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In einer nur oberflachlichen Sichtung von aktuellen Konzepten, Vorhaben und Projekten der Kinder-... more In einer nur oberflachlichen Sichtung von aktuellen Konzepten, Vorhaben und Projekten der Kinder- und Jugendarbeit wie auch der Jugendhilfe stost der Betrachter ab irgend einem Zeitpunkt mit unweigerlicher Zwangslaufigkeit auf den Begriff ,Pravention‘, der ebenso unverdrossen wie unumschrankt zum wichtigen Leitziel erklart wird. Weithin scheint es unwidersprochener Konsens zu sein, dass Pravention sinnvoll, wunschenswert und notwendig ist, ja dass es zur Pravention letztlich uberhaupt keine Alternative gabe. Aber bereits eine erste Analyse der (jugend-)politischen Motive, vorgeblichen Ziele, fachlichen Inhalte und mitlaufenden Wirkungsbehauptungen sowie deren Verortung in ubergreifende gesellschaftliche Rahmenbedingungen fuhrt ebenso zwangslaufig zu der Einsicht, dass es sich hierbei um ein solides und ausdifferenziertes Kompendium von Fehlleistungen, Irrtumern, Antinomien und Prophezeiungen handelt, deren — man kann es nicht mehr anders ausdrucken — Irrwitz nur mehr muhsam argumentativ einholbar erscheint. Die Situation ist allenfalls noch mit dem bekannten Dichterwort zu fassen: Und ist es Wahnsinn auch, so hat es doch Methode.
Zusammenfassung Wie das vorgebliche Zukunftsthema „Bildung“ von den amtierenden politischen Ill... more Zusammenfassung Wie das vorgebliche Zukunftsthema „Bildung“ von den amtierenden politischen Illusionisten behandelt wird, lässt sich am sinkenden Bildungsanteil des Bruttoinlandsproduktes, dem „Bildungsgipfel“ vom Oktober 2008 oder am aktuellen Konjunkturprogramm ablesen: Immer noch ist Bildung vornehmlich auf Schule ausgerichtet und dass „es einer tiefen Wirtschaftskrise bedarf, um besondere Maßnahmen zur Instandsetzung von Schulgebäuden zu motivieren hat eine eigene Aussagekraft. Wir restaurieren Schulen nicht, weil sie uns am Herzen liegen (…), sondern damit es die Konjunktur beleben möge“ ( kaube 2008). Demgegenüber zeigt sich eine gegenstands- und problemangemessene Bildungs- und Jugendpolitik — wenn sie überhaupt noch stattfindet — weitgehend als ziel- und prinzipienloses Durchlavieren.
Der Beitrag erkennt eine Diskrepanz zwischen den Ergebnissen des Kinder- und Jugendberichts und d... more Der Beitrag erkennt eine Diskrepanz zwischen den Ergebnissen des Kinder- und Jugendberichts und der politischen Realitat. Die fur eine Umsetzung von Masnahmen erforderlichen Mittel fehlen. Statt konkrete Hilfen anzubieten, werden symbolische Ersatzhandlungen inszeniert.
1964 – 2004: Vierzig Jahre Kinderund Jugendarbeit in Deutschland, 2006
Erkundungen uber die aktuelle Situation der Kinder- und Jugendarbeit erzeugen derzeit ein wenig o... more Erkundungen uber die aktuelle Situation der Kinder- und Jugendarbeit erzeugen derzeit ein wenig optimistisches Bild. Auf vielen Ebenen steht das Arbeitsfeld unter verscharftem Legitimationsdruck, der sich am augenfalligsten in mitunter existenzbedrohenden finanziellen Kurzungen und Einsparungen manifestiert. Erweitert man den Blick, so wird deutlich, dass die spezifische Lage der Kinder- und Jugendarbeit eingespannt ist in ein komplexes Netz sich wechselseitig beeinflussender Wirkungsfaktoren, die allesamt unter dem Etikett der (Post-)Modernisierung firmieren. Etliche der bislang haltenden, steuernden und orientierenden gesellschaftlichen Strukturen und Leitbilder werden im Rahmen einer bislang unbekannten Kontingenzexplosion unwiderruflich aufgerieben (vgl. Beck/Lau 2004). Das Projekt der Moderne befindet sich offenkundig in einem fundamentalen Umbruch, der mit Verlusten ihrer Versprechungen und Basisannahmen sowie mit dem vielfach propagierten Abschied von bisherigen Gestaltungsanspruchen einhergeht. Inmitten des Anwachsens von Fluchtigkeit, Flexibilitat, Ent-Traditionalisierung, politischen Steuerungsdefiziten und dem Schwinden von ordnenden Zusammenhangen wird dann auch die „Crise des Sozialstaats“ verortet, in deren Rahmen sich eine zunehmend „erschopfte“ Soziale Arbeit um Positionierungen bemuht (vgl. Lutz 2005; Bollert 2005).
