Papers by Heinrich Richard Schmidt
BORIS (University Library Bern), 2014
Die Erforschung der vormodernen Schulwirklichkeit ist ein Stiefkind unseres Faches. Das ist umso ... more Die Erforschung der vormodernen Schulwirklichkeit ist ein Stiefkind unseres Faches. Das ist umso erstaunlicher, als wichtige Bereiche der Kulturgeschichte wie die Konfessionalisierung oder die Aufklärung ohne die Erforschung der am besten dokumentierten Instanz für den Kulturtransfer, nämlich der Schule, nicht vollständig verstanden werden können. 1 Die beiden Überblicksbände zur Bildungsgeschichte von Notker Hammerstein und Anton Schindling widmen sich nur der höheren Bildung, die "Volkschule" bleibt außen vor. 2 Besonders die Vernachlässigung des niederen Schulwesens und seiner Praxis ist also eklatant.

„Seelenbeschreibungen“
Bildungsferne ist ein aktuelles Thema. Etliche neuere Studien befassen sich mit der Abhängigkeit ... more Bildungsferne ist ein aktuelles Thema. Etliche neuere Studien befassen sich mit der Abhängigkeit von Schichtzugehörigkeiten und Schulerfolg. Einen besonderen Schwerpunkt machen dabei solche Untersuchungen aus, die sich der Lebenssituation von Kindern mit Migrationshintergrund in Deutschland widmen. Ich greife daraus die Arbeit von Thomas Kemper heraus und verwende sie für mein Thema. 1 Wie sich zeigen wird, sind die theoretischen Zugänge, wie sie Kemper bietet, sehr gut für eine Beschreibung und Erklärung der Bildungsferne auch in der Frühen Neuzeit brauchbar. Kempers Erklärungsansätze auf der Basis von Bourdieu gehen auf fehlende Ressourcen im ökonomischen Kapital, dem sozialen Kapital und dem kulturellen Kapital ein. 2 Dass Kinder mit einem Migrationshintergrund häufig ökonomisch schlechter gestellt sind und damit einer Disparität im Vergleich mit anderen Gesellschaftsgruppen unterliegen, blockiert oder behindert sie schon bei der Ausstattung mit häuslichen Lernmaterialien, schlägt also in einen Mangel des von Bourdieu so genannten "objektivierten kulturellen Kapitals" um. 3 Ein geringerer Bildungsgrad der Eltern (ein Mangel an "internalisiertem kulturellem Kapital") erschwert diesen die häusliche Hilfe bei Hausaufgaben etc., orientiert die Kinder aber darüber hinaus auf einen Lebensweg, in dem Bildung nicht zentral ist, nämlich auf einen raschen Eintritt ins Berufsleben. 4 Das soziale Kapital von Migranten besteht häufig in familialen Bindungen, die zu "Kettenmigration" und Ghettobildung führen. Damit isolieren sich die Zuwanderer aber von der umgebenden Gesellschaft: sprachlich und was den Zugang zu Informationsquellen und Unterstützungsangeboten (Hausaufgabenhilfen, Elternvereine) oder den Einfluss auf die (Bildungs-)Politik betrifftetwa über Wahlen oder (in der Schweiz) Abstimmungen. Und damit fehlt das soziale Kapital in der Währung der neuen Umgebung. Das vorhandene soziale Kapital ist sozusagen für die Bildung "wertlos". 5

„Seelenbeschreibungen“
These aufgestellt: die des illiteraten Volkes. Er zeichnet darin ein Bild, gemäß dem höchstens di... more These aufgestellt: die des illiteraten Volkes. Er zeichnet darin ein Bild, gemäß dem höchstens die Städter lasen, während die Bauern und unteren Schichten, die 90% der Bevölkerung ausmachten, nicht an Bildung interessiert waren. 2 Die vereinzelten Berichte von Aufklärern vom "lesenden Bauern" nennt er eine "Wunschfiktion"; der "Idylle der lesenden Nation" 3 stellt er für Mitteleuropa eine eigene Schätzung gegenüber: "Nimmt man eine kontinuierliche Entwicklung des Bildungswesens an, und betrachtet man die vorliegenden Zahlen, Berichte, Klagen und Erfolgsmeldungen mit wohlwollenden Augen, so darf man sagen, dass in Mitteleuropa um 1770: 15%, um 1800: 25%, um 1830: 40%, um 1870: 75% und um 1900: 90% der Bevölkerung über sechs Jahre als potentielle Leser in Frage kommen. Das sind nur abgerundete und optimale Zahlen, und sie bedeuten nicht, dass ein solcher Prozentsatz der Bevölkerung auch wirklich las." 4 Schenda stellt sich ein solches illiterates Volk als ohnmächtige Spielfigur der Weltgeschichte vor. Obrigkeit und aufklärerische Reformer zerrten je in eine andere Richtung an dieser Figur, um sie für sich ins Spiel zu bringen. Die Obrigkeit wird als omnipotent, zugleich aber als ängstlich gegenüber einem Volk dargestellt, daskaum könnte es lesenihre Macht gefährden würde. 5 Im 18. Jahrhundert war es der Staat, der eine echte und effektive Alphabetisierung verhinderte. Erst während der liberalen Ära des 19. Jahrhunderts begann dieser, das Volk allmählich selbst erziehen zu wollen und ihm ein gewisses Maß an Bildung beizubringen, wozu er aber Zwang anwenden musste, war das Volk doch selbst lernunwillig. Die überwiegend negativen Anmerkung: Eine frühe Fassung des vorliegenden Artikels ist 2014 erschienen unter dem Titel Schmidt, Neue Ergebnisse. Er wurde für den aktuellen Band stark überarbeitet und aktualisiert. Vgl. auch den fast zeitgleich erschienenen Überblick von Houston, Alphabetisierung.

