Lennart Biskup
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Papers by Lennart Biskup
Vor dem Hintergrund dieses Befundes stellt sich allerdings die Frage, ob ein radikaler politischer Wandel in Richtung Demokratie überhaupt das Hauptziel der maßgeblichen Kräfte des Arabischen Frühlings gewesen ist, oder ob hinter deren Engagement nicht gänzlich andere Motive zu vermuten sind.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher die Beantwortung der Frage nach den tatsächlichen Motiven der Hauptakteure des Arabischen Frühlings für die Initiierung und Durchführung der Aufstände. Es wird an dieser Stelle davon ausgegangen, dass die sogenannten neuen Mittelschichten in den arabischen Staaten als die wesentlichen Triebkräfte der Proteste angesehen werden können. Um diese grundlegende Ausgangsannahme zu untersuchen, soll im Folgenden zuerst der Versuch einer Definition der neuen Mittelschichten in den arabischen Staaten der MENA-Region unternommen werden, auf deren Basis die weiteren Arbeitsschritte durchgeführt werden können. An die Definition anschließend, soll die konkrete Rolle untersucht werden, welche die neuen Mittelschichten im Rahmen der Ereignisse des Arabischen Frühling gespielt haben, bevor im dritten Teil der Arbeit die Frage nach den grundlegenden Motiven und Zielen der Mittelschichtsakteure bei ihrem Engagement im Rahmen der Proteste gestellt wird. Im abschließenden Fazit sollen die wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst und darauf aufbauend die Ausgangsfrage beantwortet werden, ob ein demokratischer Wandel tatsächlich das Ziel der Hauptakteure des Arabischen Frühlings gewesen ist und welche Motive stattdessen ausschlaggebend für ihre Beteiligung an den Aufständen gewesen sein könnten.
ideelle Entwicklung und Ausgestaltung der gesamten Region spielten.
Über diese grundlegende Gemeinsamkeit hinaus, welche beide Staaten zu äußerst interessanten und herausfordernden Objekten politikwissenschaftlicher Untersuchungen werden lässt und die außerdem eine generelle Vergleichbarkeit gewährleistet, unterscheiden sich Ägypten und Saudi-Arabien mit Blick auf maßgebliche politische, ökonomische, soziale und kulturelle Merkmale allerdings erheblich. Ägypten steht dabei als militärisch relativ starke, jedoch rohstoffarme, säkulare Republik mit einer großen Bevölkerungszahl in scharfem Kontrast zur konservativ-religiösen Monarchie Saudi-Arabiens, deren zahlenmäßig geringe Bevölkerung von riesigen Ölvorkommen profitiert, während die saudischen Streitkräfte nicht annähernd über das militärische Potential der ägyptischen Armee verfügen. Derart divergierende Ausprägungen bedeutender gesellschaftlicher Faktoren lassen intuitiv erwarten, dass sich die starke Gegensätzlichkeit beider Staaten auch im Bereich ihres außenpolitischen Handelns widerspiegelt und hier zu deutlich unterschiedlichen Ausrichtungen führt. Betrachtet man jedoch die Entwicklung der Außenpolitik Ägyptens und Saudi-Arabiens gegenüber Israel und der USA seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, zeigt sich in beiden Fällen überraschenderweise die klare gemeinsame Tendenz eines kooperativen Kurses. Die vorliegende Arbeit soll vor diesem Hintergrund der Beantwortung der Frage nachgehen, welche Faktoren für die ähnliche Entwicklung der Außenpolitik Ägyptens und Saudi-Arabiens gegenüber Israel und der USA in einem Untersuchungszeitraum von der Machtergreifung des ägyptischen Präsidenten Nasser 1952 bis zum Ausbruch des sogenannten
Arabischen Frühlings 2011 verantwortlich waren. Als theoretischer Referenzrahmen für dieses Vorhaben bietet sich dabei das Modell des complex realism von Hinnebusch und Ehteshami an, dessen multiple und vielschichtige Analysedimensionen außenpolitischen Verhaltens den
eingangs durch das Zitat Fred Hallidays angedeuteten komplexen gesellschaftlichen und politischen Realitäten im Nahen- und Mittleren Osten zumindest ansatzweise gerecht werden.