Was ihr den Geist der Zeiten heist, – Das ist im Grund der Herren eigner Geist, – In dem die Zeit... more Was ihr den Geist der Zeiten heist, – Das ist im Grund der Herren eigner Geist, – In dem die Zeiten sich bespiegeln. (J.W. Goethe, Faust I)
Gegenwartig ist die Gesellschaft der Bundesrepublik in all ihren Themen und Debatten gepragt durc... more Gegenwartig ist die Gesellschaft der Bundesrepublik in all ihren Themen und Debatten gepragt durch Unsicherheit — und in deren Gefolge immer auch durch Misstrauen und Angst. Je deutlicher das Bewusstsein der „Risikogesellschaft“ sich durchsetzt, um so mehr scheint sich „Sicherheit” als zentrales Moment eines neuen gesellschaftlichen Konsenses herauszukristallisieren. Um die schwindenden Bindungskrafte der globalisierten Gesellschaften zu starken wird das Heil neuerdings in einem Sicherheitsaktionismus gesucht, der jeden bisherigen Reform- oder Vollzugsstau eilig auflost. Was man schon lange durchsetzen wollte und sich bisher nicht zu beantragen traute — insbesondere nach dem 11. September 2001 kann keiner mehr dagegen sein. „Sicherheit“ hat sich als offentlich artikuliertes Bedurfnis nahezu verselbstandigt: Nicht mehr, was und warum geschutzt werden soll, steht im Mittelpunkt, sondern dass moglichst alles geschutzt werden soll, mobilisiert das allgemeine Denken und Handeln. „Sicherheit” ist damit zu einem symbolischen Zentralbegriff in einer hypertrophierenden Kriminalitats- und Unsicherheitsdebatte geworden.
Schule und Jugendforschung zum 20. Jahrhundert, 2004
Die Analyse expliziter und impliziter Verflechtungen von Stadterfahrung und jugendlicher Subjekte... more Die Analyse expliziter und impliziter Verflechtungen von Stadterfahrung und jugendlicher Subjektentwicklung durchzieht und pragt die Arbeiten von Wilfried Breyvogel bis in seine aktuellsten Untersuchungen (Breyvogel 1983, 1986, 2001). Eine dialektische bzw. transversale Analyse gerade dieser beiden Aspekte ist deshalb uberaus ertragreich, weil sie grundlegende Aussagen uber die Bedingungen und Bewaltigungsformen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen in der Moderne ermoglicht. Denn beide Faktoren sind ihrerseits wesentlich auf die Entstehungsbedingungen der Moderne zuruckzufuhren: Auf der einen Seite geht die „Erfindung des Jugendlichen“(Roth 1983) einher mit der Industrialisierung der westlichen Gesellschaften, der Herausbildung des Burgertums als neuer treibender Kraft mitsamt ihren materiell-okonomischen, geistig-kulturellen Grundlagen und ihren padagogischen Ambitionen. Zugleich stehen Jugendliche im Brennpunkt gesellschaftlicher Entwicklungen. Aufgrund ihrer besonderen Situation als aufwachsende, noch in der Entwicklung befindliche Gesellschaftsmitglieder (Stichwort „zweite Geburt“) werden ihnen besondere Sensibilitat sowie gesteigerte Empfm- dungs- und Erfahrungsfahigkeiten zugemessen, die sie als besondere Seismographen und Katalysatoren gesellschaftlicher Entwicklung qualifizieren. Schlieslich erwachst aus dieser speziellen Positionierung der jeweiligen Jugendgeneration eine — keineswegs unproblematische — Designation als Projektionsflache fur die Zukunft einer Gesellschaft, eine fortlaufende Selbst-Thematisierung der Gesellschaft in den Kategorien von ‚Jugend‘.
