Monographs by Claudia Brunner
Gewalt ist nicht nur Ereignis, sondern auch Prozess und Verhältnis. Sie zerstört Ordnung nicht nu... more Gewalt ist nicht nur Ereignis, sondern auch Prozess und Verhältnis. Sie zerstört Ordnung nicht nur, sondern begründet sie auch und hält sie aufrecht. Der Dimension des Wissens wird in den meisten Gewaltdebatten nur wenig Bedeutung beigemessen, gilt sie doch als Gegenteil von oder als Gegenmittel zu Gewalt. Mit dem Begriff der »epistemischen Gewalt« rückt Claudia Brunner den konstitutiven Zusammenhang von Wissen, Herrschaft und Gewalt in der kolonialen Moderne, unserer Gegenwart, in den Fokus. Ausgehend von feministischer, post- und dekolonialer Theorie entwickelt sie in Auseinandersetzung mit struktureller, kultureller, symbolischer und normativer Gewalt ein transdisziplinäres Konzept epistemischer Gewalt.

Wissensobjekt Selbstmordattentat, 2011
Im sozialwissenschaftlichen Wissensobjekt Selbstmordattentat verdichten sich Zuschreibungen von N... more Im sozialwissenschaftlichen Wissensobjekt Selbstmordattentat verdichten sich Zuschreibungen von Normalität und Abweichung, die nicht nur über den Gegenstand und die untersuchten AkteurInnen etwas aussagen. Vielmehr werden an diesem Erkenntnisobjekt auch die Ambivalenzen und Konsequenzen einer stark anwendungsorientierten Terrorismusforschung sichtbar. Über Analysen und Interpretationen von Texten, Bildern und Grafiken stellt die Autorin einen Sinnzusammenhang zwischen politischer und epistemischer Gewalt her, der in globalen asymmetrischen Dominanzverhältnissen verortet wird. Das immer wieder zu analysierende Verhältnis von Wissen und Macht wird dabei an einem ebenso komplexen wie umstrittenen Forschungsobjekt detailreich diskutiert sowie einer wissenssoziologisch, postkolonial und feministisch begründeten transdisziplinären Kritik unterzogen. Was wir über Terrorismus wissen und wie wir zu diesem Wissen kommen, so die Autorin, ist Teil einer gegenwärtig zu beobachtenden okzidentalistischen Selbstvergewisserung, die tief in wissenschaftliche Praktiken eingelassen ist und von diesen mit hervorgebracht wird.

Sinnformel Selbstmordattentat, 2009
ZUSAMMENFASSUNG
Im sozialwissenschaftlichen Wissensobjekt Selbstmordattentat verdichten sich Zusc... more ZUSAMMENFASSUNG
Im sozialwissenschaftlichen Wissensobjekt Selbstmordattentat verdichten sich Zuschreibungen von Normalität und Abweichung, die nicht nur über den Gegenstand und die untersuchten AkteurInnen etwas aussagen. Vielmehr werden an diesem Erkenntnisobjekt auch die Ambivalenzen und Konsequenzen einer stark anwendungsorientierten Terrorismusforschung sichtbar. Über Analysen und Interpretationen von Texten, Bildern und Grafiken stellt die Autorin einen Sinnzusammenhang zwischen politischer und epistemischer Gewalt her, der in globalen asymmetrischen Dominanzverhältnissen verortet wird. Das immer wieder zu analysierende Verhältnis von Wissen und Macht wird dabei an einem ebenso komplexen wie umstrittenen Forschungsobjekt detailreich diskutiert sowie einer wissenssoziologisch, postkolonial und feministisch begründeten transdisziplinären Kritik unterzogen. Was wir über Terrorismus wissen und wie wir zu diesem Wissen kommen, so die Autorin, ist Teil einer gegenwärtig zu beobachtenden okzidentalistischen Selbstvergewisserung, die tief in wissenschaftliche Praktiken eingelassen ist und von diesen mit hervorgebracht wird.
