This paper presents findings from the interdisciplinary research-project Signs of the Metropolise... more This paper presents findings from the interdisciplinary research-project Signs of the Metropolises: Visual multilingualism in the Ruhr Area/Germany, which investigates the occurrence, regional distribution, function, production and perception of visual multilingualism in representative neighbourhoods of the cities Essen, Dortmund, Bochum and Duisburg. In a multi-method approach that combines data on visual multilingualism with urban sociological data and meta-linguistic data on language attitudes (collected in semi-standardised on-site interviews and multilingual telephone interviews), the following questions will be addressed: Does the diversity of languages reflect the diversity of urban population, i.e. the settlement pattern of ethnic groups in the Ruhr Area characterised by a north-south divide? Does the perception of visual multilingualism mirror the north-south divide? What are the dominant patterns of argumentation used by informants with and without migration background in favour of and against visual multilingualism? How are the languages and varieties perceived and evaluated by majority and minority groups?
Graffitiscape als Forschungsgegenstand " Graffitiscape " ist eine Adhoc-Analogiebildung zu " Land... more Graffitiscape als Forschungsgegenstand " Graffitiscape " ist eine Adhoc-Analogiebildung zu " Landscape " , die dazu dienen soll, den Raumbezug, insbesondere das lokale Vorkommen, die Verteilung und die konkrete Ausgestaltung von Graffitis im städtischen Raum zu betonen. Graffitis sind, wie häufig hervorgehoben wird, vor allen Dingen ein urbanes Phänomen (Baudrillard 1978) und insofern auch ein Gegenstand, den die Linguistic-Landscape-Forschung berücksichtigt. Die Graphostilistik als Teilgebiet der linguistischen Stilistik hat es sich zur Aufgabe gemacht, die „stilistischen Funktionen spezifischer graphischer Elemente“ systematisch zu beschreiben (vgl. Spitzmüller 2012: 220). Stil wird dabei als „sinnhafte Gestalt“ (Sandig 2006: 55) und als „bewusste Wahl spezifischer semiotischer Ressourcen“ (Spitzmüller 2012: 234) verstanden.
Die Untersuchung visueller Mehrsprachigkeit stellt ein junges, stark diskutiertes internationales... more Die Untersuchung visueller Mehrsprachigkeit stellt ein junges, stark diskutiertes internationales Forschungsfeld dar, das unter dem Etikett der "linguistic landscapes" firmiert (vgl. SHOHAMY et al. 2009 und die Sichtbarkeit, Verteilung, Situierung und Ausgestaltung von geschriebener Sprache im öffentlichen Raum thematisiert. Damit hat sich ein neuer Rahmen für die Untersuchung von Mehrsprachigkeit etabliert, der eine lebensweltbezogene Betrachtung ermöglicht und auf authentische schriftsprachliche Daten zurückgreift. Die Beschriftung des öffentlichen Raums wird dabei verstanden als ein Aspekt der sozialen Konstruktion von gesellschaftlicher Wirklichkeit. Insofern kontextualisiert die Linguistic Landscape-Forschung den öffentlichen Raum "within issues of identity and language policy of nations, political and social conflicts … Linguistic landscape is a broader concept than documentation of signs; it incorporates multimodal theories to include sounds, images, and graffiti." (SHOHAMY / GORTER 2009,4). Entsprechend gilt: "a space … is never no-man's-land, but always somebody's space; a historical space; therefore, full of codes, expectations, norms and traditions; and a space of power controlled by, as well as controlling people." (BLOMMAERT 2013,3). Visuelle, d.h. sichtbare Mehrsprachigkeit zeigt sich auf Hinweis-, Informations-und Geschäftsschildern sowie Graffiti. Sie steht in engem Zusammenhang mit Migration, Kulturund Konsumtourismus sowie auch mit Regionalisierungstendenzen, d.h. der Inanspruchnahme kleinräumigerer kultureller Identifikationssymbole wie etwa regionalen Varietäten. Das Projekt "Metropolenzeichen" 1 widmet sich diesen Manifestationen von äußerer und innerer Mehrsprachigkeit, und zwar bezogen auf den öffentlichen Raum der Metropole Ruhr als bundesweit wichtigster Metropole für Arbeitsmigration. Neuartig ist die systematische Untersuchung einer Metropolregion, die nicht durch offizielle Mehrsprachigkeit, sondern durch Migration bedingte Mehrsprachigkeit gekennzeichnet ist und eine geographisch beeindruckende ethnisch-soziale Segregation bzw. Zweiteilung der Metropole Ruhr entlang des "Sozialäquators A40" (KERSTING et al. 2009) aufweist, der die Städte in ethnisch divers und weniger ethnisch divers, arm und weniger arm, gebildet und weniger gebildet gliedert. Ziel der Studie ist es herauszufinden, inwieweit sich die kulturelle Vielfalt der Bevölkerungsstruktur, aber auch des Kultur-und Konsumtourismus in sichtbarer Mehrsprachigkeit (innere und äußere Mehrsprachigkeit) im Straßenbild und in öffentlichen Räumen ausdrückt, welche Funktionen damit verbunden werden (Ausdruck von Identität und Beheimatung, Zugehörigkeit und Anerkennung) und wie diese sichtbare Mehrsprachigkeit von der Bevölkerung bewertet wird. Im Fokus dieses Aufsatzes stehen insbesondere die Daten, die regionalsprachliche Formen zu erkennen geben. Dabei sind folgende Fragstellungen zentral: 1.! Wie verteilt sich die Sichtbarkeit regionalsprachlicher Formen in der Metropole Ruhr? Ist eine Nord-Süd-Verteilung entlang des "Sozialäquators A40" erkennbar, und zwar in der Art, dass in den Stadtteilen südlich der A40, die durch weniger ethnische Diversität gekennzeichnet sind, regionalsprachliche Zeichen häufiger vorkommen?