Das sozialpadagogische Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendarbeit ist situiert im Einflussgefuge vi... more Das sozialpadagogische Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendarbeit ist situiert im Einflussgefuge vielfaltiger und miteinander verbundener Faktoren (z. B. differente Ausformungen in unterschiedlichen Praxisfeldern, Theorien und Konzepte, Professionsentwicklungen, Forschungsergebnisse, Rechtsgrundsatze, Methoden, gesellschaftliche Stromungen, Adressat/-innen), von denen im vorliegenden Band die (jugend)politische Dimension explizit in den Fokus geruckt wird. Diese Entscheidung ist zum Einen begrundet aus den Beobachtungen zur empirischen Entwicklung dieses Sektors der Kinder- und Jugendhilfe, welcher in den letzten Jahren, lokal und regional gewiss unterschiedlich, aber in der bundesweiten Gesamtschau dennoch kontinuierlichen Abbau-Tendenzen in Personal- und Finanzausstattung ausgesetzt war. (Pothmann und Rauschenbach 2010; Brenner und Lindner 2010). In der Kinder- und Jugendarbeit konnen Krisenbefunde durchaus als kontinuierliche Begleitmusik (vgl. Grauer 1973) gelten, die allenfalls noch mudes Abwinken erzeugen, aber angesichts der sich sukzessive verscharfenden Dichotomie zwischen der Beschworung ihrer Potenziale und der uberaus ernuchternden Realitat fallt es in letzter Zeit immer schwerer, die Gesamtsituation dieses sozialpadagogischen Handlungsfeldes irgend zu beschonigen, wie an einigen – durchaus nicht isolierten, sondern exemplarischen – Beispielen zu illustrieren ist.
Der vorliegende Beitrag analysiert die Relevanz von Politikberatung und Lobbying und Medienstrate... more Der vorliegende Beitrag analysiert die Relevanz von Politikberatung und Lobbying und Medienstrategien im Hinblick auf die reflexive (Re-)Politisierung der Kinder- und Jugendarbeit. Aufgrund der primar konzeptionellen Ausrichtung ist an dieser Stelle weder ein politikwissenschaftlicher Theorie-Diskurs etwa uber das Pro und Contra von Lobbying-Aktivitaten intendiert noch eine unmittelbar praxisbezogene bzw. rezeptformige Handreichung (vgl. hierzu: Bentele 2007; Bender und Reulecke 2004; Brommling 2007; Prenzel 2007; Vondenhoff und Busch-Janser 2008; fur die Jugendarbeit vgl. aktuell Lindner 2012). Allerdings ist an dieser Stelle gleichwohl und ausdrucklich vor einer besinnungslosen Praxis zu warnen: Ohne (kritische) gesellschafts- und erziehungswissenschaftliche Fundierung degenerieren Politikberatung und Lobbyarbeit zur affirmativen Polit-Kungelei mit dem nur noch egoistischen Ziel, die eigenen Schafchen ins Trockene zu bringen. Vorausgeschickt werden muss ebenso, dass Lobbyismus nicht mystifiziert wird als „die dunkle Seite der Macht“ oder „Schatten-Management“ (Netzwerk Recherche 2008; v. Alemann und Eckert 2006), sondern einer pragmatischen Einschatzung folgt als legitimer Artikulation von (Partikular-)Interessen innerhalb einer pluralisierten und ausdifferenzierten Gesellschaft – ohne damit die kritischen Punkte einer „Macht ohne Legitimation“ (Leif) nebst Ubergangen zu fragwurdigen/illegitimen Einflussnahmen bis hin zur Korruption aus dem Auge zu verlieren. In einem weiten Verstandnis umfasst Politikberatung/Lobbying das gesamte Spektrum von lautstarker Offentlichkeitsarbeit bis hin zu diskreten Hinterzimmer-Gesprachen, von „lautloser Effizienz“ (Koch-Baumgarten und Mez 2007a) bis hin zu Protesten, vom Agieren vor und hinter den Kulissen mitsamt ineinander ubergehender Mischformen von (wissenschaftlicher und nicht wissenschaftlicher) Politikberatung bis zu Public Relations und Stakeholder-Management.