Ego, Nov 15, 2013
Europe is a space that has been formed – albeit to varying degrees – by the three monotheistic re... more Europe is a space that has been formed – albeit to varying degrees – by the three monotheistic religions Christianity, Judaism, and Islam. In fact, the contemporaneity and mixing of these influences are an essential element of that which we call Europe. These religions assigned a normative status to their own beliefs and doctrines, which implied a duty of loyalty to God which obliged believers to arrange the world according to God's will. In this way, the religions defined the way in which people viewed themselves, as well as their behaviour, their view of their own personal freedom and responsibility, how they worshipped God, their attitudes to marriage and broader social relationships, and how they organised their laws and their states. In these areas, many similarities can be identified in spite of the diversity which existed. This article describes in broad outline how lifeworlds came to be defined by religion and confession as a result of historical actors acting in accordance with their confession, resulting in the emergence of 'religious and confessional spaces in Europe'. It draws on research into confessionalisation in central Europe. It is also a contribution to the study of the interconnection between actors and structures, and to recent conceptual discussions in spatial sociology which can be usefully applied to history.

Agradeço primeiramente a Deus por me conceder fé e me auxiliar em todos os momentos de minha vida... more Agradeço primeiramente a Deus por me conceder fé e me auxiliar em todos os momentos de minha vida. Por ser nosso refúgio, fortaleza e socorro bem presente. Aos meus queridos pais pelo incentivo e dedicação, por estarem sempre ao meu lado dando todo suporte necessário à minha formação pessoal e profissional. À minha irmã Tatiana, amiga e companheira de todas as horas, por quem eu tenho imenso carinho. Aos demais familiares que me apoiaram. Ao meu namorado pelo carinho, paciência e compreensão. Barrozo, não apenas pelos valiosos ensinamentos em hidrociclonagem e adequado direcionamento na formulação deste trabalho, mas por toda competência, gentileza e constante incentivo à pesquisa. Às companheiras de pesquisa, Fernanda Falqueto Salvador e Yanne Novais Kyriakidis, por todo conhecimento compartilhado, disposição em ajudar e tirar dúvidas. Auxiliaram de maneira ímpar na execução dos experimentos e na preparação do material particulado. Ainda pela motivação constante e amizade construída ao longo desses dois anos. Reis que colaboraram, sobremaneira, na coleta dados experimentais e estiveram sempre dispostos a ajudar e aprender frente as dificuldades. Aos colegas de mestrado e amigos Marcela Vieira Caixeta Machado e Geraldo Daniel Ribeiro Nogueira, que além de compartilhar esse momento comigo, ajudaram-me por diversas vezes e tornaram a rotina de trabalho mais agradável. Aos demais amigos pelos momentos alegres e palavras de incentivo. Aos professores e funcionários da Faculdade de Engenharia Química que contribuíram de alguma forma para a concretização deste trabalho. Ao Programa de Pós-Graduação em Engenharia Química da Universidade Federal de Uberlândia pela oportunidade concedida e à CAPES pelo apoio financeiro.