Obwohl ISB als die größten und wichtigsten Sozialen Bewegungen (SB) in der arabischen Welt gelten können und in der Öffentlichkeit teilweise erhebliche Aufmerksamkeit generierten, konnte die traditionelle westliche Bewegungsforschung in der Vergangenheit aus unterschiedlichen Gründen relativ wenig zu einem zufriedenstellenden Verständnis dieses Phänomens beitragen. Zum einen war die Analyse von SB im Westen stark auf normativ-zivilgesellschaftliche Ansätze fokussiert, welche ISB unberücksichtigt ließen, da diese nicht als demokratiefähig galten und meist anhand informeller Strukturen organisiert waren und sind (vgl. Meijer 2005: 287f). Zum anderen konzentrierte sich die traditionelle Forschung in ihren Erklärungsansätzen bezüglich der Ursachen des Zustandekommens von SB einseitig auf materielle gesellschaftliche Missstände wie Armut, ökonomische Ungleichheit und Ausbeutungsverhältnisse (vgl. Oberschall 2004: 34). Seit einigen Jahren ist jedoch verstärkt der Versuch zu beobachten, Erkenntnisse aus dem Bereich der Social-Movement-Theory (SMT) auf ISB anzuwenden. Ansätze der SMT beschäftigen sich dabei in erster Linie mit den Organisationsmechanismen von ISB im Kontext autoritärer und repressiver politischer Systeme, ohne eine demokratische Zielsetzung der entsprechenden Bewegungen zur unbedingten Voraussetzung einer wissenschaftlichen Untersuchung zu machen (vgl. Meijer 2005: 287f). Desweiteren kommen zunehmend Elemente der New Social Movement- Theorien (NSM) zur Anwendung, welche sich bei der Analyse von ISB von rein materialistischen Ansätzen entfernen und stattdessen stärker wertezentrierte Erklärungsmechanismen in den Vordergrund stellen (vgl. Sutton /Vertigans 2006: 102). Die Anwendung von SMT und NSM- Theorien auf das Phänomen von ISB konnte das Verständnis der Wissenschaft für den Untersuchungsgegenstand insgesamt in vielfacher Hinsicht erheblich erweitern und so zur Schaffung neuer Perspektiven und Analysedimensionen beitragen (vgl. Haklai 2009: 37ff). Eine zentrale Erkenntnis für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist dabei, dass die Anhänger von ISB nicht lediglich aus den Reihen der ökonomisch-marginalisierten Unterschichten der arabischen Gesellschaften rekrutiert werden (vgl. Wickham 2002: 120). Individuelle soziale und ökonomische Deprivation trägt zwar zum Erstarken von ISB bei, reicht aber als alleiniger Grund nicht aus, um ihr verstärktes Auftreten hinreichend zu erklären. Stattdessen müssen die Funktionsmechanismen der erfolgreichen Mobilisierung und Organisation von entsprechenden Anhängerschaften durch ISB stärker in den Fokus von Untersuchungen treten (vgl. Meijer 2005: 280). Da ökonomische Interessen nicht als individuelles Hauptmotiv für die Beteiligung an einer ISB angesehen werden können, spielen ideologische Faktoren für die Gewinnung von Anhängern mutmaßlich eine entscheidende Rolle (vgl. Haklai 2009: 38f). ISB können hierbei im Geiste der NSM-Theorien als „New Social Movements“ angesehen werden, welche vor allem durch die Vermittlung bestimmter Werte und Identitätsangebote versuchen, Anhänger zu rekrutieren und zu mobilisieren (vgl. Meijer 2005: 282). Diejenigen nicht-materiellen und religiösen Werte, welche Islamistische Soziale Bewegungen dabei vertreten, sind den postmateriellen Werten der NSM-Theorien insofern ähnlich, als dass sie, und nicht lediglich ökonomische Missstände, ausschlaggebend für die Gewinnung von Mitgliedern sind (vgl. Sutton/Vertigans 2006: 105). Tarrow merkt dazu an:
„Because it is so reliable a source of emotion, religion is a recurring source of social movement framing“ (Tarrow 1998: 112)
Vor diesem Hintergrund scheint es für ein tieferes Verständnis von ISB wichtig zu sein, sich eingehender mit dem Konzept des sogenannten „Framings“ im Kontext islamistischer Bewegungen zu beschäftigen (vgl. Meijer 2005: 282).