Kinder- und Jugendarbeit als Bildungsprojekt, 2003
Wie im Marchen von Hase und Igel stost der Betrachter neuerdings allerorten auf „Bildung“. Ob Deu... more Wie im Marchen von Hase und Igel stost der Betrachter neuerdings allerorten auf „Bildung“. Ob Deutsche UNESCO (2000) oder OECD (2000), ob Europaische Union (2000), Bundesprasident oder Bildungsminister, Arbeitgeber oder Gewerkschaften, ob Kultusminister-Konferenz oder Bundesjugendkuratorium, ob Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus (Bundeszentrale fur politische Bildung), Integration von Kindern und Jugendlichen auslandischer Herkunft oder Bearbeitung von Drogen- und Suchtproblematiken (vgl. Sting 1999): Es hat den Anschein, dass „Bildung“ gegenwartig als Feuerwehr und „Joker“ fur alles und jedes herangezogen wird, sie gleichsam als neues „Mantra“ fur jedwede Zukunftsoption fungiert und als „Container-Wort“ oder „padagogisches Catch-word“ (Lenzen 1999; S. 141) in samtlichen Debatten ihren Platz findet.
Ab Mitte der 50er Jahre kam es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europaischen und... more Ab Mitte der 50er Jahre kam es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europaischen und ausereuropaischen Stadten zu aufsehenerregenden Versammlungen Jugendlicher, die in zahlreichen Fallen mit Ruhestorungen, Polizeieinsatz und Festnahmen einhergingen. Fur den Zeitraum von 1956 bis 1958 wurden allein in Deutschland ca. 350 derartige Vorkommnisse mit Teilnehmerzahlen von 50 bis hin zu 1000 Jugendlichen gezahlt, wobei zugleich eingeraumt wurde, das erhebliche Dunkelziffern ein Vielfaches dieser Ereignisse realistisch erscheinen liese.1 Die Vorfalle, allgemein als „Halbstarken-Krawalle“ bezeichnet, verliefen in ihren Anfangsphasen zumeist in Gestalt deutlich sichtbarer und somit auffalliger Ansammlungen einer groseren Menge Jugendlicher in der stadtischen Offentlichkeit: auf Strasen, Markt- und Rummelplatzen, vor Kinos, Musikhallen oder anderen Veranstaltungsorten. Die Jugendlichen machten sich durch Rufen, Larmen, Schreien und Johlen bemerkbar und erregten dadurch weiteres offentliche, journalistische und amtliche Interesse. Da in diesem Zusammenhang immer wieder auch der „Tatbestand“ der Verkehrsbehinderung erfullt schien, trat alsbald die Polizei auf den Plan und versuchte, die Menge zu zerstreuen. Die Typik eines solches Krawalls stellt sich wie folgt dar: „Polizei zerstreut Ansammlung von Jugendlichen in Duisburg: Erneute Ansammlungen von Jugendlichen und Heranwachsenden am Montagabend in der Duisburger Innenstadt wurden sofort von der Polizei zerstreut. Es kam zu keinen Ausschreitungen, doch wurden weitere 35 Jugendliche vorlaufig festgenommen und nach der Vernehmung wieder entlassen. Die Polizei stellte fest, das auch fur diese Aktion von noch nicht ermittelter Seite Parolen ausgegeben worden waren.“2
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In einer nur oberflachlichen Sichtung von aktuellen Konzepten, Vorhaben und Projekten der Kinder-... more In einer nur oberflachlichen Sichtung von aktuellen Konzepten, Vorhaben und Projekten der Kinder- und Jugendarbeit wie auch der Jugendhilfe stost der Betrachter ab irgend einem Zeitpunkt mit unweigerlicher Zwangslaufigkeit auf den Begriff ,Pravention‘, der ebenso unverdrossen wie unumschrankt zum wichtigen Leitziel erklart wird. Weithin scheint es unwidersprochener Konsens zu sein, dass Pravention sinnvoll, wunschenswert und notwendig ist, ja dass es zur Pravention letztlich