Institut für Slawistik

Das poststrukturalistische und postmoderne Denken hat in den theoretisch-metho-dologischen Debatten der Geisteswissenschaften tiefe Spuren hinterlassen. His-torikerInnen sehen sich mit einem scheinbar aporetischen Problem konfrontiert. Geschichte wird heute in den Literatur-, Kultur-und Geschichtswissenschaften einerseits als eine Konstruktion präsentiert und dementsprechend oft dekonstru-iert. Andererseits bleibt aber für HistorikerInnen das Bedürfnis bestehen, Geschich-te(n) in einer kohärenten und nachvollziehbaren Form zu erzählen. Dekonstruieren und doch erzählen, so fasst der Titel dieses Sammelbandes eines der zentralen Probleme der Geschichtswissenschaft zusammen: Wie ist das möglich? Der Band, der von Jürgen Heyde, Karsten Holste, Dietlind Hüchtker, Yvonne Kleimann und Katrin Steffen herausgegebenen wurde, ist das Resultat der Zusammenarbeit di-verser Institute: des Aleksander-Brückner-Zentrums für Polenstudien, des Geistes-wissenschaftlichen Zentrums GWZ der Universität Leipzig, des Deutschen Histori-schen Instituts Warschau, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Diese transnationale und inter-disziplinäre Konstellation prägt auch den theoretischen und methodologischen Ansatz dieses Bandes, der sich mit den zentralen Aporien der heutigen Geschichts-und Kulturwissenschaften aus einer fachübergreifenden Perspektive befasst. Eine Reflexion über Modalitäten, Status und Formen des geschichtlichen Erzählens ist auch ein kultur-und literaturwissenschaftliches Problem: So ver-ortet sich der Band an der Schnittstelle zwischen unterschiedlichen Disziplinen, die miteinander in einem produktiven Dialog stehen und somit versuchen, die theoretischen und methodologischen Herausforderungen des Erzählens in den Geisteswissenschaften gemeinsam zu bewältigen. Dies führt zu einer vielfältigen Konstellation von Untersuchungen und vermittelt zugleich ein fragmentäres, unharmonisches Bild, das meines Erachtens als Widerspiegelung der epistemolo-gischen Krise der Geschichtsschreibung in und nach der Postmoderne zu betrach-ten ist. Weil hier die Abdeckung sehr unterschiedlicher Räume, Epochen und Phänomen angestrebt wird, erscheint Dekonstruieren und doch erzählen in meinen Augen mehr ein Produkt der Krise als eine Antwort darauf. Obwohl der Schwerpunkt auf Polen liegt, wie der Untertitel verrät, werden die Grenzen Mittel-und Osteuropas in Richtung USA (Cornelius Torp) und Eura-sien (Chris Hann) überschritten. Zwar mag der Ort der Handlung sekundär sein,

In the Soviet Union, Italy was perceived as 'the country of music'. Soviet Estrada artists used to travel to Italy to study music or take part in music festivals (Festival di Napoli, Sanremo); the good political relations between the Soviet and the Italian Communist Party and the strong diffusion of Italian Neorealist cinema in the USSR contributed to the formation of an italomania which can be still observed today. During the 1960s, Italian popular music and Neapolitan canzonewere intensively received, diffused and covered in the Soviet Union. At the end of the 1960s/beginning of the 1970s, this reception proved itself to be crucial in the development of the Soviet VIAs. Analysing songs structures, lyrics, album covers and flexi-discs included in popular magazines, the article analyses the modi of this reception based on three case studies: Anna German's diffusion of Neapolitan music in the Soviet Estrada scene; Robertino Loreti's Soviet canonization as the 'singer of the stars'; Gianni Morandi's and Marino Marini's influence on the music and aesthetics of two of the first Soviet VIAs, and .

