Beiträge aus dem Fachbereich Rechtspflege, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin, 2018
Mutter eines Kindes ist nach geltendem Recht die Frau, die das Kind geboren hat. Diese simple Reg... more Mutter eines Kindes ist nach geltendem Recht die Frau, die das Kind geboren hat. Diese simple Regelung des heutigen § 1591 BGB wirft jedoch bei näherer Betrachtung zahlreiche Fragen auf. Denn die moderne Fortpflanzungsmedizin macht es schon seit geraumer Zeit möglich, dass die gebärende Frau eben nicht automatisch auch genetische Mutter eines Kindes ist, oder, wie im Falle von Leihmutterschaft, möglicherweise auch gar keine soziale Mutterrolle für das Kind übernehmen möchte. Die Arbeit befasst sich mit ebendiesen Fällen gespaltener Mutterschaft und zeigt auf, dass der Gesetzgeber mit der vermeintlich einfachen Anknüpfung an die Geburt eine Ungleichbehandlung herbeigeführt hat. Frauen, die im Wege der Eizell- oder Embryonenspende ein Kind selbst austragen können, ohne dessen genetische Mutter zu sein, werden vom Gesetzgeber begünstigt, wohingegen Frauen, denen der biologische Vorgang des Gebärens aus gesundheitlichen Gründen verwehrt bleibt, nur im Wege der Stiefkindadoption die rechtliche Mutterschaft erlangen können. Auf welchen Prinzipien diese Zuordnung erfolgt, ist daher ebenfalls Gegenstand dieser Arbeit.
Ähnlich sieht es auch bei der Vaterschaftszuordnung aus, wenn die gewünschte und rechtliche Zuordnung auseinanderfällt oder auseinanderzufallen droht, beispielsweise im Falle einer Samenspende. Die möglichen Fallkonstellationen werden daher im zweiten Abschnitt des Hauptteils unter Berücksichtigung des am 01.07.2018 in Kraft tretenden Samenspenderregistergesetzes, welches umfangreichen Schutz bei ärztlich assistierter Fortpflanzung bietet, eingehend beleuchtet. Viele Frauen und auch gleichgeschlechtliche Paare wenden sich zwecks Erfüllung ihres Kinderwunsches vielmehr an private Samenspender. Die Betrachtung der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen zeigt jedoch, dass diese Methode weitaus mehr Risiken für alle Beteiligten birgt. Denn der Samenspender kann, im Gegensatz zur medizinisch assistierten Samenspende, eine bestehende rechtliche Vaterschaft anfechten oder aber jederzeit vom Kind als rechtlicher Vater festgestellt werden.
Der dritte Hauptteil der Arbeit widmet sich der Zuordnung zu gleichgeschlechtlichen Paaren. Diese haben in der jüngsten Vergangenheit zwar mit dem Inkrafttreten der „Ehe für alle“ eine weitere, umfangreiche Gleichstellung zu heterosexuellen Ehen erfahren. Doch nach genauerer Betrachtung zeigt sich, dass das Eheöffnungsgesetz abstammungsrechtliche Fragen unbeantwortet ließ und bestehende Ungleichheiten nicht vollends ausräumen konnte; eine Mitmutterschaft oder Co-Vaterschaft gibt es auch weiterhin nicht. Die Vaterschaftszuordnung des § 1592 BGB kann auch nicht per se auf gleichgeschlechtliche Paare ausgeweitet werden, was zu einer Ungleichbehandlung führt, die letztlich ausschließlich aus der Gleichgeschlechtlichkeit eines Paares resultiert.
Trans- und intersexuelle Menschen stehen familienrechtlich vor besonderen Schwierigkeiten. Dabei bestand bereits im Jahr 1794 eine moderne gesetzliche Regelung, welche es intersexuellen Menschen erlaubte, mit Eintritt der Volljährigkeit frei zu entscheiden, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlten. Gegenwärtig ist bei Intersexuellen indes völlig unklar, wie ihnen ein Kind zuzuordnen ist. Bei Transsexuellen besteht nach zahlreichen höchstrichterlichen Entscheidungen, in deren Folge zahlreiche Normen des Transsexuellengesetzes für unanwendbar erklärt wurden, nur noch eine bruchstückhafte gesetzliche Regelung, welche dringend reformiert werden muss.