ABSTRACT
In contrast to most of the work that has been done in the field of International Relations
(IR) and social sciences on the subject of suicide bombing so far, this piece of work does
not focus on how, why and for what reason such attacks are perpetrated. Instead, the aim
of this study is to discuss the characteristics, logics, limits and the naturalness of the
hegemonic production of (social-) scientific texts on the issue of suicide bombing in
English language. What is of concern is the specific formation of a boundary object
called ‘suicide bombing/attack/terrorism’. Alongside a sociology-of-knowledge and
critical-discourse-research based analysis of a multitude of texts, graphics, pictures and
paratextual elements originating from the main works in the field of this strongly
application and policy oriented research, which again can be located in a newly forming
sub-discipline of terrorism studies, the nature and dynamics of the boundary object will
be presented and dealt with against the background of general securitisation discourses
taking place in the framework of globally asymmetric power relations.
Arguing from a postcolonial and intersectional point of view, attention is drawn to the
limitations and byproducts of hegemonic Western knowledge production as well as to
the epistemic violence that is inherent to it. It is analysed how such forms of knowledge
production contribute to thickening the outlines of a ‘fully different otherness’ while
simultaneously reinforcing the premises of a self-assumed normalcy within the
framework of this boundary object. Moreover, it is shown how what has been referred to
as ‘occidental self-ascertainment’ works in a state of interdependent interwovenness,
especially of categories along sexuality, culture, religion, race, place and time.

Männerwaffe Frauenkörper?, 2005
Seit dem Jahr 2002 sind vermehrt auch Frauen im israelisch-palästinensischen Konflikt reale und p... more Seit dem Jahr 2002 sind vermehrt auch Frauen im israelisch-palästinensischen Konflikt reale und potenzielle Selbstmordattentäterinnen. Diese Tatsche hat internationale Aufmerksamkeit erregt und kontroverse Debatten ausgelöst. In erster Linie Verstörung darüber begleitet den „überanalysiertesten Konflikt der Welt“ (John Bunzl), dass Frauen in einem politischen Kontext Gewalt ausüben. Frauen erscheinen aus „westlicher“ Perspektive als patriarchal unterdrückte Instrumente männlicher Interessen; demgegenüber wird in jenen arabischen Quellen, die im „Westen“ rezipiert werden, häufig die Verkörperung von national bzw. religiös konzipierten Idealen sich aufopfernder Weiblichkeit in den Mittelpunkt gerückt. Claudia Brunner dekonstruiert schlüssig, fundiert-differenziert und stilsicher verschiedene mediale Diskurse und wissenschaftliche Zugänge, die dieses neue Phänomen zu erklären beanspruchen. Die Autorin zeigt eindringlich, dass die Reduktion auf die „Frauenfrage“, bei der viele dieser Texte verbleiben, nicht ausreicht, um den Zusammenhang von Gewalt und Geschlecht zu erörtern. Vielmehr bedarf es eines Verständnisses von Geschlecht als analytischer Kategorie, damit nicht nur etwas über palästinensische Frauen gesagt werden kann, sondern auch über jene internationale Ordnung, in der diskursiv verhandelt wird, was als legitim oder illegitim, als rational oder irrational und damit auch als „männlich“ oder „weiblich“ zu gelten hat.
Journal Articles by Claudia Brunner

Marxistische Blätter, 2024
Drei Monate nach Beginn desvon der Russischen Föderation völkerrechtswidrig begonnenen Krieges ge... more Drei Monate nach Beginn desvon der Russischen Föderation völkerrechtswidrig begonnenen Krieges gegen die Ukraine erschien Marlene Streeruwitz‘ „Handbuch gegen den Krieg“ (Streeruwitz 2022). Die ersten fünf Worte des Texts bringen auf den Punkt, was all jenedenken, wissen und empfinden, die nicht von ihm profitieren: „Krieg. Und. Alles ist falsch“. Auch wer nicht direkt von Krieg bedroht ist, aber an seiner Unvermeidbarkeit zweifelt oder sich weigert, Krieg als legitimes Mittel zurKonfliktaustragung zu akzeptieren, mag dem Urteil der österreichischenSchriftstellerin zustimmen. Dazu bedarf es keiner grundlegenden Argumentationgegen jegliche Form politischer Gewaltanwendung, die heute als naiver Gesinnungspazifismus diskreditiert wird. Vielmehr steht aus einer antimilitaristischen Perspektive der (national-)staatlich organisierte, international akzeptierte und mit erheblichen materiellen und immateriellenRessourcen geführte Krieg im Zentrum meiner Weigerung, Krieg für unvermeidbar, gerechtfertigt, selbstverständlich oder gar ‚in der Natur des Menschen angelegt‘ zu halten.
