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Die Verschränkung von Leib und Nexistenz

Abstract

Wir befinden uns am Anfang eines gesellschaftlichen Prozesses, der alltagsprachlich als zunehmende Verschränkung von analoger und digitaler Welt beschrieben wird. Die Stichworte sind das intelligente Heim oder das automatisch gesteuerte Automobil usw. Im intelligenten Straßenverkehr geben wir nur noch das Ziel ein und das Auto fährt automatisch gesteuert dort hin. Dies lässt sich noch vereinfachen, indem die Vernetzung weiter getrieben wird. Ich würde dann nur den Namen einer Freundin oder einer Institution eingeben, durch Vernetzung mit einer Online-Datenbank wird die Adresse herausgesucht, in das Steuerungssystem des Autos eingespeist und ich werde auf dem schnellsten Weg dorthin gebracht. Alle diese Prozesse werden gespeichert und können mir zugordnet werden. Diese Daten bilden meine Netzexistenz oder Nexistenz. Neben allen Bequemlichkeiten ist die digitale Welt dadurch gekennzeichnet, dass eine Unmenge an mathematisch verarbeitbaren Daten entsteht, die in automatisierter Weise gesammelt und ausgewertet werden können. Dieses Wissen steht denjenigen zur Verfügung, die es sich technisch zugänglich machen können. Im Netz sammelt jeder, der es technisch kann, über jeden, der das technisch nicht verhindert, so viele Daten, wie es ihm technisch möglich ist. Diejenigen, die wissen können, „wissen alles“ (Hofstetter 2014). Dass hierin etwas qualitativ Neues liegt, wird deutlich, wenn man die Aufmerksamkeit darauf lenkt, in welchem Ausmaß die technologischen Möglichkeiten der Vernetzung des gesamten Lebens in die digitale Welt gesteigert werden. Der damit einhergehende Umbruch ist wahrscheinlich nur mit der Erfindung des motorisierten Individualverkehrs vergleichbar. Das von einem Menschen gesteuerte Auto war/ist das Symbol individueller Freiheit, die sich erfolgreich sozialen Kontrollen entziehen kann. Jeder konnte sich als automobiles Individuum von Ort zu Ort bewegen und die räumlichen Grenzen seiner sozialen Herkunft verlassen. Mit der Durchsetzung der Netztechnologie wird die Ära dieser individuellen Freiheit zu Ende gehen. Denn wir treten ein in die Ära der „Totalöffentlichkeit in der Matrix der digitalen Raumzeit“, deren Selbstverständlichkeit auf der Verschränkung von Leib und Nexistenz beruht.