Im Schlussteil wird auch auf die besondere Problematik einer möglichen pluralen Elternschaft eingegangen und dargelegt, welche Schwierigkeiten sich bei der vertragsähnlichen Ausgestaltung einer Elternschaft von mehr als zwei Personen ergeben.
Die Frage der Abstammung ist immer auch im Kontext des jeweiligen Zeitgeistes zu sehen und unterliegt einem stetigen Wandel. Der Rahmen, in welchem sich das Abstammungsrecht bewegt, sollte daher die aktuellen sozialen, ethischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Überlegungen abbilden, um so auf eine möglichst breite Akzeptanz aller zu stoßen. Die Begutachtung zeigt jedoch, dass die derzeitige Ausgestaltung der Eltern-Kind-Zuordnung nach §§ 1591, 1592 BGB diesem Anspruch nicht mehr gerecht wird und daher einer umfassenden Reform bedarf.
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Ähnlich sieht es auch bei der Vaterschaftszuordnung aus, wenn die gewünschte und rechtliche Zuordnung auseinanderfällt oder auseinanderzufallen droht, beispielsweise im Falle einer Samenspende. Die möglichen Fallkonstellationen werden daher im zweiten Abschnitt des Hauptteils unter Berücksichtigung des am 01.07.2018 in Kraft tretenden Samenspenderregistergesetzes, welches umfangreichen Schutz bei ärztlich assistierter Fortpflanzung bietet, eingehend beleuchtet. Viele Frauen und auch gleichgeschlechtliche Paare wenden sich zwecks Erfüllung ihres Kinderwunsches vielmehr an private Samenspender. Die Betrachtung der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen zeigt jedoch, dass diese Methode weitaus mehr Risiken für alle Beteiligten birgt. Denn der Samenspender kann, im Gegensatz zur medizinisch assistierten Samenspende, eine bestehende rechtliche Vaterschaft anfechten oder aber jederzeit vom Kind als rechtlicher Vater festgestellt werden.
Der dritte Hauptteil der Arbeit widmet sich der Zuordnung zu gleichgeschlechtlichen Paaren. Diese haben in der jüngsten Vergangenheit zwar mit dem Inkrafttreten der „Ehe für alle“ eine weitere, umfangreiche Gleichstellung zu heterosexuellen Ehen erfahren. Doch nach genauerer Betrachtung zeigt sich, dass das Eheöffnungsgesetz abstammungsrechtliche Fragen unbeantwortet ließ und bestehende Ungleichheiten nicht vollends ausräumen konnte; eine Mitmutterschaft oder Co-Vaterschaft gibt es auch weiterhin nicht. Die Vaterschaftszuordnung des § 1592 BGB kann auch nicht per se auf gleichgeschlechtliche Paare ausgeweitet werden, was zu einer Ungleichbehandlung führt, die letztlich ausschließlich aus der Gleichgeschlechtlichkeit eines Paares resultiert.
Trans- und intersexuelle Menschen stehen familienrechtlich vor besonderen Schwierigkeiten. Dabei bestand bereits im Jahr 1794 eine moderne gesetzliche Regelung, welche es intersexuellen Menschen erlaubte, mit Eintritt der Volljährigkeit frei zu entscheiden, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlten. Gegenwärtig ist bei Intersexuellen indes völlig unklar, wie ihnen ein Kind zuzuordnen ist. Bei Transsexuellen besteht nach zahlreichen höchstrichterlichen Entscheidungen, in deren Folge zahlreiche Normen des Transsexuellengesetzes für unanwendbar erklärt wurden, nur noch eine bruchstückhafte gesetzliche Regelung, welche dringend reformiert werden muss.
Im Schlussteil wird auch auf die besondere Problematik einer möglichen pluralen Elternschaft eingegangen und dargelegt, welche Schwierigkeiten sich bei der vertragsähnlichen Ausgestaltung einer Elternschaft von mehr als zwei Personen ergeben.