Wissenschaft & Frieden, 2024
Nicht nur rund um den Konflikt in Israel/Palästina herrschen öffentliche Sprechverbote und Denkge... more Nicht nur rund um den Konflikt in Israel/Palästina herrschen öffentliche Sprechverbote und Denkgebote. Doch spätestens seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat das Diskreditieren, Intervenieren und Zensurieren unliebsamer Positionen eine neue Qualität und Quantität erreicht. In der im gleichen Atemzug beschworenen offenen Gesellschaft der liberalen Demokratie werden Intellektuelle und Akademiker*innen schnell zu deren Feind*innen erklärt, wenn sich ihre Worte nicht zur „Wissenschaft als Herrschaftsdienst“ (Pappé 2011) eignen.

Polylog, 2023
The concept of epistemic violence, which became known with the literary scholar Gayatri Chakravor... more The concept of epistemic violence, which became known with the literary scholar Gayatri Chakravorty Spivak, is being used in cultural studies, the humanities and the social sciences with increasing self-evidence. However, of all disciplines that deal intensively with its two core elements – epistemology in philosophy and violence in political science – view the combination of both dimensions with scepticism. From various feminist perspectives, this essay aims to contribute to making an interdisciplinary and multidimensional concept of epistemic violence plausible for a philosophy and political theory that is only gradually facing up to its own androcentrism and Eurocentrism. Fundamental to this is the recognition of the historical and contemporary entanglements of knowledge and domination that are constitutive of colonial modernity. On this basis, it will become clear that the interdisciplinary examination of both the phenomenon and the concept of epistemic violence makes the latter connectable to important questions in epistemology, theory, methodology as well as to academic organisational culture.

Journal für Entwicklungspolitik, 2023
The aim of this introduction to the present JEP volume on epistemic violence is threefold: by lin... more The aim of this introduction to the present JEP volume on epistemic violence is threefold: by linking a post- and decolonial perspective to the productively ambivalent German notion of Gewalt, I first argue why it is important to keep analysing and theorising epistemic violence across different scholarly disciplines and fields of (academic) knowledge production. Second, and based on the concept of the coloniality of power, knowledge, and being, I present a multi-disciplinary approach to the concept of epistemic violence that is rooted in multi-disciplinary efforts to work with it. Based on a multitude of approaches to the problem, readers from many disciplines can find ways to make use of it within their own terrain of knowledge. Third, I introduce the notion of Hegemonie(selbst)kritik in order to link the heterogeneous efforts of dealing with epistemic violence, both as a phenomenon and as a concept, that are presented in this volume, with a deep reflection on our own scholarly practices across modernity’s epistemic territory and its Euro-Anglo-American epistemic monoculture. The latter has inspired the title and focus of this article. Since even critical scholarship cannot transcend the double-bind that comes along with knowledge production in colonial modernity, we should remember that our efforts at undoing epistemic violence remain entangled with the colonial condition. This is why I suggest speaking of un/doing epistemic violence instead of claiming to be able to fully undo it.
Ausdruck, 2023
Auf die Frage, was von der feministischen Außenpolitik Deutschlands zu halten sei, habe ich im An... more Auf die Frage, was von der feministischen Außenpolitik Deutschlands zu halten sei, habe ich im Anschluss an einen Vortrag über Gender in der Friedens- undKonfliktforschung unlängst ebenso spontan wie skeptisch reagiert: Was soll feministisch daran sein, Waffen, Munition und Panzer in ein Kriegsgebiet zu schicken?
Wissenschaft und Frieden, 2023
Selbst unter Friedensforscher*innen herrscht keine Einigkeit, wenn Bomben fallen. So auch rund um... more Selbst unter Friedensforscher*innen herrscht keine Einigkeit, wenn Bomben fallen. So auch rund um den Krieg in der Ukraine. Journalist*innen wollen von uns wissen, wie man ihn beendet, ob die Friedensforschung dafür ein Rezept habe, und wenn nicht, ob sie jetzt endgültig diskreditiert sei mit ihrer pazifistischen Naivität. In der Öffentlichkeit sind überwiegend Stimmen zu hören, die militärische Logik und Praxis erklären und rechtfertigen. Auch im jüngsten Krieg auf dem europäischen Kontinent ist dieses Phänomen zu beobachten. Es fügt sich ein in eine breite diskursive, kognitive und affektive Militarisierung, die auch diesen Krieg mit hervorgebracht hat und am Laufen hält.

Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung, 2022
Intersektionale feministische Theorie unterschiedlicher disziplinärer Provenienz hat wichtige Vor... more Intersektionale feministische Theorie unterschiedlicher disziplinärer Provenienz hat wichtige Vorarbeit für heute diskutierte post- und dekoloniale Theorie geleistet. Feministische Friedens- und Konfliktforschung kann als Vermittlerin zwischen diesen Perspektiven und der eigenen Disziplin fungieren. In meinem Beitrag schlage ich vor, das für das Konzept der kolonialen Moderne zentrale Begriffspaar des epistemischen Rassismus/Sexismus, das von früheren marxistisch-
feministischen Arbeiten geprägt ist, zum Ausgangspunkt für eine herrschaftskritische Wiederbelebung der Friedens- und Konfliktforschung zu machen. Ausgehend vom post- und dekolonialen Befund, dass der Zustand der Kolonialität bis heute anhält und das kapitalistische Weltsystem und seine vielfältigen Gewaltpraktiken aufrechterhält, muss die Friedens- und Konfliktforschung ihren eigenen Euro- und
Androzentrismus bearbeiten und ihre Verortung auf dem epistemischen Territorium der Moderne einer Kritik unterziehen. Ausgehend davon kann sie globale Macht-, Gewalt- und Herrschaftsverhältnisse wieder in einen glaubwürdigen herrschaftskritischen Blick bekommen. Feministische Perspektiven, die im Zentrum meiner Argumentation stehen, leisten für diese Grundlagenforschung einen wichtigen Beitrag.
Blog der Friedensakademie Rheinland-Pfalz, 2022

Peace Studies Journal, 2021
In the course of its professionalization and institutionalization, peace and conflict studies fac... more In the course of its professionalization and institutionalization, peace and conflict studies face the threat of shrinking to merely a form of vocational training. In such a tamed version of social analysis, scholars will not be able to provide adequate answers to complex questions. Drawing on the reading of Christa’s Wolf’s novel Cassandra, this article lays out tasks and challenges for peace and conflict studies from a feminist, post- and decolonial perspective. Through Cassandra, we know that it is of utmost importance to discover, decipher and expose the rules of the pre-war period in order to prevent and transform conflicts successfully. In the spirit of the mythical figure of Cassandra, this article calls for an uncomfortable criticism to be cultivated within peace and conflict studies, to intervene in the public sphere, and to dare to address the scholarly terrain itself.

International Politics Reviews, 2021
While many forms of violence shape the global world order, the disciplines devoted to internation... more While many forms of violence shape the global world order, the disciplines devoted to international politics are often content with reductionist concepts of violence; knowledge and knowledge production are more often than not seen as altogether antithetical to direct and physical harm. At the same time, global entanglements of knowledge with violence have increasingly come into view in the course of the ongoing (de-)colonial turn. After more than 30 years, Gayatri C. Spivak's feminist postcolonial understanding of epistemic violence is still the preeminent theoretical touchstone for addressing this issue. By providing an interdisciplinary understanding of lesser known conceptions of epistemic violence, I open up additional routes for deploying the term in the analysis, theorization, and critique of international politics. Based on this assemblage, I frame epistemic violence along the decolonial concept of a coloniality of power, knowledge, and Being and finally consider how we can possibly undo epistemic violence while un/doing IR.
Wissenschaft & Frieden, 2018
Feministische Forschung und Friedensforschung haben vieles gemeinsam, u.a. ihre Ursprünge in sozi... more Feministische Forschung und Friedensforschung haben vieles gemeinsam, u.a. ihre Ursprünge in sozialen Bewegungen, gelebte Transdisziplinarität sowie randständige Position im wissenschaftlichen Kanon. Daneben macht vor allem der normative Anspruch von Analyse und Kritik einer in vieler Hinsicht gewaltförmigen Welt beide Forschungsfelder ebenso innovativ wie auch unbequem. In einer zunehmend reaktionären Gegenwart sind beide Traditionen kritischer Wissensproduktion mit immer mehr Skepsis und Widerstand konfrontiert, nicht nur von außen, sondern auch innerhalb ihrer eigenen Debatten. Nicht zuletzt das ist ein guter Grund, geteilte Ziele auch gemeinsam zu verfolgen – und aus notwendigen Unterschieden weiterhin zu lernen.

Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung. Sonderband 2, 2018
Dieser Beitrag greift den in post- und dekolonialen Debatten gängigen Begriff der epistemischen G... more Dieser Beitrag greift den in post- und dekolonialen Debatten gängigen Begriff der epistemischen Gewalt auf, um ihn für die Friedens- und Konfliktforschung nutzbar zu machen. Ausgehend vom Befund einer zunehmenden Verengung des Gewaltbegriffs wird dargelegt, inwiefern dessen Weitung entlang der Dimension des Wissens lohnend ist. Nach der einleitenden Vorstellung der Konzepte »Kolonialität des Wissens« und »Kolonialität der Macht« wird diesen die potenzielle Komplizenschaft der Friedens- und Konfliktforschung mit eben jener Kolonialität gegenübergestellt. Einer Diskussion von Annäherungen an epistemische Gewalt im Fach selbst folgt ein Überblick über post- und dekoloniale Konzeptionalisierungen des Begriffs. Abschließend wird die implizite Annahme der Gewaltfreiheit von Wissenschaft problematisiert und für eine friedenswissenschaftliche Beschäftigung mit epistemischer Gewalt argumentiert.
Sicherheit + Frieden, 2017
ZeFKo. Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung, 2017
Dekoloniale Perspektiven sind für die Friedens-und Konfliktforschung zugleich Chance und Herausfo... more Dekoloniale Perspektiven sind für die Friedens-und Konfliktforschung zugleich Chance und Herausforderung. Sie machen die Kolonialität von Macht, Wissen und Sein zum Ausgangspunkt einer Kritik der Moderne und stellen damit Eurozentrismus dominanter Paradigmen und Praktiken infrage. Dabei werden vermeintlich lokale oder regionale Gewalt-, Macht-und Herrschaftsverhältnisse in ihrer zeitlichen und räumlichen Verwobenheit mit der historischen kolonialen Expansion Europas und deren bis heute andauernden weltweiten Folgen verortet. In diesem Zusammenhang gerät auch die epistemische Gewalt der Wissenschaften selbst in den Blick. Dem theoretischen Potenzial dekolonialer Perspektiven und der möglichen Umsetzbarkeit ihrer Kritik widmete sich der Workshop Friedensforschung und (De)Kolonialität im Dezember 2016 in Wien.
Uploads
Monographs by Claudia Brunner
Im sozialwissenschaftlichen Wissensobjekt Selbstmordattentat verdichten sich Zuschreibungen von Normalität und Abweichung, die nicht nur über den Gegenstand und die untersuchten AkteurInnen etwas aussagen. Vielmehr werden an diesem Erkenntnisobjekt auch die Ambivalenzen und Konsequenzen einer stark anwendungsorientierten Terrorismusforschung sichtbar. Über Analysen und Interpretationen von Texten, Bildern und Grafiken stellt die Autorin einen Sinnzusammenhang zwischen politischer und epistemischer Gewalt her, der in globalen asymmetrischen Dominanzverhältnissen verortet wird. Das immer wieder zu analysierende Verhältnis von Wissen und Macht wird dabei an einem ebenso komplexen wie umstrittenen Forschungsobjekt detailreich diskutiert sowie einer wissenssoziologisch, postkolonial und feministisch begründeten transdisziplinären Kritik unterzogen. Was wir über Terrorismus wissen und wie wir zu diesem Wissen kommen, so die Autorin, ist Teil einer gegenwärtig zu beobachtenden okzidentalistischen Selbstvergewisserung, die tief in wissenschaftliche Praktiken eingelassen ist und von diesen mit hervorgebracht wird.
