Books by Sven Ellmers
Jetzt als OpenAccess verfügbar
Papers by Sven Ellmers
Gegenstand des Artikels sind die grundlegenden Quellen des modernen Antisemitismus. Im Zuge einer... more Gegenstand des Artikels sind die grundlegenden Quellen des modernen Antisemitismus. Im Zuge einer kritischen Erörterung der Theorien von Sigmund Freud, Erich Fromm und Moishe Postone zeigt sich: Der moderne Antisemitismus speist sich historisch aus religiösen Motiven, triebökonomisch aus dem Grundgefühl der Ohnmacht und ideologisch aus der selektiven Aneignung der (von Marx analysierten) Fetischformen.

Oldenburger Jahrbuch für Philosophie 2021/2022, 2024
Marx hat keine systematische Abhandlung zur Moral und Moralphilosophie verfasst. Gelegentlich er-... more Marx hat keine systematische Abhandlung zur Moral und Moralphilosophie verfasst. Gelegentlich er-wähnt er sie zusammen mit anderen sozialen Teilbereichen, Institutionen oder Bewusstseinsformen, denen er den „Schein der Selbstständigkeit“ (MEGA² I/5, 136) nehmen will, indem er sie auf den Stand der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse bezieht. Moral wird hier in einem Atemzug mit Geset-zen, Religion, Metaphysik, Wissenschaft, Familie und Kunst genannt (vgl. ebd., 135, MEGA² I/2, 264, MEW 4, 480). Die Stoßrichtung ist stets dieselbe: „Das Bewußtsein kann nie etwas Andres sein als das bewußte Sein, & das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozeß.“ (MEGA² I/5, 136) Nicht um die Spezifik der Moral und Moralphilosophie geht es hier, sondern um das allgemeine Verhältnis von mate-rieller und geistiger Produktion oder von Basis und Überbau. Eine Analyse dieser und vergleichbarer Passagen würde folglich nur in einer weiteren Abhandlung über den Historischen Materialismus mün-den.
Stattdessen möchte ich mich den Stellen widmen, in denen Moral und Moralphilosophie ein be-sonderer Gegenstand der Betrachtung sind. Dabei wird sich zeigen, dass der frühe Marx der Moral und Moralphilosophie nicht etwa kritisch gegenüberstand, weil er Determinist gewesen wäre (1.), sondern weil er ihre Existenz als Symptom entfremdeter Verhältnisse deutete (2.). Beim späten Marx findet sich diese soziologische Fundamentalkritik nicht mehr. Vielmehr geht er mit spezifischen moralphilosophi-schen Vorstellungen und Prinzipien ins Gericht – wie in seiner Auseinandersetzung mit Proudhons Kapi-talismuskritik (3.) oder leistungsbezogenen Sozialismusvorstellungen (4.). Marx begibt sich hier implizit auf das Terrain der normativen Ethik und gibt sich als relationaler Egalitarist und ethischer Perfektionist zu erkennen. Nach einem Rekurs auf die Entfremdungstheorie des frühen Marx (5.) werde ich dafür argumentieren, dass ihre normativen Prämissen auch für den späten Marx noch verbindlich waren (6.). Abschließend werde ich dem Vorwurf entgegentreten, Marx sei nicht nur sozialontologischer Holist, sondern auch sozialethischer Kollektivist gewesen.

Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie, 2023
Zusammenfassung Christine M. Korsgaard ist eine der einflussreichsten Stimmen der Gegenwartsphilo... more Zusammenfassung Christine M. Korsgaard ist eine der einflussreichsten Stimmen der Gegenwartsphilosophie. In ihren Arbeiten zur Moralphilosophie Kants verteidigt sie diese gegen zwei Einwände: erstens, dass der kategorische Imperativ auf externe Werte angewiesen ist, mithin als formales Testverfahren scheitere, und, zweitens, dass Kant empfindungsfähige Wesen, die kein Vernunftvermögen besitzen, aus seiner Ethik ausgeschlossen habe und ausschließen musste. Den ersten Einwand glaubt Korsgaard durch eine spezifische Interpretation des kantischen Widerspruchsverständnisses zumindest partiell zurückweisen zu können. Wie ich zeigen werde, unterschätzt Korsgaard allerdings die Probleme, die die Allgemeine Formel des kategorischen Imperativs mit sich bringt. Den zweiten Einwand wiederum glaubt Korsgaard in Form einer immanenten Kritik entkräften zu können: Kant selbst hätte auf Grundlage seines transzendentalen Arguments für die Selbstzweckformel zu dem Schluss kommen können, dass Tiere Zwecke an sich sind. Meine Thesen lauten, (a) dass Korsgaards Kant-Auslegung nicht vom Text gedeckt ist, (b) ihr Regressupon-the-conditions-Argument nicht zur Begründung einer interpersonellen Moral taugt und es (c) auch tierethisch nicht zum gewünschten Ziel führt.