"Der öffentliche Raum ist chaotisch, aber fast nie ästhetisch." Abstract This paper aims to inves... more "Der öffentliche Raum ist chaotisch, aber fast nie ästhetisch." Abstract This paper aims to investigate the occurrences and characteristics of visual dialogues in urban spaces. To examine the specific elements of visual dialogues systematically, the analysis draws on a corpus of more than 25.500 digital photographs taken in selected neighbourhoods in the cities of Essen, Bochum, Duisburg and Dortmund. The article discusses several approaches to the concept of "dialogue" and "dialogism" and distinguishes between a "narrow", i.e. interactional approach and a "wide", i.e. more fundamental approach to utterances and texts. In this more fundamental perspective on dialogism, utterances and texts are not the sole product of one individual speaker but 1. Dialoge müssen nicht immer Gespräche sein Wer von "Dialogen" spricht, meint in der Regel mündliche Gespräche, d.h. eine Form der Face-to-face-Kommunikation, an der mindestens zwei Personen beteiligt sind, die ein gemeinsames Thema bearbeiten. 2 Wie aber wird in Gesprächen Dialogizität hergestellt? Wie lässt sich Dialogizität feststellen und messen? Folgt man der Konversationsanalyse, die ihren Fokus auf die Rekonstruktion der lokalen kommunikativen Aktivitäten richtet und dabei den Turn als Analyseeinheit und das Turn-Taking als Strukturprinzip in den Blick nimmt, sind folgende Merkmale konstitutiv für die Herstellung von Dialogizität: 1. Rezipientenorientierung ("recipient design" vgl. Sacks/Schegloff/Jefferson 1974), 2. sequenzielle Organisation (vgl. Schegloff/Sacks 1973) und 3. Strukturprinzipien von Paarsequenzen (vgl. Schegloff 2007). Rezipientenorientierung äußert sich darin, dass die Interaktanten die Konstruktion ihrer Gesprächsbeiträge auf den bzw. die anderen Interaktanten und ihr Vorwissen zuschneiden, etwa durch die Verwendung spezifischer Grußformeln, Adressierungen, Höflichkeitsformen sowie durch Grounding-Aktivitäten zur Verständnissicherung. Die sequenzielle Organisation bezieht sich auf die Strukturen und Details der Abfolge von Äußerungen und zeigt sich insbesondere in so genannten ,Zugzwängen', d.h. Sprecherwechseln, die auf den ersten Teil einer Paarsequenz reagieren wie Gruß -Gegengruß, Frage -Antwort, Entschuldigung -Abschwächung, Vorwurf -Rechtfertigung, Bitte -Versprechen etc. Als drittes Merkmal zur Feststellung von Dialogizität werden die Strukturprinzipien der Paarsequenzen betrachtet, wie sie sich in Grundstrukturen, Prä-und Postsequenzen, ggf. auch in kulturell oder situativ bedingten Variationen zeigen. Dieses Verständnis von Dialog und Dialogizität lässt sich als ein ,enges' Verständnis begreifen, weil es interaktionssoziologisch fundiert ist, d.h. von der wechselseitigen Wahrnehmung der Äußerungen der Gesprächspartner 3 ausgeht, folglich Dialoge in ihrer faktischen Ausprägung untersucht. Die Beschränkung, denen dieser Dialogbegriff unterliegt, lautet: Es muss mindestens zwei Sprecherwechsel als interaktionales Minimum geben, damit Dialogizität entstehen kann. Weil die interaktionssoziologisch basierte Konversationsanalyse dialogische Prozesse (1) in ihrer wechselseitigen Verknüpfung (inhaltlich und formal) betrachtet, (2) in der Orientierung