ABSTRACT
In contrast to most of the work that has been done in the field of International Relations
(IR) and social sciences on the subject of suicide bombing so far, this piece of work does
not focus on how, why and for what reason such attacks are perpetrated. Instead, the aim
of this study is to discuss the characteristics, logics, limits and the naturalness of the
hegemonic production of (social-) scientific texts on the issue of suicide bombing in
English language. What is of concern is the specific formation of a boundary object
called ‘suicide bombing/attack/terrorism’. Alongside a sociology-of-knowledge and
critical-discourse-research based analysis of a multitude of texts, graphics, pictures and
paratextual elements originating from the main works in the field of this strongly
application and policy oriented research, which again can be located in a newly forming
sub-discipline of terrorism studies, the nature and dynamics of the boundary object will
be presented and dealt with against the background of general securitisation discourses
taking place in the framework of globally asymmetric power relations.
Arguing from a postcolonial and intersectional point of view, attention is drawn to the
limitations and byproducts of hegemonic Western knowledge production as well as to
the epistemic violence that is inherent to it. It is analysed how such forms of knowledge
production contribute to thickening the outlines of a ‘fully different otherness’ while
simultaneously reinforcing the premises of a self-assumed normalcy within the
framework of this boundary object. Moreover, it is shown how what has been referred to
as ‘occidental self-ascertainment’ works in a state of interdependent interwovenness,
especially of categories along sexuality, culture, religion, race, place and time.
Journal Articles by Claudia Brunner
feministischen Arbeiten geprägt ist, zum Ausgangspunkt für eine herrschaftskritische Wiederbelebung der Friedens- und Konfliktforschung zu machen. Ausgehend vom post- und dekolonialen Befund, dass der Zustand der Kolonialität bis heute anhält und das kapitalistische Weltsystem und seine vielfältigen Gewaltpraktiken aufrechterhält, muss die Friedens- und Konfliktforschung ihren eigenen Euro- und
Androzentrismus bearbeiten und ihre Verortung auf dem epistemischen Territorium der Moderne einer Kritik unterziehen. Ausgehend davon kann sie globale Macht-, Gewalt- und Herrschaftsverhältnisse wieder in einen glaubwürdigen herrschaftskritischen Blick bekommen. Feministische Perspektiven, die im Zentrum meiner Argumentation stehen, leisten für diese Grundlagenforschung einen wichtigen Beitrag.
https://www.friedensakademie-blog.eu/2022/01/24/gewaltfreiheit-weiter-denken-in-der-kolonialen-moderne-herausforderungen-und-ressourcen-der-friedensbildung/
https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/0175-274X-2017-4-196/von-selbstreflexion-zu-hegemonieselbstkritik-jahrgang-35-2017-heft-4?page=1
Im sozialwissenschaftlichen Wissensobjekt Selbstmordattentat verdichten sich Zuschreibungen von Normalität und Abweichung, die nicht nur über den Gegenstand und die untersuchten AkteurInnen etwas aussagen. Vielmehr werden an diesem Erkenntnisobjekt auch die Ambivalenzen und Konsequenzen einer stark anwendungsorientierten Terrorismusforschung sichtbar. Über Analysen und Interpretationen von Texten, Bildern und Grafiken stellt die Autorin einen Sinnzusammenhang zwischen politischer und epistemischer Gewalt her, der in globalen asymmetrischen Dominanzverhältnissen verortet wird. Das immer wieder zu analysierende Verhältnis von Wissen und Macht wird dabei an einem ebenso komplexen wie umstrittenen Forschungsobjekt detailreich diskutiert sowie einer wissenssoziologisch, postkolonial und feministisch begründeten transdisziplinären Kritik unterzogen. Was wir über Terrorismus wissen und wie wir zu diesem Wissen kommen, so die Autorin, ist Teil einer gegenwärtig zu beobachtenden okzidentalistischen Selbstvergewisserung, die tief in wissenschaftliche Praktiken eingelassen ist und von diesen mit hervorgebracht wird.
ABSTRACT
In contrast to most of the work that has been done in the field of International Relations
(IR) and social sciences on the subject of suicide bombing so far, this piece of work does
not focus on how, why and for what reason such attacks are perpetrated. Instead, the aim
of this study is to discuss the characteristics, logics, limits and the naturalness of the
hegemonic production of (social-) scientific texts on the issue of suicide bombing in
English language. What is of concern is the specific formation of a boundary object
called ‘suicide bombing/attack/terrorism’. Alongside a sociology-of-knowledge and
critical-discourse-research based analysis of a multitude of texts, graphics, pictures and
paratextual elements originating from the main works in the field of this strongly
application and policy oriented research, which again can be located in a newly forming
sub-discipline of terrorism studies, the nature and dynamics of the boundary object will
be presented and dealt with against the background of general securitisation discourses
taking place in the framework of globally asymmetric power relations.