From Marx to Hegel and Back, 2020

Philosophisches Jahrbuch, 2021
Nach Rahel Jaeggi gibt es drei Möglichkeiten, eine Gesellschaft unter normativen Gesichtspunkten ... more Nach Rahel Jaeggi gibt es drei Möglichkeiten, eine Gesellschaft unter normativen Gesichtspunkten zu kritisieren. Man könne extern, intern oder immanent verfahren. Nach Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile spricht sie sich für den immanenten Kritikmodus aus. Auf der einen Seite komme er, anders als die externe Kritik, ohne die problematische Annahme universell gültiger Normen aus, auf der anderen Seite setze er nicht, wie die interne Kritik, auf bloß kontingente Überzeugungen. Vielmehr könne immanente Kritik, darin einer Intention des frühen Marx folgend, entlang der Krisen- und Erosionserscheinungen der alten Gesellschaft die Grundprinzipien der neuen Gesellschaft entwickeln.
Die Hauptthese des Artikels ist, dass diese interessante Idee nicht aufgeht. Im ersten Teil wird Jaeggis knappe – und darum interpretationsbedürftige – Erörterung der externen Kritik nachvollzogen. Dabei zeigt sich, dass bereits die Charakterisierung der externen Kritik Ambivalenzen aufweist (1.1), Jaeggis Kritik universalistischer Ethiken auf Prämissen beruht, die nicht selbstverständlich sind (1.2), und auch ihre Kritik am Essentialismus und Paternalismus älterer Entfremdungstheorien es nicht vermag, der externen Normbegründung einen entscheidenden Schlag zu versetzen (1.3). Im zweiten Teil wird in knapper Form Jaeggis präzise Erörterung der internen Kritik nachgezeichnet. Die von Jaeggi präferierte immanente Kritik überzeugt indes nicht. Sie erweist sich als normativ unselbständig, weshalb sie keine Alternative zur externen und internen Kritik darstellt (Teil 3).

Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie, 2021
Zusammenfassung Die gegenwärtige Debatte über die normativen Grundlagen Kritischer Theorie lässt ... more Zusammenfassung Die gegenwärtige Debatte über die normativen Grundlagen Kritischer Theorie lässt sich nur vor dem Hintergrund ihrer Geschichte verstehen: Die Defizite in den Konzeptionen der 1. und 2. Generation strukturieren das Feld der Optionen, die heute noch als aussichtsreich gelten können. Der Blick zurück schärft den Blick nach vorn. Im ersten Teil des Beitrags werde ich deshalb die Hauptthesen, ethischen Implikationen und Einseitigkeiten von Horkheimers Zur Kritik der instrumentellen Vernunft darstellen. Im zweiten Teil werde ich die (von Horkheimer beiläufig angedachte und) von Habermas ausgearbeitete These diskutieren, dass der Sprache das nicht-instrumentelle Telos der Verständigung innewohnt. Zudem werde ich zeigen, dass es Habermas nicht gelingt, den für seine Diskursethik zentralen Universalisierungsgrundsatz abzuleiten. Wie sich die Begründungsprobleme bei Horkheimer und Habermas auf die gegenwärtige Debatte auswirken, werde ich im dritten Teil besprechen.