am jeweils Anderen als ko-konstruiert und ko-konstituiert begreift, (3) auf die lokale, d.h. sich in der Interaktion vollziehende Herstellung von sozialem Sinn fokussiert, begrenzt sie den Gegenstandsbereich auf bestimmte Formen des kommunikativen Handelns. Geht man von einem ,weiten' Verständnis von Dialog und Dialogizität aus, können auch solche Sorten schriftlicher Dialoge berücksichtigt werden, wie sie sich in Schauspieltexten, gedruckten Interviews, wissenschaftlichen Transkripten mündlicher Gespräche, Chats, SMS-und WhatsApp-Interaktionen, bei der Nutzung dialogorientierter Apps, in 2 Vgl. dazu auch die Definition von Brinker/Sager von Gespräch als "eine begrenzte Folge von sprachlichen Äußerungen, die dialogisch ausgerichtet ist und eine thematische Orientierung aufweist" (Brinker/Sager 2006: 11). 3 Zur Wahrnehmungswahrnehmung vgl. Luhmann: "Wenn Alter wahrnimmt, daß er wahrgenommen wird und daß auch sein Wahrnehmen des Wahrgenommenwerdens wahrgenommen wird, muß er davon ausgehen, daß sein Verhalten als darauf eingestellt interpretiert wird." (Luhmann 1987: 561).
This paper presents findings from the interdisciplinary research-project Signs of the Metropolise... more This paper presents findings from the interdisciplinary research-project Signs of the Metropolises: Visual multilingualism in the Ruhr Area/Germany, which investigates the occurrence, regional distribution, function, production and perception of visual multilingualism in representative neighbourhoods of the cities Essen, Dortmund, Bochum and Duisburg. In a multi-method approach that combines data on visual multilingualism with urban sociological data and meta-linguistic data on language attitudes (collected in semi-standardised on-site interviews and multilingual telephone interviews), the following questions will be addressed: Does the diversity of languages reflect the diversity of urban population, i.e. the settlement pattern of ethnic groups in the Ruhr Area characterised by a north-south divide? Does the perception of visual multilingualism mirror the north-south divide? What are the dominant patterns of argumentation used by informants with and without migration background in favour of and against visual multilingualism? How are the languages and varieties perceived and evaluated by majority and minority groups?
Graffitiscape als Forschungsgegenstand " Graffitiscape " ist eine Adhoc-Analogiebildung zu " Land... more Graffitiscape als Forschungsgegenstand " Graffitiscape " ist eine Adhoc-Analogiebildung zu " Landscape " , die dazu dienen soll, den Raumbezug, insbesondere das lokale Vorkommen, die Verteilung und die konkrete Ausgestaltung von Graffitis im städtischen Raum zu betonen. Graffitis sind, wie häufig hervorgehoben wird, vor allen Dingen ein urbanes Phänomen (Baudrillard 1978) und insofern auch ein Gegenstand, den die Linguistic-Landscape-Forschung berücksichtigt. Die Graphostilistik als Teilgebiet der linguistischen Stilistik hat es sich zur Aufgabe gemacht, die „stilistischen Funktionen spezifischer graphischer Elemente“ systematisch zu beschreiben (vgl. Spitzmüller 2012: 220). Stil wird dabei als „sinnhafte Gestalt“ (Sandig 2006: 55) und als „bewusste Wahl spezifischer semiotischer Ressourcen“ (Spitzmüller 2012: 234) verstanden.