uberhaupt keine Alternative gabe. Aber bereits eine erste Analyse der (jugend-)politischen Motive, vorgeblichen Ziele, fachlichen Inhalte und mitlaufenden Wirkungsbehauptungen sowie deren Verortung in ubergreifende gesellschaftliche Rahmenbedingungen fuhrt ebenso zwangslaufig zu der Einsicht, dass es sich hierbei um ein solides und ausdifferenziertes Kompendium von Fehlleistungen, Irrtumern, Antinomien und Prophezeiungen handelt, deren — man kann es nicht mehr anders ausdrucken — Irrwitz nur mehr muhsam argumentativ einholbar erscheint. Die Situation ist allenfalls noch mit dem bekannten Dichterwort zu fassen: Und ist es Wahnsinn auch, so hat es doch Methode.
Zusammenfassung Wie das vorgebliche Zukunftsthema „Bildung“ von den amtierenden politischen Ill... more Zusammenfassung Wie das vorgebliche Zukunftsthema „Bildung“ von den amtierenden politischen Illusionisten behandelt wird, lässt sich am sinkenden Bildungsanteil des Bruttoinlandsproduktes, dem „Bildungsgipfel“ vom Oktober 2008 oder am aktuellen Konjunkturprogramm ablesen: Immer noch ist Bildung vornehmlich auf Schule ausgerichtet und dass „es einer tiefen Wirtschaftskrise bedarf, um besondere Maßnahmen zur Instandsetzung von Schulgebäuden zu motivieren hat eine eigene Aussagekraft. Wir restaurieren Schulen nicht, weil sie uns am Herzen liegen (…), sondern damit es die Konjunktur beleben möge“ ( kaube 2008). Demgegenüber zeigt sich eine gegenstands- und problemangemessene Bildungs- und Jugendpolitik — wenn sie überhaupt noch stattfindet — weitgehend als ziel- und prinzipienloses Durchlavieren.
Der Beitrag erkennt eine Diskrepanz zwischen den Ergebnissen des Kinder- und Jugendberichts und d... more Der Beitrag erkennt eine Diskrepanz zwischen den Ergebnissen des Kinder- und Jugendberichts und der politischen Realitat. Die fur eine Umsetzung von Masnahmen erforderlichen Mittel fehlen. Statt konkrete Hilfen anzubieten, werden symbolische Ersatzhandlungen inszeniert.
1964 – 2004: Vierzig Jahre Kinderund Jugendarbeit in Deutschland, 2006
Erkundungen uber die aktuelle Situation der Kinder- und Jugendarbeit erzeugen derzeit ein wenig o... more Erkundungen uber die aktuelle Situation der Kinder- und Jugendarbeit erzeugen derzeit ein wenig optimistisches Bild. Auf vielen Ebenen steht das Arbeitsfeld unter verscharftem Legitimationsdruck, der sich am augenfalligsten in mitunter existenzbedrohenden finanziellen Kurzungen und Einsparungen manifestiert. Erweitert man den Blick, so wird deutlich, dass die spezifische Lage der Kinder- und Jugendarbeit eingespannt ist in ein komplexes Netz sich wechselseitig beeinflussender Wirkungsfaktoren, die allesamt unter dem Etikett der (Post-)Modernisierung firmieren. Etliche der bislang haltenden, steuernden und orientierenden gesellschaftlichen Strukturen und Leitbilder werden im Rahmen einer bislang unbekannten Kontingenzexplosion unwiderruflich aufgerieben (vgl. Beck/Lau 2004). Das Projekt der Moderne befindet sich offenkundig in einem fundamentalen Umbruch, der mit Verlusten ihrer Versprechungen und Basisannahmen sowie mit dem vielfach propagierten Abschied von bisherigen Gestaltungsanspruchen einhergeht. Inmitten des Anwachsens von Fluchtigkeit, Flexibilitat, Ent-Traditionalisierung, politischen Steuerungsdefiziten und dem Schwinden von ordnenden Zusammenhangen wird dann auch die „Crise des Sozialstaats“ verortet, in deren Rahmen sich eine zunehmend „erschopfte“ Soziale Arbeit um Positionierungen bemuht (vgl. Lutz 2005; Bollert 2005).