Zeitschrift für Ethik und Moralphilosophie, 2020
Die gegenwärtige Debatte um die normativen Grundlagen kritischer Gesellschaftstheorie weist eine ... more Die gegenwärtige Debatte um die normativen Grundlagen kritischer Gesellschaftstheorie weist eine große Bandbreite ethischer Positionen auf: vom (meta-)ethischen Negativismus, der gänzlich auf einen positiven Kritik-Maßstab verzichtet, über Entfremdungs- und Resonanztheorien, die zumindest eine grobe Vorstellung des guten Lebens vermitteln wollen, bis hin zu deontologischen Ansätzen, die Gesellschaftskritik in intelligibler Freiheit begründet sehen. Der folgende Beitrag zeigt, dass diese drei Grundpositionen sich mit Problemen konfrontiert sehen, die der hegelsche Freiheitsbegriff zu lösen vermag.
The current debate about the normative foundations of critical social theory shows a range of ethical positions: from the meta-ethical negativism, which completely dispenses with a positive criterion for critique, to theories of alienation and resonance, which give at least a rough idea of the good life, right down to deontological approaches, which argue that social criticism has to be based on intelligible freedom. The following article shows that these three basic positions face problems that the Hegelian concept of freedom can solve.

Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, 2019
Charakteristisch für die gegenwärtige Gesellschaft ist die konstitutive Rolle des Marktes. Vorbür... more Charakteristisch für die gegenwärtige Gesellschaft ist die konstitutive Rolle des Marktes. Vorbürgerliche Gesellschaften waren durch ein System von (familialer) Selbstversorgung und persönlichen Abhängigkeiten geprägt, weshalb sie Märkte nur als Randphänomen zuließen – ein Randphänomen, das durch Gebote der Tradition und Religion geprägt war. Bürgerliche Gesellschaften hingegen ersetzen die persönliche Abhängigkeit durch die sachliche Abhängigkeit privater Eigentümer. Märkte ergänzen daher nicht länger andere Produktionsweisen, sondern nehmen ihre Stelle ein. Geht man mit Aristoteles und Hegel davon aus, dass wir uns im alltäglichen Handeln weniger an kognitiv erschlossenen Prinzipien orientieren, sondern uns in erster Linie von Einstellungen leiten lassen, die wir durch soziale Routinen internalisiert haben, liegt die Vermutung nahe, dass Märkte auch unsere Persönlichkeitsmuster in einem viel stärkeren Maße prägen: Sie beeinflussen, wie wir uns selbst und unsere Mitmenschen wahrnehmen, was jeder von sich und anderen erwartet, wie wir uns selbst und unsere Mitbürger behandeln. Dieser Aufsatz wird zunächst dafür argumentieren, dass Märkte insbesondere narzisstische Einstellungen begünstigen – um im Anschluss zwei Möglichkeiten ihrer Begrenzung zu diskutieren.

Zeitschrift für kritische Sozialtheorie und Philosophie. Band 2, Heft 2 (erweiterte Version aus: I. Elbe, Gestalten der Gegenaufklärung, Würzburg 2015), Oct 2015
According to Hannah Arendt, the processes of acceleration and growth of modern economy result fro... more According to Hannah Arendt, the processes of acceleration and growth of modern economy result from the fact that the once concealed reproduction of human life has become a matter of public interest. Ever since, the biological metabolism of mankind and the labour required to sustain it are colonizing all other relations to the world. The following article calls these fundamental assumptions into question. It seeks to show i) that Arendt’s basic notions, such as ‘labour’ and ‘producing’, remain wholly ambiguous, ii) that she over-generalizes certain social and economic tendencies of her time, and iii) that the biological metabolism offers no satisfactory explanation for the self-referential economic growth she describes.
Arendt zufolge sind die Beschleunigungs- und Wachstumsprozesse der modernen Ökonomie darauf zurückzuführen, dass die ehemals verborgen gehaltene Reproduktion des menschlichen Lebens zum Gegenstand der Öffentlichkeit wurde; der biologische Stoffwechsel des Menschen und die für ihn zu leistende Arbeit kolonisieren seitdem alle anderen Weltbezüge. Der Artikel erläutert und hinterfragt die Grundannahmen dieser Zeitdiagnose. Dabei zeigt sich, dass Arendt i) Grundbegriffe wie ‚Arbeit‘ und ‚Herstellen‘ uneindeutig bestimmt, ii) gewisse sozialstrukturelle und ökonomische Tendenzen ihrer Zeit theoretisch überdehnt, indem sie sie als Endziele der Moderne ausgibt, und iii) mit dem biologischen Stoffwechsel keine tragfähige Erklärung für das von ihr beschriebene selbstreferentielle Wirtschaftswachstum anbietet.

