers gefüllt wurde, den Kontrast verstärken. Bei der Beschriftung mit Tusche wurde zumeist allein schwarze Tusche, seltener auch allein rote Tusche verwendet. Gelegentlich sind aber auch Inschriften belegt, die mehrfarbig gestaltet sind. Das derzeit früheste bekannte Beispiel ist eine Öletikette aus Umm elQaab, Grab B 18 2 ; dieses Grab ist nach seinen Funden in die Zeit Narmers zu datieren. Die Öletikette aus Elfenbein trägt eine Inschrift aus schwarz bzw. rot gezeichneten Hieroglyphen. Aus der 1. Dynastie sind 24 weitere Etiketten (zum Teil Jahrestäfelchen) mit Nennung von Ölen, Stoffen, Früchten oder Getreide bekannt, auf denen mit schwarzer und roter Tusche Hieroglyphen geschrieben sind (s. Anhang I). Auf einem Jahrestäfelchen des Djer war die Farbkombination Grün/Rot für die Schreibung der Hieroglyphen gewählt worden, und auf einem Stab aus Elfenbein, der den Namen des Königs "Schlange" trägt, weisen die Hieroglyphen Reste roter und blauer Farbe 3 auf (s. Anhang I). Ursprünglich waren sicherlich mehr Inschriften der 0. und 1. Dynastie in verschiedenen Farben ausgeführt 4 , doch sind die Farben heute wohl oft verschwunden, oder es wurde von den Ausgrä bern bzw. den Bearbeitern der Inschriften auf das Feststellen der Färbung kein Wert gelegt 5. Während alle 27 dokumentierten farbigen Inschriften der 0.1. Dynastie zweifarbig sind, sind aus der 2. Dynastie bislang keine zwei oder mehrfarbigen Inschriften bekannt. Aus der 3. Dyn astie liegen jedoch wieder Beispiele für farbige dieses Mal mehrfarbige Inschriften vor (s. Anhang II). Auf den Wandmalereien im Grab des hsi.y-r r w (S 2405) 6 und auf den Scheintür 1 Zu Farben in ägyptischer Schrift und Sprache vgl. Smith, Sculpture and Painting, 257263, 366382; Schenkel, Farben; B a i n e s, Color Terminology and Color Classification; S t a e h e 1 i n, Farben. 2 Petrie, Royal Tombs II.Taf. 12.4. 3 So: Emery, Tombs of the First Dynasty II, 104 (Abb. 106); einen noch früheren Beleg für Blau liefert eine Schale aus Hierakonpolis (Thomas, Discovery, 112). 4 Nach dem erhaltenen Befund dürfte insbesondere bei Etiketten (dazu zählen auch die Jahrestäfelchen) mit Farbigkeit der Hieroglyphen zu rechnen sein.