Was ihr den Geist der Zeiten heist, – Das ist im Grund der Herren eigner Geist, – In dem die Zeit... more Was ihr den Geist der Zeiten heist, – Das ist im Grund der Herren eigner Geist, – In dem die Zeiten sich bespiegeln. (J.W. Goethe, Faust I)
Gegenwartig ist die Gesellschaft der Bundesrepublik in all ihren Themen und Debatten gepragt durc... more Gegenwartig ist die Gesellschaft der Bundesrepublik in all ihren Themen und Debatten gepragt durch Unsicherheit — und in deren Gefolge immer auch durch Misstrauen und Angst. Je deutlicher das Bewusstsein der „Risikogesellschaft“ sich durchsetzt, um so mehr scheint sich „Sicherheit” als zentrales Moment eines neuen gesellschaftlichen Konsenses herauszukristallisieren. Um die schwindenden Bindungskrafte der globalisierten Gesellschaften zu starken wird das Heil neuerdings in einem Sicherheitsaktionismus gesucht, der jeden bisherigen Reform- oder Vollzugsstau eilig auflost. Was man schon lange durchsetzen wollte und sich bisher nicht zu beantragen traute — insbesondere nach dem 11. September 2001 kann keiner mehr dagegen sein. „Sicherheit“ hat sich als offentlich artikuliertes Bedurfnis nahezu verselbstandigt: Nicht mehr, was und warum geschutzt werden soll, steht im Mittelpunkt, sondern dass moglichst alles geschutzt werden soll, mobilisiert das allgemeine Denken und Handeln. „Sicherheit” ist damit zu einem symbolischen Zentralbegriff in einer hypertrophierenden Kriminalitats- und Unsicherheitsdebatte geworden.
Schule und Jugendforschung zum 20. Jahrhundert, 2004
Die Analyse expliziter und impliziter Verflechtungen von Stadterfahrung und jugendlicher Subjekte... more Die Analyse expliziter und impliziter Verflechtungen von Stadterfahrung und jugendlicher Subjektentwicklung durchzieht und pragt die Arbeiten von Wilfried Breyvogel bis in seine aktuellsten Untersuchungen (Breyvogel 1983, 1986, 2001). Eine dialektische bzw. transversale Analyse gerade dieser beiden Aspekte ist deshalb uberaus ertragreich, weil sie grundlegende Aussagen uber die Bedingungen und Bewaltigungsformen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen in der Moderne ermoglicht. Denn beide Faktoren sind ihrerseits wesentlich auf die Entstehungsbedingungen der Moderne zuruckzufuhren: Auf der einen Seite geht die „Erfindung des Jugendlichen“(Roth 1983) einher mit der Industrialisierung der westlichen Gesellschaften, der Herausbildung des Burgertums als neuer treibender Kraft mitsamt ihren materiell-okonomischen, geistig-kulturellen Grundlagen und ihren padagogischen Ambitionen. Zugleich stehen Jugendliche im Brennpunkt gesellschaftlicher Entwicklungen. Aufgrund ihrer besonderen Situation als aufwachsende, noch in der Entwicklung befindliche Gesellschaftsmitglieder (Stichwort „zweite Geburt“) werden ihnen besondere Sensibilitat sowie gesteigerte Empfm- dungs- und Erfahrungsfahigkeiten zugemessen, die sie als besondere Seismographen und Katalysatoren gesellschaftlicher Entwicklung qualifizieren. Schlieslich erwachst aus dieser speziellen Positionierung der jeweiligen Jugendgeneration eine — keineswegs unproblematische — Designation als Projektionsflache fur die Zukunft einer Gesellschaft, eine fortlaufende Selbst-Thematisierung der Gesellschaft in den Kategorien von ‚Jugend‘.