Zusammenfassung: In den neueren Forschungen zur marxschen Werttheorie wird einhellig und mit beso... more Zusammenfassung: In den neueren Forschungen zur marxschen Werttheorie wird einhellig und mit besonderem Nachdruck darauf hingewiesen, dass abstrakte Ar-beit eine gesellschaftliche Eigenschaft der Arbeitsprodukte ist. Häufi g verstehen die Autoren unter dem mehrdeutigen Adjektiv jedoch Verschiedenes. Im folgenden Bei-trag zeige ich, dass schon Marx zu unterscheidende Sachverhalte im Sinn hatte, als er die gesellschaftliche Dimension der Wertsubstanz hervorhob: (i) ihren Bezug zur gesellschaftlich notwendigen Durchschnittsarbeitszeit, (ii) ihren Bezug zum gesell-schaftlichen Bedarf und (iii) die Geschichtlichkeit der warenproduzierenden Gesell-schaft. Ich denke, wir müssen auf der Linie von Marx einen Schritt weiterdenken. Die Hauptthese des Beitrags ist, dass die marxsche Werttheorie an Überzeugungskraft gewinnt, sobald den drei Bedeutungen des Adjektivs gesellschaftlich eine weitere zur Seite gestellt wird: die gesellschaftliche Wertschätzung (iv). Inwiefern sich diese These durch anderweitige anerkennungstheoretische Überlegungen im Kapital un-termauern lässt, wird abschließend diskutiert.
Abstract: Recent studies in Marx's theory of value unanimously emphasize that abstract labour is a social quality of the products of labour. However, the meaning of social remains quite ambiguous. In this article, I would like to show that Marx, too, already thought of diff erent matters when he underscored the social foundation of the substance of value: (i) its connection to the socially necessary labour time, (ii) its connection to social needs, and (iii) the historicality of the commodityproducing society. I think we ought to take Marx's argument a step further. His theory of value would be more persuasive still if the aforementioned meanings of social were complemented by yet another one: (iv) social recognition. Concludingly, I shall discuss if or to what extent this proposition might be substantiated by refl ections on recognition in Marx's Capital itself.
Edited Volumes by Sven Ellmers

Die Herrschaftsorganisation des modernen Kapitalismus unterscheidet sich Karl Marx zufolge grundl... more Die Herrschaftsorganisation des modernen Kapitalismus unterscheidet sich Karl Marx zufolge grundlegend von allen vorherigen Gesellschaftsformationen. Die anonyme Herrschaft hebt sich ihm zufolge von den persönlichen Abhängigkeitsverhältnissen des Feudalismus ab und wird im bürgerlichen Selbstverständnis als vernünftige Ordnung der Gewalt dargestellt, die jenseits menschlicher Willkür verortet sei.Im anzuzeigenden Band soll der Begriff anonymer Herrschaft ausgehend von Marx’ Diagnose einer ‚sachlichen Abhängigkeit’ im Kapitalismus entwickelt und auf seine Leistungen und Grenzen hin befragt werden: Wann liegt eine reale Verselbständigung von Staat und Kapital vor, wie unterscheiden sich moderne von vormodernen Herrschaftsformen und wann schlägt die Theorie in eine ideologische Anonymisierung von Herrschaft um? Um diese und weitere Fragen zu erörtern, werden auch alternative Konzepte anonymer Herrschaft behandelt, wie Bourdieus allgemeine Ökonomie der Praxis, Kelsens Idee der Normherrschaft oder Arendts Totalitarismustheorie.