Die Untersuchung visueller Mehrsprachigkeit stellt ein junges, stark diskutiertes internationales... more Die Untersuchung visueller Mehrsprachigkeit stellt ein junges, stark diskutiertes internationales Forschungsfeld dar, das unter dem Etikett der "linguistic landscapes" firmiert (vgl. SHOHAMY et al. 2009 und die Sichtbarkeit, Verteilung, Situierung und Ausgestaltung von geschriebener Sprache im öffentlichen Raum thematisiert. Damit hat sich ein neuer Rahmen für die Untersuchung von Mehrsprachigkeit etabliert, der eine lebensweltbezogene Betrachtung ermöglicht und auf authentische schriftsprachliche Daten zurückgreift. Die Beschriftung des öffentlichen Raums wird dabei verstanden als ein Aspekt der sozialen Konstruktion von gesellschaftlicher Wirklichkeit. Insofern kontextualisiert die Linguistic Landscape-Forschung den öffentlichen Raum "within issues of identity and language policy of nations, political and social conflicts … Linguistic landscape is a broader concept than documentation of signs; it incorporates multimodal theories to include sounds, images, and graffiti." (SHOHAMY / GORTER 2009,4). Entsprechend gilt: "a space … is never no-man's-land, but always somebody's space; a historical space; therefore, full of codes, expectations, norms and traditions; and a space of power controlled by, as well as controlling people." (BLOMMAERT 2013,3). Visuelle, d.h. sichtbare Mehrsprachigkeit zeigt sich auf Hinweis-, Informations-und Geschäftsschildern sowie Graffiti. Sie steht in engem Zusammenhang mit Migration, Kulturund Konsumtourismus sowie auch mit Regionalisierungstendenzen, d.h. der Inanspruchnahme kleinräumigerer kultureller Identifikationssymbole wie etwa regionalen Varietäten. Das Projekt "Metropolenzeichen" 1 widmet sich diesen Manifestationen von äußerer und innerer Mehrsprachigkeit, und zwar bezogen auf den öffentlichen Raum der Metropole Ruhr als bundesweit wichtigster Metropole für Arbeitsmigration. Neuartig ist die systematische Untersuchung einer Metropolregion, die nicht durch offizielle Mehrsprachigkeit, sondern durch Migration bedingte Mehrsprachigkeit gekennzeichnet ist und eine geographisch beeindruckende ethnisch-soziale Segregation bzw. Zweiteilung der Metropole Ruhr entlang des "Sozialäquators A40" (KERSTING et al. 2009) aufweist, der die Städte in ethnisch divers und weniger ethnisch divers, arm und weniger arm, gebildet und weniger gebildet gliedert. Ziel der Studie ist es herauszufinden, inwieweit sich die kulturelle Vielfalt der Bevölkerungsstruktur, aber auch des Kultur-und Konsumtourismus in sichtbarer Mehrsprachigkeit (innere und äußere Mehrsprachigkeit) im Straßenbild und in öffentlichen Räumen ausdrückt, welche Funktionen damit verbunden werden (Ausdruck von Identität und Beheimatung, Zugehörigkeit und Anerkennung) und wie diese sichtbare Mehrsprachigkeit von der Bevölkerung bewertet wird. Im Fokus dieses Aufsatzes stehen insbesondere die Daten, die regionalsprachliche Formen zu erkennen geben. Dabei sind folgende Fragstellungen zentral: 1.! Wie verteilt sich die Sichtbarkeit regionalsprachlicher Formen in der Metropole Ruhr? Ist eine Nord-Süd-Verteilung entlang des "Sozialäquators A40" erkennbar, und zwar in der Art, dass in den Stadtteilen südlich der A40, die durch weniger ethnische Diversität gekennzeichnet sind, regionalsprachliche Zeichen häufiger vorkommen?
"Der öffentliche Raum ist chaotisch, aber fast nie ästhetisch." Abstract This paper aims to inves... more "Der öffentliche Raum ist chaotisch, aber fast nie ästhetisch." Abstract This paper aims to investigate the occurrences and characteristics of visual dialogues in urban spaces. To examine the specific elements of visual dialogues systematically, the analysis draws on a corpus of more than 25.500 digital photographs taken in selected neighbourhoods in the cities of Essen, Bochum, Duisburg and Dortmund. The article discusses several approaches to the concept of "dialogue" and "dialogism" and distinguishes between a "narrow", i.e. interactional approach and a "wide", i.e. more fundamental approach to utterances and texts. In this more fundamental perspective on dialogism, utterances and texts are not the sole product of one individual speaker but 1. Dialoge müssen nicht immer Gespräche sein Wer von "Dialogen" spricht, meint in der Regel mündliche Gespräche, d.h. eine Form der Face-to-face-Kommunikation, an der mindestens zwei Personen beteiligt sind, die ein gemeinsames Thema bearbeiten. 