Die vorliegende Arbeit möchte in diesem Sinne zu einem besseren Verständnis der ideologischen Anziehungskraft von ISB beitragen, indem in einem ersten Schritt die theoretischen Grundannahmen des Framing-Konzepts erläutert werden. Anschließend soll detaillierter darauf eingegangen werden, welche allgemeinen Merkmale und Muster Framing-Prozesse im Kontext Islamistischer Sozialer Bewegungen aufweisen, bevor anhand der ägyptischen Muslimbruderschaft in den 1980er und frühen 90er Jahren beispielhaft aufgezeigt wird, welche spezifischen Inhalte Framing-Prozesse von ISB enthalten können, die zum Ziel haben, Anhänger für die Bewegung zu gewinnen und sie zur Ausführung von Handlungen im Sinne der den Frames zugrunde liegenden Ideologie zu motivieren.
betreibt auf aggressive Weise die weltweite Verbreitung
seiner wahabitischen Staatsreligion, welche die ideologische
Grundlage für fundamentalistische und jihadistische
Gruppierungen und Bewegungen überall auf dem Globus
liefert. Auch in Deutschland und anderen europäischen
Staaten ist die Monarchie bestrebt, auf verschiedenen Wegen
missionarische Tätigkeiten auszuüben, um die hiesigen
muslimischen Minderheiten mit ihrem extrem intoleranten
und radikalen Islamverständnis zu indoktrinieren,
wodurch Parallelgesellschaften gefördert, Integration verhindert
sowie islamistische Radikalisierungsprozesse beschleunigt
werden. Das vorliegende Paper untersucht vor
diesem Hintergrund die personellen, finanziellen und organisatorischen
Kanäle saudischer Einflussnahme auf
islamische Organisationen, Vereine und Verbände in
Deutschland und zeigt Ansätze bestehender Netzwerke
auf. Dabei rücken auch Organisationen wie die Islamische
Gemeinschaft in Deutschland e.V. oder der Zentralrat der
Muslime in Deutschland e.V. in den Fokus der Betrachtung,
die eine ideologische Nähe zur Muslimbruderschaft
(MB) aufweisen. Es zeigen sich organisatorische Verflechtungen
und Seilschaften, welche von dem gemeinsamen
Ziel der Etablierung islamistischer Parallelstrukturen zusammengehalten
werden, in denen muslimische Minderheiten
nach den Regeln und Gesetzen der Scharia leben
können sollen. Die deutsche Politik muss sich in diesem
Zusammenhang dringend fragen, ob die entsprechenden
Organisationen weiterhin als offizielle Dialogpartner und
legitime Vertreter der in Deutschland lebenden Muslime
angesehen werden sollten
Die Frage nach den Gründen für die Langlebigkeit autoritärer Regime im Nahen und Mittleren Osten ist daher vor allem eine Frage nach dem Charakter der zivil-militärischen Beziehungen in diesen Staaten. Das Überleben eines Regimes hängt in erster Linie von seinem Verhältnis zum Militär ab. Gelingt es einem autoritären Regime, das eigene Militär zu kontrollieren und sich somit dessen Loyalität zu sichern, erhöht es seine langfristigen Überlebenschancen erheblich.