Hegel war einer der ersten Theoretiker, der die soziale Bedeutung der zu Beginn des 19. Jahrhunde... more Hegel war einer der ersten Theoretiker, der die soziale Bedeutung der zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstehenden Marktgesellschaft reflektierte. Er betont dabei die Gefahren dieser Vergesellschaftungsform, aber auch deren emanzipative Potenziale. Letztere entfalten sich für ihn mit Hilfe der Institution der Korporation. In korporativen Vereinigungen verwandelt sich das zweckorientierte Gegeneinander der Marktakteure in wechselseitige Solidarität. Hegel nennt die Korporation daher auch die eigentliche ‚sittliche Wurzel‘ der bürgerlichen Gesellschaft. Im vorliegenden Band wird Hegels Korporationslehre rekonstruiert und auf ihre Aktualität hin befragt. Dafür werden Anschlüsse aus der Wirtschaftsphilosophie, der Sozialphilosophie sowie der politischen Philosophie diskutiert.

In klassischen und gegenwärtigen kritischen Theorien finden sich unterschiedliche Begründungsform... more In klassischen und gegenwärtigen kritischen Theorien finden sich unterschiedliche Begründungsformen von Kritik. Deren Gegenstand war in der frühen kritischen Theorie, ausgehend von Hegel und Marx, die gesellschaftliche Produktionsweise, dagegen rückten später die darin wirksamen Verständigungsund Anerkennungsverhältnisse in den Vordergrund. Damit veränderten sich jedoch auch die normativen Maßstäbe der Kritik. Der Frage nach deren Begründung kommt daher für das Selbstverständnis der kritischen Theorie besondere Bedeutung zu.
Die Beiträge des vorliegenden Bandes beschäftigen sich sowohl mit klassischen Positionen der Frankfurter Schule (Adorno, Habermas, Honneth) als auch mit Reaktualisierungen kantianischer, hegelianischer und marxistischer Theorien sowie mit aktuellen Ansätzen des Critical Realism und des Perfektionismus.
Mit Beiträgen von Peggy H. Breitenstein, Hauke Brunkhorst, Fabian Freyenhagen, Jochen Gimmel, Christoph Henning, Steffen K. Herrmann, Philip Hogh, Hannes Kuch, Frank Kuhne, Christine Kirchhoff, Kristina Lepold, Johanna M. Müller, Stefan Müller-Doohm, Hartmut Rosa, Hendrik Wallat.
Uploads
Books by Sven Ellmers
Papers by Sven Ellmers
Stattdessen möchte ich mich den Stellen widmen, in denen Moral und Moralphilosophie ein be-sonderer Gegenstand der Betrachtung sind. Dabei wird sich zeigen, dass der frühe Marx der Moral und Moralphilosophie nicht etwa kritisch gegenüberstand, weil er Determinist gewesen wäre (1.), sondern weil er ihre Existenz als Symptom entfremdeter Verhältnisse deutete (2.). Beim späten Marx findet sich diese soziologische Fundamentalkritik nicht mehr. Vielmehr geht er mit spezifischen moralphilosophi-schen Vorstellungen und Prinzipien ins Gericht – wie in seiner Auseinandersetzung mit Proudhons Kapi-talismuskritik (3.) oder leistungsbezogenen Sozialismusvorstellungen (4.). Marx begibt sich hier implizit auf das Terrain der normativen Ethik und gibt sich als relationaler Egalitarist und ethischer Perfektionist zu erkennen. Nach einem Rekurs auf die Entfremdungstheorie des frühen Marx (5.) werde ich dafür argumentieren, dass ihre normativen Prämissen auch für den späten Marx noch verbindlich waren (6.). Abschließend werde ich dem Vorwurf entgegentreten, Marx sei nicht nur sozialontologischer Holist, sondern auch sozialethischer Kollektivist gewesen.
Die Hauptthese des Artikels ist, dass diese interessante Idee nicht aufgeht. Im ersten Teil wird Jaeggis knappe – und darum interpretationsbedürftige – Erörterung der externen Kritik nachvollzogen. Dabei zeigt sich, dass bereits die Charakterisierung der externen Kritik Ambivalenzen aufweist (1.1), Jaeggis Kritik universalistischer Ethiken auf Prämissen beruht, die nicht selbstverständlich sind (1.2), und auch ihre Kritik am Essentialismus und Paternalismus älterer Entfremdungstheorien es nicht vermag, der externen Normbegründung einen entscheidenden Schlag zu versetzen (1.3). Im zweiten Teil wird in knapper Form Jaeggis präzise Erörterung der internen Kritik nachgezeichnet. Die von Jaeggi präferierte immanente Kritik überzeugt indes nicht. Sie erweist sich als normativ unselbständig, weshalb sie keine Alternative zur externen und internen Kritik darstellt (Teil 3).