2 Wie aber wird in Gesprächen Dialogizität hergestellt? Wie lässt sich Dialogizität feststellen und messen? Folgt man der Konversationsanalyse, die ihren Fokus auf die Rekonstruktion der lokalen kommunikativen Aktivitäten richtet und dabei den Turn als Analyseeinheit und das Turn-Taking als Strukturprinzip in den Blick nimmt, sind folgende Merkmale konstitutiv für die Herstellung von Dialogizität: 1. Rezipientenorientierung ("recipient design" vgl. Sacks/Schegloff/Jefferson 1974), 2. sequenzielle Organisation (vgl. Schegloff/Sacks 1973) und 3. Strukturprinzipien von Paarsequenzen (vgl. Schegloff 2007). Rezipientenorientierung äußert sich darin, dass die Interaktanten die Konstruktion ihrer Gesprächsbeiträge auf den bzw. die anderen Interaktanten und ihr Vorwissen zuschneiden, etwa durch die Verwendung spezifischer Grußformeln, Adressierungen, Höflichkeitsformen sowie durch Grounding-Aktivitäten zur Verständnissicherung. Die sequenzielle Organisation bezieht sich auf die Strukturen und Details der Abfolge von Äußerungen und zeigt sich insbesondere in so genannten ,Zugzwängen', d.h. Sprecherwechseln, die auf den ersten Teil einer Paarsequenz reagieren wie Gruß -Gegengruß, Frage -Antwort, Entschuldigung -Abschwächung, Vorwurf -Rechtfertigung, Bitte -Versprechen etc. Als drittes Merkmal zur Feststellung von Dialogizität werden die Strukturprinzipien der Paarsequenzen betrachtet, wie sie sich in Grundstrukturen, Prä-und Postsequenzen, ggf. auch in kulturell oder situativ bedingten Variationen zeigen. Dieses Verständnis von Dialog und Dialogizität lässt sich als ein ,enges' Verständnis begreifen, weil es interaktionssoziologisch fundiert ist, d.h. von der wechselseitigen Wahrnehmung der Äußerungen der Gesprächspartner 3 ausgeht, folglich Dialoge in ihrer faktischen Ausprägung untersucht. Die Beschränkung, denen dieser Dialogbegriff unterliegt, lautet: Es muss mindestens zwei Sprecherwechsel als interaktionales Minimum geben, damit Dialogizität entstehen kann. Weil die interaktionssoziologisch basierte Konversationsanalyse dialogische Prozesse (1) in ihrer wechselseitigen Verknüpfung (inhaltlich und formal) betrachtet, (2) in der Orientierung am jeweils Anderen als ko-konstruiert und ko-konstituiert begreift, (3) auf die lokale, d.h. sich in der Interaktion vollziehende Herstellung von sozialem Sinn fokussiert, begrenzt sie den Gegenstandsbereich auf bestimmte Formen des kommunikativen Handelns. Geht man von einem ,weiten' Verständnis von Dialog und Dialogizität aus, können auch solche Sorten schriftlicher Dialoge berücksichtigt werden, wie sie sich in Schauspieltexten, gedruckten Interviews, wissenschaftlichen Transkripten mündlicher Gespräche, Chats, SMS-und WhatsApp-Interaktionen, bei der Nutzung dialogorientierter Apps, in 2 Vgl. dazu auch die Definition von Brinker/Sager von Gespräch als "eine begrenzte Folge von sprachlichen Äußerungen, die dialogisch ausgerichtet ist und eine thematische Orientierung aufweist" (Brinker/Sager 2006: 11). 3 Zur Wahrnehmungswahrnehmung vgl. Luhmann: "Wenn Alter wahrnimmt, daß er wahrgenommen wird und daß auch sein Wahrnehmen des Wahrgenommenwerdens wahrgenommen wird, muß er davon ausgehen, daß sein Verhalten als darauf eingestellt interpretiert wird." (Luhmann 1987: 561).
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Die Graphostilistik als Teilgebiet der linguistischen Stilistik hat es
sich zur Aufgabe gemacht, die „stilistischen Funktionen spezifischer
graphischer Elemente“ systematisch zu beschreiben (vgl. Spitzmüller
2012: 220). Stil wird dabei als „sinnhafte Gestalt“ (Sandig 2006: 55)
und als „bewusste Wahl spezifischer semiotischer Ressourcen“
(Spitzmüller 2012: 234) verstanden.
Drafts by Ulrich Schmitz
Die Graphostilistik als Teilgebiet der linguistischen Stilistik hat es
sich zur Aufgabe gemacht, die „stilistischen Funktionen spezifischer
graphischer Elemente“ systematisch zu beschreiben (vgl. Spitzmüller
2012: 220). Stil wird dabei als „sinnhafte Gestalt“ (Sandig 2006: 55)
und als „bewusste Wahl spezifischer semiotischer Ressourcen“
(Spitzmüller 2012: 234) verstanden.