Die Frage der Abstammung ist immer auch im Kontext des jeweiligen Zeitgeistes zu sehen und unterliegt einem stetigen Wandel. Der Rahmen, in welchem sich das Abstammungsrecht bewegt, sollte daher die aktuellen sozialen, ethischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Überlegungen abbilden, um so auf eine möglichst breite Akzeptanz aller zu stoßen. Die Begutachtung zeigt jedoch, dass die derzeitige Ausgestaltung der Eltern-Kind-Zuordnung nach §§ 1591, 1592 BGB diesem Anspruch nicht mehr gerecht wird und daher einer umfassenden Reform bedarf.
Ähnlich sieht es auch bei der Vaterschaftszuordnung aus, wenn die gewünschte und rechtliche Zuordnung auseinanderfällt oder auseinanderzufallen droht, beispielsweise im Falle einer Samenspende. Die möglichen Fallkonstellationen werden daher im zweiten Abschnitt des Hauptteils unter Berücksichtigung des am 01.07.2018 in Kraft tretenden Samenspenderregistergesetzes, welches umfangreichen Schutz bei ärztlich assistierter Fortpflanzung bietet, eingehend beleuchtet. Viele Frauen und auch gleichgeschlechtliche Paare wenden sich zwecks Erfüllung ihres Kinderwunsches vielmehr an private Samenspender. Die Betrachtung der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen zeigt jedoch, dass diese Methode weitaus mehr Risiken für alle Beteiligten birgt. Denn der Samenspender kann, im Gegensatz zur medizinisch assistierten Samenspende, eine bestehende rechtliche Vaterschaft anfechten oder aber jederzeit vom Kind als rechtlicher Vater festgestellt werden.
Der dritte Hauptteil der Arbeit widmet sich der Zuordnung zu gleichgeschlechtlichen Paaren. Diese haben in der jüngsten Vergangenheit zwar mit dem Inkrafttreten der „Ehe für alle“ eine weitere, umfangreiche Gleichstellung zu heterosexuellen Ehen erfahren. Doch nach genauerer Betrachtung zeigt sich, dass das Eheöffnungsgesetz abstammungsrechtliche Fragen unbeantwortet ließ und bestehende Ungleichheiten nicht vollends ausräumen konnte; eine Mitmutterschaft oder Co-Vaterschaft gibt es auch weiterhin nicht. Die Vaterschaftszuordnung des § 1592 BGB kann auch nicht per se auf gleichgeschlechtliche Paare ausgeweitet werden, was zu einer Ungleichbehandlung führt, die letztlich ausschließlich aus der Gleichgeschlechtlichkeit eines Paares resultiert.
Trans- und intersexuelle Menschen stehen familienrechtlich vor besonderen Schwierigkeiten. Dabei bestand bereits im Jahr 1794 eine moderne gesetzliche Regelung, welche es intersexuellen Menschen erlaubte, mit Eintritt der Volljährigkeit frei zu entscheiden, welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlten. Gegenwärtig ist bei Intersexuellen indes völlig unklar, wie ihnen ein Kind zuzuordnen ist. Bei Transsexuellen besteht nach zahlreichen höchstrichterlichen Entscheidungen, in deren Folge zahlreiche Normen des Transsexuellengesetzes für unanwendbar erklärt wurden, nur noch eine bruchstückhafte gesetzliche Regelung, welche dringend reformiert werden muss.
Im Schlussteil wird auch auf die besondere Problematik einer möglichen pluralen Elternschaft eingegangen und dargelegt, welche Schwierigkeiten sich bei der vertragsähnlichen Ausgestaltung einer Elternschaft von mehr als zwei Personen ergeben.
Die Frage der Abstammung ist immer auch im Kontext des jeweiligen Zeitgeistes zu sehen und unterliegt einem stetigen Wandel. Der Rahmen, in welchem sich das Abstammungsrecht bewegt, sollte daher die aktuellen sozialen, ethischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Überlegungen abbilden, um so auf eine möglichst breite Akzeptanz aller zu stoßen. Die Begutachtung zeigt jedoch, dass die derzeitige Ausgestaltung der Eltern-Kind-Zuordnung nach §§ 1591, 1592 BGB diesem Anspruch nicht mehr gerecht wird und daher einer umfassenden Reform bedarf.