Papers by Frank Schumann
Streit und Missachtung. Überlegungen zu einem diagnostischen Begriff sozialen Leidens
in Schulz, N., Schumann, F., Schmidt, A.M. (Eds.), Sprachen des Leidens. Berlin: Parodos, S. 22-46, 2023

Zeitschrift für praktische Philosophie, 2024
In Axel Honneths Theorie sozialer Freiheit kann Freiheit im vollen Sinne nur in und durch Partizi... more In Axel Honneths Theorie sozialer Freiheit kann Freiheit im vollen Sinne nur in und durch Partizipation an sozialen Kooperationszusammenhängen verwirklicht werden. Eine Freiheitstheorie müsse daher, so Honneth in Abgrenzung zu liberalen und neokantianischen Konzeptionen, ausgehend von den in modernen Gesellschaften institutionalisierten Kooperationsbeziehungen formuliert werden. Zugleich erlaube es ein solches Vorgehen, Störungen in sozialen Kooperationsbeziehungen als Einschränkungen von Freiheit zu rekonstruieren und entsprechend zu kritisieren. Honneth geht im Unterschied zu seiner früheren Anerkennungstheorie inzwischen jedoch davon aus, dass derartige Funktionsstörungen keine individuellen Leiderfahrungen mehr hervorbringen müssen. Der Beitrag argumentiert hingegen dafür, dass Einschränkungen sozialer Freiheit notwendig zumindest schwache Formen sozialen Leidens nach sich ziehen und greift dafür auf einen von Honneth liegen gelassenen Argumentationsstrang zurück: Um unterscheiden zu können, ob ihre Absichten in der sozialen Kooperation zwanglos oder doch nur zwangsförmig realisiert werden können, müssen Individuen in der Lage sein, ihre Bedürfnisse und Interessen ebenso zwanglos zu deuten. Der Beitrag entwickelt zwei in Honneths Ansatz angedeutete, aber nicht ausgearbeitete Möglichkeiten, jene Selbstdeutungsprozesse zu erhellen: Einerseits Parsons Theorie der Wertverinnerlichung, andererseits Honneths Anerkennungstheorie, welche in der Freiheitstheorie lediglich einen abgeschwächten Status innehat. Da sich die Fähigkeiten zur Selbstdeutung in beiden Ansätzen auf dem Fundament psychologisch tief ansetzender Sozialisationsprozesse ausbilden, muss auch davon ausgegangen werden, dass die von Honneth beschriebenen sozialen Pathologien und Fehlentwicklungen das Verständnis der eigenen Bedürfnisse und Interessen auf eine Weise verzerren, die von den Individuen als leidvoll erfahren wird. Vor diesem Hintergrund lassen sich drei verschiedene Fälle unterscheiden: Unmittelbare Ausschlusserfahrungen, vorübergehende Blockaden der Fähigkeiten zur Selbstdeutung sowie Störungen in der Ausbildung jener Fähigkeiten. Allerdings werden sowohl die Verinnerlichungs- als auch die Anerkennungstheorie den konzeptionellen Prämissen der Theorie sozialer Freiheit nicht vollständig gerecht, sodass es, wie abschließend festgehalten wird, für eine detaillierte Ausarbeitung des Zusammenhangs weiterer konzeptioneller Arbeit bedarf.

with P. Brook & M. Heinze: Not in Their Right Mind? Right-Wing Extremism Is Not a Mental Illness, but Still a Challenge for Psychiatry
Frontiers in Sociology, 2022
Most research in psychiatry on extremism focuses on the question whether there is a connection be... more Most research in psychiatry on extremism focuses on the question whether there is a connection between extremism and psychiatric diagnoses. In addition, practitioners are increasingly asked to take part in programs aimed at preventing and countering violent extremism by assessing risk for radicalization. However, an issue that remains largely unaddressed is that the rise of the far right in many countries during the last years poses a challenge for psychiatric services as working with right-wing patients can be a source of conflict for practitioners and patients alike. In this article, we assert that the narrow conceptual scope on psychological vulnerabilities and the practical focus on risk assessment contribute to processes of psychiatrization and limit the scope of research on right-wing extremism in psychiatry. By giving a brief overview of social research into right-wing extremism, the article argues that right wing beliefs should not be conceptualized as an expression of psychological vulnerabilities but rather as attempts to deal with conflict-laden social reality. Thus, a shift of perspective in psychiatric research on extremism is needed. On a conceptional level, the scope needs to be broadened to grasp the interplay of individual and social factors in radicalization with sufficient complexity. On a practical level, it is necessary to further investigate challenges for practitioners and institutions working with right-wing extremist patients.