The current debate about the normative foundations of critical social theory shows a range of ethical positions: from the meta-ethical negativism, which completely dispenses with a positive criterion for critique, to theories of alienation and resonance, which give at least a rough idea of the good life, right down to deontological approaches, which argue that social criticism has to be based on intelligible freedom. The following article shows that these three basic positions face problems that the Hegelian concept of freedom can solve.
Arendt zufolge sind die Beschleunigungs- und Wachstumsprozesse der modernen Ökonomie darauf zurückzuführen, dass die ehemals verborgen gehaltene Reproduktion des menschlichen Lebens zum Gegenstand der Öffentlichkeit wurde; der biologische Stoffwechsel des Menschen und die für ihn zu leistende Arbeit kolonisieren seitdem alle anderen Weltbezüge. Der Artikel erläutert und hinterfragt die Grundannahmen dieser Zeitdiagnose. Dabei zeigt sich, dass Arendt i) Grundbegriffe wie ‚Arbeit‘ und ‚Herstellen‘ uneindeutig bestimmt, ii) gewisse sozialstrukturelle und ökonomische Tendenzen ihrer Zeit theoretisch überdehnt, indem sie sie als Endziele der Moderne ausgibt, und iii) mit dem biologischen Stoffwechsel keine tragfähige Erklärung für das von ihr beschriebene selbstreferentielle Wirtschaftswachstum anbietet.
Abstract: Recent studies in Marx's theory of value unanimously emphasize that abstract labour is a social quality of the products of labour. However, the meaning of social remains quite ambiguous. In this article, I would like to show that Marx, too, already thought of diff erent matters when he underscored the social foundation of the substance of value: (i) its connection to the socially necessary labour time, (ii) its connection to social needs, and (iii) the historicality of the commodityproducing society. I think we ought to take Marx's argument a step further. His theory of value would be more persuasive still if the aforementioned meanings of social were complemented by yet another one: (iv) social recognition. Concludingly, I shall discuss if or to what extent this proposition might be substantiated by refl ections on recognition in Marx's Capital itself.
Edited Volumes by Sven Ellmers
Die Beiträge des vorliegenden Bandes beschäftigen sich sowohl mit klassischen Positionen der Frankfurter Schule (Adorno, Habermas, Honneth) als auch mit Reaktualisierungen kantianischer, hegelianischer und marxistischer Theorien sowie mit aktuellen Ansätzen des Critical Realism und des Perfektionismus.
Mit Beiträgen von Peggy H. Breitenstein, Hauke Brunkhorst, Fabian Freyenhagen, Jochen Gimmel, Christoph Henning, Steffen K. Herrmann, Philip Hogh, Hannes Kuch, Frank Kuhne, Christine Kirchhoff, Kristina Lepold, Johanna M. Müller, Stefan Müller-Doohm, Hartmut Rosa, Hendrik Wallat.
Stattdessen möchte ich mich den Stellen widmen, in denen Moral und Moralphilosophie ein be-sonderer Gegenstand der Betrachtung sind. Dabei wird sich zeigen, dass der frühe Marx der Moral und Moralphilosophie nicht etwa kritisch gegenüberstand, weil er Determinist gewesen wäre (1.), sondern weil er ihre Existenz als Symptom entfremdeter Verhältnisse deutete (2.). Beim späten Marx findet sich diese soziologische Fundamentalkritik nicht mehr. Vielmehr geht er mit spezifischen moralphilosophi-schen Vorstellungen und Prinzipien ins Gericht – wie in seiner Auseinandersetzung mit Proudhons Kapi-talismuskritik (3.) oder leistungsbezogenen Sozialismusvorstellungen (4.). Marx begibt sich hier implizit auf das Terrain der normativen Ethik und gibt sich als relationaler Egalitarist und ethischer Perfektionist zu erkennen. Nach einem Rekurs auf die Entfremdungstheorie des frühen Marx (5.) werde ich dafür argumentieren, dass ihre normativen Prämissen auch für den späten Marx noch verbindlich waren (6.). Abschließend werde ich dem Vorwurf entgegentreten, Marx sei nicht nur sozialontologischer Holist, sondern auch sozialethischer Kollektivist gewesen.
