
Björn Kastens
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Papers by Björn Kastens
make use of the characteristics of the ornament for typology, and especially for characterising a „Northern" or „Germanic Kulturkreis” (cultural feld). To the concept of „Northern geometry”, Lietzmann ascribed a „dynamic character”, he missed in Greek geometry. Lietzmann included ”völkische” (racial) and National Socialist ideology in his texts.
1940 veröfentlichte der Mathematikdidaktiker Walther Lietzmann sein Buch „Frühgeschichte der Geometrie auf germanischem Boden“, in welchem er die geometrischen Eigenschaften prähistorischer Funde und Befunde untersuchte. Lietzmann versuchte, die geometrischen Eigenschafen des Ornaments für die Typologie und insbesondere zur Kennzeichnung eines „nordischen“ bzw. „germanischen Kulturkreises“ nutzbar zu machen. Dieser „nordischen Geometrie“ schrieb Lietzmann einen „dynamischen Charakter“ zu, den er in der griechischen Geometrie vermisste. Lietzmann transportierte in seinen Texten völkische und nationalsozialistische Ideologie.
Talks by Björn Kastens
Ab 1934 beschäftigte sich Lietzmann verstärkt mit den geometrischen Eigenschaften von prähistorischen Funden und Befunden, bevor er 1940 seine Monographie zur „Frühgeschichte der Geometrie auf germanischem Boden“ veröffentlichte, der er noch einen Aufsatz über die „Geometrie der Wikinger“ folgen ließ. In diesen Schriften versuchte er wieder, die geometrischen Eigenschaften des Ornaments für die archäologische Typologie und jetzt auch insbesondere zur Kennzeichnung eines „nordischen“ bzw. „germanischen Kulturkreises“ nutzbar zu machen. Der von ihm ausgemachten prähistorischen „nordischen Geometrie“ schrieb er einen „dynamischen Charakter“ zu, den er in der antiken griechischen Geometrie vermisste.
Lietzmann zog in seinen Texten immer wieder Parallelen durch die Jahrtausende zwischen Neolithikum und Wikingerzeit, die sich nur mit der Annahme einer „rassischen“ Konstante erklären lassen. Er befand sich hier, ebenso wie bei seinen Versuchen, die Erfindung von Geometrie und Mathematik auf „germanischen Boden“ zu verlegen, auf der ideologischen Höhe seiner Zeit, die im Bereich der Prähistorie durch „Germanisierung“ von Funden und Befunden und durch die vermeintliche „Germanische Kulturhöhe“ gekennzeichnet war. So transportierte er in seinen Texten völkische und nationalsozialistische Ideologie, welche Basis seiner Interpretationen war und durch seine Deutungen gleichzeitig gestützt wurde.
Ab 1935 nutzte Lietzmann prähistorische Bezüge auch als bildungspolitische Argumente zugunsten der Mathematik als „rassisch gegebenes, völkisch wertvolles Bildungsgut“2. Dennoch können die völkischen und rassistischen Vorstellungen, die Lietzmann in seinen ur- und frühgeschichtlichen Arbeiten transportiert, nicht befriedigend allein als opportunistische Fachpolitik zugunsten seiner Profession erklärt werden. Seine prähistorische Arbeiten gehen über seine sonstige fach- und bildungspolitische Argumentation hinaus. Es handelt sich tatsächlich um ernst gemeinte Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Forschung. Dies zeigt sich unter anderem in Lietzmanns guter Kenntnis des ur- und frühgeschichtlichen Diskurses seiner Zeit und in seinem immer wieder geäußerte Appell an die mathematische, wie die prähistorische Wissenschaft, seine Arbeiten aufzugreifen und fortzusetzen.
make use of the characteristics of the ornament for typology, and especially for characterising a „Northern" or „Germanic Kulturkreis” (cultural feld). To the concept of „Northern geometry”, Lietzmann ascribed a „dynamic character”, he missed in Greek geometry. Lietzmann included ”völkische” (racial) and National Socialist ideology in his texts.
1940 veröfentlichte der Mathematikdidaktiker Walther Lietzmann sein Buch „Frühgeschichte der Geometrie auf germanischem Boden“, in welchem er die geometrischen Eigenschaften prähistorischer Funde und Befunde untersuchte. Lietzmann versuchte, die geometrischen Eigenschafen des Ornaments für die Typologie und insbesondere zur Kennzeichnung eines „nordischen“ bzw. „germanischen Kulturkreises“ nutzbar zu machen. Dieser „nordischen Geometrie“ schrieb Lietzmann einen „dynamischen Charakter“ zu, den er in der griechischen Geometrie vermisste. Lietzmann transportierte in seinen Texten völkische und nationalsozialistische Ideologie.
Ab 1934 beschäftigte sich Lietzmann verstärkt mit den geometrischen Eigenschaften von prähistorischen Funden und Befunden, bevor er 1940 seine Monographie zur „Frühgeschichte der Geometrie auf germanischem Boden“ veröffentlichte, der er noch einen Aufsatz über die „Geometrie der Wikinger“ folgen ließ. In diesen Schriften versuchte er wieder, die geometrischen Eigenschaften des Ornaments für die archäologische Typologie und jetzt auch insbesondere zur Kennzeichnung eines „nordischen“ bzw. „germanischen Kulturkreises“ nutzbar zu machen. Der von ihm ausgemachten prähistorischen „nordischen Geometrie“ schrieb er einen „dynamischen Charakter“ zu, den er in der antiken griechischen Geometrie vermisste.
Lietzmann zog in seinen Texten immer wieder Parallelen durch die Jahrtausende zwischen Neolithikum und Wikingerzeit, die sich nur mit der Annahme einer „rassischen“ Konstante erklären lassen. Er befand sich hier, ebenso wie bei seinen Versuchen, die Erfindung von Geometrie und Mathematik auf „germanischen Boden“ zu verlegen, auf der ideologischen Höhe seiner Zeit, die im Bereich der Prähistorie durch „Germanisierung“ von Funden und Befunden und durch die vermeintliche „Germanische Kulturhöhe“ gekennzeichnet war. So transportierte er in seinen Texten völkische und nationalsozialistische Ideologie, welche Basis seiner Interpretationen war und durch seine Deutungen gleichzeitig gestützt wurde.
Ab 1935 nutzte Lietzmann prähistorische Bezüge auch als bildungspolitische Argumente zugunsten der Mathematik als „rassisch gegebenes, völkisch wertvolles Bildungsgut“2. Dennoch können die völkischen und rassistischen Vorstellungen, die Lietzmann in seinen ur- und frühgeschichtlichen Arbeiten transportiert, nicht befriedigend allein als opportunistische Fachpolitik zugunsten seiner Profession erklärt werden. Seine prähistorische Arbeiten gehen über seine sonstige fach- und bildungspolitische Argumentation hinaus. Es handelt sich tatsächlich um ernst gemeinte Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Forschung. Dies zeigt sich unter anderem in Lietzmanns guter Kenntnis des ur- und frühgeschichtlichen Diskurses seiner Zeit und in seinem immer wieder geäußerte Appell an die mathematische, wie die prähistorische Wissenschaft, seine Arbeiten aufzugreifen und fortzusetzen.