Der Verlust normativer Selbstverständlichkeit. Zur Bedeutung des normativen Strukturwandels in rechtspopulistischen Orientierungen
Gesellschaft unter Spannung. Verhandlungen des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2020, 2021
Der Beitrag entfaltet anhand der aktuellen Studienlage die These, dass ein Verlust normativer Sel... more Der Beitrag entfaltet anhand der aktuellen Studienlage die These, dass ein Verlust normativer Selbstverständlichkeit ein wesentliches Motiv für die Wahl der Alternative für Deutschland darstellt. Damit ist gemeint, dass die normative Basis, auf der AfD-Wähler:innen bisher Ansprüche auf soziale und politische Teilhabe formuliert haben, in deren Wahrnehmung zunehmend erodiert. Um die These zu begründen, stellt der Beitrag zunächst auf Grundlage verschiedener Studien zwei Hinweise auf normativer Irritationen seitens der AfD-Wähler:innen vor: Erstens ein Gefühl der Benachteiligung und zweitens der Eindruck, dass ein soziales Ordnungsgefüge zerfällt. Anschließend werden diese Hinweise mit der Soziologie der Kritik von Luc Boltanski in einen theoretischen Rahmen überführt, der es erlaubt, das zentrale normative Prinzip zu rekonstruieren, welches in den Augen der AfD-Wähler:innen seiner Selbstverständlichkeit beraubt wurde: nämlich ein nativistisch verstandenes Leistungsprinzip, das Leistungsprämien für soziale und kulturelle Insider vergibt.
Editorial Themenschwerpunkt: Gemeinschaft und Nation
Sozialer Sinn, 2021

Jenseits von Identität: Gemeinschaft als Deutung gesellschaftlicher Ordnung
Sozialer Sinn, 2021
Das Aufkommen des Rechtspopulismus führte in den letzten Jahren zu einer (Wieder-)Beschäftigung m... more Das Aufkommen des Rechtspopulismus führte in den letzten Jahren zu einer (Wieder-)Beschäftigung mit dem Konzept der Gemeinschaft. Diese zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass sie Gemeinschaft individualisierend als eine Orientierung am Lokalen oder an kollektiven Identitäten fasst. Da die rechtspopulistischen Gemeinschaftsbezüge aber in einem politischen Kontext getätigt werden, umfassen sie nicht nur individuelle Zugehörigkeit oder Orientierungen, sondern eine Vorstellung des sozialen Gemeinwesens. Der Beitrag schlägt ausgehend von Ferdinand Tönnies und Max Weber einen Gemeinschaftsbegriff vor, der diese Facette systematisch berücksichtigt und Gemeinschaft als eine affektiv aufgeladene Deutung von sozialer Ordnung versteht. Welche Perspektiven der Forschung sich aus diesem Begriff ergeben, wird abschließend am Beispiel der geschichtswissenschaftlichen Debatte um Volksgemeinschaft rekonstruiert.
Ohnmacht und Bestimmtheit. Theodor W. Adornos Sozialpsychologie gelesen mit Cornelius Castoriadis
Trajectoires, 2019
Leiden und Gesellschaft. Psychoanalyse in der Gesellschaftskritik der Frankfurter Schule
C. Kirchhoff, T. Kühn, P. C. Langer, S. Lanwerd, F. Schumann (Hrsg.): Psychoanalytisch Denken. Sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektiven. Gießen: Psychosozial, 2019
Sozialutopie und Therapie. Zur Vernachlässigung des therapeutischen Erfahrungsfeldes in der Kulturkritik
I. Anderson & S. Edinger (Hrsg.): Psychotherapie zwischen Klinik und Kulturkritik. Gießen: Psychosozial., 2021
Wissen schafft Demokratie, Bd. 3, 2018
Books by Frank Schumann
Leiden und Gesellschaft. Psychoanalyse in der Gesellschaftskritik der Frankfurter Schule
Bielefeld: transcript, 2018
Conference Presentations by Frank Schumann
with G. Croci & A.M. Schmidt: Ohnmachtserfahrung und Meaning-Making. Transformationspotentiale von Erfahrung. DGPPN-Kongress 2022
DGPPN-Kongress, 2022
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