Die Hauptthese des Artikels ist, dass diese interessante Idee nicht aufgeht. Im ersten Teil wird Jaeggis knappe – und darum interpretationsbedürftige – Erörterung der externen Kritik nachvollzogen. Dabei zeigt sich, dass bereits die Charakterisierung der externen Kritik Ambivalenzen aufweist (1.1), Jaeggis Kritik universalistischer Ethiken auf Prämissen beruht, die nicht selbstverständlich sind (1.2), und auch ihre Kritik am Essentialismus und Paternalismus älterer Entfremdungstheorien es nicht vermag, der externen Normbegründung einen entscheidenden Schlag zu versetzen (1.3). Im zweiten Teil wird in knapper Form Jaeggis präzise Erörterung der internen Kritik nachgezeichnet. Die von Jaeggi präferierte immanente Kritik überzeugt indes nicht. Sie erweist sich als normativ unselbständig, weshalb sie keine Alternative zur externen und internen Kritik darstellt (Teil 3).
The current debate about the normative foundations of critical social theory shows a range of ethical positions: from the meta-ethical negativism, which completely dispenses with a positive criterion for critique, to theories of alienation and resonance, which give at least a rough idea of the good life, right down to deontological approaches, which argue that social criticism has to be based on intelligible freedom. The following article shows that these three basic positions face problems that the Hegelian concept of freedom can solve.
Arendt zufolge sind die Beschleunigungs- und Wachstumsprozesse der modernen Ökonomie darauf zurückzuführen, dass die ehemals verborgen gehaltene Reproduktion des menschlichen Lebens zum Gegenstand der Öffentlichkeit wurde; der biologische Stoffwechsel des Menschen und die für ihn zu leistende Arbeit kolonisieren seitdem alle anderen Weltbezüge. Der Artikel erläutert und hinterfragt die Grundannahmen dieser Zeitdiagnose. Dabei zeigt sich, dass Arendt i) Grundbegriffe wie ‚Arbeit‘ und ‚Herstellen‘ uneindeutig bestimmt, ii) gewisse sozialstrukturelle und ökonomische Tendenzen ihrer Zeit theoretisch überdehnt, indem sie sie als Endziele der Moderne ausgibt, und iii) mit dem biologischen Stoffwechsel keine tragfähige Erklärung für das von ihr beschriebene selbstreferentielle Wirtschaftswachstum anbietet.
Abstract: Recent studies in Marx's theory of value unanimously emphasize that abstract labour is a social quality of the products of labour. However, the meaning of social remains quite ambiguous. In this article, I would like to show that Marx, too, already thought of diff erent matters when he underscored the social foundation of the substance of value: (i) its connection to the socially necessary labour time, (ii) its connection to social needs, and (iii) the historicality of the commodityproducing society. I think we ought to take Marx's argument a step further. His theory of value would be more persuasive still if the aforementioned meanings of social were complemented by yet another one: (iv) social recognition. Concludingly, I shall discuss if or to what extent this proposition might be substantiated by refl ections on recognition in Marx's Capital itself.
Die Beiträge des vorliegenden Bandes beschäftigen sich sowohl mit klassischen Positionen der Frankfurter Schule (Adorno, Habermas, Honneth) als auch mit Reaktualisierungen kantianischer, hegelianischer und marxistischer Theorien sowie mit aktuellen Ansätzen des Critical Realism und des Perfektionismus.
Mit Beiträgen von Peggy H. Breitenstein, Hauke Brunkhorst, Fabian Freyenhagen, Jochen Gimmel, Christoph Henning, Steffen K. Herrmann, Philip Hogh, Hannes Kuch, Frank Kuhne, Christine Kirchhoff, Kristina Lepold, Johanna M. Müller, Stefan Müller-Doohm, Hartmut Rosa, Hendrik Wallat.