Das sozialpadagogische Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendarbeit ist situiert im Einflussgefuge vi... more Das sozialpadagogische Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendarbeit ist situiert im Einflussgefuge vielfaltiger und miteinander verbundener Faktoren (z. B. differente Ausformungen in unterschiedlichen Praxisfeldern, Theorien und Konzepte, Professionsentwicklungen, Forschungsergebnisse, Rechtsgrundsatze, Methoden, gesellschaftliche Stromungen, Adressat/-innen), von denen im vorliegenden Band die (jugend)politische Dimension explizit in den Fokus geruckt wird. Diese Entscheidung ist zum Einen begrundet aus den Beobachtungen zur empirischen Entwicklung dieses Sektors der Kinder- und Jugendhilfe, welcher in den letzten Jahren, lokal und regional gewiss unterschiedlich, aber in der bundesweiten Gesamtschau dennoch kontinuierlichen Abbau-Tendenzen in Personal- und Finanzausstattung ausgesetzt war. (Pothmann und Rauschenbach 2010; Brenner und Lindner 2010). In der Kinder- und Jugendarbeit konnen Krisenbefunde durchaus als kontinuierliche Begleitmusik (vgl. Grauer 1973) gelten, die allenfalls noch mudes Abwinken erzeugen, aber angesichts der sich sukzessive verscharfenden Dichotomie zwischen der Beschworung ihrer Potenziale und der uberaus ernuchternden Realitat fallt es in letzter Zeit immer schwerer, die Gesamtsituation dieses sozialpadagogischen Handlungsfeldes irgend zu beschonigen, wie an einigen – durchaus nicht isolierten, sondern exemplarischen – Beispielen zu illustrieren ist.
Der vorliegende Beitrag analysiert die Relevanz von Politikberatung und Lobbying und Medienstrate... more Der vorliegende Beitrag analysiert die Relevanz von Politikberatung und Lobbying und Medienstrategien im Hinblick auf die reflexive (Re-)Politisierung der Kinder- und Jugendarbeit. Aufgrund der primar konzeptionellen Ausrichtung ist an dieser Stelle weder ein politikwissenschaftlicher Theorie-Diskurs etwa uber das Pro und Contra von Lobbying-Aktivitaten intendiert noch eine unmittelbar praxisbezogene bzw. rezeptformige Handreichung (vgl. hierzu: Bentele 2007; Bender und Reulecke 2004; Brommling 2007; Prenzel 2007; Vondenhoff und Busch-Janser 2008; fur die Jugendarbeit vgl. aktuell Lindner 2012). Allerdings ist an dieser Stelle gleichwohl und ausdrucklich vor einer besinnungslosen Praxis zu warnen: Ohne (kritische) gesellschafts- und erziehungswissenschaftliche Fundierung degenerieren Politikberatung und Lobbyarbeit zur affirmativen Polit-Kungelei mit dem nur noch egoistischen Ziel, die eigenen Schafchen ins Trockene zu bringen. Vorausgeschickt werden muss ebenso, dass Lobbyismus nicht mystifiziert wird als „die dunkle Seite der Macht“ oder „Schatten-Management“ (Netzwerk Recherche 2008; v. Alemann und Eckert 2006), sondern einer pragmatischen Einschatzung folgt als legitimer Artikulation von (Partikular-)Interessen innerhalb einer pluralisierten und ausdifferenzierten Gesellschaft – ohne damit die kritischen Punkte einer „Macht ohne Legitimation“ (Leif) nebst Ubergangen zu fragwurdigen/illegitimen Einflussnahmen bis hin zur Korruption aus dem Auge zu verlieren. In einem weiten Verstandnis umfasst Politikberatung/Lobbying das gesamte Spektrum von lautstarker Offentlichkeitsarbeit bis hin zu diskreten Hinterzimmer-Gesprachen, von „lautloser Effizienz“ (Koch-Baumgarten und Mez 2007a) bis hin zu Protesten, vom Agieren vor und hinter den Kulissen mitsamt ineinander ubergehender Mischformen von (wissenschaftlicher und nicht wissenschaftlicher) Politikberatung bis zu Public Relations und Stakeholder-Management.