Arguing from a postcolonial and intersectional point of view, attention is drawn to the
limitations and byproducts of hegemonic Western knowledge production as well as to
the epistemic violence that is inherent to it. It is analysed how such forms of knowledge
production contribute to thickening the outlines of a ‘fully different otherness’ while
simultaneously reinforcing the premises of a self-assumed normalcy within the
framework of this boundary object. Moreover, it is shown how what has been referred to
as ‘occidental self-ascertainment’ works in a state of interdependent interwovenness,
especially of categories along sexuality, culture, religion, race, place and time.
feministischen Arbeiten geprägt ist, zum Ausgangspunkt für eine herrschaftskritische Wiederbelebung der Friedens- und Konfliktforschung zu machen. Ausgehend vom post- und dekolonialen Befund, dass der Zustand der Kolonialität bis heute anhält und das kapitalistische Weltsystem und seine vielfältigen Gewaltpraktiken aufrechterhält, muss die Friedens- und Konfliktforschung ihren eigenen Euro- und
Androzentrismus bearbeiten und ihre Verortung auf dem epistemischen Territorium der Moderne einer Kritik unterziehen. Ausgehend davon kann sie globale Macht-, Gewalt- und Herrschaftsverhältnisse wieder in einen glaubwürdigen herrschaftskritischen Blick bekommen. Feministische Perspektiven, die im Zentrum meiner Argumentation stehen, leisten für diese Grundlagenforschung einen wichtigen Beitrag.
https://www.friedensakademie-blog.eu/2022/01/24/gewaltfreiheit-weiter-denken-in-der-kolonialen-moderne-herausforderungen-und-ressourcen-der-friedensbildung/
https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/0175-274X-2017-4-196/von-selbstreflexion-zu-hegemonieselbstkritik-jahrgang-35-2017-heft-4?page=1
In reconsidering the paths that have led me to (as a student) and through (as a scholar) academia, research and the university, I realize that three issues have haunted me from the very beginning: violence, knowlege, and an explicitly critical perspective towards the entanglements between the two.
BLOG ENTRY FOR ARTICLE (SAME TITLE) IN IFJP - INTERNATIONAL FEMINIST JOURNAL OF POLITICS
http://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14616742.2015.1104151
demokratischer Gewaltlosigkeit ein ebenso differenziertes wie herausforderndes Gewaltverständnis entgegen.
Es geht ihr darum, unterschiedliche Erscheinungsformen von Gewalt zu analysieren und in zweierlei Hinsicht miteinander in Beziehung zu setzen: zum einen hinsichtlich der Rechtfertigung von Gewalt, und zum anderen hinsichtlich der epistemischen Vorbedingungen jenes Wissens, mit dem
sich überhaupt von Gewalt sprechen und Kritik an ihr üben lässt.
sprechen weiter. Wer etwas zu sagen hat, trete vor und schweige!“
(Kraus 1914: 2)
„We have to learn to work together in silence.“
(Spivak 2000, zit. n. Dhawan 2012: 57)
An der Schnittstelle von Friedensforschung, Internationalen Beziehungen, Politischer Theorie und Wissenssoziologie denke ich über das Verhältnis von Sprechen, Schweigen und (Zu)Hören nach, das sich aus meiner Beschäftigung mit dem Zusammenhang zwischen Wissens- und Gewaltverhältnissen ergibt, den insbesondere feministische sowie post- und dekoloniale Perspektiven problematisieren. Es geht also um
(nicht) sprechen, um (nicht) hören und um (nicht) gehört werden in der „Geopolitik des Wissens“, die historisch gewachsene und sich beständig erneuernde Ungleichheits- und Gewaltverhältnisse normalisiert.
Geschlecht steckt in gewaltförmigen Konflikten ebenso wie in Theorien des Friedens, im Krieg ebenso wie in seiner Analyse. Gerade aus Sicht der Friedens- und Konfliktforschung ist die zunehmende Infragestellung von Gender Studies daher ein beunruhigendes Zeichen antifeministischer Normalisierung, denn das Terrain geschlechter- und sexualitätspolitischer Auseinandersetzungen ist immer ein zutiefst umkämpftes und politisches.