Die Beispiele der Regime Saddam Husseins im Irak von 1979 bis 2003 und Hafiz al-Assads in Syrien von 1970 bis 2000 können in diesem Kontext als Paradebeispiele einer erfolgreichen langfristigen Kontrolle des Militärs durch autoritäre Regime im NMO gelten. In beiden Staaten herrschte über viele Jahrzehnte hinweg eine diktatorische Regierung, die jeweils von Mitgliedern konfessioneller Minderheiten dominiert wurde und eine spezifische Kombination von Instrumenten zur Kontrolle des eigenen Militärs benutzte, um sich so dessen Loyalität und damit das eigene Überleben zu sichern.
Vor diesem Hintergrund vergleicht die vorliegende Arbeit, mit welchen Methoden es den Regimen Husseins bzw. Assads gelang, während ihrer Herrschaft eine effektive Kontrolle über das Militär auszuüben und so die erfolgreiche Durchführung von Putschen zu verhindern.
Vielfach wird darauf hingewiesen, dass Analysten von extremistischen Bewegungen, neben dem sozio-politischen Entstehungskontext in welchem diese entstanden und sich weiterentwickelten, auch die Ideologie der entsprechenden Organisationen untersuchen müssten, um zu einem möglichst vollständigen Bild über ihren jeweiligen Untersuchungsgegenstand kommen zu können. Dementsprechend wird im Zuge der Betrachtung des Entstehungskontextes und der Weiterentwicklung des IS in diesem Paper wiederholt Bezug zur Ideologie der Organisation genommen, deren grundlegende Kenntnis zu einem besseren Verständnis des Verhaltens und der strategischen Ausrichtung des Islamischen Staates beitragen soll.
Auf Grundlage der Analyse des wesentlichen Entstehungskontextes des IS, der weiteren Entwicklung der Organisation, sowie ihrer grundsätzlichen Ideologie, sollen letztendlich die außenpolitischen und strategischen Ziele des selbsternannten Islamischen Staates deutlich gemacht und die Frage beantwortet werden, ob und in welchem Umfang diese als expansiv angesehen werden können.
Vor dem Hintergrund dieses Befundes stellt sich allerdings die Frage, ob ein radikaler politischer Wandel in Richtung Demokratie überhaupt das Hauptziel der maßgeblichen Kräfte des Arabischen Frühlings gewesen ist, oder ob hinter deren Engagement nicht gänzlich andere Motive zu vermuten sind.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher die Beantwortung der Frage nach den tatsächlichen Motiven der Hauptakteure des Arabischen Frühlings für die Initiierung und Durchführung der Aufstände. Es wird an dieser Stelle davon ausgegangen, dass die sogenannten neuen Mittelschichten in den arabischen Staaten als die wesentlichen Triebkräfte der Proteste angesehen werden können. Um diese grundlegende Ausgangsannahme zu untersuchen, soll im Folgenden zuerst der Versuch einer Definition der neuen Mittelschichten in den arabischen Staaten der MENA-Region unternommen werden, auf deren Basis die weiteren Arbeitsschritte durchgeführt werden können. An die Definition anschließend, soll die konkrete Rolle untersucht werden, welche die neuen Mittelschichten im Rahmen der Ereignisse des Arabischen Frühling gespielt haben, bevor im dritten Teil der Arbeit die Frage nach den grundlegenden Motiven und Zielen der Mittelschichtsakteure bei ihrem Engagement im Rahmen der Proteste gestellt wird. Im abschließenden Fazit sollen die wesentlichen Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst und darauf aufbauend die Ausgangsfrage beantwortet werden, ob ein demokratischer Wandel tatsächlich das Ziel der Hauptakteure des Arabischen Frühlings gewesen ist und welche Motive stattdessen ausschlaggebend für ihre Beteiligung an den Aufständen gewesen sein könnten.
ideelle Entwicklung und Ausgestaltung der gesamten Region spielten.