Historische Zeitschrift, 2016
Der vorliegende Band vereinigt Beiträge, die für die Tagung des Historischen Kollegs in München v... more Der vorliegende Band vereinigt Beiträge, die für die Tagung des Historischen Kollegs in München vom 6. bis 8.November 2013 verfasst wurden und die dem Wunsch des Kollegs entsprechend "die Person Martin Luthers ins Zentrum" rücken, wie der Tagungsleiter Heinz Schilling eingangs betont (S.VIII). Schilling situiert die Tagung inmitten der "Luther-Dekade", die sich bis 2017 erstreckt, dem Jahr, in dem sich die Veröffentlichung der Thesen Luthers zur Buße zum 500. Male jährt, und weist ihr einmal die Aufgabe zu, "die Reformationsepoche als eine uns heute zutiefst fremde Welt vor Augen [zu] stellen" (S.IX), zum zweiten das "durch Mythen verstellte Bild von Luther, seiner Reformation und deren Weltwirkungen zu dekonstruieren und durch eine wissenschaftlich fundierte Interpretation zu ersetzen" (S.X). Realisiert wird das durch den Aufbau des Bandes, der zuerst "Luther im Kontext seiner Zeit" situiert, dann die "Folgen von Luthers Lehre und der darauf aufbauenden Reformation […] in ihrer deutschen wie europäischen und weltgeschichtlichen Dimension" thematisiert (S.XI). Der dritte Teil widmet sich schließlich der schon im 16.Jahrhundert einsetzenden "Erinnerungspolitik" (S.XII). Ein Rezensent sieht sich damit in ein Dilemma gestellt. Die Platzierung des Bandes als Teil dieser "Erinnerungspolitik" in der Luther-Dekade und die vorgegebene Konzentration auf den Reformator und die Wirkung "seiner" Lehre in der Reformation ist vor dem Hintergrund eines weberianischen Verständnisses von "Wissenschaft als Beruf" kritisch zu beäugen. Mit der Verengung des Blickes auf Luther und "seine" Reformation wird der Eindruck erweckt, Luther sei "der Reformator". Wenn die Zeit um 1500 als "Kontext" seiner Leistung auf ihn konzentriert wird und weitreichende Folgen für die deutsche, europäische wie Weltgeschichte aus seiner Lehre abgeleitet werden, dann fällt diese Personalisierung der Geschichte hinter den erreichten wissenschaftlichen Erkenntnisstand zurück. Auf der anderen Seite sprengt der Band einmal da, wo er Luther, etwa bei seinen Judenschriften, kritisch referiert (Thomas Kaufmann), zum anderen, wo er Luther eben doch nicht als Verursacher langfristigen Wandels namhaft macht, sondern andere Kräfte benennt (Georg Schmidt) oder gerade in den Teilen, die die Erinnerungs-
Page 1. Sozialdisziplinierung? Ein Pl?doyer f?r das Ende des Etatismus in der Konfessionalisierun... more Page 1. Sozialdisziplinierung? Ein Pl?doyer f?r das Ende des Etatismus in der Konfessionalisierungsforschung* Von Heinrich Richard Schmidt Konfessionalisierungs forschung als Sozialgeschichte zu betreiben, be ginnt mit Ernst Walter Zeeden. ...
The American Historical Review, 1997

Theorien kommunaler Ordnung in Europa
Die Stiftung Historisches Kolleg hat sich für den Bereich der historisch orientierten Wissenschaf... more Die Stiftung Historisches Kolleg hat sich für den Bereich der historisch orientierten Wissenschaften die Förderung von Gelehrten, die sich durch herausragende Leistungen in Forschung und Lehre ausgewiesen haben, zur Aufgabe gesetzt. Sie vergibt zu diesem Zweck jährlich bis zu drei Forschungsstipendien und ein Förderstipendium sowie alle drei Jahre den "Preis des Historischen Kollegs". Die Forschungsstipendien, deren Verleihung zugleich eine Auszeichnung für die bisherigen Leistungen darstellt, sollen den berufenen Wissenschaftlern während eines Kollegjahres die Möglichkeit bieten, frei von anderen Verpflichtungen eine größere Arbeit abzuschließen. Professor Dr. Peter Blickle (Bern) war-zusammen mit Dr. Werner Greiling (Jena), Professor Dr. Peter Krüger (Marburg) und Professor Dr. Hans Eberhard Mayer (Kiel)-Stipendiat des Historischen Kollegs im Kollegjahr 1993/1994. Den Obliegenheiten der Stipendiaten gemäß hat Peter Blickle aus seinem Arbeitsbereich ein Kolloquium zum Thema "Theorien kommunaler Ordnung in Europa" vom 9. bis 11. Mai 1994 im Historischen Kolleg gehalten. Die Ergebnisse des Kolloquiums werden in diesem Band veröffentlicht. Die Stiftung Historisches Kolleg wird vom Stiftungsfonds Deutsche Bank zur Förderung der Wissenschaft in Forschung und Lehre und vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft getragen.
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