The Peace Report 2012 addresses urgent issues surrounding the current crisis of democracy and the potential consequences of and possibilities for civil protest and civil resistance. This 26
th
edition, which presents the results of the State of Peace Conference 2012, has two novelties: For the first time it is published in English and edited by the Austrian Study Centre for Peace and Conflict Resolution (ASPR) in cooperation with the partner institutions of the recently formed Conflict Peace and Democracy Cluster (CPDC) – the Centre for Peace Research and Peace Education at the Alps-Adriatic University of Klagenfurt, the Institute of Conflict Research Vienna and the Democracy Centre Vienna. The book brings together 16 scientists and practitioners from different disciplinary, political, cultural, and field-related backgrounds and approaches. In their contributions, the authors not only discuss and analyse different aspects and issues of the current crisis of democracy but also elaborate on potential solutions and alternative courses of action. Accordingly, the book is structured along the following key themes: Global financial crisis and socio-economic alternatives; Feminist critique and resistance; Youth activism and education; Hotspots of ethno-national conflict and non-violent regime change; New media, security and freedom in the age of crisis
• Auf welche Weisen kann Menschenrechts-Lernen auch an Universitäten verankert werden und wie könnte dies aussehen?
• Inwiefern kann der Bezug auf Menschenrechte ein wirksames Mittel in der Auseinandersetzung um die Zukunft der Universitäten als Orte von Kritik an und Reflexion von Gesellschaft sein?
• Welche Herausforderungen und Begrenzungen birgt ein solcher Fokus in theoretischer und praktischer Hinsicht?
AutorInnen
Beiträge von Ron Barnett, Sabine Broeck, Gertrud Brücher, Claudia Brunner, Ingolf Erler, Carolina Guzman, Klemens Himpele, Andreas Keller, Florian Kerschbaumer, Shulamith Koenig, Peter G. Kirchschläger, Christine Löw, Monika Mayrhofer, Betty Reardon, Erich Ribolits, Josefine Scherling, Sabrina Schifrer, Felisa Tibbitts und Georges Younes spannen einen Bogen über das Thema aus unterschiedlichen disziplinären und thematischen Perspektiven.
Im Gespräch mit Lukas Kiemele:
In ihrem Buch ›Epistemische Gewalt – Wissen und Herrschaft in der kolonialen Moderne‹, das 2020 Open Access beim transcript-Verlag erschienen ist, untersucht sie den Zusammenhang von Wissen und Gewalt unter anderem aus einer wissenssoziologischen und dekolonialen Perspektive für den speziellen Anwendungsbereich der Friedens- und Konfliktforschung. Mehr zu ihrer Person und Arbeit findet sich auf der Webseite epistemicviolence.aau.at.
Die Podcast-Episode ist auch auf YouTube verfügbar.
Epistemische Gewalt ist ein Konzept, das beschreibt, wie Gewalt und die Produktion, Verbreitung und Anerkennung von Wissen zusammenhängen. Die Politikwissenschaftlerin Claudia Brunner erklärt in ihrem Vortrag, warum Vernichtungsprozesse von Menschen, zum Beispiel im Kolonialismus, auch Vernichtungsprozesse von Wissen und Lebensweisen waren.
Einführung: Claudia Brunner
Vortrag: Manuela Boatca
Respondenzen: Wiebke Keim, Florian Kerschbaumer
Wissen ist nicht das Gegenteil von Gewalt. Vielmehr ist das eine mit dem anderen eng verbunden. Ausgehend von der Kolonialität des Wissens, dem Begriff epistemische Gewalt und dem Ausloten von epistemischem Ungehorsam geht der Vortrag folgender Herausforderung nach:
Es scheint, dass mit der vermeintlichen ZIvilisierung des Militärs eine kognitive Militarisierung auch der Friedens- und Konfliktforschung einher geht. Letztere ist umso anfälliger dafür, selbst epistemisch gewaltförmig zu werden, je mehr sie auf weite Gewaltbegriffe verzichtet und sich in ihren Theorien, Methoden, Konzepten und Begriffen in Richtung Herrschaftswissen normalisiert.