The article, by means of an analysis of the role of visual and linguistic epiphany in the novels Sońka (2014) and Love (Miłość) (2017), based on the philosophy of Martin Heidegger, Jacques Lacan and Emmanuel Lévinas, aims to expand the existing research on Ignacy Karpowicz’s geopoetics and literary provincialism.

Im vorliegenden Band wird der Vorschlag gemacht, den stimmenden wie gestimmten Charakter des Sprachlichen mit dem Sammelbegriff "Sprachmodalitäten" zu belegen und die prinzipielle Frage nach den Korrelationen, besser: Interpenetrationen von Stimmungsund Spracheffekten als Modalitäten der Sprache selbst zu stellen. Die hier versammelten Beiträge versuchen die Frage der Modalitäten der Sprache als ihre Eigenart aufzugreifen, um ihrem gestimmten, atmosphärischen, zugleich performativen Charakter nachzugehen – in sprachlichen, medialen, kulturellen, anthropologischen, literarischen, philosophischen, ethischen und politischen Zusammenhängen.

The article investigates the poetics of language in Vladimir Sorokin’s The Factory Committee Meeting from a new point of view. This tale, which dates to the author’s early short prose (1979-1984), has been unanimously regarded as one of the many examples of literary soc–art. Accordingly, the deformed words pronounced in the main event of the text – a collective ritual of violence – have been considered as a device to deconstruct official Soviet ideological discourse (novojaz). However, the neologisms pronounced by the characters (prorubono, vytjagono and others) are not linked to novojaz. Rather, they are arcane words with a strong performative character, which is, paradoxically, linked to the fact that they apparently do not mean anything. In my investigation, I consider these neologisms as a device to deconstruct language as such. Following Mladen Dolar’s philosophy of the voice and Giorgio Agamben’s consideration on the role voice and bare life play in human existence, I regard t...

This paper investigates the tropological structure of Aleksandr Prochanov's journalistic writing from a deconstructive perspective. The aim of my analysis is to show that the presence of tropes in Prochanov's journalism cannot simply be explained as a political-ideological manipulation of literary language, as stated by most of the scholars. In my opinion it is connected to the rhetorical nature of language, i. e. to the possibility to speak and write in images and thus to subvert the relation between signified and signifier. As I show in the analysis of the exemplary text Stalin is not bronze but the speed of light, the tropological structure of the language deconstructs not only the text, but the relationship between the author and the text and thus leads us to a reinterpretation of the literary journalism as such.

Johannes Heinke, Humboldt-Universität zu Berlin
(Badatelský Projekt Sekulárizace naboženské slovní zásoby za pozadí společenských změn, Vedení Prof. Dr. Alicja Nagórko, Katedra západoslovanských jazyků na Ustavě slavistiky, Filosoficka fakulta II)

Cílem příspěvku je stanovení klíčových parametrů k analýze pragmasémantických a pragmasociologických změn komplexních nominálních výrazů v češtině.

Klíčová slova: Duch svatý, Noemova archa, banka; kognitivní sémantika, teolingvistika, kulturní lingvistika, (meta-) lexikografie, metodologie, korpusová lingvistika, hypertextová lexikální databáze