Über diese grundlegende Gemeinsamkeit hinaus, welche beide Staaten zu äußerst interessanten und herausfordernden Objekten politikwissenschaftlicher Untersuchungen werden lässt und die außerdem eine generelle Vergleichbarkeit gewährleistet, unterscheiden sich Ägypten und Saudi-Arabien mit Blick auf maßgebliche politische, ökonomische, soziale und kulturelle Merkmale allerdings erheblich. Ägypten steht dabei als militärisch relativ starke, jedoch rohstoffarme, säkulare Republik mit einer großen Bevölkerungszahl in scharfem Kontrast zur konservativ-religiösen Monarchie Saudi-Arabiens, deren zahlenmäßig geringe Bevölkerung von riesigen Ölvorkommen profitiert, während die saudischen Streitkräfte nicht annähernd über das militärische Potential der ägyptischen Armee verfügen. Derart divergierende Ausprägungen bedeutender gesellschaftlicher Faktoren lassen intuitiv erwarten, dass sich die starke Gegensätzlichkeit beider Staaten auch im Bereich ihres außenpolitischen Handelns widerspiegelt und hier zu deutlich unterschiedlichen Ausrichtungen führt. Betrachtet man jedoch die Entwicklung der Außenpolitik Ägyptens und Saudi-Arabiens gegenüber Israel und der USA seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, zeigt sich in beiden Fällen überraschenderweise die klare gemeinsame Tendenz eines kooperativen Kurses. Die vorliegende Arbeit soll vor diesem Hintergrund der Beantwortung der Frage nachgehen, welche Faktoren für die ähnliche Entwicklung der Außenpolitik Ägyptens und Saudi-Arabiens gegenüber Israel und der USA in einem Untersuchungszeitraum von der Machtergreifung des ägyptischen Präsidenten Nasser 1952 bis zum Ausbruch des sogenannten
Arabischen Frühlings 2011 verantwortlich waren. Als theoretischer Referenzrahmen für dieses Vorhaben bietet sich dabei das Modell des complex realism von Hinnebusch und Ehteshami an, dessen multiple und vielschichtige Analysedimensionen außenpolitischen Verhaltens den
eingangs durch das Zitat Fred Hallidays angedeuteten komplexen gesellschaftlichen und politischen Realitäten im Nahen- und Mittleren Osten zumindest ansatzweise gerecht werden.
Obwohl ISB als die größten und wichtigsten Sozialen Bewegungen (SB) in der arabischen Welt gelten können und in der Öffentlichkeit teilweise erhebliche Aufmerksamkeit generierten, konnte die traditionelle westliche Bewegungsforschung in der Vergangenheit aus unterschiedlichen Gründen relativ wenig zu einem zufriedenstellenden Verständnis dieses Phänomens beitragen. Zum einen war die Analyse von SB im Westen stark auf normativ-zivilgesellschaftliche Ansätze fokussiert, welche ISB unberücksichtigt ließen, da diese nicht als demokratiefähig galten und meist anhand informeller Strukturen organisiert waren und sind (vgl. Meijer 2005: 287f). Zum anderen konzentrierte sich die traditionelle Forschung in ihren Erklärungsansätzen bezüglich der Ursachen des Zustandekommens von SB einseitig auf materielle gesellschaftliche Missstände wie Armut, ökonomische Ungleichheit und Ausbeutungsverhältnisse (vgl. Oberschall 2004: 34). Seit einigen Jahren ist jedoch verstärkt der Versuch zu beobachten, Erkenntnisse aus dem Bereich der Social-Movement-Theory (SMT) auf ISB anzuwenden. Ansätze der SMT beschäftigen sich dabei in erster Linie mit den Organisationsmechanismen von ISB im Kontext autoritärer und repressiver politischer Systeme, ohne eine