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Zehn Thesen für eine Nietzsche-Lektüre (1999)

2014, Nietzscheforschung

Abstract

Sie waren das Fazit einer bis dato mehr als zwei Jahrzehnte währenden Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Denker aus der Perspektive eines kulturwissenschaftlichen und philosophiekritischen Philosophieverständnisses und zugleich sollten sie am Ende des 20. Jahrhunderts, das mit seinen Revolutionen und Kriegen mehr Hoffnungen und Katastrophen hervorgebracht hat als die meisten vorhergehenden Jahrhunderte (und viele davon unter ausdrücklicher Berufung auf den Philosophen), Fingerzeige-um ein Wort Nietzsches zu nehmen-sein, ob und auf welche Weise sein Denken nicht nur in der und für die, wie auch immer verstandene, Moderne oder Nachmoderne von Interesse und Bedeutung sein kann, sondern in einer darüber hinausgehenden perspektivisch historischen Dimension auch noch in die weitere Zukunft hinein. Was mit dem strapazierten Wort von der Kontextualisierung in den Diskursen präsent ist, soll ansatzweise an wenigen Beispielen versucht werden. Fünfzehn Jahre später zeigt das neue Jahrhundert und zugleich das erste eines neuen Jahrtausends, global spürbar dramatisch seine Konturen und die philosophische Reflexion übt sich weitgehend in Selbstbespiegelungen, so sehr, dass am Sinn geisteswissenschaftlicher Arbeit, resp. ihres Sinns für die Belange der modernen Gesellschaft(en) mit einigem Recht gezweifelt werden darf. Darum sei eine Relektüre der Thesen erlaubt, um herauszufinden, ob und wie sehr Nietzsches radikal infragestellendes (Nach) Denken über den Menschen, seine existentiellen und kulturellen Perspektiven, sein Denken über das Denken, sein Verständnis von Philosophie und vom Selbstverständnis der Philosophen weiterhin eine Möglichkeit sein kann, den veränderten Bedingungen nachzufragen, unter denen heute philosophiert wird, d.h. die Möglichkeiten auszuloten, die Philosophie ebenso erlauben wie notwendig und sinnvoll erscheinen lassen. Und ob Nietzsches Denkeinsätze, der gegenwärtigen Philosophie und jedem kritischen Denken, die auf grundlegende Menschheitsfragen Antworten geben wollen, Perspektiven eröffnen können. Um den Rechtfertigungsaufforderungen entgegenzuwirken, denen sich die gegenwärtige Philosophie und die Geisteswissenschaften begründet ausgesetzt