Bereits seit längerem wird in der Fachliteratur der Einfluss kindlichen Medienkonsums auf den Erwerb der Muttersprache diskutiert, jedoch gibt es bisher nur wenige Publikationen, die sich mit Fernsehkonsum und Fremdsprachenerwerb auseinandersetzen. Unter den Studierenden der Germanistik der Universität Belgrad befinden sich einige sogenannte „Fernsehkinder“, Personen, die meist im Vorschulalter über das Fernsehen eigenständig Deutsch gelernt haben. Dieses Phänomen lässt nicht nur in Serbien beobachten, sondern auch in anderen südosteuropäischen Ländern, in denen der Empfang deutscher Fernsehprogramme möglich ist. Unsere Studie geht der Frage nach, welche Rolle das Fernsehen hinsichtlich des Interesses und der Motivation Deutsch zu studieren, spielt und inwiefern es bereits im Kindesalter einen Zugang zu deutscher Sprache und Kultur schafft. Es wird zudem erörtert, ob der Spracherwerb über das Fernsehen dazu beiträgt, dass die deutsche Kultur anders wahrgenommen wird, als es bei anderen Studierenden der Fall ist und ob bei ihnen ein umfangreicheres landeskundliches Wissen vorhanden ist. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit den unterschiedlichen Kompetenzniveaus der Kenntnisse und Fertigkeiten der Fernsehkinder. Während ein Großteil von ihnen sich oftmals schon zu Studienbeginn durch ihre kompetente Sprachverwendung in der mündlichen Interaktion hervorhebt, weisen sie vor allem in der Rechtschreibung und im schriftlichen Ausdruck deutliche Defizite auf. Trotz gezielt auf diese Mängel ausgerichteter Übungen lassen sie sich bisher häufig nur schwer beheben, was dazu führt, dass manche Fernsehkinder ihr Studium vorzeitig abbrechen. Die Herausforderung für die Lehrenden liegt demnach vor allem darin, neue Methoden zu finden, um die schriftliche Kompetenz dieser Studierenden den anderen Fertigkeiten anzugleichen, damit sie nicht die Motivation am Erlernen der deutschen Sprache verlieren.

Der größte Teil derer, die sich für ein Deutschstudium am Lehrstuhl für Germanistik in Belgrad entscheiden, hat Deutsch in der Schule gelernt, doch es gibt auch einen nicht zu verachtenden Anteil an Studierenden, die durch Fernsehkonsum vor allem im Vorschulalter eigenständig und ungesteuert ihre Sprachkenntnisse erworben haben – die sogenannten Fernsehkinder. Diese Studierenden herauszufiltern und ihre Kompetenzen und Fertigkeiten, ihre spezifischen Defizite, beispielsweise im schriftlichen Ausdruck, aber auch ihre Überlegenheit im mündlichen Ausdruck den anderen Studierenden gegenüber zu analysieren, war das Ziel der Studie, die in diesem Text beschrieben wird. Außerdem wird untersucht, inwiefern sich die Studierenden selbst mit dem Begriff Fernsehkind identifizieren. Darüber hinaus stand auch die Einordnung ihrer Art des Spracherwerbs in gängige Kategorisierungen und die Fragestellungen, die sich daraus ergeben, im Mittelpunkt unserer Nachforschungen.

Linguistic Landscape (dt. linguistische Landschaft) ist ein noch recht junges Forschungsgebiet, das sich mit der Untersuchung von Schrift und Zeichen im öffentlichen Raum beschäftigt, die uns im täglichen Leben auf Straßenschildern, Aushängen, in Form von Reklame, Graffitis u. v. m. begegnen. Es geht dabei nicht nur darum, Mehrsprachigkeit zu dokumentieren, sondern die Dynamik, Interaktion und hierarchische Strukturierung im Sprachgebrauch aus verschiedenen Blickwinkeln (soziolinguistisch, dialektologisch, geografisch, geschichtlich usw.) zu analysieren. Bisher gibt es nur wenige Arbeiten aus Kroatien zu diesem Thema, die sich vorrangig mit der englischen (oder italienischen) Sprache im Stadtbild beschäftigen. Aber auch die deutsche Sprache ist für eine Analyse im Rahmen der Linguistic Landscapes aus verschiedenen Gründen interessant. Dieser Beitrag führt zunächst in das Forschungsgebiet ein und gibt dann einen Überblick über die Sichtbarkeit des Deutschen in Kroatien anhand von Beispielen aus Osijek und Zagreb. Abschließend werden darüber hinaus einige Möglichkeiten aufgezeigt, inwiefern sich das Forschungsgebiet der Linguistic Landscapes im DaF-Unterricht produktiv einsetzen lässt.