demokratische Zielsetzung der entsprechenden Bewegungen zur unbedingten Voraussetzung einer wissenschaftlichen Untersuchung zu machen (vgl. Meijer 2005: 287f). Desweiteren kommen zunehmend Elemente der New Social Movement- Theorien (NSM) zur Anwendung, welche sich bei der Analyse von ISB von rein materialistischen Ansätzen entfernen und stattdessen stärker wertezentrierte Erklärungsmechanismen in den Vordergrund stellen (vgl. Sutton /Vertigans 2006: 102). Die Anwendung von SMT und NSM- Theorien auf das Phänomen von ISB konnte das Verständnis der Wissenschaft für den Untersuchungsgegenstand insgesamt in vielfacher Hinsicht erheblich erweitern und so zur Schaffung neuer Perspektiven und Analysedimensionen beitragen (vgl. Haklai 2009: 37ff). Eine zentrale Erkenntnis für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist dabei, dass die Anhänger von ISB nicht lediglich aus den Reihen der ökonomisch-marginalisierten Unterschichten der arabischen Gesellschaften rekrutiert werden (vgl. Wickham 2002: 120). Individuelle soziale und ökonomische Deprivation trägt zwar zum Erstarken von ISB bei, reicht aber als alleiniger Grund nicht aus, um ihr verstärktes Auftreten hinreichend zu erklären. Stattdessen müssen die Funktionsmechanismen der erfolgreichen Mobilisierung und Organisation von entsprechenden Anhängerschaften durch ISB stärker in den Fokus von Untersuchungen treten (vgl. Meijer 2005: 280). Da ökonomische Interessen nicht als individuelles Hauptmotiv für die Beteiligung an einer ISB angesehen werden können, spielen ideologische Faktoren für die Gewinnung von Anhängern mutmaßlich eine entscheidende Rolle (vgl. Haklai 2009: 38f). ISB können hierbei im Geiste der NSM-Theorien als „New Social Movements“ angesehen werden, welche vor allem durch die Vermittlung bestimmter Werte und Identitätsangebote versuchen, Anhänger zu rekrutieren und zu mobilisieren (vgl. Meijer 2005: 282). Diejenigen nicht-materiellen und religiösen Werte, welche Islamistische Soziale Bewegungen dabei vertreten, sind den postmateriellen Werten der NSM-Theorien insofern ähnlich, als dass sie, und nicht lediglich ökonomische Missstände, ausschlaggebend für die Gewinnung von Mitgliedern sind (vgl. Sutton/Vertigans 2006: 105). Tarrow merkt dazu an:
„Because it is so reliable a source of emotion, religion is a recurring source of social movement framing“ (Tarrow 1998: 112)
Vor diesem Hintergrund scheint es für ein tieferes Verständnis von ISB wichtig zu sein, sich eingehender mit dem Konzept des sogenannten „Framings“ im Kontext islamistischer Bewegungen zu beschäftigen (vgl. Meijer 2005: 282).
Die vorliegende Arbeit möchte in diesem Sinne zu einem besseren Verständnis der ideologischen Anziehungskraft von ISB beitragen, indem in einem ersten Schritt die theoretischen Grundannahmen des Framing-Konzepts erläutert werden. Anschließend soll detaillierter darauf eingegangen werden, welche allgemeinen Merkmale und Muster Framing-Prozesse im Kontext Islamistischer Sozialer Bewegungen aufweisen, bevor anhand der ägyptischen Muslimbruderschaft in den 1980er und frühen 90er Jahren beispielhaft aufgezeigt wird, welche spezifischen Inhalte Framing-Prozesse von ISB enthalten können, die zum Ziel haben, Anhänger für die Bewegung zu gewinnen und sie zur Ausführung von Handlungen im Sinne der den Frames zugrunde liegenden Ideologie zu motivieren.