Kinder- und Jugendarbeit als Bildungsprojekt, 2003
Wie im Marchen von Hase und Igel stost der Betrachter neuerdings allerorten auf „Bildung“. Ob Deu... more Wie im Marchen von Hase und Igel stost der Betrachter neuerdings allerorten auf „Bildung“. Ob Deutsche UNESCO (2000) oder OECD (2000), ob Europaische Union (2000), Bundesprasident oder Bildungsminister, Arbeitgeber oder Gewerkschaften, ob Kultusminister-Konferenz oder Bundesjugendkuratorium, ob Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus (Bundeszentrale fur politische Bildung), Integration von Kindern und Jugendlichen auslandischer Herkunft oder Bearbeitung von Drogen- und Suchtproblematiken (vgl. Sting 1999): Es hat den Anschein, dass „Bildung“ gegenwartig als Feuerwehr und „Joker“ fur alles und jedes herangezogen wird, sie gleichsam als neues „Mantra“ fur jedwede Zukunftsoption fungiert und als „Container-Wort“ oder „padagogisches Catch-word“ (Lenzen 1999; S. 141) in samtlichen Debatten ihren Platz findet.
Ab Mitte der 50er Jahre kam es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europaischen und... more Ab Mitte der 50er Jahre kam es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europaischen und ausereuropaischen Stadten zu aufsehenerregenden Versammlungen Jugendlicher, die in zahlreichen Fallen mit Ruhestorungen, Polizeieinsatz und Festnahmen einhergingen. Fur den Zeitraum von 1956 bis 1958 wurden allein in Deutschland ca. 350 derartige Vorkommnisse mit Teilnehmerzahlen von 50 bis hin zu 1000 Jugendlichen gezahlt, wobei zugleich eingeraumt wurde, das erhebliche Dunkelziffern ein Vielfaches dieser Ereignisse realistisch erscheinen liese.1 Die Vorfalle, allgemein als „Halbstarken-Krawalle“ bezeichnet, verliefen in ihren Anfangsphasen zumeist in Gestalt deutlich sichtbarer und somit auffalliger Ansammlungen einer groseren Menge Jugendlicher in der stadtischen Offentlichkeit: auf Strasen, Markt- und Rummelplatzen, vor Kinos, Musikhallen oder anderen Veranstaltungsorten. Die Jugendlichen machten sich durch Rufen, Larmen, Schreien und Johlen bemerkbar und erregten dadurch weiteres offentliche, journalistische und amtliche Interesse. Da in diesem Zusammenhang immer wieder auch der „Tatbestand“ der Verkehrsbehinderung erfullt schien, trat alsbald die Polizei auf den Plan und versuchte, die Menge zu zerstreuen. Die Typik eines solches Krawalls stellt sich wie folgt dar: „Polizei zerstreut Ansammlung von Jugendlichen in Duisburg: Erneute Ansammlungen von Jugendlichen und Heranwachsenden am Montagabend in der Duisburger Innenstadt wurden sofort von der Polizei zerstreut. Es kam zu keinen Ausschreitungen, doch wurden weitere 35 Jugendliche vorlaufig festgenommen und nach der Vernehmung wieder entlassen. Die Polizei stellte fest, das auch fur diese Aktion von noch nicht ermittelter Seite Parolen ausgegeben worden waren.“2
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