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Xinjiang 42 definitiv RG

2022, Xinjiang und die Eurasische Seidenstraße. Ein historisch-politisSachbuch – in der Hoffnung auf bessere Zeiten

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Abstract

Auch auf die Auswirkungen des sich in die Länge ziehenden Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine, der im Februar 2022 ausgebrochen ist, können wir nicht mehr eingehen. Mit diesem Krieg ist die drei Jahrzehnte währende Periode offenen Handels und unbeschwerten Reisens von Westeuropa über Russland nach China wohl zu Ende gegangen. Sie hat mit der Wirtschaftsöffnung Chinas in den 1980er Jahren und dem Zerfall der Sowjetunion 1991 begonnen. Die für Xinjiang so wichtige chinesische "Neue Seidenstraße", die den asiatischen Fernen Osten auf dem Landweg mit dem europäischen Westen verbindet, ist ebenfalls ein Kind dieser für Westeuropa relativ friedlichen Epoche zunehmender globaler Verflechtungen. Damals verschwand der Eiserne Vorhang, der Eurasien jahrzehntelang durchtrennt hatte. Man wird abwarten müssen, ob er sich nach der weltpolitischen "Zeitenwende", die der Ukraine-Krieg ausgelöst hat, wieder schließt. Sollte das der Fall sein, dürften auch die neu aufgebauten Überlandverbindungen der "Neuen Seidenstraße" zwischen Europa und Fernost in Mitleidenschaft gezogen werden. Das alles können wir heute noch nicht wissen. Unser Buch ist deshalb eine Momentaufnahme aus der Zeit vor den jüngsten großen Krisen. Es ist bestrebt, die facettenreiche Geschichte Xinjiangs mit seinen wechselvollen Beziehungen zu China und zur westlichen Welt für eine deutschsprachige Leserschaft verständlich und anschaulich zu machen. Wir sind zuversichtlich, dass das, was wir in den folgenden fünfzehn Kapiteln zusammengetragen haben, auch über den Tag hinaus wissens-und bedenkenswert bleibt. Wir haben in diesem Buch, in dessen Mittelpunkt die chinesische Grenzregion Xinjiang steht, nicht nur durch die westliche Brille geblickt, sondern auch versucht, die chinesischen Perspektive zu berücksichtigen. Wir wollten nicht in den alten Fehler aus der Zeit des Kalten Kriegs verfallen, als man am jeweiligen politischen Gegenüber kein gutes Haar mehr lassen durfte. Zu reich und zu komplex ist die Geschichte und Kultur Chinas sowie der in Xinjiang lebenden Menschen. Beiden gilt unser Respekt und unsere Neugier. Alt-uigurische Fürsten und Fürstinnen. Wandmalereien aus Bezeklik bei Turfan (9. Jh., heute im Humboldt-Forum, Berlin) 65 Die Uiguren jener Zeit sind heute längst untergangen und waren Jahrhunderte lang völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. Auch den Buddhismus, den Manichäismus und das nestorianische Christentum gibt es in Xinjiang schon lange nicht mehr. Diese Religionen wurden seit dem 11. Jahrhundert überall in Xinjiang schrittweise durch den Islam abgelöst. Die alt-uigurische Sprache ist ebenfalls ausgestorben. 66 Zur allgemeinen Verkehrssprache in Zentralasien wurde seit dem Mittelalter das Tschagatai-Türkisch 67 , die Vorläufer-Sprache des heutigen Neu-Uigurisch und Usbekisch. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts existierten in ganz Zentralasien und auch in Xinjiang noch keine klaren Unterscheidungen zwischen Uigurisch, Usbekisch und den anderen dort gesprochenen Turksprachen und-dialekten. Es gab für