betreibt auf aggressive Weise die weltweite Verbreitung
seiner wahabitischen Staatsreligion, welche die ideologische
Grundlage für fundamentalistische und jihadistische
Gruppierungen und Bewegungen überall auf dem Globus
liefert. Auch in Deutschland und anderen europäischen
Staaten ist die Monarchie bestrebt, auf verschiedenen Wegen
missionarische Tätigkeiten auszuüben, um die hiesigen
muslimischen Minderheiten mit ihrem extrem intoleranten
und radikalen Islamverständnis zu indoktrinieren,
wodurch Parallelgesellschaften gefördert, Integration verhindert
sowie islamistische Radikalisierungsprozesse beschleunigt
werden. Das vorliegende Paper untersucht vor
diesem Hintergrund die personellen, finanziellen und organisatorischen
Kanäle saudischer Einflussnahme auf
islamische Organisationen, Vereine und Verbände in
Deutschland und zeigt Ansätze bestehender Netzwerke
auf. Dabei rücken auch Organisationen wie die Islamische
Gemeinschaft in Deutschland e.V. oder der Zentralrat der
Muslime in Deutschland e.V. in den Fokus der Betrachtung,
die eine ideologische Nähe zur Muslimbruderschaft
(MB) aufweisen. Es zeigen sich organisatorische Verflechtungen
und Seilschaften, welche von dem gemeinsamen
Ziel der Etablierung islamistischer Parallelstrukturen zusammengehalten
werden, in denen muslimische Minderheiten
nach den Regeln und Gesetzen der Scharia leben
können sollen. Die deutsche Politik muss sich in diesem
Zusammenhang dringend fragen, ob die entsprechenden
Organisationen weiterhin als offizielle Dialogpartner und
legitime Vertreter der in Deutschland lebenden Muslime
angesehen werden sollten
Die Frage nach den Gründen für die Langlebigkeit autoritärer Regime im Nahen und Mittleren Osten ist daher vor allem eine Frage nach dem Charakter der zivil-militärischen Beziehungen in diesen Staaten. Das Überleben eines Regimes hängt in erster Linie von seinem Verhältnis zum Militär ab. Gelingt es einem autoritären Regime, das eigene Militär zu kontrollieren und sich somit dessen Loyalität zu sichern, erhöht es seine langfristigen Überlebenschancen erheblich.
Die Beispiele der Regime Saddam Husseins im Irak von 1979 bis 2003 und Hafiz al-Assads in Syrien von 1970 bis 2000 können in diesem Kontext als Paradebeispiele einer erfolgreichen langfristigen Kontrolle des Militärs durch autoritäre Regime im NMO gelten. In beiden Staaten herrschte über viele Jahrzehnte hinweg eine diktatorische Regierung, die jeweils von Mitgliedern konfessioneller Minderheiten dominiert wurde und eine spezifische Kombination von Instrumenten zur Kontrolle des eigenen Militärs benutzte, um sich so dessen Loyalität und damit das eigene Überleben zu sichern.
Vor diesem Hintergrund vergleicht die vorliegende Arbeit, mit welchen Methoden es den Regimen Husseins bzw. Assads gelang, während ihrer Herrschaft eine effektive Kontrolle über das Militär auszuüben und so die erfolgreiche Durchführung von Putschen zu verhindern.
Vielfach wird darauf hingewiesen, dass Analysten von extremistischen Bewegungen, neben dem sozio-politischen Entstehungskontext in welchem diese entstanden und sich weiterentwickelten, auch die Ideologie der entsprechenden Organisationen untersuchen müssten, um zu einem möglichst vollständigen Bild über ihren jeweiligen Untersuchungsgegenstand kommen zu können. Dementsprechend wird im Zuge der Betrachtung des Entstehungskontextes und der Weiterentwicklung des IS in diesem Paper wiederholt Bezug zur Ideologie der Organisation genommen, deren grundlegende Kenntnis zu einem besseren Verständnis des Verhaltens und der strategischen Ausrichtung des Islamischen Staates beitragen soll.
Auf Grundlage der Analyse des wesentlichen Entstehungskontextes des IS, der weiteren Entwicklung der Organisation, sowie ihrer grundsätzlichen Ideologie, sollen letztendlich die außenpolitischen und strategischen Ziele des selbsternannten Islamischen Staates deutlich gemacht und die Frage beantwortet werden, ob und in welchem Umfang diese als expansiv angesehen werden können.